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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird auf 30.000,-- € festgesetzt.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger begehrt vom beklagten Land einen immateriellen Schadensersatz nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wegen einer von ihm angenommenen Altersdiskriminierung. Weiter sieht sich der Kläger auf Grund einer Behinderung diskriminiert.
3Der am 24.06.1952 geborene, schwerbehinderte Kläger war über Jahrzehnte für das beklagte Land als Lehrer tätig. Seit Winter 2018 befindet er sich im Ruhestand, arbeitet aber weiterhin im Rahmen von befristeten Arbeitsverhältnissen als Lehrer für das beklagte Land.
4Der Kläger bewarb sich auf eine von der Schulleitung des Gymnasiums A der Stadt B ausgeschriebene Vertretungsstelle im Umfang von 18 Wochenstunden für den Zeitraum vom 01.02.2022 bis 09.08.2022 mit der Fächerkombination Deutsch und Philosophie/Praktische Philosophie. Die Stelle war im Internetportal des beklagten Landes unter www.C.nrw.de ausgeschrieben.
5Der Kläger ist voll ausgebildeter Lehrer mit beiden Staatsexamen. Neben dem Kläger bewarb sich ein weiterer Bewerber, welcher ebenfalls vollumfänglich ausgebildet ist und über beide Staatsexamen verfügt.
6Sowohl der weitere Bewerber als auch der Kläger wurden zu Vorstellungsgesprächen geladen. Nach Abschluss des in der Schule durchgeführten Auswahlverfahrens für die Vertretungsstelle wurde der Kläger am 04.01.2022 zunächst von der Schulleitung mit dem dafür vorgesehenen Formblatt zur Einstellung vorgeschlagen. Die Bezirksregierung Arnsberg bemängelte daraufhin, dass die vorgelegten Angaben über das Ergebnis des Auswahlverfahrens unvollständig seien, weil unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger die gesetzliche Altersgrenze bereits überschritten hat, weitere Angaben zu den Mitbewerber/-innen benötigt würden.
7Wörtlich heißt es in der E-Mail (Anlage zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 19.04.2022, Bl. 66 d. A.):
8„Wenn Sie einen Bewerber zur Einstellung vorschlagen, der die individuelle gesetzliche Altersgrenze überschritten hat, müssen Sie entweder auf der Seite 2 des Antrages bestätigen, dass sich sonst niemand mit einer Lehramtsbefähigung beworben hat oder aber Sie müssen sehr detailliert und nachvollziehbar darlegen und begründen, warum ggfls. vorhandene Mitbewerber/-innen trotz einer vorhandenen Lehramtsbefähigung für die Übernahme der Vertretungsstelle weniger bzw. nicht ausreichend qualifiziert sind.
9Ich bitte um entsprechende Ergänzung des vorliegenden Antrages.“
10Hintergrund dieser Email war ein Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW vom 26.09.2012 bzw. ein hierauf erstelltes Schreiben der Bezirksregierung vom 11.01.2013 (Anlage zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 19.04.2022, Bl. 80 d. A.) an die Schulleitungen der öffentlichen Gymnasien und Weiterbildungskollegs im Regierungsbezirk Arnsberg.
11Das Schreiben erwähnt einen Überhang an ausgebildeten Bewerberinnen und Bewerbern mit Lehramt, auch für befristete Stellen. Im Hinblick auf die unter C. ausgeschriebenen, befristeten Stellen soll Folgendes gelten:
12„Eine Einstellung oder auch die Verlängerung eines lfd. Vertretungsvertrags mit einer Person, die kein Lehramt hat oder die bereits die Altersgrenze überschritten hat, kommt ab dem 02.02.2013 nur dann in Betracht, wenn eine Ausschreibung ohne Ergebnis geblieben ist.“
13In einer Antwort-Email vom 07.01.2022 bekräftigte der Schulleiter zwar seine ursprüngliche Entscheidung für den Kläger, da er diesen für besser qualifiziert halte. Er ging aber gleichwohl auf den Hinweis der Bezirksregierung ein, indem er einen Antrag für die Besetzung der Vertretungsstelle durch den weiteren Bewerber mit zwei Staatsexamen beifügte (Anlage B 2 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 19.04.2022, Bl. 65 d. A.).
14Der weitere Bewerber mit beiden Staatsexamina wurde daraufhin eingestellt.
15Mit seiner am 19.01.2022 unter anderem per Telefax bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger eine immaterielle Entschädigung nach dem AGG in Höhe von 30.000,-- € (orientiert an sechs Monatsbezügen der Entgeltgruppe 13, Stufe 6).
16Der Kläger beruft sich vor allem darauf, dass er aufgrund seines Alters diskriminiert worden sei. Der Kläger betont, dass er nachgewiesenermaßen wegen seines Alters unmittelbar benachteiligt worden sei. Er hält den Vortrag des beklagten Landes bezüglich einer Zulässigkeit der unmittelbaren Benachteiligung wegen Alters für nicht substantiiert. Er erklärt, dass eine gesetzliche oder tarifliche Altersgrenze für die Bewerbung um eine Vertretungsstelle als tarifbeschäftigte Lehrkraft nicht existiere. Vor allem wehrt sich der Kläger gegen eine Benachteiligung „im Interesse einer ausgewogenen Verteilung der Beschäftigungsmöglichkeit im öffentlichen Schuldienst zwischen den Generationen“ bzw. wegen einer „Perspektive für Berufseinsteiger“. Dazu merkt er an, dass sich Berufseinsteiger ebenso wie andere Bewerbergruppen dem Auswahlverfahren und dem Prinzip der Bestenauslese im öffentlichen Dienst stellen könnten.
17Die Bezirksregierung Arnsberg sei als Teil der Exekutive überhaupt nicht ermächtigt, im Alleingang eine vorgeblich sozialpolitische Zielsetzung von genannter Tragweite zu implementieren. Die Rundverfügung vom 11.01.2013 widerspreche der Politik der Landesregierung ausdrücklich. Zu einen sei die genannte Dienstanweisung nicht geeignet, die Unterrichtsversorgung an den Schulen sicherzustellen. Zum anderen könne sich die Bezirksregierung nicht auf die Floskel einer sozialpolitischen Zielsetzung stützen.
18Der Kläger betont, dass die Bewerbungsmöglichkeit auf Vertretungsstellen der Plattform C ganz ausdrücklich auch für lebensältere Lehrkräfte eröffnet sei, welche bei einem Obsiegen in der Bestenauslese folglich nicht nachträglich durch eine Bewerbergruppeneingrenzung von der Einstellungsbehörde als Nichterfüller zurückgewiesen werden dürften. Die Bewerbungsmöglichkeit auf C sei generell auch für Seiteneinsteiger*innen und sogar für Student*innen eröffnet. Der Kläger hat den Eindruck, dass das beklagte Land von einer „sozialpolitischen Zielsetzung“ nur im Sinne einer allgemeinen Floskel spreche. Es ginge nur darum, eine Benachteiligung wegen Alters und / oder einer Schwerbehinderung nachträglich zu rechtfertigen. Denn hierbei werde sich lediglich auf ein älteres und noch dazu irrelevantes Urteil des LAG Köln berufen. Der Kläger verweist auch darauf, dass sich lebensältere Kräfte im Rentenalter nur auf befristete Stellen bewerben könnten. Jüngere Bewerber könnten sich hingegen gegebenenfalls auch auf die anderen Stellenportale bewerben. Der Kläger fasst zusammen, dass er trotz eines Obsiegens in der Bestenauslese nicht eingestellt worden sei, und zwar unter fadenscheinigen und nachgewiesenermaßen unhaltbaren Gründen. Die Schaffung einer Perspektive für Berufseinsteiger dürfe nicht dazu benutzt werden, eine Diskriminierung wegen Alters vermeintlich zu rechtfertigen.
19Darüber hinaus erwähnt der Kläger, dass er sich auch als schwerbehinderter Mensch diskriminiert sehe. Der Auswahlkommission sei die Schwerbehinderung ab dem 14.10.2008 mit einem GdB von 50 nach der Auswahlentscheidung bekannt gemacht und der Bescheid umgehend vorgelegt worden.
20Der Kläger beantragt,
21das beklagte Land zu verurteilen, eine Entschädigung nach dem AGG an ihn in Höhe von 30.000,-- € zu zahlen.
22Das beklagte Land beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Das beklagte Land betont zum Sachverhalt, dass die mit E-Mail vom 06.01.2022 geforderte Ergänzung der Angaben hinsichtlich der Bewerbersituation und des Auswahlverfahrens auf einer sozialpolitischen Zielsetzung beruhe, nämlich dem Ziel, im Interesse einer ausgewogenen Verteilung der Beschäftigungsmöglichkeiten im öffentlichen Schuldienst zwischen den Generationen bei der Besetzung auch bei befristeten Stellen eine Perspektive für Berufseinsteiger zu eröffnen.
25Das beklagte Land beruft sich auf ein Urteil des LAG Köln vom 27.06.2012 – 9 Sa 20/12. Zum Auswahlverfahren führt das beklagte Land an, dass sowohl der Kläger als auch der Mitbewerber gleichermaßen die formalen Voraussetzungen für eine Bewerbung und Besetzung der Stelle erfüllten. Die Auswahl sei daher nach Qualifikationserwägungen durchzuführen gewesen.
26Aufgrund des erheblichen Interesses, für Berufseinsteiger auch im Bereich der Vertretungsstellen eine Perspektive zu eröffnen, seien die öffentlichen Gymnasien und Weiterbildungskollegs seit Januar 2013 dazu angehalten, vor der Besetzung von Vertretungsstellen zunächst durch Ausschreibung zu ermitteln, ob es hierfür entsprechend fertig ausgebildete Lehrkräfte gebe. Die Absage vom 04.03.2013 sei nicht wegen des Alters des Klägers, sondern unter Beachtung der Vorgaben zur Schaffung einer Perspektive für Berufseinsteiger erfolgt. Andere Gesichtspunkte, wie etwa die vorliegende Schwerbehinderung, hätten die Entscheidung ebenfalls nicht beeinflusst. Die Nichtberücksichtigung des Klägers sei vorliegend gerechtfertigt. Somit habe der Kläger keine Benachteiligung im Besetzungsverfahren aufgrund seines Alters erfahren.
27Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schrift-sätze sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
29Der Kläger unterliegt.
30I.
31Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Schadensersatz gemäß § 15 Abs. 2 AGG wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist. Ein solcher Anspruch ist ausgeschlossen, da der Kläger weder aufgrund seines Alters noch aufgrund seiner Behinderung diskriminiert wurde.
321.
33Es liegt keine Altersdiskriminierung vor.
34Allerdings ist sehr wohl eine unmittelbare Ungleichbehandlung des Klägers zu seinen Lasten wegen seines Lebensalters gegeben. Dies ist vorliegend eindeutig daran ablesbar, dass der Kläger von der Auswahlkommission als derjenige Bewerber identifiziert wurde, welcher die beste Qualifikation für die ausgeschriebene Stelle hatte. Lediglich aufgrund seines Lebensalters wurde ihm die Stelle nach Intervention der Bezirksregierung gleichwohl nicht angeboten.
35Allerdings ist zu beachten, dass auch eine unmittelbare Ungleichbehandlung aufgrund eines der in § 1 AGG genannten Merkmale nicht notwendig eine Diskriminierung bzw. eine Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG darstellt. Eine Diskriminierung bzw. unerlaubte Benachteiligung liegt vielmehr nur vor, wenn die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt ist.
36Vorliegend durfte das Land dem Kläger die begehrte Stelle wegen dessen Lebensalters verwehren, da diese Ungleichbehandlung gemäß § 10 Satz 1 AGG durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt war und zur Erreichung dieses Zieles objektiv angemessen erscheint.
37a)
38Das beklagte Land, vertreten durch die Bezirksregierung, verfolgt hier das Ziel, jüngeren Bewerberinnen und Bewerbern die Möglichkeit zu geben, den Einstieg in die Lehrertätigkeit über befristete Stellen zu finden. Sie verweist insoweit auf eine sozialpolitische Zielsetzung aber auch auf ihr Interesse an einer ausgewogenen Verteilung der Beschäftigungsmöglichkeiten im öffentlichen Schuldienst.
39Dabei handelt es sich um Zielsetzungen, welche von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits als legitime Zielsetzungen im Zusammenhang mit der Überprüfung der Zulässigkeit von festen Altersgrenzen in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes erkannt wurden (BAG, Urteil vom 08.12.2010 – 7 AZR 438/09). Auch der Gesetzgeber betrachtet dieses Ziel als legitim. Dies erschließt sich aus § 10 Satz 3 Ziffer 5 AGG. Diese Regelung legt fest, dass eine Vereinbarung zulässig ist, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann. Die entsprechenden Bestimmungen in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes sind – auch unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Tarifautonomie -zulässig und wirksam (LAG Köln, Urteil vom 27.06.2012 – 9 Sa 20/12).
40b)
41Nach Auffassung der Kammer bedingt diese Wertsetzung des Gesetzgebers jedoch, dass auch bei Einstellungen das Alter jedenfalls insoweit berücksichtigt werden darf, dass Bewerberinnen und Bewerber nur nachrangig eingestellt werden dürfen, die bereits eine Rente wegen Alters beantragen können bzw. sich im Ruhestand befinden. Andernfalls wäre der Arbeitgeber regelmäßig gezwungen, Beschäftigte wieder einzustellen, die erst vor kurzem aufgrund der im öffentlichen Dienst geltenden Altersgrenzen ausgeschieden sind. Diese Bewerberinnen und Bewerber dürften regelmäßig aufgrund ihrer jahrzehntelangen Berufserfahrungen besondere Qualifikationen aufweisen, die sich in Zeugnissen und Dienstlichen Beurteilungen wiederspiegeln. Dann wäre die von den Tarifvertragsparteien gewollte und wirksame Altersgrenze im öffentlichen Dienst jedoch faktisch ausgehebelt, da zumindest ein Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, welche aufgrund der Altersgrenzen ausscheiden, einen zeitnahen Anspruch auf Wiedereinstellung geltend machen könnten.
42Im Hinblick auf die zu achtende und zu respektierende Entscheidung der Tarifvertragsparteien, eine verbindliche Altersgrenze zu bestimmen und vor dem Hintergrund der höchstrichterlich als wirksam und rechtmäßig befundenen tarifvertraglichen Bestimmungen hierzu durfte die Bezirksregierung vorliegend privilegierende Einstellungsmöglichkeiten für noch nicht im Ruhestand befindliche Bewerberinnen und Bewerber schaffen. Die Entscheidung, Bewerberinnen und Bewerber, die die Regelaltersgrenze überschritten haben, nur einzustellen, wenn sich keine anderen voll ausgebildeten Lehrkräfte bewerben oder diese aus besonderen Gründen des Einzelfalles nicht geeignet sind, ist somit eine legitime Zielsetzung bei Neueinstellungen, welche die tarifvertraglich festgelegte feste Altersgrenze zu Ende führt und in diesem Sinn Konsequenz des in § 10 Satz 3 Ziffer 5 AGG genannten Rechtfertigungsgrundes ist.
43c)
44Entgegen der Auffassung des Klägers durfte die Bezirksregierung als Organ der Exekutive diese Zielsetzung vornehmen. § 10 AGG richtet sich gleichermaßen an den privaten wie den öffentlichen Arbeitgeber. Das beklagte Land wird hier also nicht als Exekutive im Sinn des öffentlichen Rechts tätig, sondern agiert zivilrechtlich. Darüber hinaus darf die staatliche Exekutive allerdings auch nach öffentlich-rechtlichen Maßstäben im Rahmen der Gesetze eigene Zielsetzungen verfolgen. Die vorliegende Zielsetzung hält sich an die Grenzen bestehender Gesetzte, da sie die Wertung des § 10 Satz 3 Ziffer 5 AGG zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen auch bei Einstellungen zur Anwendung bringt.
45d)
46Die unmittelbare Ungleichbehandlung des Klägers aufgrund seines Lebensalters erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig, da die Einstellungspolitik der Bezirksregierung angemessen und erforderlich im Sinne des § 10 Satz 2 AGG ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass Bewerberinnen und Bewerber, die die Regelaltersgrenze überschritten haben, nicht nur, wie der Kläger in seinen Darstellungen herausstellt, aufgefordert werden, sich zu bewerben, sondern auch durchaus eingestellt werden, wenn keine Bewerberinnen und Bewerber vorhanden sind, die voll ausgebildet sind (zwei Staatsexamen) und die Regelaltersgrenze noch nicht überschritten haben. Ältere Bewerber, die die Regelaltersgrenze überschritten haben, sind somit nicht generell von einer Einstellung ausgeschlossen. Der Umstand, dass der Kläger selber nach seinem Eintritt in den Ruhestand noch vielfach befristet beschäftigt wurde, veranschaulicht dies. Darüber hinaus ergibt sich gerade im vorliegenden Fall aus der Korrespondenz zwischen der Schulleitung und der Bezirksregierung, dass auch bei Bewerbungen von Lehrkräften, welche voll ausgebildet sind und die Regelaltersgrenze noch nicht überschritten haben, eine Einstellung des älteren Bewerbers möglich ist, wenn sich der jüngere Bewerber aufgrund von Umständen des Einzelfalles als nicht ausreichend qualifiziert erweist (siehe E-Mail der Bezirksregierung vom 06.01.2022). Ältere Bewerberinnen und Bewerber haben somit zwar einen schwereren Stand im Bewerbungsverfahren, sind jedoch andererseits nicht von vornherein chancenlos.
47Somit kann der Kläger auch nicht mit seiner Argumentation gehört werden, dass die Stellen, die über C ausgeschrieben werden, gerade für ältere Lehrkräfte offen seien. Entgegen der Auffassung des Klägers steht die Einstellungspolitik der Bezirksregierung dazu in keinem Widerspruch, da in vielen Fällen ältere Arbeitnehmer durchaus Chancen haben.
48e)
49Schließlich überzeugt die Kammer auch nicht der Gedankengang des Klägers, dass lebensältere Bewerberinnen und Bewerber sich nur über die Plattform C bewerben könnten, während jüngere Lehrkräfte sich auch auf die in anderen Portalen ausgeschriebenen Stellen bewerben könnten. Dies ist zwar richtig, jedoch gerade Ausdruck der Absicht der Tarifvertragsparteien, normale Dauerarbeitsverhältnisse nicht mehr mit Bewerberinnen und Bewerbern zu begründen, welche die Regelaltersgrenze überschritten haben.
50f)
51Die Entscheidung des beklagten Landes, Bewerberinnen und Bewerber, die die Regelaltersgrenze überschritten haben, nur nachrangig einzustellen, verstößt auch nicht gegen das Prinzip der Bestenauslese nach Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz, welches besagt, dass die Stellen alleine nach Eignung, Befähigung und Leistung vergeben werden dürfen. Entgegen der Wahrnehmung des Klägers bedeutet Eignung nicht unbedingt, dass ein Bewerber oder eine Bewerberin nach Einschätzung einer Auswahlkommission die möglichst besten persönlichen Eigenschaften für eine konkrete Stelle bietet.
52Für das Merkmal der Eignung kommt es vielmehr vorliegend darüber hinaus auch darauf an, dass die Bewerberin oder der Bewerber ein Lebensalter hat, welches der Umsetzung einer Einstellungspolitik dienlich ist, die die festen Altersgrenzen der Tarifverträge umsetzt. Dies bedeutet vorliegend, dass ehemals beschäftigte Lehrerinnen und Lehrer, die die Regelaltersgrenze überschritten haben, grundsätzlich nicht mehr beschäftigt werden sollen, sondern stattdessen jüngere Lehrkräfte nachrücken sollen, ersichtlich um langfristig eine ausgewogene Altersstruktur sicherzustellen und die Möglichkeit zu schaffen, auch jüngere Lehrkräfte dauerhaft für den Schuldienst zu gewinnen.
53Da der Kläger aufgrund seines Lebensalters oberhalb der Regelaltersgrenze nicht positiv zu einer durch die festen Altersgrenzen bezweckten Altersstruktur beitragen kann und möglicherweise jüngere Lehrkräfte im Falle seiner Einstellung nicht gewonnen werden könnten, ist er – wenn auch völlig unverschuldet – vorliegend nicht so gut für die zu besetzende Stelle geeignet gewesen wie der jüngere Mitbewerber, welcher die Stelle erhalten hat.
54Da das Merkmal der Eignung vorliegend also auch die Fähigkeit umfasst, mit der eigenen Person positiv zu einer ausgewogenen Altersstruktur beizutragen, war der Mitbewerber trotz eines nach Auffassung der Auswahlkommission weniger überzeugenden Auftretens im Vorstellungsgespräch letztlich doch besser geeignet. Die Einstellung des Mitbewerbers bzw. die Umsetzung der in dem Schreiben der Bezirksregierung vom 11.01.2013 vorgegebenen Einstellungspolitik verstoßen daher nicht gegen den Grundsatz der Bestenauslese des Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz.
55Schließlich sieht die Kammer auch keine Veranlassung, die dargestellten Überlegungen auf Stellen zu beschränken, welche unbefristet ausgeschrieben werden. Da das beklagte Land regelmäßig in einem beachtlichen Umfang befristete Stellen mit und ohne Sachgrund vergibt, wird die Altersstruktur auch durch befristet beschäftigte Lehrkräfte spürbar mitgeprägt. Auch die Gewinnung von jüngeren Lehrkräften, bei denen die Hoffnung besteht, dass diese dem Land über längere Zeit zur Verfügung stehen werden, kann über befristete Stellen erfolgen, da befristete Stellen häufig verlängert werden bzw. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kettenbefristungen bis zur Grenze des rechtlich Zulässigen beschäftigt werden oder sogar einen Übergang in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis oder einen Seiteneinstieg finden.
56Auch der Umstand, dass es vorliegend um eine befristete Stelle ging, ändert somit nichts an den oben genannten Ausführungen.
57g)
58Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Kläger zwar aufgrund seines Lebensalters unmittelbar schlechter gestellt wurde, da er die Stelle nur aufgrund eines Lebensalters nicht erhalten hat. Dieser Nachteil war jedoch gerechtfertigt, weil das Land legitime Ziele einer nachhaltigen Personal- und Nachwuchsplanung sowie legitime sozialpolitische Ziele verfolgt, die die vorrangige Einstellung jüngerer Bewerberinnen und Bewerber erfordern. Aus diesem Grund besteht eine Rechtfertigung für die unmittelbare Ungleichbehandlung, so dass keine Diskriminierung bzw. keine Benachteiligung im Sinne des § 7 Abs. 1 AGG wegen einer Benachteiligung aufgrund des Alters vorliegt.
592.
60Weiter ist nicht erkennbar, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung diskriminiert wurde. Insoweit ist noch nicht einmal ersichtlich, dass der Kläger aufgrund einer Behinderung bzw. aufgrund seiner Schwerbehinderteneigenschaft schlechter als andere Bewerberinnen und Bewerber gestellt war bzw. aus diesem Grund die begehrte Stelle nicht erhalten hat. Der Kläger macht keine Ausführungen dazu, warum er glaubt, dass er aufgrund seiner Behinderung benachteiligt worden sein könnte. Ebenfalls kann die Kammer dies aus der vorgelegten Korrespondenz zwischen der Schulleitung und der Bezirksregierung nicht ersehen. Aus dieser ergibt sich vielmehr, dass der Kläger aufgrund seines Alters nicht eingestellt werden sollte.
61Da der Kläger zum Vorstellungsgespräch durchaus geladen wurde, ist somit kein Indiz im Sinne des § 22 AGG gegeben, das die Vermutung begründen könnte, dass eine Benachteiligung aufgrund der Behinderung des Klägers gegeben war.
62Auch im Hinblick auf die Behinderung des Klägers ist somit kein Rechtsverstoß erkennbar.
633.
64Der Kläger wurde also weder aufgrund seines Alters noch auf Grund seiner Behinderung diskriminiert. Die Klage ist daher abzuweisen.
65II.
66Da der Kläger im Verfahren unterliegt hat er gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Streitwert entspricht dem eingeklagten Betrag.
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
68Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
69Landesarbeitsgericht Hamm
70Marker Allee 94
7159071 Hamm
72Fax: 02381 891-283
73eingegangen sein.
74Für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse besteht ab dem 01.01.2022 gem. §§ 46g Satz 1, 64 Abs. 7 ArbGG grundsätzlich die Pflicht, die Berufung ausschließlich als elektronisches Dokument einzureichen. Gleiches gilt für vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht.
75Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
76Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
77Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
781. Rechtsanwälte,
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
83* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.