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Die bloße Verknüpfung der Trägerschaft eines nach § 1 AGG verpönten Merkmals einerseits mit einer nachteiligen Behandlung andererseits führt noch nicht zur Annahme eines Indizes nach § 22 AGG und damit nicht zur Beweislast des Arbeitgebers für die von ihm behauptete Tatsache, das verpönte Merkmal (hier: Geschlecht/Schwangerschaft) sei nicht einmal ein Teil seines Motivbündels für die belastende Entscheidung gewesen.
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.06.2018 - 6 Ca 7206/17 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG sowie um Schadensersatz wegen einer von der Klägerin angenommenen geschlechtsspezifischen Diskriminierung durch die Beklagte.
3Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen. Sie eröffnete am 01.11.2016 eine neue Filiale auf der B Straße. Für die dort entstehenden Arbeitsplätze schloss die Beklagte (nach deren Vortrag) insgesamt 16 befristete Arbeitsverträge ab, davon drei geringfügige. Von diesen 16 Arbeitsverhältnissen wurden sechs von den Beschäftigten selbst gekündigt und 3 durch die Beklagte während der Probezeit. Von den zur Eröffnung des Marktes eigestellten 16 Beschäftigten verblieben somit zuletzt sieben Beschäftigte, darunter die Klägerin. Nach dem Vortrag der Klägerin waren unter den 16 Beschäftigten 11 „aktive“ Kassiererinnen. Alle diese Arbeitsverträge waren befristet auf ein Jahr, nämlich bis zum 31.10.2017. Bei den eingestellten Beschäftigten handelte es sich ausschließlich um Frauen. Konkret mit der Klägerin schloss die Beklagte am 06.10.2016 einen befristeten Vertrag für die Zeit vom 01.11.2016 bis zum 31.10.2017 in Teilzeit im Umfang von 66,67 % der tariflichen Arbeitszeit (25 Stunden wöchentlich) in einer Tätigkeit der Tarifgruppe G1 TJ 1. In der Folgezeit war die Klägerin wie vereinbart in der Filiale B Straße als Kassiererin im Einsatz. Zuletzt erzielte sie hier ein monatliches Brutto-Einkommen in Höhe von 1.036,05 EUR.
4Im Mai 2017 erfuhr die Klägerin von ihrer Schwangerschaft. Wenn diese Schwangerschaft im Monat Mai auch prozessual von der Beklagten bestritten wurde, so steht jedenfalls fest, dass die Klägerin am 21.01.2018 einen Sohn geboren hat. Die Geburtsurkunde wurde im Kammertermin am 14.02.2019 vorgelegt. Gegenüber der Personalabteilung der Beklagten hat die Klägerin im Jahre 2017 kein Attest über die bestehende Schwangerschaft vorgelegt, keine Kopie des Mutterpasses vorgelegt, keine formlose Mitteilung über die bestehende Schwangerschaft gemacht. Ihrem unmittelbaren Vorgesetzten, dem Zeugen M (Marktleiter), gegenüber hat sie jedoch in einem Gespräch am 22.05.2017 die bestehende Schwangerschaft mitgeteilt. Die Einzelheiten dieses Gesprächs sind allerdings streitig. Seit Montag, dem 19.06.2017 (also gut einen Monat später beginnend), war die Klägerin durchgehend krankheitsbedingt arbeitsunfähig. In der Zeit davor war sie zwischen dem 22.05.2017 und dem 19.06.2017 „häufiger“ arbeitsunfähig (so die Klägerin im Schriftsatz vom „26.10.2017“, Bl. 50) bzw. nur 2 Tage im Einsatz (so die Beklagte im Schriftsatz vom 25.05.2018, Bl. 56). Im Zeitraum seit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.11.2016 bis zum 22.05.2017 war die Klägerin an insgesamt 12 Kalendertagen arbeitsunfähig – zumindest diese 12 Kalendertage sind unstreitig nicht schwangerschaftsbedingt gewesen. Die Arbeitsunfähigkeitszeiten während ihrer Schwangerschaft waren attestiert von zwei verschiedenen Hausärzten, einem Frauenarzt und schließlich ab dem 19.06.2017 durchgehend von einem Facharzt für Psychiatrie.
5Am 21.07.2017, also einen weiteren guten Monat nach Beginn der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit und drei Monate vor Ende der Vertragsbefristung erhielt die Klägerin vom Marktleiter, dem Zeugen M , ein Schreiben zugesandt (Bl. 51 d.A.), aus dem die Klägerin schlussfolgerte, dass von der Beklagten nicht beabsichtigt sei, das Arbeitsverhältnis über das Ende der Befristung hinaus fortzuführen. Ausweislich der Überschrift handelt es sich bei dem Schreiben um eine „Zusatz-Vereinbarung zum befristeten Arbeitsvertrag“. Als „Zusatz“ können dort durch Ankreuzen drei Optionen „vereinbart“ werden, wobei das Schreiben vom Marktleiter unterzeichnet und für die Unterschrift der Klägerin eine Freizeile vorgesehen war:
6 Der Arbeitnehmer wird über den Ablauf der Befristung am 31.10.2017 bis zum … (maximal 31.10.2018) befristet weiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Befristung, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
7 Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Befristung am 31.10.2017.
8 Das Arbeitsverhältnis wird mit Ablauf der Befristung ab dem 01.11.2017 als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortgesetzt. Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das gesetzliche Rentenalter erreicht.
9Im Falle der Klägerin war die zweite Option angekreuzt. Im Briefumschlag, mit dem das Schreiben übersandt wurde, fand sich ein Anschreiben der Zeugin K (Bl. 52), in dem diese darum bat, ein Exemplar des „Zusatzvertrages“ zurück zu senden. In diesem Anschreiben heißt es unter anderem: „… hoffe, Ihnen und Ihrem Kind geht es soweit gut – Vielen Dank …“. Unter denjenigen Mitarbeiterinnen, deren ursprüngliche Vertragsbefristung – wie die der Klägerin – am 31.10.2017 auslief, war die Klägerin die einzige, die vom Filialleiter dieses Schreiben mit einem Kreuz bei der zweiten Option erhalten hat, also das „Vertragsangebot“ mit der Option „31.10.2017 Ende“.
10Mit Schreiben vom 11.09.2017 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung wegen einer nach ihrer Auffassung erfolgten Diskriminierung auf. Diese Aufforderung wies die Beklagte mit Schreiben vom 20.09.2017 (Bl. 10 ff) zurück. Die Vertragsverlängerung komme aus Gründen der fehlenden Zuverlässigkeit und der mangelnden Leistung der Klägerin nicht in Betracht. Hinzu kämen überdurchschnittliche Arbeitsunfähigkeitszeiten. Im Übrigen liege keine schriftliche Anzeige der Schwangerschaft vor.
11Mit der seit dem 27.10.2017 anhängigen Klage begehrt die Klägerin weiterhin Entschädigung sowie die Feststellung, dass die Beklagte darüber hinaus zu Schadensersatz verpflichtet sei.
12Zur Klagebegründung hat die Klägerin vorgetragen, in dem am 22.05.2017 geführten Gespräch mit ihrem Vorgesetzten, dem Zeugen M , habe sie dem Zeugen von ihrer Schwangerschaft erzählt. Der Zeuge habe aber den schriftlichen Nachweis der Schwangerschaft nicht entgegennehmen wollen. Die Zeugin S , eine Kassiererin wie sie, habe ihr in einem Gespräch am 26.07.2017 mitgeteilt, auch sie sei schwanger gewesen, ihr sei vom Zeugen M ursprünglich mitgeteilt worden, wegen der Schwangerschaft könne sie keinen Anschlussvertrag erhalten; als sie dann aber eine Fehlgeburt gehabt habe, habe sie dann doch das Vertragsangebot erhalten.
13Sie, die Klägerin, gehe davon aus, dass ausschließlich ihre Schwangerschaft der Grund für die Nichtverlängerung sei. Schließlich sei auch die Tatsache, dass das Mutterschutzgesetz nicht im Betrieb aushänge, als Indiz im Sinne des § 22 AGG zu betrachten. Die von der Beklagten im Schreiben vom 20.09.2017 dargestellten Gründe für die Nichtverlängerung seien vorgeschoben. Andere Kolleginnen, denen mangelhafte Leistung, Unpünktlichkeit oder Unzuverlässigkeit vorgeworfen worden seien, seien immer direkt abgemahnt worden oder hätten Kündigungen erhalten. Sie dagegen sei kein einziges Mal zu spät gekommen und es habe keine Beschwerden, Abmahnungen oder ähnliches gegeben. Selbst die Kollegin, die wegen einer Kassendifferenz in Höhe von 250,00 EUR eine Abmahnung erhalten habe, habe ein Verlängerungsangebot erhalten. Dass sie eine nur unterdurchschnittliche Scanner-Quote erreicht habe, bestreite sie. Als weiteres Indiz, das für die von ihr angenommene Diskriminierung spreche, sei die Begründung im Schreiben vom 20.09.2017 zu betrachten, wenn ihr dort mangelnde Einsatz- und Leistungsfähigkeit vorgehalten werde. Damit habe die Beklagte verdeckt auf die Schwangerschaft und die mit dieser verbundenen Minderung der Leistungsfähigkeit Bezug genommen.
14Die Klägerin hat beantragt,
151. die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, 15.000,00 EUR jedoch nicht unterschreiten sollte;
162. festzustellen, dass die Beklagte gemäß § 15 Abs. 6 AGG verpflichtet ist, ihr sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr ab dem 01.11.2017 dadurch entsteht und noch entstehen wird, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht über den 31.10.2017 verlängert wurde.
17Die Beklagte hat beantragt,
18Die Klage abzuweisen
19Sie hat vorgetragen, es gebe keinen Zusammenhang zwischen der Schwangerschaft der Klägerin und der Nichtverlängerung des Vertrages. Entgegen der Darstellung der Klägerin habe sich der Zeuge M nicht geweigert, eine Mutterschaftsbescheinigung entgegen zu nehmen. Das Gegenteil sei der Fall gewesen: Die Klägerin sei sowohl vom Zeugen M , wie auch von der Zeugin K vergeblich angesprochen worden, sie möge eine Bescheinigung über die Schwangerschaft einreichen. Sie wisse durch die übersandten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen lediglich, dass die Klägerin ab dem 19.06.2017 arbeitsunfähig gewesen sei. Dass die Schwangerschaft der Grund für die Arbeitsunfähigkeit gewesen sei, wisse sie nicht. Die von der Klägerin vorgetragenen Behauptungen mit Blick auf die Zeugin S seien nicht richtig. Ein Gespräch, im Rahmen dessen der Zeuge M der Zeugin S mitgeteilt habe, sie könne jetzt nach der Fehlgeburt einen Anschlussvertrag unterzeichnen, habe es nicht gegeben. Gleichfalls sei der Zeugin S zuvor nicht bedeutet worden, sie erhalte wegen der damals noch bestehenden Schwangerschaft keinen Anschlussvertrag.
20Der tatsächliche Grund dafür, den Vertrag mit der Klägerin nicht zu verlängern, sei der Umfang ihrer schon zuvor eingetretenen häufigen Fehlzeiten gewesen. Schon vor der am 19.06.2017 beginnenden Arbeitsunfähigkeit sei die Klägerin an 30 Tagen arbeitsunfähig gewesen. Zudem habe sie im Betrieb Unfrieden gestiftet, über Kolleginnen gelästert und der Kassenaufsicht (der Zeugin K ) gesagt, sie habe „kein Bock“ mehr zu arbeiten. Außerdem habe die Klägerin die geringste Scanning-Quote gehabt, also pro Zeiteinheit am wenigsten kassiert. Das zeige weit unterdurchschnittliche Leistungen. Entgegen der Mitteilung der Klägerin komme sie hinsichtlich der aushangpflichtigen Gesetze ihren gesetzlichen Aushangpflichten nach.
21Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 07.06.2018 die Klage abgewiesen. Da eine Befristung ohne Befristungsgrund gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG bedenkenfrei zulässig sei, könne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als solche nichts mit der Schwangerschaft der Klägerin zu tun haben. Angesichts der Tatsache, dass alle anderen Mitarbeiterinnen ebenfalls zunächst mit nur befristeten Verträgen eingestellt worden seien, könne sich in der Vertragsbefristung als solcher eine Diskriminierung nicht zeigen.
22Die der Klägerin übersandte „Vereinbarung“ vom 19.07.2017 habe lediglich deklaratorische Qualität. Sie lege nur schriftlich die tatsächliche Rechtslage dar, nämlich dass das Arbeitsverhältnis zum Ende des vereinbarten Befristungszeitraums ende. Die Tatsache, dass ihr Vertrag nicht verlängert worden sei, sei keine Benachteiligung, denn hierauf habe sie keinen Rechtsanspruch. Der zuvor geschlossene und noch bestehende Vertrag begründe keinen Anspruch auf Begründung eines neuen Vertrages. Die Klägerin habe mit Blick auf eine Verlängerung auch keinen Vertragsangebot abgegeben. Die Unterlassung eines Angebots, zu dessen Abgabe keine Verpflichtung bestehe, könne keine zur Entschädigung verpflichtende Benachteiligung sein.
23Gegen dieses ihr am 13.07.2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02.08.2018 Berufung eingelegt und hat diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 08.10.2018 begründet.
24Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, die Annahme des Arbeitsgerichts, es lägen keine Indizien im Sinne des § 22 AGG vor, sei unzutreffend. Nach ihrer Auffassung sei gleich von mehreren Indizien auszugehen: die Nichtverlängerung des Vertrages in Kenntnis der Schwangerschaft; kein Aushang des MuSchG und des AGG im Betrieb; keine Gefährdungsanalyse; kein BEM; keine Mitteilung der Schwangerschaft der Klägerin an die Bezirksregierung; Verweigerung der Vertragsverlängerung bei einer anderen Schwangeren, der Zeugin S , und sodann doch Verlängerung nach Fehlgeburt; Bezugnahme auf mangelnde Einsatz- und Leistungsfähigkeit der Klägerin im Ablehnungsschreiben; Die Verträge aller anderen Kolleginnen seien verlängert worden.
25Die Beklagte habe die aufgrund der vorgetragenen Indizien nach § 22 AGG entstehende Diskriminierungsvermutung nicht widerlegen können. Die Krankheitszeiten in der Zeit ab dem 15.05.2017 hätten die folgenden Ursachen gehabt: 15.05.2017 bis 20.05.2017 wegen Rückenschmerzen; 24.05.2017 bis 03.06.2017 wegen Hypermesis gravidarum (Schwangerschaftserbrechen); 19.06.2017 bis 31.10.2017 wegen schwangerschaftsbedingter Depression. Die Abwesenheitszeiten hätten also vor allem ihren Grund in ihrer Schwangerschaft gehabt.
26Die Klägerin beantragt,
27das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.06.2018 - 6 Ca
287206/17 – abzuändern und
291. die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, 15.000,00 EUR jedoch nicht unterschreiten sollte;
302. festzustellen, dass die Beklagte gemäß § 15 Abs. 6 AGG verpflichtet ist, ihr sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr ab dem 01.11.2017 dadurch entsteht und noch entstehen wird, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht über den 31.10.2017 verlängert wurde.
31Die Beklagte beantragt,
32die Berufung zurückzuweisen.
33Zur Erwiderung auf die Berufungsbegründung der Klägerin trägt sie vor, die Behauptung der Klägerin, sie sei die einzige, die von den ursprünglich eingestellten Kassenmitarbeiterinnen keinen unbefristeten Vertrag erhalten habe, sei falsch: Ursprünglich seien 16 Beschäftigte eingestellt worden, sechs seien durch Eigenkündigung ausgeschieden und drei hätten noch während der Probezeit eine Kündigung erhalten. Nicht einmal die Hälfte der mit der Klägerin vergleichbaren Beschäftigten habe also überhaupt das Ende der Erstbefristung erreicht. Maßgeblich für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die nicht erfolgte Verlängerung sei die unterdurchschnittliche Leistung der Klägerin. Dieses mangelhafte Leistungsniveau zeige sich anhand der Scanning-Quote:
34Januar 2017 |
19,3 |
bei einem Durchschnitt von |
21,3. |
März 2017 |
24,5 |
bei einem Durchschnitt von |
25,2. |
April 2017 |
24,5 |
bei einem Durchschnitt von |
25. |
Mai 2017 |
21,8 |
bei einem Durchschnitt von |
25. |
Die Arbeitsunfähigkeitstage in der Zeit vor der Schwangerschaft seien als weit überdurchschnittliche Abwesenheitszeiten zu verzeichnen gewesen. Die Klägerin habe durch ihre Lästereien Unfrieden gestiftet. Gegenüber der Kassenaufsicht habe sie sich abfällig geäußert.
36Nach ihrer Auffassung habe die Klägerin kein Indiz für eine Diskriminierung vorgetragen und erst recht nicht bewiesen. Die Klägerin selbst habe im Jahre 2017 niemanden darauf hingewiesen, dass ihre Krankheitszeiten schwangerschaftsbedingt gewesen seien. Nach ihrer Auffassung scheitere ein Anspruch aus Schadensersatz oder auf Entschädigung schon an der Tatsache, dass die Klägerin ihre Schwangerschaft nie nachgewiesen habe. Die Vorbeschäftigung sei kurz und nicht störungsfrei gewesen. Deshalb sei sie nicht verlängert worden. Eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit bestehe nicht.
37Die Berufungskammer hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 14.02.2019 durch die Vernehmung der Zeugin S Beweis erhoben zur Behauptung der Klägerin, die Zeugin habe vom Marktleiter M in dessen Kenntnis der Schwangerschaft der Zeugin gesagt bekommen, ihr Vertrag werde nicht verlängert; entgegen dieser Ankündigung sei aber nach Beendigung der Schwangerschaft mitgeteilt worden, sie könne nun doch unbefristet weiter beschäftigt werden. Auf den Inhalt des Protokolls der Beweisaufnahme vom 04.07.2019 (Bl. 191) wird Bezug genommen.
38Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
39E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
40I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
41II. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
421. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung aus §§ 15 Abs. 2 AGG, 611 a BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag. Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus § 7 AGG als notwendige Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Klägerin nicht – wie von ihr geltend gemacht - wegen ihres Geschlechts diskriminiert worden.
43a. Indem die Klägerin geltend gemacht hat, sie sei durch die Nichtverlängerung ihres befristeten Vertrages wegen ihrer Schwangerschaft diskriminiert worden, hat sie eine unmittelbare (und nicht etwa nur mittelbare) Diskriminierung wegen ihres Geschlechts geltend gemacht. Denn eine Diskriminierung wegen einer Schwangerschaft, stellt eine Diskriminierung wegen einer geschlechtsspezifische Eigenschaft dar und knüpft daher unmittelbar an das Geschlecht an (EuGH 08.11.1990 – Rs. 177/88 [Dekker]); EuGH 03.02.2000 – Rs. C-207/98 [Mahlburg – NZA 2000, 255]; EuGH 14.07.1994 – Rs. C-32/93 [Webb]; Däubler/Bertzbach, AGG § 1 Rn. 50). Mit ihrer Entschädigungsforderung macht die Klägerin also geltend, sie sei wegen ihres Geschlechts, wegen ihres „Frauseins“, diskriminiert worden.
44b. Eine Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts (ihrer Schwangerschaft) ist weder unstreitig noch ausdrücklich von der Beklagten kommuniziert. Indem die Beklagte mit Schreiben vom 21.07.2017 durch die Setzung des entsprechenden Kreuzes auf dem Vertragsformular das schlechteste von drei vorgegebenen „Vertragsangeboten“, nämlich die einvernehmliche Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Befristungsende, gemacht hat, geschah dies neutral und ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das „Frausein“ der Klägerin im allgemeinen oder deren Schwangerschaft im Besonderen. Da sich die Beklagte in dieser auf das Geschlecht abzielenden Richtung zu ihrer Motivationslage nicht ausdrücklich geäußert hat, wäre es nach der allgemeinen zivilprozessualen Beweisregel an der anspruchsstellenden Klägerin gewesen, zur Motivation der Beklagten weiter vorzutragen und diesen Vortrag unter Beweis zu stellen. Diskriminierungen finden allerdings selten in diesem Sinne offen statt. Der Klägerin, die sich diskriminiert fühlt, wird der Beweis der Tatsachen, die die Diskriminierung bedingen, häufig nicht gelingen. Die diskriminierte Person kann die Tatsachen, die sich in der Sphäre des „Diskriminierers“ abspielen, sehr oft nicht kennen. Schon gar nicht kann die diskriminierte Person in der Regel den Nachweis einer bestimmten Motivation des Diskriminierenden erbringen (vgl. Prütting, FS 50 Jahre Bundesarbeitsgericht, S. 1311, 1314). Dies ist der Grund, warum § 22 AGG eine besondere Regelung für die Verteilung der Beweislast vorsieht, die denjenigen die Prozessführung erleichtern soll, die sich durch das Verhalten Dritter diskriminiert fühlen. Vorliegend sind die Voraussetzungen des § 22 AGG jedoch nicht erfüllt.
45c. Die Klägerin hat keine Indizien im Sinne des § 22 AGG bewiesen, die eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts vermuten lassen. Die Regelung in § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor (BAG v. 29.6.2017 – 8 AZR 402/15). Wenn im Streitfall die Klägerin Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die Beklagte die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Danach genügt die Klägerin, die sich für diskriminiert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes erfolgt ist (BAG v. 18.5.2017 – 8 AZR 74/16; BAG v. 11.8.2016 – 8 AZR 375/15). Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (hierzu und mwN: Beck in: Däubler/Bertzbach, AGG § 22 Rn. 1). Die (Hilfs-)Tatsachen müssen sich auf alle Anspruchsvoraussetzungen beziehen. Dies sind bei der unmittelbaren Diskriminierung nach § 3 Abs. 1 S. 1 (siehe zu den folgenden Einzelheiten mit Nachweisen aus der Rechtsprechung: Däubler, ZfA 2006, 476 ff.; Rebhahn-Rebhahn, § 5 Rn. 65): (1.) das „negative Betroffensein“, also die „weniger günstige Behandlung“; (2.) die Vergleichsgröße, also die Frage, ob eine weniger günstige Behandlung vorliegt und damit nach der gesetzlichen Definition der Hinweis auf z.B. andere Beschäftigte in einer vergleichbaren Situation; (3.) dass diese weniger günstige Behandlung im Verhältnis zu einer Vergleichsperson auf einem „verpönten Merkmal“ nach § 1 beruht.
46Bei einer zu Gunsten der Klägerin wohlwollenden Betrachtung des streitigen und unstreitigen Parteivorbringens kann vorliegend von einer weniger günstigen Behandlung im vorgenannten Sinne ausgegangen werden. Es fehlt aber an einem Indiz für die Annahme, dass diese weniger günstige Behandlung auf einem verpönten Merkmal, hier des Geschlechts der Klägerin, beruht.
47(1.) Eine „weniger günstige Behandlung“ der Klägerin im oben genannten Sinne liegt in der Tatsache, dass die Klägerin von der Beklagten ein Formular mit einem Vertragsangebot erhalten hat, auf dem die Beklagte diejenige Variante angekreuzt hatte, die sich unter Beachtung der zu Gunsten der Klägerin angenommenen Interessen als die ungünstigste Variante darstellt. Es geht also um das aus Sicht der Klägerin ungünstige Vertragsangebot hinsichtlich eines in der Zukunft zu begründenden Vertragsverhältnisses, nicht um die Tatsache der ursprünglichen Vertragsbefristung. Das wird von der Klägerin - auch mit Blick auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils - nicht in Frage gestellt. Die Parteien sind nach dem Ende einer wirksamen Befristung bei der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen frei und an frühere Abmachungen nicht gebunden (BAG v. 27.11.2008 - 6 AZR 632/08 -). Nach Ablauf der Befristung kann die Arbeitgeberin frei darüber entscheiden, ob sie der Arbeitnehmerin ein Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags unterbreitet (BAG v. 11.12.2003 - 6 AZR 64/03 -; BAG v. 13.08.2008 - 7 AZR 513/07 -). Ein Kontrahierungszwang, also die Pflicht, ein Vertragsverhältnis über eine weitere Beschäftigung zu begründen, besteht nicht. Ein vertraglicher Anspruch der Arbeitnehmerin auf Abschluss eines weiteren Arbeitsvertrags kann nur dann entstehen, wenn Erklärungen oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers vorliegen, die als Zusage auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auszulegen sind (BAG v. 13.08.2008 - 7 AZR 513/07-; BAG v. 23.04.2009 – 6 AZR 189/08 –). Die bloße Beendigung des befristeten Vertrages durch Fristablauf ist also zunächst nichts Weiteres als der Vollzug des im Vertrag niedergelegten Parteiwillens. Die Fortsetzung des Vertrages ist für die Arbeitnehmerin nicht immer ein Vorteil, da es sich um einen gegenseitigen Vertrag handelt, der die Arbeitnehmerin an ihre Arbeitspflicht mit sämtlichen Nebenpflichten, an das Direktionsrecht der Arbeitgeberin und damit an einen erheblichen und dauerhaften Eingriff in ihre persönliche Lebensplanung bindet. Es kann also bei Fallgestaltungen wie der vorliegenden eine „weniger günstige Behandlung“ nicht in der Beendigung liegen, wohl aber in einer Verweigerung einer Einstellung (EuGH v. 04.10.2001 - Rs. C - 438/99 [Melgar]).
48Zu Gunsten der Klägerin kann an dieser Stelle angenommen werden, dass seitens der Beklagten eine so verstandene „Verweigerung“ einer Einstellung vorliegt. Zu einer Verweigerung gehört allerdings ein Antrag, der abgelehnt, also verweigert wird. Die Klägerin müsste sich also irgendwie mit einem Fortbeschäftigungswillen geäußert haben. Das hat sie - wohlwollend betrachtet - schlüssig getan. Das gilt jedenfalls dann wenn ihr die Interessen unterstellt werden, die bei Beschäftigten mit befristeten Arbeitsverhältnissen wohl regelmäßig vorliegen. Ausdrücklich hat sie auf das „Vertragsangebot“ der Beklagten nicht etwa ein Gegenangebot abgegeben, („ich bitte um Abschluss eines Vertrages mit einem Kreuz im ersten Kästchen“), sondern sie hat auf Übersendung des Vertragsangebots der Beklagten vom 21.07.2017 während ihrer Arbeitsunfähigkeit knappe zwei Monate lang der Beklagten gegenüber nichts geäußert. Vielmehr hat sie erst mit Schreiben vom 11.09.2017 direkt eine Entschädigung wegen Diskriminierung gefordert. Auch die Historie des Arbeitsverhältnisses im Übrigen ist keine Dokumentation unbedingter Weiterbeschäftigungsbereitschaft: Einstellung am 01.11.2016; ein halbes Jahr lang gearbeitet mit 12 Arbeitsunfähigkeitstagen (= 10 %); zumindest „häufigere“ krankheitsbedingte Abwesenheit in der Folgezeit bis zum Eintritt der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit ab dem 19.06.2017. Von der Klägerin selbst werden keine Nachfragen von ihr in dieser Zeit vorgetragen, keine Bitte, über das Befristungsende hinaus weiter beschäftigt zu werden, kein ausdrücklicher Antrag, kein Vertragsangebot. Trotz der oben dargestellten Indifferenz der Rechte und Pflichten aus einem gegenseitigen Vertrag ist aber trotzdem als Regel anzunehmen, dass Beschäftigte grundsätzlich eher an einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses interessiert sind, als an einem Ende zum Ablauf der Befristung. Wird vor diesem Hintergrund der Arbeitnehmerin ein „Vertragsangebot“ mit drei alternativ anzukreuzenden Vertragsinhalten übersandt und in ihrem Vertragsangebot ist die Vereinbarung angekreuzt, nach der das derzeit aktuell laufende Arbeitsverhältnis zum vereinbarten Befristungsende sein Ende finde, so ist darin eine nachteilige Behandlung im oben genannten Sinne zu sehen, denn die beiden anderen Möglichkeiten (weitere Befristung und unbefristetes Arbeitsverhältnis) erscheinen – nicht nach ihren Erklärungen, wohl aber nach ihren von der Berufungskammer angenommenen Interessen – als weniger belastend, interessengerecht und nicht nachteilig.
49(2.) Das somit feststellbare „negative Betroffensein“ der Klägerin stellt sich mit Blick auf die Vergleichsgruppe als Benachteiligung dar. Das gilt zumindest dann, wenn der Kreis der vergleichbaren betroffenen Beschäftigten so gezogen wird, wie es die Klägerin getan hat. Würde dem Vortrag der Beklagten folgend von ursprünglich 16 befristet im November 2016 neueingestellten Beschäftigten ausgegangen, so wäre die Klägerin eine von zehn Arbeitnehmerinnen, die von der Beklagten nicht über den 31.10.2017 hinaus hätten weiter beschäftigt werden sollen. Die Klägerin würde dann zur Mehrheit der nachteilig Behandelten gehören. Oder umgekehrt betrachtet: In der Mehrheit derjenigen, die nach dem Willen der Beklagten nicht über den 31.10.2017 hinaus weiterbeschäftigt werden sollten, war die Klägerin diejenige, die am wenigsten nachteilig behandelt wurde, indem ihr Arbeitsverhältnis bis zum 31.10.2017 bestand – obwohl nach dem Vortrag der Beklagten Leitungsschwächen wahrzunehmen waren. Mit Blick auf die Frage, ob der verweigerte Fortbestand über den 31.10.2017 hinaus eine Benachteiligung ist, wird aber der Klägerin folgend der Kreis der vergleichbaren Beschäftigten dort zu ziehen sein, wo es um die Beschäftigung über die Befristung hinaus ging, also bei jenen Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis bis zum Befristungsende fortbestanden hat. Dies waren sieben Frauen. Von diesen sieben Frauen war die Klägerin die einzige, die nicht wenigstens eine weitere Befristung angeboten bekommen hat.
50(3.) Die Klägerin hat aber keine Tatsachen bewiesen, aus denen sich indiziell ergeben könnte, dass die so festgestellte Benachteiligung im Verhältnis zur Vergleichsgruppe auf einem „verpönten Merkmal“ nach § 1 beruht. Die Schwangerschaft selbst ist kein verpöntes Merkmal im Sinne des § 1 AGG. Das hier von der Klägerin geltend gemachte Merkmal wegen dem sie sich diskriminiert fühlt, ist das Geschlecht, also ihr „Frausein“. Indizien dafür, dass die Klägerin unabhängig von ihrer Schwangerschaft durch die Beklagte wegen ihres Geschlechts diskriminiert wurde, macht die Klägerin selbst nicht geltend; es geht mithin um die Schwangerschaft als mit dem Geschlecht zwingend verbundenem Merkmal. Die Klägerin macht also vordergründig geltend: sie sei Trägerin eines verpönten Merkmals; sie sei nachteilig behandelt worden; die Benachteiligung sei wegen des verpönten Merkmals erfolgt. Ohne die weiteren von ihr benannten Indizien, verbindet sie damit allein die Trägerschaft des verpönten Merkmals einerseits mit der Benachteiligung andererseits. Aus dieser Verbindung - ohne weitere Indizien - ergibt sich aber nicht die Rechtsfolge des § 22 AGG (Beck in: Däubler/Bertzbach, AGG § 22 Rn. 47). Die Regelungen über die Darlegung von Indiztatsachen sollen Behauptungen ins Blaue hinein verhindern (BAG v. 25.4.2013 – 8 AZR 287/08; MüKo-Thüsing, § 22 Rn. 11). Allein die Behauptung der Zugehörigkeit zu einer durch dieses Gesetz geschützten Gruppe, wie „Ich bin homosexuell“ oder „Ich bin 55 Jahre alt und deshalb nicht eingestellt worden“, reicht nicht aus, um die Anspruchsvoraussetzungen darzulegen. Würde man eine solche Behauptung genügen lassen, könnte jeder, der zu der durch das Gesetz geschützten Personengruppe gehört, und mindestens ein Merkmal, das nicht in die Entscheidung einfließen darf, erfüllt, ohne jeden weiteren Anhaltspunkt versuchen, seine angeblichen Rechte durchzusetzen (BAG v. 25.04.2013 – 8 AZR 287/14). Für eine schwangere Frau bedeutet das: Jede arbeitgeberseitige Weisung, also jede Ausübung des Direktionsrechts aus § 106 GewO stellt eine Einschränkung der persönlichen Freiheit der Arbeitnehmerin und damit eine nachteilige Behandlung dar. Hiernach könnte eine Schwangere während der ca. 7 Monaten ihrer Beschäftigung (wenn sie nicht arbeitsunfähig ist oder einem Beschäftigungsverbot unterliegt) hinsichtlich jeder Weisung des Arbeitgebers eine Entschädigung verlangen, die vom Arbeitgeber nur dann nicht zu zahlen ist, wenn er nachweisen kann, dass die Schwangerschaft und damit das Geschlecht der Arbeitnehmerin auch nicht nur als kleiner Teil seines Motivbündels (BAG v. 18.09.2014 – 8 AZR 753/13) bei Erteilung der Weisung eine Rolle gespielt hat. Ein solcher Nachweis ist bei einer Vielzahl denkbarer Weisungen außerordentlich schwer oder unmöglich. Hinzu kommt, dass bestimmte Merkmale – wie z.B. Alter und Geschlecht – für jeden Menschen kennzeichnend sind. Mit einem solchen Vortrag kann unter Umständen die Benachteiligung, d.h. die vergleichsweise schlechtere Behandlung, dargetan werden, wie das hier geschehen ist, nicht aber, dass die Benachteiligung gerade auf einem Diskriminierungstatbestand beruht (vgl. LAG Köln 28.6.2012 – 6 Sa 207/12 –; Düwell, jurisPR-ArbR 28/2006, Anm. 7). Die Anspruchsstellerin muss folglich weitere Anhaltspunkte durch den Vortrag von (Hilfs-)Tatsachen liefern, die auf eine Diskriminierung schließen lassen, also auf eine Benachteiligung, die auf einem verpönten Merkmal beruht.
51aa. Über die bloße Trägerschaft des verpönten Merkmals hinaus hat die Klägerin eine Indiztatsache vorgetragen, die, wäre sie bewiesen, gemäß § 22 AGG vermuten ließe, dass die Schwangerschaft und damit das Geschlecht der Klägerin ein Teil des Motivbündels der Beklagten war, das für die Nichtverlängerung des Vertragsverhältnisses kausal wurde. Wenn nämlich tatsächlich der Zeuge M der Zeugin S gesagt haben sollte, mit Schwangerschaft werde das Vertragsverhältnis nicht verlängert, nach der Fehlgeburt aber schon, dann würde damit ein gewichtiges Indiz für eine Diskriminierungstendenz der Beklagten vorliegen. Für diesen Vortrag hat die Klägerin Beweis angetreten durch Vernehmung der Zeugin S . Die Berufungskammer hat diesen Beweis erhoben und die Zeugin S vernommen. Diese Beweisaufnahme hatte ein eindeutiges Ergebnis: Sie war im prozessualen Sinne negativ ergiebig. Die Beweisaufnahme blieb nicht nur unergiebig in dem Sinne, dass sich in ihr die von der beweisbelasteten Partei dargelegten Behauptungen nicht bestätigten. Das Ergebnis ging darüber hinaus. Die Beweisaufnahme hat nach der Überzeugung der erkennenden Kammer ergeben, dass die Klägerin die Unwahrheit gesagt hat. Auf die Frage, ob es ein Gespräch zwischen der Zeugin S und dem Zeugen M gegeben habe, während dem der Filialleiter der Zeugin gegenüber in Kenntnis von deren Schwangerschaft eine Verlängerung des Vertrages abgelehnt habe, hat die Zeugin bekundet: „Nein, so ein Gespräch hat nicht stattgefunden.“ Auf die Frage, ob es - unabhängig von dem Wahrheitsgehalt des Inhalts - ein Gespräch mit der Klägerin gegeben habe, in dem die Zeugin der Klägerin zumindest erzählt habe, sie sei vom Filialleiter darauf hingewiesen worden, sie bekomme keinen Anschlussvertrag, bekundete die Zeugin: „Nein es hat dazu überhaupt kein Gespräch stattgefunden.“ Die erkennende Kammer geht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass der von der Zeugin bestätigte Satz „… dass ich froh bin, dass mein Vertrag verlängert wird“ in der damaligen Situation der Klägerin von dieser überinterpretiert und im Laufe der Zeit in ihrer Erinnerung unbewusst ausgeschmückt wurde und dass deshalb ihr prozessualer Vortrag keine vorsätzliche Lüge war. Das ändert aber nichts am fehlenden Wahrheitsgehalt des Vortrages: Weder hat der Zeuge M der Zeugin S sinngemäß gesagt, mit einer Schwangeren werde kein Arbeitsverhältnis begründet oder verlängert, noch hat die Zeugin S der Klägerin etwas entsprechendes mitgeteilt. Die Zeugin war glaubwürdig und ihre Bekundungen glaubhaft. Es gab für die Kammer keinen Anlass am Inhalt ihrer Bekundungen zu zweifeln. Die Zeugin hat auf die erkennende Kammer einen gefassten und konzentrierten Eindruck gemacht. Das Schmerzhafte in der Erinnerung an den Verlust der Schwangerschaft war ihr anzumerken, gleichzeitig aber auch, dass ihr die Bedeutung einer Beweisaufnahme bewusst war. Das Unverständnis über die von der Klägerin in den Raum gestellte Behauptung, es habe dieses Gespräch gegeben, hat sie zum Ausdruck gebracht, gleichzeitig war aber auch ihr Bemühen um Sachlichkeit erkennbar. Die Zeugin hat in einer einfachen Sprache klar formuliert, sie hat nur dann gezögert, wenn sie nach Worten suchte. Nichts wirkte dabei vorbereitet oder abgesprochen. Widersprüche inhaltlicher Art oder in der Intensität ihres Erinnerungsvermögens waren nicht erkennbar. Die Kammer erkannte zwar, dass die Zeugin nach wie vor im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten stand und daher ein gewisses Interesse an einem weiteren ungestörten Verlauf des Arbeitsverhältnisses hat. Die Standhaftigkeit, mit der die Zeugin insgesamt auftrat, gebot aber jeder Vermutung Schweigen, sie sei bereit, eine uneidliche Falschaussage zu begehen, um der Arbeitgeberin zu gefallen.
52bb. Alle weiteren von der Klägerin benannten Tatsachen eigenen sich nicht als Indizien im Sinne des § 22 AGG. Diese von der Klägerin genannten Tatsachen sprechen nicht für eine Kausalität zwischen dem verpönten Merkmal und der Nichtverlängerung des Vertrages bzw. der Nichteinstellung. Das tun sie nicht einmal im Sinne einer Diskriminierungstendenz oder im Sinne der Verstärkung des Eindruckes, es gebe eine solche Tendenz bei der Beklagten: Das Fehlen einer Gefährdungsanalyse, die Nichtdurchführung eines BEM, die fehlende Mitteilung einer (nicht nachgewiesenen) Schwangerschaft an die Bezirksregierung – all dies hat mit der Frage der Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nichts zu tun. Wenn Gesetzesaushänge im Betrieb fehlen, dann kommt dies allenfalls als zusätzliche Facette einer Benachteiligungstendenz in Betracht, wurde aber auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin von der Zeugin nicht bestätigt. Die Bezugnahme auf mangelnde Leistung im Ablehnungsschreiben eignet sich nicht als Indiz für eine Kausalität zwischen Benachteiligung und verpöntem Merkmal. Vielmehr ist der Hinweis auf Leistungsdefizite in der Vergangenheit, also aus einem Zeitraum vor der Schwangerschaft, einer der wenigen diskriminierungssicheren Einwände der Arbeitgeberin eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen.
53Nach alledem ist es der Klägerin nicht gelungen, Indizien vorzutragen und zu beweisen, die die Vermutung begründen können, die Nichtverlängerung des Vertrages sei zumindest auch wegen ihres Geschlechts geschehen. Auf die Rechtfertigung der Benachteiligung durch die Arbeitgeberin (Leistung, Scanning-Quote, Arbeitsunfähigkeit, Betriebsstörung usw.) kommt es demnach nicht an.
542. Für den Feststellungsantrag fehlt nach wie vor das Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO. Er war daher als unzulässig abzuweisen. Hinsichtlich der deshalb nicht zu prüfenden Begründetheit des Anspruchs ist lediglich auf die Selbstverständlichkeit hinzuweisen, dass ein Schadensersatzanspruch wegen Diskriminierung eine Diskriminierung voraussetzt.
55III. Nach allem bleibt es somit bei der klageabweisenden erstinstanzlichen Entscheidung. Als unterliegende Partei hat die Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.