Anlage 2

Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände

Empfehlung zur Durchführung des Gemeinsamen Runderlasses des Justizministeriums,

des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Innenministeriums zu

"Haftentscheidungshilfen im Jugendstrafverfahren"

1. Vorbemerkung

Die Aufgaben nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII), zu denen auch die Mitwirkung im Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz zählt (§ 2 Abs. 3 Nr. 8 in Verbindung mit § 52 KJHG), sind kommunale Selbstverwaltungsaufgaben.

Die örtlichen öffentlichen Träger der Jugendhilfe sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht an fachliche Weisungen der Landesjustizverwaltung oder der Obersten Landesjugendbehörde gebunden. Der Gemeinsame Runderlass "Haftentscheidungshilfe im Jugendstrafverfahren" hat deshalb Bindungswirkung nur gegenüber den angesprochenen Polizeibehörden und der Staatsanwaltschaft. Gegenüber den örtlichen öffentlichen Trägern der Jugendhilfe kann das Verfahren bei Haftentscheidungshilfen im Jugendstrafverfahren nicht durch Erlass "geregelt" werden.

Da es im Interesse der betroffenen Jugendlichen/ Heranwachsenden jedoch sinnvoll ist, Hinweise für die Zusammenarbeit zwischen Jugendämtern, Polizei und Justiz zu geben, sind die beteiligten Ministerien und die kommunalen Spitzenverbände übereingekommen, den Gemeinsamen Runderlass "Haftentscheidungshilfe im Jugendstrafverfahren" durch entsprechende Empfehlungen der kommunalen Spitzenverbände zu ergänzen.

 

2. Haftentscheidungshilfe im Jugendstrafverfahren

Das Jugendamt klärt die persönlichen und sozialen Verhältnisse der/des Jugendlichen/Heranwachsenden und die Möglichkeiten alternativer Maßnahmen als Grundlage für die Entscheidung des Haftgerichts.

2.1

Die örtliche Zuständigkeit des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe ist in § 87 b KJHG geregelt.

Wenn die Heranziehung der Jugendgerichtshilfe in Haftsachen die ihr von § 38 JGG zugewiesene Funktion erfüllen soll, kann sie grundsätzlich nur durch das nach KJHG zuständige Jugendamt geleistet werden. Dies ist in der Regel das nach § 86 Abs. 1 bis 4 KJHG zuständige Jugendamt, das nicht unbedingt identisch sein muss mit dem Ort, an dem der Jugendliche/Heranwachsende aufgegriffen wurde. Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht kann zugemutet werden, mit dem zuständigen Jugendamt zu korrespondieren, auch wenn dies nicht im Gerichtsbezirk liegt.

Wenn das zuständige Jugendamt die Hilfe nicht sinnvoll leisten kann (z. B. große Entfernung), wird empfohlen, das Jugendamt, das für den Gerichtsbezirk zuständig ist, um Amtshilfe zu bitten.

2.2 Erreichbarkeit der Jugendgerichtshilfe

Rufbereitschaften sind in den Jugendämtern fast ausschließlich für die Fälle der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42, 87 KJHG) eingerichtet. Sie werden in der Regel von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugendschutzstellen bzw. des Allgemeinen Sozialen Dienstes wahrgenommen. Aufgaben der Haftentscheidungshilfe können durch diese Fachkräfte nicht übernommen werden, weil ihnen in der Regel die hierfür erforderlichen Kenntnisse fehlen.

Haftentscheidungshilfe wird durch die vielfach spezialisierte Jugendgerichtshilfe geleistet. Außer in den sehr großen Städten sind die besonderen Sozialen Dienste "Jugendgerichtshilfe" jedoch von ihrer personellen Besetzung her nicht in der Lage, eine Rufbereitschaft sicherzustellen.

Da die Entscheidungshilfe in Haftsachen eilbedürftig ist, sollten die Jugendämter sicherstellen, dass ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe außerhalb der allgemeinen Dienstzeiten erreichbar ist. Wenn ein einzelnes Jugendamt hierzu nicht in der Lage ist, sollten entsprechende Absprachen in einem größeren Verbund von Jugendämtern getroffen werden. Zum zeitlichen Umfang der Erreichbarkeit der Jugendgerichtshilfe wird empfohlen, auf der Grundlage der örtlichen Rahmenbedingungen mit der Polizei und den beteiligten Justizbehörden praktikable Regelungen zu vereinbaren.

2.3

In Fällen der Haftentscheidungshilfe bei Jugendlichen sollten die Jugendämter grundsätzlich die Personensorgeberechtigten beteiligen und klären, ob der/die Jugendliche dort wohnen oder Aufnahme finden kann. Wenn dies nicht möglich oder aus anderen Gründen nicht angezeigt ist, sollte das Jugendamt eine alternative Maßnahme prüfen. Ggf. sollte das Jugendamt Vorkehrungen treffen, um den oder die Jugendlichen oder Heranwachsenden in einer Einrichtung der Jugendhilfe unterzubringen.

Die Landesjugendämter sollten den öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe entsprechende Plätze in Einrichtungen der Jugendhilfe im Rahmen, ihres Beratungsauftrages aufzeigen.

Besteht eine Bewährungsunterstellung, unterrichtet das Jugendamt die Bewährungshilfe, um alternative Maßnahmen koordinieren zu können.

Die Jugendämter stellen das Ergebnis ihrer Überprüfung dem Gericht so schnell wie möglich zur Verfügung.

2.4

Die Jugendämter sollten grundsätzlich von der Möglichkeit Gebrauch machen, an Haftterminen und Haftprüfungsterminen teilzunehmen.

Wenn Untersuchungshaft angeordnet und vollstreckt wird, sollte die Jugendhilfe sich bemühen, diese möglichst bald zu beenden.