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Der Erbschein vom 15.06.2016 wird eingezogen.
Die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Antragstellerin G. L. erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.
Die sofortige Wirkung des Beschlusses wird ausgesetzt und die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses zurückgestellt.
Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Einziehungsverfahrens tragen die Antragsgegner.
Im Übrigen ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.
Gründe:
2I.
3Der Erblasser war zuletzt verheiratet mit H. L., die eine Tochter G. L. hatte. Er verstarb am 13./14.05.2016 verwitwet. Er hinterließ drei Halbgeschwister, den I. A. und zwei weitere Kinder seiner Mutter, X. M. und K. M.. Die Eltern des Erblassers sind vorverstorben.
4Auf den Antrag des I. A. hat der Rechtspfleger am 15.06.2016 einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge an die drei Halbgeschwister des Erblassers erteilt.
5Die jetzige Antragstellerin beantragt,
6den Erbschein einzuziehen und begehrt die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweisen soll.
7Hierzu behauptet sie, der Erblasser habe ein Testament errichtet, in welchem er sie zur Alleinerbin eingesetzt habe.
8Am 10.02.2016 habe die jetzige Antragstellerin ihren Stiefvater zusammen mit den Zeuginnen T. T. und N. H. getroffen und er habe sie gebeten, ihn am folgenden Samstag (13.02.2016) zu besuchen. Er habe dann einen karierten Schreibblock genommen und seinen letzten Willen mit blauem Kugelschreiber niedergeschrieben, er habe noch hinzugefügt, dass er seinen PKW der jetzigen Antragstellerin bereits zu Lebzeiten geschenkt habe. Dann habe er das Testament in einen Umschlag gesteckt, der sich bei der Akte befindet, und angekündigt, das Testament in der Küchenschublade zu deponieren. Später, nach dem Tod des Erblassers, habe die Antragstellerin zwar den Umschlag, nicht aber das Testament vorgefunden.
9Die Antragsgegner und Erbscheinserben behaupten, der Zeuge L. habe seit 15 Jahren Hausverbot beim Erblasser gehabt. Diesen hätte der Erblasser nie ins Haus gebeten.
10Das Verhältnis zur Antragstellerin sei bereits seit 10 Jahren abgekühlt gewesen.
11Außerdem stamme die Schrift auf dem eingereichten Briefumschlag nicht vom Erblasser.
12Das Gericht hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 03.01.2017, Bl. 78 der Akte durch die Vernehmung der Zeugen M., N., T.T., H., L., T., E. + V. I., U., X. und V. sowie die persönliche Vernehmung der Antragstellerin. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 03.03.2017 (Bl. 95 ff. der Akte) Bezug genommen.
13II.
14Der Erbschein ist gem. § 2361 S. 1 BGB einzuziehen, weil er unrichtig ist, denn die dort ausgewiesene gesetzliche Erbfolge ist nicht eingetreten. Vielmehr beruht die Erbfolge auf einem Testament, welches die gesetzliche Erbfolge ausschließt und die Beteiligte L. als Alleinerbin einsetzt. Aus diesem Grund ist auch deren Erbscheinsantrag begründet.
15Zum Nachweis eines gewillkürten Erbrechts gem. § 352 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 BGB ist grundsätzlich die Urschrift der letztwilligen Verfügung vorzulegen, auf welche das Erbrecht gestützt wird (Palandt/Weidlich, BGB, 71. Aufl., 2012, § 2356 Rn. 9). Sofern die Testamentsurkunde unauffindbar ist, gilt der allgemeine Grundsatz, dass es die Wirksamkeit eines Testaments nicht berührt, wenn die Testamentsurkunde ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet wurde, verlorenging oder sonst unauffindbar ist. In diesen Fällen können sowohl die Errichtung als auch der Inhalt des Testaments mit den zulässigen Beweismitteln bewiesen werden. Jedoch sind nach §§ 2331ff. BGB wegen der Formstrenge im Erbrecht hinsichtlich des Nachweises erhöhte Anforderungen zu stellen (OLG München, ZEV 2010, 572).
16Auch bei Zugrundelegung dieser erhöhten Anforderungen ist das Gericht indes von der Existenz und dem Inhalt der letztwilligen Verfügung überzeugt, aus der die Antragstellerin ihr Erbrecht herleitet und durch die die gesetzliche Erbfolge ausgeschlossen wird. Diese Überzeugung beruht auf der durchgeführten Beweisaufnahme.
17Vorweggeschickt sei:
18Der Annahme der Einsetzung der Antragstellerin als Alleinerbin steht auch nicht etwa ein schlechtes oder abgekühltes Verhältnis zwischen dieser und dem Erblasser entgegen, denn offenbar war die Antragstellerin für den Erblasser wenigstens zum Schluss ab 02/2016 eine Hauptbezugsperson, die für ihn jedenfalls Einkäufe, Reinigungsarbeiten etc. mehrmals die Woche erledigte.
19Hiervon ist das Gericht überzeugt aufgrund der glaubhaften Aussage der Antragstellerin selbst, die schildert, wie nach dem Auszug der langjährigen Lebensgefährtin, der Zeugin T., beim Erblasser, dieser die Antragstellerin gebeten hat, ihn bei Einkäufen etc. zu unterstützen.
20Dass die Antragstellerin dieser Bitte in erheblichen Umfang über längere Zeit bis zum Eintritt des Erbfalls nachgekommen ist, steht auch aufgrund der Aussagen der Zeugen T.T. und H. fest, die übereinstimmend und glaubhaft bekunden, ihnen als Freundinnen der Antragstellerin sei diese Verfügbarkeit der Antragstellerin für den Erblasser schon fast zu viel gewesen. Die Zeuginnen haben sämtlich kein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens, so dass an ihrer Glaubwürdigkeit auch kein Zweifel besteht. Überdies wird dies bestätigt durch die anlässlich der Vernehmung der Antragstellerin in Augenschein genommenen SMS Verlauf auf deren Mobiltelefon. Dort ist ab 02/2016 eine relativ regelmäßige Kommunikation zwischen Erblasser und Antragstellerin zu erkennen, die im Wesentlichen daraus besteht, dass der Erblasser die Antragsteller um verschiedene Besorgungen (Käse, Zeitung etc.) bittet, was diese bestätigt. In diesem Kommunikationsverlauf ist die Anrede, die der Erblasser für die Antragstellerin benutzt, regelmäßig „Mein Kind“. So dass in der Tat keinerlei Anzeichen für ein schlechtes Verhältnis zwischen Erblasser und Antragstellerin - zumindest zum fraglichen Zeitpunkt der Testamentserrichtung - erkennbar sind. Ob zu einem früheren Zeitpunkt dies auch der Fall war, ist nicht entscheidungserheblich.
21Das im Zeitpunkt der Abfassung des Testaments sehr gute Verhältnis zwischen Erblasser und Antragstellerin auch wird bestätigt durch die glaubhafte Aussage der Zeugin T. T., die ausführt, sie sei als Freundin sogar „ein bisschen sauer“ gewesen aufgrund der ständigen Verfügbarkeit der Antragstellerin für den Erblasser, der diese „so eingebunden hat“, dass sie auch Verabredungen abgesagt hat (Bl. 100 der Akte). Dies bestätigt auch die Zeugin H.. Sie führt aus, nach dem Auszug der Lebensgefährtin, der Zeugin T., sei die Antragstellerin diejenige gewesen, die für den Erblasser eingekauft und geputzt habe (Bl. 102 der Akte). Demgemäß bezeichnet sie das Verhältnis als zuletzt – nach der Trennung von der Zeugin T. - innig.
22Auch die Zeugin M. hatte anlässlich ihrer Vernehmung nur zu berichten, dass der Erblasser ihr gegenüber geäußert habe, er wolle die Antragstellerin adoptieren und dass er bis zuletzt von ihr als seiner Tochter gesprochen und auch mehrfach – ebenfalls bis zuletzt - von bevorstehenden Besuchen der Antragstellerin berichtet habe. Soweit der Beteiligte A. meint, sie soll zu dieser Aussage gedrängt worden sein, erscheint dies ausgeschlossen, denn die Zeugin selbst verneint dies bei ihrer zweiten Vernehmung vehement und führt nachvollziehbarerweise dazu aus, dass sie aufgrund ihrer Kenntnis beider Beteiligter bereits seit Kindertagen „zwischen den Stühlen stehe“ und die Sache sie sehr belaste. Sie habe aber immer noch einen freien Willen.
23Dasselbe gilt für die Aussage der Zeugin N., die der Annahme einer guten und innigen Beziehung zwischen dem Erblasser und der Antragstellerin ebenfalls nicht entgegensteht. Die Zeugin konnte ebenfalls nur glaubhaft berichten, der Erblasser habe hin und wieder berichtet, dass die Antragstellerin ihm gleich Brötchen bringe oder ähnliches. Im Übrigen könne sie zum Verhältnis nichts sagen. Auch diese Zeugin erklärte anlässlich ihrer kurzen Anwesenheit in der Sitzung vom 01.12.2017, dass ihre Aussage der Wahrheit entspreche, so dass auch hier keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Aussage möglicherweise erzwungen wurde. Auch die Zeugin T. T. berichtet, der Erblasser habe, insbesondere auch kurz vor seinem Tod von der Antragstellerin immer als seiner Tochter gesprochen. Die Zeuginnen X. und V. berichten ebenfalls, sie hätten die Antragstellerin öfter beim Erblasser gesehen.
24An der Glaubwürdigkeit der fünf vorbezeichneten Zeuginnen, die als Nachbarinnen des Erblassers am Verfahren völlig unbeteiligt sind und an dessen Ausgang kein eigenes Interesse haben, bestehen keine Zweifel.
25Auch die Zeugen I. bekunden, zwischen dem Erblasser und der Antragstellerin habe ein normales Verhältnis wie zwischen Eltern und Kindern üblich bestanden.
26Selbst wenn die Behauptung des Beteiligten A. als wahr unterstellt wird, dass die Antragstellerin nie im Haushalt mit dem Erblasser gewohnt und der Kontakt wie der bei getrennt lebenden Eltern gewesen sei, steht dies in keiner Weise einer innigen und fürsorglichen Beziehung entgegen.
27Anhaltspunkte für ein dauerhaft abgekühltes Verhältnis zwischen Erblasser und Antragstellerin bestehen demnach nicht. Wenn auch wohl aufgrund der Tatsache, dass sich die Antragstellerin mit der Zeugin T., der langjährigen Lebensgefährtin des Erblassers nicht verstand, der persönliche Kontakt während der Zeit der Verbindung des Erblassers mit der Zeugin nicht intensiv und eher sporadisch war. Daher erscheint auch die Aussage der Zeugen K., Nachbarn des Erblassers, plausibel und kann als wahr unterstellt werden, die die Beteiligte L. lediglich 2-3 mal gesehen haben will.
28Vielmehr deutet alles darauf hin, dass der Erblasser schon lange, mindestens seit dem Tod seiner Ehefrau und der Mutter der Antragstellerin geplant hatte, diese als seine Erbin einzusetzen und diesen Plan dann auch kurz vor seinem Tod vor Zeugen in die Tat umgesetzt hat, wovon er später dann auch den Zeugen I. berichtet hat. Dies geschah nicht zuletzt, weil er seiner Ehefrau – auch dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen I. fest - an deren Sterbebett versprochen hatte, dass deren Tochter, die Antragstellerin versorgt sein würde.
29Die Errichtung des Testaments erfolgte zur Überzeugung des Gerichts in Anwesenheit der Antragstellerin sowie der Zeugen H., T.T. und L.. Der Inhalt des Testaments steht jedenfalls insoweit fest, als der Erblasser die Antragstellerin entsprechend seinem Plan als unbeschränkte Alleinerbin eingesetzt hat.
30Die Zeugen H. und T.T. bekunden glaubhaft und übereinstimmend mit der Schilderung der Antragstellerin in deren persönlicher Vernehmung, dass der Erblasser sie bei einem zufälligen Zusammentreffen auf dem Parkplatz eines Supermarktes, welches alle hierzu Befragten übereinstimmend schildern, gefragt hat, ob sie ihn am darauffolgenden Samstag besuchen wollten, was alle übereinstimmend bejaht hätten.
31Die Aussage der Zeugin H. , sie habe zuerst nachschauen müssen, ob der FC spiele, was nicht der Fall gewesen sei, ist zwar ersichtlich falsch, weil der 1. FC Köln sehr wohl am 13.02.2016 ein Spiel absolviert hat, nämlich gegen Eintracht Frankfurt spricht aber nicht gegen die Wahrheit ihrer Aussage im Übrigen, denn sie hat in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 04.05.2017, Bl. 177 der Akte nachvollziehbar erläutert, dass sie verständlicherweise Hochsicherheitsspiele des FC nicht besucht. Es ist gerichtsbekannt, dass es sich bei den Begegnungen zwischen dem 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt um im Hinblick auf die Sicherheit aufgrund bekannter radikaler Fangruppen um problematische Spiele handelt. Vor dem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Zeugin lediglich erinnert hat, dass sie geprüft hat, ob ein für sie relevantes Spiel des FC an dem Samstag stattfindet und dann entschieden hat, dass dies nicht der Fall ist, wobei sie sich anlässlich der Vernehmung offenbar nicht mehr richtig an den Grund für die Annahme, es liege kein für sie relevantes Spiel vor, erinnert hat - lediglich an ihre Schlussfolgerung: ich gehe nicht ins Stadion, also habe ich Zeit, an der Verabredung mit dem Erblasser teilzunehmen. Dies ist angesichts der bis zur Vernehmung verstrichenen Zeit durchaus nachvollziehbar.
32Dann sei man am Samstag zum Erblasser gefahren und habe geklingelt. Dieser habe sie hereingebeten und selbst aus einer Kommode / einem Schränkchen rechts vom Eingang zum Wohnzimmer einen karierten an der kurzen Seite gebundenen DIN A 4 Block und eine Klarsichthülle genommen. In der Klarsichthülle hätten sich die Papiere für sein Fahrzeug befunden sowie die Ersatzschlüssel. Er habe sich dann ans Kopfende eines länglichen Tisches hingesetzt und erklärt, er wolle seinen letzten Willen aufschreiben. Zur Begründung erklärte er, er habe der Mutter der Antragstellerin am Sterbebett versprochen, diese würde immer ein Dach über dem Kopf haben bzw. die Mutter der Antragstellerin hätte das so gewollt. Dann habe er mit blauem Kugelschreiber das Schriftstück aufgesetzt. Oben rechts habe er in unauffällig normal großer Schrift das Datum oben links seinen Namen hingeschrieben. Es folgte die Überschrift: „Mein letzter Wille“ sowie der Text, der die Einsetzung der Antragstellerin, die mit Namen, Geburtsdatum und Anschrift angegeben wurde, als Erbin bezüglich Haus und Barvermögens enthielt. Schließlich habe er noch unten Datum und Unterschrift hinzugefügt, und, nachdem er das Schriftstück in einen Umschlag gesteckt hat, den er mit „Mein letzter Wille“ beschriftete, erklärt, er werde es in einer Küchenschublade deponieren. Das so entstandene Schriftstück ist überwiegend beschrieben gewesen.
33Die Antragstellerin, die ausweislich der übereinstimmenden Aussagen der beiden anwesenden Zeuginnen sowie nach ihrer eigenen Schilderung links neben ihrem Vater saß, hat, ebenso wie die Zeugin H., mitgelesen, was dieser geschrieben hat. Dies erscheint plausibel. Die Zeugin T.T. bekundet glaubhaft, sie habe wenigstens gesehen, dass der Erblasser das Datum, die Überschrift „Mein letzter Wille“ und den Namen der Antragstellerin geschrieben habe, im Einzelnen habe sie den Text nicht gelesen, weil ihr nicht bewusst gewesen sei, dass dies einmal so relevant werden würde. Sie habe dem Vorgang gar keine so große Bedeutung beigemessen. Jedenfalls habe der Erblasser aber, bevor er anfing zu schreiben, erklärt, die Antragstellerin solle sein Barvermögen und das Grundstück erhalten. Die Zeugin bekundet ebenfalls glaubhaft, sie habe am Ende des Textes eine kürzere Zeile gesehen, die sie annehmen ließ, dass es sich um die Unterschrift des Erblassers handelte.
34Auch der Zeuge L., der nur am Tag der Testamentserrichtung anwesend war, schildert den Vorgang so. Der von den Antragsgegnern geltend gemachte Widerspruch der Schilderung des Zeugen im Hinblick auf die Sitzordnung ist nur ein scheinbarer. So erklärt der Zeuge eingangs, er habe links neben dem Erblasser gesessen und bekräftigt auf Nachfrage, er habe aus der Sicht des Erblassers auf dessen linker Seite gesessen. Aufgrund der späteren Ausführungen des Zeugen und in Zusammenschau mit den übrigen Aussagen ergibt sich allerdings, dass der Zeuge - möglicherweise aufgrund der ungewohnten Situation im Gerichtssaal – offensichtlich rechts und links verwechselt hat. Die Ausrichtung der Sitzenden zueinander beschreibt er nämlich genau so, wie sie auch von den weiteren Zeugen und der Antragstellerin beschrieben wurde: Ihm gegenüber habe die Antragstellerin, neben ihm die Zeugin T.T. und auf dem verbleibenden Platz wohl die Zeugin H. gesessen. Aufgrund der Verwendung des Wortes „links“ ergibt sich dann allerdings eine spiegelverkehrte Sitzordnung zu den Schilderungen der anderen Anwesenden. Dass „links“ hier als „rechts“ zu lesen ist, ergibt sich aber aus den weiteren Ausführungen des Zeugen, der bei der Beschreibung des weiteren Verlaufs des Geschehens mitteilt, er habe direkt an der Tür zum Flur gesessen. Das wiederum kann in Zusammenschau mit den weiteren Schilderungen nur der Fall sein, wenn er auf der rechten Seite des Erblassers gesessen hat. Denn der Erblasser saß mit dem Rücken zur Wand. Auf der rechten Seite des Erblassers befand sich die Tür zum Flur. Auch schildert er, er habe gesehen, wie der Erblasser in die Küche gegangen sei, habe sich hierfür aber auf seinem Stuhl umdrehen müssen. Das kann nur sein, wenn er mit dem Rücken zur Flurtür gesessen hat. Hätte er tatsächlich links vom Erblasser gesessen, hätte er in seinem Rücken eine Wand gehabt und gegenüber der Flurtür gesessen und hätte sich, um durch den Flur in die Küche zu sehen, nicht umdrehen müssen. Soweit die Antragsgegner meinen, der Zeuge könne von seinem Platz aus nicht in die Küche gesehen haben, teilt das Gericht diese Auffassung nicht. Auf dem eingereichten Foto Bl. 149 ist deutlich zu erkennen, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Türen der Küche und des Wohnzimmers liegen sich praktisch unmittelbar gegenüber (sh. Skizze Bl. 187), wobei die Tür des Wohnzimmers leicht nach rechts versetzt ist. Das Foto ist frontal auf die Wohnzimmertüre aus dem Wohnzimmer heraus aufgenommen, also, betrachtet man die Skizze auf Bl. 186 der Akte, von der Höhe des Sitzplatzes des Zeugen L.. Auf dem Foto ist frontal ein Küchenschrank zu erkennen, in dem sich unten Schubladen befinden. Selbst wenn es um den Schrank gehen sollte, der sich unmittelbar hinter der Küchentür befindet, so war es dem Zeugen zumindest von seinem Platz aus möglich, zu sehen, dass der Erblasser an diesen Schrank getreten ist. Auf dem Bild, Bl. 190 der Akte, ist erkennbar, dass zumindest der vorderste Teil der Front dieses Schrankes auch von der Position des Zeugen noch zu erkennen gewesen sein dürfte. Wenigstens aber eine herausgezogene Schublade.
35Dass die Zeugen L. und T.T., die das Testament nicht vollständig selbst gelesen haben, steht der Überzeugung des Gerichts von formgültiger Errichtung und Alleinerbeinsetzung der Antragstellerin nicht entgegen, denn beide haben bekundet, der Erblasser habe schließlich erklärt, was er dort schreibe. Das erscheint plausibel. Es spricht überhaupt nichts dafür, dass der Erblasser sich entschlossen hätte, seinen letzten Willen extra unter Zeugen zu errichten, denen er dann erzählt, was er schreibt und dann doch etwas anderes zu Papier bringt, ohne dass es einem der teilweise mitlesenden Anwesenden auffällt.
36Auffällig ist, dass alle Zeugen sowie die Antragstellerin übereinstimmend berichten, der Erblasser habe bei der Erbeinsetzung der Antragstellerin nicht einfach diese als Alleinerbin eingesetzt, sondern gesondert Immobilie und Barvermögen erwähnt. Dies ist eher ungewöhnlich und nicht erforderlich und spricht aus diesem Grund für die Wahrheit der Aussagen.
37Der Vortrag der Antragsgegner, der Zeuge L. habe beim Erblasser Hausverbot gehabt, dieser hätte ihn nicht empfangen, konnte in keiner Weise bestätigt werden. Keiner der Zeugen wusste hiervon.
38Anders als die Antragsgegner sieht das Gericht keinen Widerspruch in der Aussage des Zeugen L., die Antragstellerin habe ihm ein paar Wochen vor der Testamentserrichtung erzählt, der Erblasser wolle renovieren zu der Aussage der Antragstellerin, dass der Kontakt zum Vater erst Anfang Februar, also zwei Wochen vor der Testamentserrichtung wieder zustande gekommen war. Wie lange ein Zeitraum tatsächlich ist, wird mitunter von verschiedenen Personen völlig unterschiedlich empfunden. Dem Zeugen kann der Zeitraum von knapp zwei Wochen, der zwischen der ersten Begegnung der Antragstellerin mit ihrem Vater lag und sie ihm möglicherweise erzählt hat, der Vater wolle renovieren, ohne weiteres wie „ein paar Wochen“ vorgekommen sein. Das steht dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht entgegen.
39Wenn die Antragsgegner darüber hinaus Zweifel an der Aussage des Zeugen L. haben, er habe mit dem Erblasser das ganze Haus besichtigt und dabei auch das Obergeschoss betreten, teilt das Gericht diese Zweifel nicht. Die Antragsgegner begründen die Zweifel mit den körperlichen Einschränkungen des Erblassers, die es ihm unmöglich gemacht haben sollen, die Treppe zu ersteigen. Dass das nicht so ist, hat sich durch die Befragung des behandelnden Arztes Dr. O. erwiesen. Dieser hat auf Nachfrage des Gerichts schriftlich mitgeteilt, dass der Erblasser am 11.05.2016 noch persönlich in seiner nur über eine Treppe zu erreichenden Praxis zur Behandlung war (Bl. 220 der Akte.). Ferner hat auch der Beteiligte A. in seiner Aussage vom 01.12.2017 bestätigt, dass der Erblasser sich normal bewegen konnte, dies aber lediglich vermied.
40Auch die Tatsache, dass in der eidesstattlichen Versicherung der Zeugen und der Antragstellerin vom 20.07.2016 nicht auch der anlässlich der Testamentserrichtung übergebene Schlüssel erwähnt wurde, ändert an dem Ergebnis der Beweisaufnahme nichts. Die eidesstattliche Versicherung enthält zwar in der Tat keine Erwähnung des mit den Papieren übergebenen Autoschlüssels. Das führt aber nicht dazu, dass etwa Zweifel an der Wahrheit entweder der eidesstattlichen Versicherung oder der Aussagen der Antragstellerin oder der Zeugen bei ihrer Vernehmung durch das Gericht entstünden. Die eidesstattliche Versicherung ist naturgemäß auf die wesentlichen Fakten beschränkt. Auch die Plastikhülle, die nach der glaubhaften Aussage der Antragstellerin und den widerspruchslosen und plausiblen Bekundungen sämtlicher Zeugen die Fahrzeugpapiere und den Ersatzschlüssel enthielt, findet hier keinerlei Erwähnung. Demnach ist davon auszugehen, dass der Ersatzschlüssel zwar in der Hülle mit übergeben, in der eidesstattlichen Versicherung aber nicht enthalten ist, weil es bei deren Abfassung zunächst noch für nicht relevant gehalten wurde, dass auch dieser mit übergeben wurde und zwar in einer Plastikhülle. Schließlich enthält die Versicherung auch nicht das Einlegen des Testaments in die Küchenschublade durch den Erblasser, das nach den Aussagen der Antragstellerin sowie aller Zeugen zur Überzeugung des Gerichts ebenfalls stattgefunden hat.
41Dafür, dass der Erblasser in der Tat das streitgegenständliche Testament errichtet hat, spricht aber vor allem auch die Tatsache, dass er dies den Zeugen I. kurz vor seinem Tod berichtet hat. Zum einen bekundet die Zeugin I. glaubhaft, dass er immer mal wieder anlässlich seiner regelmäßigen teilweise wöchentlichen Besuche im Hause I. erklärt habe, seine Tochter, damit war die Antragstellerin gemeint, werde alles erben. Vor allem aber berichtet die Zeugin glaubhaft, sie habe selbst mit angehört, wie der Erblasser davon berichtet habe, er habe ein Testament errichtet und die Antragstellerin als Erbin eingesetzt, sie solle alles bekommen. Das sei bei einem seiner letzten Besuche vor seinem Tod gewesen.
42Dies wird bestätigt durch die Aussage des Zeugen V. I., der Onkel der Antragstellerin, Bruder von deren verstorbener Mutter. Dieser bekundet glaubhaft, der Erblasser habe ihm noch eine Woche vor seinem Tod erzählt, er habe ungefähr im Februar ein Testament zugunsten der Antragstellerin errichtet. Er habe ohnehin immer erzählt, dass die Antragstellerin alles bekommen sollte. Der Erblasser habe ja auch der Mutter der Antragstellerin an deren Sterbebett versprochen, die Antragstellerin würde versorgt sein. Dies habe er selbst mit angehört, denn er sei dabei gewesen, als die Mutter der Antragstellerin, seine Schwester gestorben sei.
43Dass der Zeuge darüber hinaus am 14. oder 15.2016 zum Beteiligten A. gesagt haben soll, er wolle die Zeugin T. bedenken, steht weder der Glaubhaftigkeit der Aussage noch der Glaubwürdigkeit des Zeugen entgegen, denn das Gericht ist davon überzeugt, dass diese Aussage nicht gefallen ist. Der Beteiligte A. berichtet dies zwar, allerdings kann sich keiner der sonst Anwesenden an eine solche Äußerung erinnern und bestreitet der Zeuge I. auch, sich mit diesem Inhalt geäußert zu haben. Außerdem hat der Beteiligte A. offenbar mit mehreren Personen vor und auch nach Eintritt des Erbfalls über eine möglicherweise angedachte Begünstigung von Frau T. gesprochen. Zum einen mit der Zeugin M. (Bl. 232 oben), außerdem mit dem Erblasser selbst, der offenbar tatsächlich zu irgendeiner Zeit einmal beabsichtigt hatte, die Zeugin T. zu bedenken (Bl. 231 der Akte). Es erscheint wahrscheinlich, dass er sich insoweit über den Gesprächspartner geirrt hat.
44Auch ist das Gericht davon überzeugt, dass der Zeuge dem Beteiligten A. gegenüber nicht erklärt hat, der Erblasser habe ihm die Kfz-Papiere gebracht. Auch insoweit wird weder die Glaubwürdigkeit des Zeugen I. noch die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen erschüttert. Denn auch an diese Aussage kann sich keiner der Anwesenden erinnern. Die Beteiligte L. berichtet, als der Beteiligte A. in der Wohnung des Erblassers war, sei sie mit Ausnahme der Zeit, als der Zeuge I. den Beteiligten A. eingelassen habe, zugegen gewesen und über das Auto sei sicher nicht gesprochen worden (Bl. 234). Ferner bestreitet der Zeuge I., sich mit diesem Inhalt geäußert zu haben. Er erklärt glaubhaft, man sei in Trauer gewesen und es habe gar keinen Anlass gegeben, über den PKW zu sprechen. Außerdem habe er selbst sich gar nicht mit dem Beteiligten A. unterhalten, sondern mit dem Bestatter, der aber dann aufgrund der aggressiven Stimmung die Örtlichkeit verlassen habe. Außerdem kann keiner der Beteiligten oder Zeugen einen Grund dafür nennen, warum der Erblasser dem Zeugen die Fahrzeugpapiere gegeben haben soll. Dies gibt auch der Beteiligte A. zu. Ebenso äußert sich die Beteiligte L., die erklärt, der Erblasser habe ja beabsichtigt, sich ein neues Auto zu kaufen und ihr seines zu überlassen, was glaubhaft erscheint, weil auch das vorherige Fahrzeug des Erblassers offenbar zunächst an die Zeugin T. und dann an die Beteiligte L. weitergegeben worden ist. Der Zeuge I. erklärt, er habe von der beabsichtigten Weitergabe des Wagens an die Beteiligte L. nichts gewusst, sei aber davon ausgegangen, der Erblasser würde den Wagen bald abstoßen, weil er ja schon ein paar Jahre alt gewesen sei. Dass sich keiner der Beteiligten erklären kann, warum der Erblasser dem Zeugen I. seine Fahrzeugpapiere hätte geben sollen, erscheint es auch höchst eigenartig, dass niemand der Anwesenden, auch der Beteiligte A. nicht, sofort nachgefragt hat, warum der Erblasser so etwas getan haben sollte und wo die Papiere nun seien und was mit ihnen geschehen soll. Der Beteiligte A. erklärt, die Zeugin T. habe ihm erklärt, der Wagen sei schon weg. Wenn ihn dies zu der behaupteten Nachfrage bezüglich des PKW bewogen hat, ist kaum erklärlich, warum seine Frage durch die Mitteilung, der Erblasser habe dem Zeugen I. die Papiere gegeben, beantwortet gewesen sein soll. Hätte der Beteiligte A. wirklich nach dem PKW gefragt, weil er, wie er erklärt, dessen Verbleib aufklären wollte, ist höchst unwahrscheinlich, dass er nicht nach Erhalt dieser Information nach dem Wagen selbst gefragt hat und was nun mit ihm geschehen würde. Die Behauptung der Beteiligten L., der Erblasser habe ihr die Fahrzeugpapiere übergeben, ist auch bereits seit August 2016 dem Beteiligten A. aufgrund der eidesstattlichen Versicherungen der Zeugen T.T., H. und L. (Bl. 29 ff. der Akte) bekannt. Aus diesem Grund ist nicht nachvollziehbar, warum während der Sitzung vom 03.03.2017 weder der Beteiligte A. noch dessen Verfahrensvertreter die Aussagen der vier Zeugen hinterfragt haben, Ersatzschlüssel und Papiere seien der Beteiligten L. übergeben worden, wenn dies doch unmöglich gewesen wäre, wenn die Behauptung zuträfe, der Zeuge I. hätte die Papiere gehabt.
45Anders als die Antragsgegner meinen, lässt die Tatsache, dass der Erblasser das Testament nicht direkt nach der Errichtung der Antragstellerin übergeben hat, keinerlei Rückschluss darauf zu, dass er sie nicht als Erbin einsetzen wollte. Es entspricht der absolut üblichen Vorgehensweise, dass das Testament nicht an den Begünstigten übergeben, sondern beim Erblasser selbst verwahrt wird. Wenngleich dies für den Begünstigten naturgemäß dann problematisch wird, wenn wie hier das Testament später – aus welchen Gründen auch immer - nicht auffindbar ist.
46Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 353 Abs. 2 S. 1, 81 Abs. 1 S. 1 FamFG. Die Einziehung des falschen Erbscheins liegt im Interesse der Beteiligten L., so dass es der Billigkeit entspricht, ihr hierfür die Kosten aufzuerlegen. Im Übrigen gebietet es die Billigkeit auch nicht, den Antragsgegnern auch die gerichtlichen oder außergerichtlichen Kosten für die Erteilung des Erbscheins ganz oder teilweise aufzuerlegen. Zwar sind diese im Ergebnis unterlegen. Allerdings lagen die Umstände, die den Grund des Unterliegens bilden sämtlich außerhalb von deren Sphäre und waren ausschließlich der Antragstellerin bekannt, so dass es der Billigkeit entspricht, wenn jeder Beteiligten seine außergerichtlichen Kosten selbst und die Antragstellerin die Gerichtskosten trägt.
47Rechtsbehelfsbelehrung:
48Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind.
49Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Nachlassgericht - Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
50Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht – Nachlassgericht- Köln eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichtes abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Die Bekanntgabe ist entweder durch Zustellung oder am dritten Tage nach Aufgabe zur Post bewirkt. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
51Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. I, S.3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.