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1.Wird die von dem Antragsteller erstinstanzlich benannte Person durch das Arbeitsgericht antragsgemäß zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle bestimmt, ist die hiergegen von dem Antragsteller dann gleichwohl mit dem Ziel der Auswechslung der Person des Einigungsstellenvorsitzenden eingelegte Beschwerde mangels Beschwer unzulässig. Legt auch der Antragsgegner Beschwerde ein, kann der Antragsteller sein Beschwerdeziel zulässig allerdings als Anschlussbeschwerde weiterverfolgen. 2.Einem Antrag auf gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle gemäß § 100 ArbGG fehlt grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis, wenn zuvor nicht der nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorgesehene Versuch einer Einigung mit Vorschlägen zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten unternommen wurde. Dabei gelten folgende Grundsätze: -Immer muss zumindest die antragstellende Partei vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens ernsthaft versucht haben, mit der Gegenseite in Verhandlungen zum Thema der Einigungsstelle einzutreten, wozu insbesondere gehört, eigene Vorstellungen zum Regelungsthema zu formulieren, über die dann überhaupt erst verhandelt werden könnte. Hiervon kann allein dann eine Ausnahme gemacht werden, falls die Gegenseite ausdrücklich oder konkludent erklärt hat, Verhandlungen abzulehnen. -Wird die Aufnahme von Verhandlungen trotz vordergründig artikulierter Verhandlungsbereitschaft von einer Partei dann gleichwohl verzögert, kann die andere Partei direkt die Einigungsstelle anrufen und gerichtlich einsetzen lassen. Hierbei kommt ihr eine weitreichende Einschätzungsprärogative zu, die gerichtlich nur noch auf offensichtliche Unbegründetheit zu überprüfen ist. -Sind Verhandlungen begonnen worden, gelangt jedoch eine der Seiten nach ihrer nicht offensichtlich unbegründeten subjektiven Einschätzung zu der Annahme, dass die Verhandlungen nicht oder nicht in absehbarer Zeit zum Erfolg führen werden, kann sie ebenfalls die Einigungsstelle anrufen und gerichtlich einsetzen lassen. 3.In Anwendung dieser Grundsätze liegt schon kein ernsthafter Verhandlungsversuch vor, wenn ein Betriebsrat einfach nur beschließt, den Arbeitgeber zu einem mitbestimmungspflichtigen Thema zu Verhandlungen aufzufordern, hierbei aber keinerlei Angaben dazu macht, was er zu regeln wünscht. Hierfür benötigt der Betriebsrat auch (noch) keinen juristischen Sachverstand. 4.Verknüpft der Betriebsrat seine solchermaßen unzureichende Aufforderung zu Verhandlungen dann auch noch mit der Aufforderung, eine Honorarvereinbarung des als juristischen Sachverständigen gewünschten Rechtsanwalts zu unterzeichnen und erklärt schon von vornherein die Verhandlungen zum Mitbestimmungsthema für gescheitert, falls die Honorarvereinbarung nicht fristgerecht akzeptiert wird, handelt er grob rechtsmissbräuchlich. 5.Missbraucht der Betriebsrat ein ihm zustehendes mitbestimmungsrechtliches Initiativrecht zur Erreichung offensichtlich zweckwidriger Ziele, ist dies das Gegenteil dessen, wozu ihn § 2 Abs. 1 BetrVG verpflichtet. Solchermaßen rechtsmissbräuchliches Vorgehen führt dazu, dass einem Antrag auf gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
I.Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2.) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 29.05.2019 - Az.: 3 BV 22/19 - teilweise abgeändert: Die Anträge des Antragstellers werden allesamt zurückgewiesen.
II.Die Beschwerde des Antragstellers wird, soweit sie sich gegen die im Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen bestimmte Person des Einigungsstellenvorsitzenden richtet, als unzulässig verworfen. Im Übrigen wird sie ebenso wie die Anschlussbeschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
G r ü n d e:
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Verfahren der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen.
4Die Beteiligte zu 2.) ist ein Unternehmen der C.-Gruppe und stellt unter anderem am Standort in T. Leichtmetallräder her.
5Der antragstellende Beteiligte zu 1.) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2.) in T. gebildete, aus 13 Mitgliedern bestehende Betriebsrat.
6In seiner Sitzung vom 04.04.2019 hat der Antragsteller beschlossen, mit der Beteiligten zu 2.) eine Betriebsvereinbarung zur physischen und psychischen Gefährdungsbeurteilung abzuschließen und mangels eigenen Sachverstandes seinen späteren Verfahrensbevollmächtigten damit zu beauftragen, ihn bei der Erstellung und Verhandlung einer entsprechenden Betriebsvereinbarung sachverständig zu unterstützen. Hierzu solle die Kanzlei der späteren Verfahrensbevollmächtigten eine Vergütungsvereinbarung mit dem Arbeitgeber treffen und diesem folgendes Schreiben übersandt werden:
7"Sehr geehrter Herr B., der BR möchte mit dem Arbeitgeber eine BV zum Regelungsgegenstand "psychische und physische Gefährdungsbeurteilung" abschließen. Der BR benötigt hierzu externen Sachverstand und hat die Kanzlei W. & D. gemäß §§ 80 Abs. 3, 40 Abs. 1 BetrVG mandatiert, mit dem Arbeitgeber eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen. Wir fordern Sie auf, uns bis zum 10.04.2019 die grundsätzliche Bereitschaft zur sofortigen Verhandlung einer BV Gefährdungsbeurteilung schriftlich mitzuteilen und die Vergütungsvereinbarung der Kanzlei binnen vorgenannter Frist gegenzuzeichnen. Andernfalls werden wir die Verhandlungen für gescheitert erklären und die Einigungsstelle anrufen."
8Wegen des weiteren Inhalts des Betriebsratsbeschlusses wird auf die Anlage 1 zur Antragsschrift (Blatt 9 der Akte) Bezug genommen.
9Mit dem zuvor beschlossenen Wortlaut richtete der Betriebsrat sodann unter dem 05.04.2019 ein Schreiben an die Werks- und Personalleitung der Beteiligten zu 2.) (Blatt 13 der Akte). Mit E-Mail vom 08.04.2019 (Blatt 10 der Akte) übermittelte der spätere Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers dem Personalleiter der Beteiligten zu 2.) eine Vergütungsvereinbarung zur Thematik Gefährdungsbeurteilung, die ein Stundenhonorar von 300,00 € zzgl. MwSt. vorsah sowie den halben Stundensatz für Fahrtzeiten und, dass jede beratende oder vertretende Tätigkeit mit mindestens 15 Minuten in Rechnung gestellt wird (Blatt 14/15 der Akte). Verbunden war die E-Mail mit der Bitte, die gegengezeichnete Vergütungsvereinbarung bis zum 10.04.2019 wieder zurückzusenden und dem Betriebsrat gleichzeitig die Bereitschaft zur Verhandlung der Betriebsvereinbarung zu bestätigen.
10Der Personalleiter der Beteiligten zu 2.) antwortete mit E-Mail vom 09.04.2019, dass es dem Betriebsrat frei stünde, Vorschläge inhaltlicher Art zu der gewünschten Betriebsvereinbarung zu machen. Warum hierzu direkt von vornherein externer Sachverstand erforderlich sei, sei nicht dargelegt und auch nicht nachvollziehbar. Aus seiner, des Personalleiters Sicht sei externer Sachverstand nicht dazu da, die Betriebsratsarbeit durch Externe durchführen zu lassen. Die Vergütungsvereinbarung werde daher nicht unterzeichnet. Dem Betriebsrat bleibe es unbenommen, der Arbeitgeberin entsprechende Vorstellungen zukommen zu lassen über Inhalte, die er gerne in einer Betriebsvereinbarung zum Regelungsgegenstand geregelt wissen wolle.
11Der Antragsteller, der für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der der Arbeitgeberin gesetzten Frist bereits in seiner Sitzung am 04.04.2019 beschlossen hatte, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären und die Rechtsanwaltskanzlei W. & D. mit der ggf. gerichtlichen Einsetzung der Einigungsstelle zu beauftragen, hat über seine entsprechenden Verfahrensbevollmächtigten hierzu das gerichtliche Verfahren mit Antragsschrift vom 16.04.2019 vor dem Arbeitsgericht Solingen eingeleitet.
12Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, die Einigungsstelle sei aufgrund des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG und des von ihm ausgeübten Initiativrechts zuständig, jedenfalls aber nicht offensichtlich unzuständig. In Bezug auf einen Einigungs- oder Verhandlungsversuch seien keine zu hohen Anforderungen zu stellen. In diesem Zusammenhang hat er auf eine bereits vor sieben Monaten schriftlich an die Arbeitgeberin gerichtete Anfrage nach Gefährdungsbeurteilungen verwiesen, auf die er keine Antwort erhalten habe.
13Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt,
14als Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "psychische und physische Gefährdungsbeurteilung" Herrn T., Richter am Arbeitsgericht Rheine, zu bestellen und die Anzahl der Beisitzer, die von Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, auf jeweils vier festzusetzen.
15Hilfsweise hat er beantragt,
16als Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Betriebsvereinbarung zum Verfahren der Durchführung einer physischen und psychischen Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG" Herrn T., Richter am Arbeitsgericht Rheine, zu bestellen und die Anzahl der Beisitzer, die von Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, auf jeweils vier festzusetzen.
17Äußerst hilfsweise hat er beantragt,
18Frau L., Direktorin des Arbeitsgerichts Münster oder Herrn P., Richter am Arbeitsgericht Dortmund oder Herrn W. S., Berlin oder Herrn B. U., Kochel-Ried, jeweils Richter am Arbeitsgericht a.D. als Vorsitzende/Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Betriebsvereinbarung zum Verfahren der Durchführung einer physischen und psychischen Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG" zu bestellen und die Anzahl der Beisitzer, die von Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, auf jeweils vier festzusetzen.
19Die Beteiligte zu 2.) hat beantragt,
20die Anträge zurückzuweisen.
21Sie hat die Ansicht vertreten, ernsthafte Verhandlungen seien noch gar nicht geführt worden, weshalb auch von deren Scheitern nicht ausgegangen werden könne. Die Bitte um Unterzeichnung der Vergütungsvereinbarung sei unzulässigerweise mit der Aufforderung zur Verhandlungsbereitschaft verknüpft worden.
22Mit Beschluss vom 29.05.2019 hat das Arbeitsgericht Solingen dem ersten Hilfsantrag größtenteils stattgegeben und unter Zurückweisung der Anträge im Übrigen die Einigungsstelle unter dem Vorsitz des Direktors des Arbeitsgerichts Rheine, Herrn Dr. T., und mit je zwei Beisitzern pro Seite eingesetzt.
23Der Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen ist beiden Beteiligten über ihre Verfahrensbevollmächtigten jeweils am 11.06.2019 zugestellt worden. Mit am 25.06.2019 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten haben beide Beteiligte jeweils gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.
24Der Antragsteller wendet sich gegen die durch das Arbeitsgericht - auf seinen eigenen erstinstanzlichen Antrag hin - eingesetzte Person des Einigungsstellenvorsitzenden und trägt hierzu vor, Herr Dr. T. habe dem Betriebsrat nun mitgeteilt, erst Termine im Jahr 2020 anbieten zu können. Faktisch stehe das dem Fall gleich, dass er gar nicht zur Verfügung stehe. Der Betriebsrat benötige jedoch mit Blick auf die gesundheitlichen Interessen der Belegschaft eine zeitnahe Lösung. Außerdem wendet der Betriebsrat sich gegen die aus seiner Sicht zu gering festgesetzte Anzahl der Beisitzer. Hierzu trägt er vor, schon die Komplexität der Materie lasse eine Anzahl von vier Beisitzern als angemessen erscheinen. Der Betriebsrat benötige als Beisitzer einen juristischen sowie einen Experten in Sachen Arbeitsschutz, naturgemäß einen Arbeitnehmer der Belegschaft und auch einen Vertreter der IG Metall. Zum Rechtsschutzbedürfnis verweist der Antragsteller erneut darauf, dass sein Vorsitzender vor ca. sieben Monaten erstmalig nach Gefährdungsbeurteilungen gefragt und keine Antwort erhalten habe. Konkret habe er - insoweit unstreitig und in der Anhörung am 16.07.2019 in Augenschein genommen - am 22.11.2018 ein Schreiben an die Werksleitung gerichtet, in welchem darauf hingewiesen wurde, dass der Arbeitgeber einen Antrag des Betriebsrats auf Hinzuziehung eines externen Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG für die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung abgelehnt habe und in dem die Einschaltung einer Anwaltskanzlei deswegen angekündigt wurde. Der Antragsteller verweist weiter darauf, dass er, nachdem die Gegenseite die Zuhilfenahme externen Sachverstandes abgelehnt habe, nachvollziehbar nicht davon habe ausgehen können, dass es noch Sinn machen würde, die Verhandlungen fortzuführen, nachdem die Beteiligte zu 2.) nicht einmal ansatzweise konstruktiv agiert habe. Deshalb seien die Verhandlungen für gescheitert erklärt worden. Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass die Beteiligte zu 2.) mitbestimmungswidrig eine Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt und ebenfalls mitbestimmungswidrig von dieser eine Gefährdungsbeurteilung habe vornehmen lassen. Da die Beteiligte zu 2.) dann gleichwohl Verhandlungen mit dem Antragsteller und externen Sachverstand für diesen verweigere, müsse der Antragsteller angesichts der konfliktbeladenen Situation davon ausgehen, dass ohne Hilfe einer Einigungsstelle zeitnah keine Regelung zum Streitgegenstand erzielt werden könne.
25Der Antragsteller beantragt,
261.den Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 29.05.2019 - Az. 3 BV 22/19 - auf seine - hilfsweise als Anschlussbeschwerde zu behandelnde - Beschwerde teilweise abzuändern und den Richter am Arbeitsgericht Dortmund, Herrn P., zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand "Betriebsvereinbarung zum Verfahren der Durchführung einer physischen und psychischen Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG" zu bestellen und die Anzahl der Beisitzer, die von Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, auf jeweils vier festzusetzen;
272.die Beschwerde der Beteiligten zu 2.) zurückzuweisen.
28Die Beteiligte zu 2.) beantragt,
291.den Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 29.05.2019 - Az. 3 BV 22/19 - teilweise abzuändern und die Anträge zurückzuweisen;
302.hilfsweise, den Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 29.05.2019 - Az. 3 BV 22/19 - teilweise abzuändern und Herrn Dr. H. K., Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Hamm, zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen;
313.die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
32Sie wendet sich per se gegen die Einsetzung der Einigungsstelle und ist weiterhin der Ansicht, dem Antrag fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Verhandlungen hätten nicht stattgefunden, obwohl die Beteiligte zu 2.) sich diesen nicht verschlossen habe. Streit habe allein darüber bestanden, ob der Betriebsrat von vornherein bereits externen Sachverstand benötigt habe. Zudem habe sie die ihr vorgelegte und aus ihrer Sicht überhöhte Honorarvereinbarung der gegnerischen Verfahrensbevollmächtigten nicht unterzeichnen wollen. Die Verknüpfung von Verhandlungen mit der Unterzeichnung einer solchen Vereinbarung hält die Beteiligte zu 2.) für grob rechtsmissbräuchlich. Eine Kommunikation zum Thema Gefährdungsbeurteilung, eine Aufforderung zu Verhandlungen und eine Benennung der aus Sicht des Betriebsrats zu besprechenden Aspekte habe es zu keiner Zeit seitens des Antragstellers gegeben. Es sei nicht einmal konkret begründet worden, wozu externer Sachverstand benötigt werde. Der Betriebsrat sei aber zunächst einmal gehalten, zur Verfügung stehenden internen Sachverstand zu nutzen. Er könne nicht von vornherein bereits auf externen Sachverstand zurückgreifen, ohne überhaupt zu benennen, wozu er konkret solchen benötige. Die Beteiligte zu 2.) habe sich Verhandlungen nicht verschlossen, sondern im Gegenteil mit ihrer Antwort vom 09.04.2019 inhaltliche Vorschläge gefordert, um einen Austausch überhaupt beginnen zu können. Hingegen habe der Antragsteller von vornherein eine Einigung in der Sache nicht einmal versucht, sondern seine Einigungsbereitschaft von der Unterzeichnung der Vergütungsvereinbarung abhängig gemacht.
33Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten in beiden Instanzen nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
34II.
35Die Beschwerde des Antragstellers ist mangels Beschwer bereits unzulässig, soweit er die Person des Einigungsstellenvorsitzenden geändert wissen möchte. Sie kann insoweit zwar als zulässige Anschlussbeschwerde umgedeutet werden. Diese ist jedoch ebenso wie die im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers unbegründet, da der Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen auf die zulässige und vollumfänglich begründete Beschwerde der Beteiligten zu 2.) bereits abzuändern ist und sämtliche Anträge des Antragstellers mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückzuweisen sind.
361.Die Beschwerde der Beteiligten zu 2.) ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht im Sinne von § 100 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 i.V.m. § 89 Abs. 1 und 2 ArbGG bei dem Landesarbeitsgericht eingelegt und begründet worden. Auch im Übrigen begegnet sie keinen Zulässigkeitsbedenken, insbesondere ist die Beteiligte zu 2.) auch durch die erstinstanzliche Entscheidung beschwert, da sie von Beginn an die vollumfängliche Zurückweisung der Anträge des Antragstellers beantragt hatte, dem aber nur teilweise durch das Arbeitsgericht stattgegeben worden ist.
37Die Beschwerde des Antragstellers ist zwar gleichfalls form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und begegnet insoweit keinen Zulässigkeitsbedenken. Unzulässig ist sie jedoch, soweit der Antragsteller mit ihr die Änderung der Person des durch das Arbeitsgericht bestimmten Einigungsstellenvorsitzenden begehrt. Denn insoweit wendet er sich gegen eine vollständig seinem erstinstanzlichen Antrag folgende Entscheidung des Arbeitsgerichts. Wenngleich bei Nichtbenennung einer konkreten Person eines Einigungsstellenvorsitzenden im erstinstanzlichen Antrag und dann notwendiger Auswahl und Bestimmung einer Person durch das Arbeitsgericht vertreten wird, dass eine Beschwer insoweit bereits dann gegeben sei, wenn der Beschwerdeführer im zweiten Rechtszug geltend mache, dass er mit der durch das Gericht bestimmten Person nun aber nicht einverstanden sei (so Walker in: Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, § 100 Rn. 64), kann dies nicht gelten, wenn wie hier erstinstanzlich eine Person als Vorsitzender der Einigungsstelle konkret im Antrag benannt wird und das Arbeitsgericht dem Antrag folgt (a.A. möglicherweise GMP/Schlewing, ArbGG, 9. Auflage, § 100 Rn. 37, die im Unterschied zur Kommentierung von Walker nicht danach unterscheidet, ob eine Person antragsgemäß oder mangels personenbezogener Antragstellung durch eigene Auswahlentscheidung des Arbeitsgerichts bestellt worden ist). Denn wenn der Antragsteller wie hier eine Person für den Einigungsstellenvorsitz konkret benennt und das Gericht dem Antrag folgt und diese Person zum Vorsitzenden bestimmt, gibt es keine Beschwer des Antragstellers. Das Arbeitsgericht ist nicht hinter dem Antrag zurückgeblieben, sondern hat ihm vollständig entsprochen. Dass der Antragsteller es wohl im Vorfeld unterlassen haben dürfte, sich nach der zeitlichen Verfügbarkeit des von ihm selbst vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden zu erkundigen und nun nach ergangener gerichtlicher Entscheidung mit der ihm gegebenen Antwort nicht zufrieden ist, begründet keine Beschwer hinsichtlich der von ihm selbst beantragten gerichtlichen Entscheidung.
38Allerdings kann die insoweit unzulässige Beschwerde des Antragstellers in eine zulässige Anschlussbeschwerde im Hinblick auf das auch von der Beteiligten zu 2.) eingelegte Rechtsmittel umgedeutet werden.
39Es entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Prozessrechts, dass eine Umdeutung möglich ist, wenn eine unzulässige Prozesshandlung die Voraussetzungen einer zulässigen, dem gleichen Zweck dienenden Prozesshandlung erfüllt (BGH vom 19.08.2014 - XI ZB 12/12, juris, Rz. 7; BGH vom 19.03.2013 - VIII ZB 45/12, juris, Rz. 21; BGH vom 21.06.2000 - XII ZB 93/00, VersR 2001, 607, 608). Dementsprechend kann auch eine unzulässige Beschwerde im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren in eine Anschlussbeschwerde umgedeutet werden, soweit deren Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind und sie vom mutmaßlichen Parteiwillen gedeckt ist. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Partei grundsätzlich ein unzulässiges Hauptrechtsmittel als zulässiges Anschlussrechtsmittel retten will (so auch LAG Hamm vom 05.03.2010 - 10 TaBV 67/09, juris, Rz. 56).
40In Anwendung dieser Grundsätze ist auch im vorliegenden Fall anzunehmen und durch entsprechende Erklärung des Antragstellers in der mündlichen Anhörung am 16.07.2019 ausdrücklich bestätigt worden, dass es dem Willen des Antragstellers entsprach und entspricht, seine Beschwerde, soweit ihr die notwendige Beschwer fehlt, als Anschlussbeschwerde aufrechtzuerhalten. Deren Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen im Übrigen unproblematisch vor. Insbesondere ist eine Beschwer durch die erstinstanzliche Entscheidung keine Zulässigkeitsvoraussetzung einer Anschlussbeschwerde (BAG vom 14.09.2010 - 1 ABR 26/09, juris, Rz. 9; Busemann/Tiedemann in: Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, § 87 Rn. 15).
412.Beschwerde wie Anschlussbeschwerde des Antragstellers sind jedoch - soweit zulässig - nicht begründet. Denn begründet ist die Beschwerde der Beteiligten zu 2.), die zu Recht rügt, dass für die Anträge des Antragstellers das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts und in Abänderung von dessen Entscheidung sind damit sämtliche auf die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Betriebsvereinbarung zum Verfahren der Durchführung einer physischen und psychischen Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG" gerichteten Anträge zurückzuweisen.
42Die Anträge auf Einsetzung einer Einigungsstelle zum vorgenannten Thema sind allesamt unzulässig. Ihnen fehlt offensichtlich das Rechtsschutzbedürfnis.
43a.Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 100 ArbGG auf gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle fehlt grundsätzlich dann, wenn zuvor nicht der nach § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorgesehene Versuch einer Einigung unternommen und Vorschläge für die Beilegung der Meinungsverschiedenheiten gemacht worden sind. Das Arbeitsgericht kann mit einem Antrag nach § 100 ArbGG erst angerufen werden, wenn sich entweder die Gegenseite Verhandlungen über den Regelungsgegenstand ausdrücklich oder konkludent verweigert hat oder mit Verständigungswillen geführte Verhandlungen zwar stattgefunden haben, jedoch gescheitert sind (BAG vom 18.03.2015 - 7 ABR 4/13, juris, Rz. 17).
44Die Anforderungen an die Feststellung des Scheiterns von Verhandlungen dürfen dabei nicht überspannt werden. Haben die Betriebspartner über die zu regelnde mitbestimmungspflichtige Angelegenheit ernsthaft miteinander verhandelt und hat dabei die eine Seite die Kernelemente ihrer künftigen Verhandlungsposition gegenüber der anderen Seite dargestellt, kann sie vom Scheitern des innerbetrieblichen Einigungsversuchs ausgehen, wenn die andere Seite keine Verhandlungsbereitschaft zeigt (sei es dadurch, dass sie sich auf das Verhandlungsangebot verschweigt, oder sei es, dass sie Verhandlungen pauschal ablehnt), oder wenn zwar zügig und ernsthaft in Verhandlungen eingetreten wird, hiernach jedoch eine der Seiten nach ihrer nicht offensichtlich unbegründeten subjektiven Einschätzung Anlass zu der Annahme hat, dass die Verhandlungen nicht, zumindest nicht in absehbarer Zeit zum Erfolg führen (vgl. Kliemt in Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, Anhang "Das Einigungsstellenverfahren Rn. 46a m.w.N.). Letztlich findet damit in den Fällen aufgenommener, dann aber von der antragstellenden Seite wegen Aussichtslosigkeit abgebrochener Verhandlungen allein noch eine Rechtsmissbrauchskontrolle bei der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses statt (so auch LAG Hamm vom 14.05.2014 - 7 TaBV 21/14, juris, Rz. 36 f.). Das dient dem gesetzlich an mehreren Stellen (§§ 76 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, 100 ArbGG) zum Ausdruck kommenden Bestreben, betriebliche Konflikte in Mitbestimmungsangelegenheiten einer zwar das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) beachtenden, aber auch möglichst zügigen Klärung zuzuführen. Anderenfalls hätte die verhandlungsunwillige Seite es durch geschicktes Taktieren in der Hand, die Einsetzung einer Einigungsstelle längere Zeit zu blockieren (ebenso Kliemt in Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, Anhang "Das Einigungsstellenverfahren Rn. 46a).
45Zu weit geht allerdings die auch vom Arbeitsgericht in seiner Entscheidung übernommene Ansicht des LAG Niedersachsen, es gelte per se ein Grundsatz "Wer Verhandlungen für aussichtslos hält, kann die Einrichtung einer Einigungsstelle beantragen" (LAG Niedersachsen vom 25.10.2005 - 1 TaBV 48/05, juris, Rz. 20). Mit dieser Ansicht würden die gesetzlichen Vorgaben aus §§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vollständig negiert. Das widerspricht sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch dem Gesetzeszweck, mit der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es ohnehin nicht in Einklang zu bringen. Es kann auch unter dem Gesichtspunkt der bei jeder Rechtsausübung erforderlichen Rechtsmissbrauchskontrolle (siehe hierzu auch BAG vom 12.03.2019 - 1 ABR 42/17, juris, Rz. 42) nicht richtig sein, allein und ausschließlich den Willen einer Partei, direkt den Weg in die Einigungsstelle zu wählen, für die gerichtliche Einsetzung derselben bereits ausreichen zu lassen.
46Vielmehr gilt in Zusammenfassung der vorstehenden Ausführungen:
47-Immer muss zumindest die antragstellende Partei zuvor ernsthaft versucht haben, mit der Gegenseite in Verhandlungen zum Thema der Einigungsstelle einzutreten, wozu insbesondere gehört, eigene Vorstellungen zum Regelungsthema zu formulieren, über die dann überhaupt erst verhandelt werden könnte. Hiervon kann allein dann eine Ausnahme gemacht werden, falls die Gegenseite ausdrücklich oder konkludent erklärt hat, Verhandlungen abzulehnen.
48-Wird die Aufnahme von Verhandlungen trotz vordergründig artikulierter Verhandlungsbereitschaft von einer Partei dann gleichwohl verzögert, kann die andere Partei direkt die Einigungsstelle anrufen und gerichtlich einsetzen lassen. Hierbei gilt bereits der oben beschriebene Maßstab einer nicht offensichtlich unbegründeten subjektiven Einschätzung.
49-Sind Verhandlungen begonnen worden, gelangt jedoch eine der Seiten nach ihrer nicht offensichtlich unbegründeten subjektiven Einschätzung zu der Annahme, dass die Verhandlungen nicht oder nicht in absehbarer Zeit zum Erfolg führen werden, kann sie ebenfalls die Einigungsstelle anrufen und gerichtlich einsetzen lassen.
50b.In Anwendung dieser Grundsätze ist dem Arbeitsgericht nicht in seiner Einschätzung zu folgen, das Verhalten des Antragstellers sei nicht rechtsmissbräuchlich gewesen und der Betriebsrat seiner Verhandlungsobliegenheit in noch ausreichender Art und Weise nachgekommen. Das Gegenteil ist der Fall.
51Zunächst ist nämlich bereits festzustellen, dass der Antragsteller seiner Verhandlungsobliegenheit von vornherein überhaupt nicht nachgekommen ist. Den ernsthaften Versuch von Verhandlungen zum Regelungsthema hat es zu keiner Zeit gegeben. Denn Voraussetzung hierfür wäre mindestens gewesen, dass der Betriebsrat nicht nur einen mitbestimmungspflichtigen Regelungstatbestand als solchen benennt, sondern sein Initiativrecht auch in der Weise ausübt, dass er wenigstens grob umrissen mitteilt, was er zu regeln wünscht. Hierfür benötigt der Betriebsrat auch keinen externen juristischen Sachverständigen. Dieser ist allenfalls dann hinzuzuziehen, wenn juristische Regelungsfragen anstehen, die der Betriebsrat mit den ihm betriebsintern oder sonst zumutbar zur Verfügung stehenden oder angebotenen Mitteln und Erkenntnisquellen nicht sachgerecht klären kann (vgl. BAG vom 25.06.2014 - 7 ABR 70/12, juris, Rz. 21 ff.). Die hiervon zu trennende Frage, wozu überhaupt der Betriebsrat Regelungen wünscht und wie er sich solche bezogen auf die Erfordernisse im Betrieb grundsätzlich vorstellt, kann jeder Betriebsrat aus eigener Kenntnis der betrieblichen Verhältnisse beantworten. Es kann und muss auch von juristischen Laien erwartet werden, dass sie sich überlegen, was sie überhaupt wollen. Dafür bedarf es keines juristischen Sachverstandes. Diesen benötigt man ggfs. später bei der Frage der Durchsetzbarkeit und Umsetzbarkeit der Ziele. Über die Ziele selbst muss aber zunächst der Betriebsrat sich Gedanken machen und nicht sein Anwalt.
52Die Beteiligte zu 2.) hat sich auch keineswegs Verhandlungen zum Regelungsthema verweigert. Auf die Aufforderung vom 05.04.2019 hat sie vielmehr durch ihren Personalleiter mit E-Mail vom 09.04.2019 erklären lassen, dass es dem Betriebsrat freistünde, Vorschläge zum Regelungsthema zu unterbreiten. Damit hat sie sich Verhandlungen weder ausdrücklich noch konkludent verschlossen. Wogegen sie sich allerdings ausdrücklich zur Wehr gesetzt hat, war die Verknüpfung der - als solche wie bereits ausgeführt schon unzureichenden - Pauschalaufforderung zu Verhandlungen mit der Gegenzeichnung der Vergütungsvereinbarung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers.
53Diese Reaktion der Beteiligten zu 2.) bewegt sich auf dem Boden der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 25.06.2014 - 7 ABR 70/12, juris, Rz. 20), die es dem Arbeitgeber durchaus erlaubt, dem Verlangen des Betriebsrats nach einer Vereinbarung gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG zur Beauftragung eines Sachverständigen mit dem Angebot innerbetrieblichen Sachverstandes oder einer Begrenzung der Beauftragung des Sachverständigen und der mit ihr verbundenen Kosten entgegen zu treten. Kommt es hierauf zu keiner Einigung der Betriebsparteien, ist der Streit gerichtlich zu klären (BAG a.a.O.).
54Indem der Antragsteller nun aber die Gegenzeichnung der Vergütungsvereinbarung unmittelbar mit der Frage des Scheiterns der - von ihm nicht einmal hinreichend eingeleiteten, geschweige denn überhaupt begonnenen - Verhandlungen und der gerichtlichen Einsetzung der Einigungsstelle verknüpft hat, handelte er grob rechtsmissbräuchlich. Denn anstatt Verhandlungen überhaupt erst einmal mit dem Arbeitgeber zum Regelungsthema aufzunehmen und seine Vorstellungen zu formulieren, hat der Betriebsrat von vornherein hiermit die rechtlich gesondert zu regelnde Streitfrage der Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen verknüpft und darüber hinaus auch noch versucht, dem Arbeitgeber dessen Vergütungsvereinbarung zu diktieren. Nach dem Betriebsratsbeschluss vom 04.04.2019 hätte ja sogar die Erklärung der Beteiligten zu 2.), sie wolle verhandeln, sie akzeptiere auch die Hinzuziehung des Sachverständigen, nicht aber dessen Honorarforderung, unmittelbar zur Anrufung der Einigungsstelle geführt. Das zeigt recht deutlich auf, dass es dem Betriebsrat an dieser Stelle primär nicht etwa um den Gesundheitsschutz der von ihm vertretenen Belegschaft ging, denn zu diesem hat er nicht eine einzige inhaltliche Vorstellung dessen auch nur ansatzweise formuliert, was er zu regeln wünschte.
55Im Vordergrund stand vielmehr die Zuziehung des Sachverständigen und die Gegenzeichnung seiner Vergütungsvereinbarung. Warum ein Arbeitgeber sich allerdings allein schon der Berechnung von Fahrtzeiten eines Rechtsanwalts von N. nach T. in Höhe von 150,- € pro Stunde unterwerfen soll, wenn in und um T. herum, nämlich im gesamten L.-E.er Ballungsraum und damit im Umkreis von nicht mehr als 50 km um T. herum eine Anzahl kompetenter und auf die Vertretung und Beratung von Betriebsräten spezialisierter Rechtsanwälte vorhanden ist, die wohl bundesweit ihresgleichen suchen dürfte, erschließt sich keineswegs. Die Auswahl solch ortsnaher Sachverständiger wäre im Hinblick auf die bei einer Entfernung von gut 200 km zwischen N. und T. bei dem vom Antragsteller gewünschten Sachverständigen für jede Hin- und Rückfahrt allein schon anfallenden Kosten von gut 600,- € (bei Annahme einer Fahrtzeit von zwei Stunden je Strecke) deutlich kostengünstiger. Solche Kostengesichtspunkte sind bei der Auswahl des Sachverständigen zu berücksichtigen, indem entweder ein ortsnaher Sachverständiger ausgewählt wird oder aber dessen Vergütung auf die eines ortsnahen Anwaltsbüros begrenzt wird, es sei denn, die Auswahl des auswärtigen Rechtsanwalts wäre mit einer besonderen Fachkunde zu begründen, die vor Ort nicht in gleicher Weise zu erlangen ist (vgl. hierzu generell GK-BetrVG/Weber, 11. Auflage, § 40 Rn. 127 m.w.N.). Unabhängig von der Frage der Angemessenheit der Honorarforderung von 300,- € pro Stunde für die eigentliche Sachverständigentätigkeit, die hier dahingestellt bleiben kann, bestanden und bestehen jedenfalls hinsichtlich der Fahrtzeitenvergütungsregelung der Vergütungsvereinbarung, wie sie zum Gegenstand der Forderung des Betriebsrats gemacht worden ist, erhebliche Zweifel an deren Berechtigung und damit Durchsetzbarkeit über § 80 Abs. 3 BetrVG. Allein deswegen hatte die Beteiligte zu 2.) schon guten Grund, sich ihr auch der Höhe nach zu widersetzen.
56Das Verhalten des Betriebsrats hingegen, die Gegenzeichnung einer Vergütungsvereinbarung zur Hinzuziehung eines Sachverständigen direkt und von vornherein mit der Frage der Anrufung der Einigungsstelle zu verknüpfen, missbraucht das ihm zustehende mitbestimmungsrechtliche Initiativrecht zur Erreichung offensichtlich zweckwidriger Ziele. Das ist das Gegenteil dessen, wozu das Gesetz ihn nach § 2 Abs. 1 BetrVG verpflichtet. Sein rechtsmissbräuchliches Vorgehen führt dazu, dass seinem Antrag auf gerichtliche Einsetzung der Einigungsstelle das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
57Daran ändert sich auch nicht etwa dadurch etwas, weil der Antragsteller früher bereits erfolglos zu Verhandlungen aufgefordert hätte. In der Anhörung vom 16.07.2019 war dies ausführlich Gegenstand der Erörterungen. Trotz Unterbrechung der Verhandlung war der Antragsteller nicht in der Lage, mehr als das Schreiben vom 22.11.2018 zum Beleg seiner Behauptung vorzulegen. Dieses Schreiben jedoch enthält ganz offensichtlich keine Aufforderung zu Verhandlungen. Erneut wird vielmehr ein Sachverständiger gefordert.
58Auch das Argument des Antragstellers, die Beteiligte zu 2.) habe unter Verletzung seines Mitbestimmungsrechts eine Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt und diese ebenfalls unter Verletzung seines Mitbestimmungsrechts eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen lassen, rechtfertigt sein Verhalten nicht. Stellt der Antragsteller nachweisbar Verletzungen seines Mitbestimmungsrechts fest, steht ihm der Rechtsweg offen. Angesichts von mehr als 50 Beschlussverfahren, die sich die Beteiligten nach ihrer Einlassung im Anhörungstermin derzeit vor dem Arbeitsgericht Solingen "leisten", kann davon ausgegangen werden, dass der Betriebsrat sich dieses Weges durchaus bewusst ist und ihn hinreichend kennt. Angebliche Rechtsverletzungen durch die Beteiligte zu 2.) sind dann aber auch auf dem Rechtsweg zu klären und keine Rechtfertigung für eigene Rechtsverletzungen durch den Antragsteller. Nichts anderes ist aber die unzulässige Verknüpfung der Gegenzeichnung einer Vergütungsvereinbarung für den als Sachverständigen gewünschten Anwalt mit der Frage des Scheiterns von Verhandlungen über ein mitbestimmungspflichtiges Thema, die man selbst noch dazu nicht einmal ansatzweise ordentlich eingeleitet hat.
59R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
60Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 100 Abs. 2 Satz 4 ArbGG).
61Klein