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1. Zu den Voraussetzungen eines Entgeltanspruchs aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges im unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnis. Zum tatsächlichen Angebot – zum wörtlichen Angebot – zur Entbehrlichkeit des Angebots – zum Unvermögen der Schuldnerin.
2. Im unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnis ist die arbeitsunfähige Arbeitnehmerin nicht verpflichtet, die Arbeitgeberin über ihre Wiedergenesung zu unterrichten. Die Voraussetzungen der Einwendung aus § 297 BGB hat vielmehr die Arbeitgeberin darzulegen, die aus dieser Rechte herleitet (so schon BAG v. 19.04.1990 – 2 AZR 591/89 – und v. 24.11.1994 – 2 AZR 179/94 -).
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 28.08.2018 – 4 Ca 3577/17 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um Entgeltansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Zeit nach Ablauf einer Kündigungsfrist einer Kündigung, deren Unwirksamkeit in der Zwischenzeit rechtskräftig erkannt worden war.
3Die Klägerin war seit August 1989 bei der Beklagten beschäftigt und erhielt dafür zuletzt ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 1.030,13 EUR. Mit Schreiben vom 28.10.2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2015, also unter Einhaltung einer Frist von 7 Monaten. Für die Zeit ab dem 08.11.2014 (also ab dem 12. Tag nach Kündigungszugang) bis zum 07.06.2015 (also bis zum 7. Tag nach Ablauf der Kündigungsfrist 7 Monate später) war die Klägerin krankgeschrieben. Für die Zeit der 6 Wochen Entgeltfortzahlung, also bis Ende Dezember 2014, wies die Klägerin unstreitig ihre Arbeitsunfähigkeit durch Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nach. Ob sie danach Mitteilungen des Arztes für die Krankenkasse oder sonstige Nachweise über eine bestehende Arbeitsunfähigkeit an den Arbeitgeber weitergeleitet hat, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls hat die Klägerin die Beklagte nicht ausdrücklich darüber informiert, dass ihre Arbeitsunfähigkeit am 08.06.2016 ihr Ende gefunden hat.
4Die von der Klägerin gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage ist zunächst vom Arbeitsgericht - 2 Ca 4064/14 - abgewiesen worden. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben – 11 Sa 113/16. Das Bundesarbeitsgericht hat eine Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen – 2 AZN 344/17. Das Arbeitsverhältnis bestand also über den 31.05.2015 hinaus fort. Sein Ende hat es schließlich durch eine fristlose Kündigung der Beklagten vom 27.12.2016 gefunden, die die Klägerin nicht mehr gerichtlich angegriffen hat.
5In der Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist und nach Wiedergenesung, also ab dem 08.06.2015 hat die Klägerin Leistungen der Bundesagentur für Arbeit erhalten bzw. Entgelt eines anderen Arbeitgebers in dem im Folgenden dargestellten Umfang:
608.06.2015 bis 31.12.2015 |
3.686,48 EUR |
Arbeitslosengeld |
01.01.2016 bis 14.04.2016 |
1.888,64 EUR |
Arbeitslosengeld |
15.04.2016 bis 31.08.2016 |
3.741,80 EUR |
Bruttoentgelt von anderem Arbeitgeber (NKD Deutschland) |
Im Monat September 2016 erzielte die Klägerin keinen anderen Verdienst. Ihre ursprünglich erhobene Annahmeverzugsforderung für diesen Monat, die vom Arbeitsgericht abgewiesen worden ist, ist aber auch nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. Ab dem 01.10.2017 ist die Klägerin bei einem weiteren neuen Arbeitgeber tätig. Für die Zeit ab diesem Tag hat die Klägerin keine Ansprüche mehr geltend gemacht.
8Mit der seit dem 28.09.2017 anhängigen und seit dem 20.10.2018 rechtshängigen Klage hat die Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges die Zahlung von Entgelt für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.09.2016 unter Berücksichtigung des Zwischenverdienstes von anderen Arbeitgebern (abgezogener Bruttobetrag) und ebenfalls unter Berücksichtigung des in diesem Zeitraum geflossenen Arbeitslosengeldes (ausdrücklich im Antrag benannter Nettobetrag) begehrt.
9Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, nach ihrer Auffassung müsse sie bei Gesundung nach Ablauf der Kündigungsfrist einer Kündigung, die sich als rechtswidrig und daher wirkungslos herausgestellt habe, nicht erneut ihre Arbeitswilligkeit, Arbeitsfähigkeit und Arbeitsbereitschaft anzeigen. Ab dem 08.06.2015 sei sie wieder arbeitsfähig gewesen. Die Tätigkeit bei N , aus der sie bis zum 31.08.2016 anderweitigen Verdienst erzielt habe, habe sie aus gesundheitlichen Gründen durch Eigenkündigung beenden müssen.
10Die Klägerin hat beantragt,
11die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.549,05 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 5.575,12 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat vorgetragen, Ansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs kämen nach ihrer Auffassung schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin sich nie gemeldet habe und nie Auskunft über ihre Leistungswilligkeit und Leistungsbereitschaft gegeben habe. Der letzte Kontakt habe am 11.11.2014 stattgefunden. Es könne nicht von ihr erwartet werden, die Klägerin zur Arbeitsleistung aufzufordern, wenn sie nicht einmal wisse, ob die Klägerin wieder gesund sei. Außerdem müsse sich die Klägerin weiteren (ggfls. fiktiven) anderweitigen Verdienst anrechnen lassen. Die Klägerin habe nämlich nicht nachvollziehbar vorgetragen, dass sie sich während der Arbeitslosigkeit ausreichend um anderweitige Beschäftigung bemüht habe. Auch sei nicht ersichtlich, warum die Klägerin den Vertrag mit N vorzeitig beendet habe. Diese vorzeitige Beendigung stelle sich als böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes im Sinne des § 615 Satz 2 BGB dar.
15Das Arbeitsgericht Aachen hat mit Urteil vom 28.08.2018 der Klage überwiegend stattgegeben und zwar in Höhe von 11.717,54 EUR. Nur mit Blick auf die Entgeltforderungen für den Monat September 2016 hat es die Klage abgewiesen. Durch die Unwirksamkeit der Kündigung sei die Beklagte ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist in Annahmeverzug geraten. Einer Ausdrücklichen Anzeige der Wiedergenesung durch die Klägerin habe es hierfür nicht bedurft. Da für die Zeit ab dem 08.06.2016 Arbeitslosengeld geflossen sei, sei es nicht an der Klägerin vorzutragen, es gebe keinen anderweitigen tatsächlichen oder fiktiven Verdienst, den sie sich hätte anrechnen müssen. Im Monat September habe sie jedoch anderweitigen Verdienst böswillig unterlassen, indem sie das Arbeitsverhältnis mit N zum 31.08.2016 gekündigt habe, ohne dass dafür ein Grund ersichtlich sei. Deshalb sei die Klage wegen § 615 Satz 2 BGB abzuweisen gewesen, soweit die Klägerin mit ihr Entgelt für den Monat September 2016 gefordert habe.
16Gegen dieses ihr am 21.09.2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.10.2018 Berufung eingelegt und sie hat diese Berufung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 01.08.2018 begründet.
17Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor, dem Arbeitsgericht sei ein Rechtsanwendungsfehler unterlaufen: Nach einer unwirksamen Kündigung bedürfe es für den Eintritt des Annahmeverzuges zumindest dann ausnahmsweise eines ausdrücklichen Leistungsangebots, wenn die Arbeitnehmerin im Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist arbeitsunfähig sei. Ein solches ausdrückliches Angebot habe es hier nicht gegeben. Nach dem Grundgedanken des § 615 Satz 2 BGB sei die Nichtanzeige der Wiedergesundung ein böswilliges Unterlassen. Wenn schon böswillig unterlassener Verdienst bei anderen Arbeitgebern Anrechnung finde, dann müsse das gleiche für böswillig unterlassenen Verdienst beim Vertragsarbeitgeber, also bei ihr, der Beklagten, gelten. Jedenfalls müsse die Arbeitgeberin in einem Fall wie dem vorliegenden aus dem Grundsatz von Treu und Glauben einen Anspruch auf die Mitteilung der Wiedergenesung haben, bevor vom Eintritt des Annahmeverzuges gesprochen werden könne.
18Die Beklagte beantragt,
19das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 28.08.2018 - 4 Ca 3577/17 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
20Die Klägerin beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Mit dem Ausspruch der (unwirksamen) Kündigung und dem Klageabweisungsantrag im arbeitsgerichtlichen Verfahren habe die Beklagte nach ihrer Auffassung zum Ausdruck gebracht, sie nicht weiter beschäftigen zu wollen. Daher sei ein neues Leistungsangebot nach Wiedergenesung überflüssig gewesen.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s s g r ü n d e
25I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
26II. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung für die Zeit vom 08.06.2018 bis zum 31.08.2018 stattgegeben. Die Zahlungen für den Monat September 2018 sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, weil die Klägerin gegen die insoweit abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts seinerseits kein Rechtsmittel eingelegt hat. Insgesamt wird Bezug genommen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts. Dies gilt auch und vor allem mit Blick auf die Erkenntnis, dass anderweitiger Verdienst nicht böswillig unterlassen wurde. Zur Verdeutlichung des Ergebnisses für die Beklagte, dass nämlich das Arbeitsgericht mit Blick auf die zuerkannten Annahmeverzugsansprüche keinem Rechtsanwendungsfehler erlag, werden dessen Erwägungen nur noch wie folgt konkretisiert:
27Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Entgelt aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges in Höhe des vom Arbeitsgericht zuerkannten Betrages aus § 611 a Abs. 2, 615 Satz 1 und 295 BGB für die Zeit vom 08.06.2015 bis zum 31.08.2016 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 11.717,54 EUR brutto abzüglich 5.575,12 netto nebst Zinsen. Die Klägerin hat in der hier streitigen Zeit keine Arbeitsleistung erbracht. Ihre Arbeitsleitung, die zeitlich bestimmt ist und sich daher als Fixschuld darstellt, ist gemäß § 275 Abs. 1 BGB objektiv unmöglich geworden und kann nicht nachgeholt werden. In einem solchen Fall entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung gemäß § 326 Abs. 1 BGB, es sei denn, eine Rechtsgrundlage gibt der klagenden Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Lohn ohne Arbeit.
281. Ein solcher Anspruch besteht für die Zeit vom 01.06.2015 bis zum 07.06.2015 nicht. In dieser Zeit war die Klägerin arbeitsunfähig. Da die Frist von sechs Wochen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz längst abgelaufen war, kam ein Anspruch gegen die Beklagte auf Entgeltfortzahlung nicht in Betracht. Das ist unstreitig. Und da sie aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit außerstande war, die Leistung zu erbringen kam auch unstreitig gemäß § 297 BGB (Unvermögen des Gläubigers) kein Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugsentgelt in Betracht. Für diesen Zeitraum beansprucht die Klägerin im hier zu entscheidenden Rechtsstreit richtigerweise kein Entgelt.
292. Für die Zeit nach dem 07.06.2015 bis zum 31.08.2016 folgt der Anspruch der Klägerin auf Lohn ohne Arbeit aus § 615, 293 ff BGB. Nach § 615 BGB kann die Arbeitnehmerin entgegen der soeben dargestellten Rechtsfolge des § 326 Abs. 1 BGB die Vergütung trotz Nichtleistung der Arbeit von der Arbeitgeberin verlangen, wenn die Arbeitgeberin mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug gerät und dies der Grund für die Nichtleistung ist. Wann von einem solchen Annahmeverzug der Arbeitgeberin auszugehen ist bestimmt sich nach den §§ 293 ff BGB (Vergl. hierzu Preis ErfK § 615 BGB Rn. 51 ff). Diese lauten wörtlich:
30§ 293 Annahmeverzug
31Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.
32§ 294 Tatsächliches Angebot
33Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.
34§ 295 Wörtliches Angebot
351Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. 2Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.
36§ 296 Entbehrlichkeit des Angebots
371Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. 2Das Gleiche gilt, wenn der Handlung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt.
38§ 297 Unvermögen des Schuldners
39Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.
40a. Ein Annahmeverzug nach § 293 BGB ist hier nicht eingetreten. Nach § 293 BGB gerät die Arbeitgeberin in Annahmeverzug, wenn sie die ihr angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Voraussetzung für den Annahmeverzug der Arbeitgeberin ist also das Angebot der Arbeitnehmerin. Hierfür muss die Arbeitnehmerin nach § 294 BGB am rechten Ort, zur rechten Zeit, leistungswillig und leistungsbereit erscheinen und ausdrücklich die Arbeitsleistung anbieten, die Arbeitgeberin also zur Zuweisung einer zu erledigenden Arbeitsaufgabe auffordern. Das hat hier die Klägerin am 08.06.2016 und in der Zeit danach unstreitig nicht getan.
41b. In Annahmeverzug ist die Arbeitgeberin hier aber seit dem 08.06.2015 gemäß § 296 BGB geraten. Nach dieser Vorschrift ist das tatsächliche Angebot ausnahmsweise entbehrlich, wenn nämlich zur Bewirkung der Arbeitsleistung der Klägerin eine Handlung der Arbeitgeberin erforderlich ist und für diese Handlung eine „Zeit nach dem Kalender bestimmt ist“. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (seit Aufgabe der bis dahin st. Rspr. durch: BAG v. 09.08.1984 - 2 AZR 374/83 -) ist diese nach dem Kalender bestimmte, für die Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin notwendige Handlung der Arbeitgeberin: die Zuweisung der Arbeitsplatzes; die Zurverfügungstellung des Arbeitssubstrats; die Ausübung des Direktionsrechts aus § 106 GewO. Diese notwendigen Handlungen hat hier die Beklagte in der Zeit ab dem 01.06.2015 nicht vorgenommen. Im Gegenteil hat sie mit der Kündigung, deren Frist am 31.05.2015 abgelaufen war, zum Ausdruck gebracht, ab dem 01.06.2015 nicht mehr bereit zu sein, einen Arbeitsplatz zuzuweisen, ein Arbeitssubstrat zur Verfügung zu stellen und das Direktionsrecht nach § 106 GewO auszuüben.
42Die bis zum 07.06.2015 bestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin und die Tatsache, dass sie der Arbeitgeberin ihre Wiedergesundung nicht mitgeteilt hat, ändert nichts an dem so entstandenen Anspruch aus § 615 Satz 1 BGB.
43(1.) Für den zeitlich begrenzten Zeitraum vom 01.06.2016 bis zum 07.06.2016 gilt wie bereits dargestellt § 297 BGB: Die Klägerin war mit Blick auf ihre Arbeitspflicht wegen ihrer Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Gesetzes „unvermögend“. In diesem Falle kommt der Gläubiger nach § 297 BGB nicht in Verzug.
44(2.) Die Klägerin war nicht verpflichtet, auf das Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit hinzuweisen, um die Beklagte in Annahmeverzug geraten zu lassen. Es genügt im unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnis der objektive Wiedereintritt ihrer Leistungsfähigkeit; die Kenntnis der Arbeitgeberin hiervon ist nicht zuletzt wegen der Verschuldensunabhängigkeit des Annahmeverzuges unerheblich. Der Hinweis der Arbeitnehmerin auf die fortbestehende oder wieder eingetretene Leistungsfähigkeit gehört grundsätzlich nicht zu den positiven Tatbestandsvoraussetzungen des Verzugslohnanspruchs nach §§ 615, 293 bis 296 BGB (hierzu und im Folgenden: BAG v. 19.04.1990 - 2 AZR 591/89 -; sowie in Fortentwicklung dieser Rechtsprechung zu einem Fall langer Arbeitsunfähigkeit wie hier: BAG v. 24.11.1994 – 2 AZR 179/94 -). Die Bestimmung des § 297 BGB, der zufolge die Arbeitgeberin nicht in Verzug kommt, wenn die Arbeitnehmerin außerstande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken, wenn sie also zum Beispiel arbeitsunfähig ist, enthält eine Einwendung, deren tatbestandliche Voraussetzungen die Arbeitgeberin darzulegen und ggf. zu beweisen hat. Stellt man allein auf den Wortlaut des § 297 BGB ab, so läge vorliegend Annahmeverzug schon deswegen vor, weil die Klägerin jedenfalls ab dem 08.06.2015, also zu der Zeit, als die Beklagte als Gläubigerin nach § 296 BGB der Klägerin Arbeit hätte zuweisen können, zur Bewirkung ihrer Arbeitsleistung imstande war – denn sie war nicht mehr arbeitsunfähig, was sich schon aus der Leistung der Bundesagentur für Arbeit ab diesem Zeitpunkt und mangels entgegenstehendem substantiierten Vortrages der Beklagten ergibt. Dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt mangels Mitteilung durch die Klägerin nicht wusste, dass die Klägerin wieder arbeitsfähig war, dass also sie - die Beklagte - zur Vermeidung der Verzugsfolgen der Klägerin Arbeit hätte zuweisen müssen, hindert den Anspruch auf Annahmeverzugsentgelt nicht. Auf eine derartige Kenntnis von der Leistungsfähigkeit des Schuldners wird in §§ 296, 297 BGB nicht abgestellt (BAG v. 19.04.1990 – 2 AZR 591/89 – Rn. 19; BAG v. 24.11.1994 – 2 AZR 179/94 -).
45Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung der Beklagten zum 31.05.2015 sei unwirksam. Sie hat damit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angestrebt und damit ihre Leistungsbereitschaft (wenn auch nicht ihre Leistungsfähigkeit) angezeigt. Eines zusätzlichen Antrages auf Weiterbeschäftigung bedurfte es hierfür nicht. Muss der Gläubiger - hier die Beklagte - bei der Arbeitszuweisung unter kalendermäßiger Bestimmung mitwirken, so braucht der Schuldner - hier die Klägerin - bei eindeutig bestehender und mitgeteilter Leistungsbereitschaft nicht auch noch seine tatsächlich bestehende Leistungsfähigkeit anzeigen. Denn das Gesetz geht in § 296 BGB davon aus, der Gläubiger müsse von sich aus ohne jeden Anhaltspunkt betreffend die Leistungsfähigkeit des Schuldners mitwirken. Selbst wenn die Beklagte Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Zeitraum ab dem 08.06.2015 gehabt haben sollte, so ist das unerheblich, weil nach § 296 BGB der Gläubiger ohnehin über die Leistungsfähigkeit des Schuldners grundsätzlich im Unklaren gelassen wird, Zweifel in dieser Hinsicht also gesetzesimmanent sind. Es war deshalb Sache der Beklagten, der Klägerin Arbeit zuzuweisen. Da sie dies nicht getan hat, schuldet sie den der Höhe nach unstreitigen Betrag aus Annahmeverzug gemäß §§ 615, 293, 296 BGB (vgl. hierzu insgesamt: BAG v. 19.04.1990 – 2 AZR 591/89 – BAGE 65, 98-105).
46Das Berufungsgericht sah – wie bereits das Arbeitsgericht - im vorliegenden Fall keine Veranlassung, von der gefestigten Rechtsprechung des BAG abzuweichen. Insbesondere sind keine Tatsachen ersichtlich, die den vorliegenden Fall in einem Ausmaß als herausgehoben oder besonders erscheinen lassen, dass von der besagten gefestigten Rechtsprechung unter Heranziehung des Begriffs „Böswilligkeit“ in § 615 Satz 2 BGB oder unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB abgewichen werden müsste oder sollte. Alleine die Tatsache, dass der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit nahezu deckungsgleich mit dem Zeitraum der Kündigungsfrist ist, ist jedenfalls keine besondere Erscheinung im eben genannten Sinne.
47III. Nach allem bleibt es somit bei der klageabweisenden erstinstanzlichen Entscheidung. Als unterliegende Partei hat die Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht und der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt.