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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 450,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.01.2012 zu zahlen und den Kläger von einer gegenüber den Rechtsanwälten A. pp., Osnabrück bestehenden Verbindlichkeit zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 € freizustellen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
-ohne Tatbestand gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO-
2-Entscheidungsgründe-
3Die zulässige Klage ist begründet.
4Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung von 450,38 € aus § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 1 BGB. Der Kläger hat an die Beklagte den Flugpreis in Höhe von 538,61 € entrichtet. Der rechtliche Grund für diese Leistung ist durch die Kündigung des Klägers weggefallen.
5Zwischen den Parteien bestand ein Werkvertrag i.S.d. § 631 BGB in Form eines Luftbeförderungsvertrages (zur rechtlichen Einordnung als Werkvertrag s. BGH, NJW 1974, 852) mit einer vereinbarten Vergütung von 538,61 €. Diesen hat der Kläger durch das Faxschreiben vom 10.10.2011 gemäß § 649 S. 1 BGB gekündigt. Dass die Erklärung nicht ausdrücklich als Kündigung bezeichnet wird, ist unschädlich. Der Kläger hat durch die Formulierung „Leider muss ich mein Flugticket (…) stornieren“ unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, am Vertrag nicht länger festhalten zu wollen. Durch diese Kündigung ist der ursprüngliche Vergütungsanspruch der Beklagten aus § 631 Abs. 1 BGB gemäß § 649 S. 2, Hs. 2, Var. 3 BGB erloschen. Gemäß § 649 S. 2 ist der Unternehmer im Fall einer Kündigung durch den Besteller berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen, muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Der anderweitige Erwerb muss hierbei durch die Kündigung verursacht sein (Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, § 649 Rn. 27).
6Die Beklagte hat es böswillig unterlassen, mit dem Zeugen C einen Luftbeförderungsvertrag für die vom Kläger gebuchten Flüge zu schließen und von diesem eine Vergütung in Höhe von 538,61 € zu erhalten. Der „böswillig“ unterlassene Erwerb setzt nicht voraus, dass der Auftragnehmer zielgerichtet in der Absicht handelt, den Auftraggeber zu schädigen. Es reicht vielmehr aus, dass der Auftragnehmer eine zumutbare Erwerbsmöglichkeit kennt und vorsätzlich auslässt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Auftraggeber einen zumutbaren Ersatzauftrag nachweist und der Auftragnehmer diesen gleichwohl ausschlägt (LG Koblenz, NJW-RR 1993, 850 m.w.N). Die Beklagte hätte anstelle des Klägers den Zeugen C befördern und von diesem den Flugpreis in Höhe von 538,61 € erhalten können. Der Kläger hat der Beklagten in dem Kündigungsschreiben den Zeugen C als Ersatzpassagier benannt. Beigefügt war eine Erklärung des Zeugen, in der dieser seine Bereitschaft zur Übernahme des Tickets zu einem Preis von 547,05 € bestätigt. Der Vortrag der Beklagten, es werde bestritten, dass der Kläger eine Ersatzperson vorweisen könne, die den Flug bedingungslos übernommen hätte, die Erklärung des Zeugen C stehe vielmehr unter der Bedingung, dass die Beförderung zu den mit dem Kläger vereinbarten Konditionen erfolge, erweist sich als unerheblich. Denn die Erklärung des Zeugen C ist als rechtsverbindliches Angebot zum Abschluss eines Luftbeförderungsvertrages zu den genannten Konditionen einzuordnen. Die Beförderung des Zeugen C zu dem mit dem Kläger vereinbarten Flugpreis stellt einen der Beklagten zumutbaren möglichen Ersatzauftrag dar. Die Zumutbarkeit setzt keinesfalls voraus, dass der Zeuge bereit gewesen wäre den Flug bedingungslos, also zu jedem von der Beklagten vorgegebenen Preis zu übernehmen. Dass die Angebotserklärung tatsächlich vom Zeugen C abgegeben wurde, hat die Beklagte nicht konkret bestritten.
7Die anderweitige Erwerbsmöglichkeit ist auch durch die Kündigung des Klägers verursacht worden. Nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag des Klägers wäre der Zeuge C andernfalls nicht in die USA geflogen und hat dies auch tatsächlich nicht getan.
8Die Beklagte hat den anderweitig möglichen Erwerb unterlassen, indem sie das Angebot des Zeugen C auf Abschluss eines Luftbeförderungsvertrages nicht angenommen hat.
9Die Geltung des § 649 S. 2, Hs. 2 BGB wurde auch nicht vertraglich abbedungen. Dies erfolgte zunächst nicht durch Ziffer 3.1.1 und 3.1.2 der AGB der Beklagten (Bl. 37 d.A.), wobei offen bleiben kann, ob diese Vertragsbestandteil geworden sind. Die Klauseln sehen lediglich vor, dass die Flugleistung nur an den im Flugschein genannten Passagier erbracht wird und Flugscheine nicht übertragbar sind. Hierdurch wird das Recht des Bestellers, den Beförderungsanspruch an einen Dritten abzutreten oder die Beförderung einer anderen als der im Flugschein genannten Person zu verlangen, ausgeschlossen. Eine Aussage zur Erstattbarkeit des Flugpreises für den Fall, dass der Passagier kündigt und die Fluggesellschaft an seiner Stelle einen anderen Passagier befördern könnte, lässt sich den Klauseln nicht entnehmen. Der Kläger hat weder seinen Beförderungsanspruch an den Zeugen C abgetreten, noch dessen Beförderung von der Beklagten verlangt. Er hat vielmehr den Vertrag gekündigt und der Beklagten eine andere Erwerbsmöglichkeit durch Beförderung des Zeugen C aufgezeigt. Der Beklagten stand es danach offen, ob sie anstelle des Klägers den Zeugen C, einen anderen Passagier (ggf. zu einem höheren Preis) oder niemanden befördert, sie muss sich jedoch die nachgewiesene andere Erwerbsmöglichkeit entgegenhalten lassen.
10Schließlich wurde die Geltung des § 649 S. 2, Hs. 2 BGB auch nicht durch die von der Beklagten vorgelegten Tarifbedingungen (Bl. 73 d.A.) abbedungen. Es kann offen bleiben, ob diese gemessen an den §§ 307 ff BGB wirksam wären. Denn die Beklagte hat bereits nicht ausreichend substantiiert vorgetragen, dass die Tarifbedingungen Bestandteil des über das Vermittlungsportal f.de geschlossenen Vertrages geworden sind. Für eine wirksame Einbeziehung hätte der Kläger auf die Tarifbedingungen bei Vertragsschluss hingewiesen werden müssen (§ 305 Abs. 2 BGB). Der Vortrag der Beklagten, die vorgelegten Tarifbedingungen seien schon seit dem Start der Webseite f.de in gleicher Weise in deutscher Sprache angezeigt worden, erweist sich vor dem Hintergrund des klägerischen Vortrags als nicht ausreichend. Denn der Kläger hat eine E-Mail der f.com Deutschland GmbH vorgelegt, welche eine Reaktion auf die ausgesprochene Kündigung darstellt. In dieser werden die für das Ticket des Klägers geltenden Tarifbedingungen in englischer Sprache zitiert. Hiermit ist der Vortrag der Beklagten nicht in Einklang zu bringen. Die Beklagte hätte sich mit diesem Widerspruch auseinandersetzen müssen. Sie hätte dartun müssen, warum trotz der angeblich seit jeher angezeigten deutschsprachigen Tarifbedingungen der Vermittler in seiner E-Mail auf englischsprachige Tarifbedingungen Bezug nimmt. Dies ist, trotz gerichtlichen Hinweises, nicht geschehen. Dem entsprechenden Beweisantritt brauchte daher mangels Substantiierung des Vortrags nicht nachgegangen werden.
11Die vom Kläger vorgelegten englischsprachigen Tarifbedingungen wurden ebenfalls nicht wirksam einbezogen. Die Einbeziehung setzt nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 voraus, dass die Klausel für eine Durchschnittskunden verständlich ist (Grüneberg in: Palandt, BGB, § 305 Rn. 41). Dies setzt wiederum voraus, dass die AGB in der Verhandlungs- und Vertragssprache verfasst sind. Die Kenntnis der englischen Sprache kann auch im Flugreiseverkehr nicht allgemein erwartet werden (Becker in: Bamberger/Roth, Beck`scher Online-Kommentar BGB, § 305 Rn. 61). Danach bestand für den Kläger keine zumutbare Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Tarifbedingungen. Verhandlungs- und Vertragssprache war Deutsch. Die gesamte Buchungsseite mit deutscher Top-Level-Domain ist in deutscher Sprache gehalten.
12Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
13Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB. Auf Grund der Mahnung des Klägers vom 31.10.2011 (Bl. 16 d.A.) unter Fristsetzung zum 04.11.2011 befand sich die Beklagte ab dem 05.11.2011 im Verzug.
14Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
15Streitwert: 450,38 €
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