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Der Körperschaftsteuerbescheid für 2009 und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2009 werden insoweit geändert, dass bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer der zum 31.12.2008 festgestellte verbleibende Verlustabzug i.H.v. 4.012.722 € im Rahmen des § 10 d EStG berücksichtigt wird und der nach der Verlustverrechnung verbleibende Verlustabzug zum 31.12.2009 festgestellt wird.
Die Steuerberechnung und die Berechnung des festzustellenden verbleibenden Verlustabzuges zum 31.12.2009 werden dem Beklagten übertragen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob das Verlustabzugsverbot gemäß § 8 c Abs. 1 KStG in der Fassung vom 14.08.2007 beim Wechsel mittelbar beteiligter Gesellschafter verfassungskonform dahingehend auszulegen ist, dass der Verlustabzug im Streitfall nicht beschränkt ist.
3Die Klägerin ist eine mittelbare Tochtergesellschaft der A-GmbH. Diese GmbH ist zu 100 Prozent an einer AG beteiligt, die wiederum zu 100 Prozent an einer GmbH beteiligt ist, die zu 100 Prozent an der Klägerin beteiligt ist. Die Anteile der A-GmbH werden zu 94,91 Prozent direkt und zu 5,09 Prozent indirekt von der B-B.V. mit Sitz in den Niederlanden gehalten. Die Anteile an der B-B.V. werden mittelbar über eine Beteiligungskette über drei Kapitalgesellschaften mit Sitz jeweils in Großbritannien zu 100 Prozent von der C-S.A. gehalten. Die Anteile an der C-S.A. hielt vor und nach vier Verschmelzungen übergeordneter Gesellschaften zu 99,24 Prozent die D-B.V. Die Anteile der D-B.V. wurden zu 100 Prozent von der E-B.V. gehalten. Die Anteile der E-B.V. wurden zu 100 Prozent von der F-B.V. gehalten. Die Anteile der F-B.V. wurden zu 25 Prozent von der G-B.V. gehalten. An der G-B.V. war zu 100 Prozent die H-S.A. beteiligt. Die weiteren 75 Prozent der Anteile der F-B.V. wurden von der I-N.V. gehalten. An der I-N.V. waren zu 51 Prozent J-S.A. und zu 49 Prozent K-LTD beteiligt. An der K-LTD war die L-C.V. zu 48,8 % unmittelbar und zu 51,2 % mittelbar beteiligt. Wegen der weiteren Gesellschafter wird auf Blatt 16 und Blatt 69 ff. der FG-Akte Bezug genommen.
4Im Jahr 2009 wurden mit steuerlicher Wirkung zum 01.08.2009 folgende Umstrukturierungen vorgenommen:
51. G-B.V. wurde auf die I-N.V. verschmolzen
62. E-B.V. wurde auf die F-B.V. verschmolzen
73. F-B.V. wurde auf die I-N.V. verschmolzen
84. I-N.V. wurde im Wege der Abwärtsverschmelzung auf die D-B.V. verschmolzen.
9In ihrer Körperschaftsteuererklärung für 2009 erklärte die Klägerin einen Gesamtbetrag der Einkünfte i.H.v. 1.197.703 € und beantragte einen Verlustvortrag i.H.v. 1.118.622 € einkommensmindernd zu berücksichtigten.
10Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2009 vom 02.05.2011 setzte das damals zuständige Finanzamt M-Stadt die Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung eines Einkommens i.H.v. 1.197.703 € ohne Berücksichtigung des Verlustvortrages fest. Durch Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2009 wurde der verbleibende Verlustabzug auf 0 € festgestellt. Begründet wurde es damit, dass der festgestellte verbleibende Verlustabzug zum 31.12.2008 i.H.v. 4.012.722 € gemäß § 8 c KStG nicht zu berücksichtigen sei.
11Die Klägerin legte gegen die Bescheide am 1. Juni 2011 Einsprüche ein, die durch Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 16.08.2012 als unbegründet zurückgewiesen wurden.
12Das Finanzamt war der Auffassung, dass gemäß § 8 c KStG ein Verlustabzug nicht in Betracht komme, da bereits durch den zweiten Verschmelzungsvorgang mehr als 50 Prozent der Anteile an der Klägerin an einen neuen Gesellschafter übertragen worden seien. Durch diese Verschmelzung habe die F-B.V. mittelbar 99,24 Prozent der Anteile an der C-S.A. erhalten, welche über verschiedene Stufen 100 Prozent der Anteile an der Klägerin halte.
13Die Klägerin hat am 7.09.2012 Klage erhoben.
14Zur Begründung ihrer Klage beruft sich die Klägerin darauf, nach dem Wortlaut des § 8 c Abs. 1 KStG vom 14.08.2007 könne ein Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft nicht mehr genutzt werden, wenn innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals an einer Körperschaft an einen Erwerber übertragen werden. Mit der Verschmelzung der F-B.V. und der E-B.V. auf die I-N.V. seien innerhalb von fünf Jahren mittelbar mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals an der Klägerin an einen Erwerber übertragen worden. Im Ergebnis sei jedoch weiterhin die L-C.V. die mittelbare Gesellschafterin der Klägerin.
15Die Klägerin ist der Ansicht, dass § 8 c Abs. 1 KStG verfassungskonform so auszulegen sei, dass im Streitfall der festgestellte vortragsfähige Verlust im Rahmen des § 10 d EStG einkommensmindernd zu berücksichtigen sei. Aus den Gesetzmaterialien ergebe sich, dass § 8 c KStG ebenso wie der vorherige § 8 Abs. 4 KStG einen Wechsel in der wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft erfordere. Der Gesetzgeber vereinfache die Feststellung des Wechsels der wirtschaftlichen Identität lediglich, indem nur darauf abgestellt werden solle, ob ein neuer Anteilseigner maßgebend auf die Geschicke der Kapitalgesellschaft einwirken könne und es so prinzipiell in der Hand habe, die Verwertung der Verluste zu steuern. Der Neuregelung des § 8 c KStG liege der Gedanke zugrunde, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners (oder Anteilseignerkreises) ändere. Die in früheren Zeiten erwirtschafteten Verluste blieben unberücksichtigt, soweit sie auf dieses neue wirtschaftliche Engagement entfallen (BT-Drs. 16/4841 S. 76). Ein Wechsel der wirtschaftlichen Identität liege demnach erst vor, wenn ein neuer Anteilseigner maßgebend auf die Geschicke der Gesellschaft einwirke und die Verwertung der Verluste steuern könne. Dies bedeute, dass bei einem Anteilsübergang an einer Gesellschaft zu hinterfragen sei, ob der bisherige Gesellschafter der veräußernden Gesellschaft wesentlichen Einfluss i.S.d. § 15 ff. Aktiengesetz auf die erwerbende Gesellschaft ausüben könne. Im Streitfall bleibe die Entscheidung über die Verwertung der Verluste im Ergebnis bei derselben Person, so dass tatsächlich kein neuer Anteilseigner auf die Geschicke der Kapitalgesellschaft einwirken könne.
16Außerdem ist die Klägerin der Auffassung, dass, wenn eine verfassungskonforme Auslegung des § 8 c KStG nicht möglich sein sollte, die Norm verfassungswidrig sei. Sie verletzte das objektive Nettoprinzip, weil sie ein Verlustausgleichsverbot enthalte für das eine Rechtfertigung fehle. Daneben verstoße § 8 c KStG aufgrund des tatsächlichen Vollzugsdefizits in Auslandsfällen gegen Artikel 3 Abs. 1 GG. Konzernumstrukturierungen/Veräußerungen von beteiligten Rechtsträgern im Ausland seien der Finanzverwaltung regelmäßig nicht bekannt. Hieraus folge, dass nur ein Teil dieser vom Wortlaut des § 8 c KStG erfassten Besteuerungsfälle den deutschen Steuerbehörden zur Kenntnis gelange.
17Hilfsweise ist die Klägerin der Auffassung, dass der bis zum Stichtag der Verschmelzungen 1.08.2009 erwirtschaftete Gewinn mit dem zum 31.12.2008 vorhandenen Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer in voller Höhe zu verrechnen sei. Der erklärte Gesamtbetrag der Einkünfte sei dafür zeitanteilig aufzuteilen.
18Die Klägerin beantragt,
19den Körperschaftsteuerbescheid für 2009 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2009 insoweit zu ändern, dass bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer der zum 31.12.2008 festgestellte verbleibende Verlustabzug i.H.v. 4.012.722 € im Rahmen des § 10 d EStG berücksichtigt wird und der nach der Verlustverrechnung verbleibende Verlustabzug zum 31.12.2009 festgestellt wird.
20Der Beklagte beantragt,
21die Klage als unbegründet abzuweisen,
22hilfsweise, die Revision zuzulassen.
23Zur Begründung seines Antrags beruft sich der Beklagte darauf, dass § 8 c KStG nicht verfassungswidrig sei.
24Soweit die Klägerin begehre, dass der nach § 8 c KStG nicht berücksichtigte Verlust zumindest pro rata temporis i.H.v. 698.660 € bis zum Übertragungsstichtag (01.08.2009) zu berücksichtigen sei, könne dem ohne weitere Unterlagen nicht gefolgt werden. Die Klägerin habe nicht, z.B. durch einen Zwischenabschluss oder andere aussagefähige Ertragsunterlagen, nachgewiesen, dass ein entsprechender Gewinn bis zum 01.08.2009 erzielt worden sei.
25Dem Vorschlag des Berichterstatters, das Verfahren im Hinblick auf das Verfahren beim Bundesverfassungsgericht 2 BvL 6/11 auszusetzen, haben beide Beteiligten widersprochen.
26Entscheidungsgründe:
27Die Klage ist begründet.
28Der Beklagte hat zu Unrecht bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer für 2009 den festgestellten Verlustvortrag nicht i.H.v. 1.118.622 € berücksichtigt und zum 31.12.2009 nicht einen noch zu berücksichtigten verbleibenden Verlustabzug i.H.v. 2.894.100 € festgestellt.
29Gemäß § 8c Satz 1 KStG in der Fassung vom 14.8.2007 i. V. mit § 34 Abs. 7b KStG (im Weiteren KStG 2007) sind die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (schädlicher Beteiligungserwerb). Gemäß § 8c Satz 2 KStG 2007 sind unabhängig von § 8c Satz 1 KStG 2007 bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt.
30Zwar geht der Beklagte zu Recht davon aus, dass durch den zweiten Verschmelzungsvorgang mehr als 50 Prozent der Anteile an der Klägerin mittelbar an einen neuen Gesellschafter übertragen wurden. Denn durch diese Verschmelzung hat die F-B.V., die 100-prozentige Gesellschafterin der E-B.V. war, mittelbar 99,24 Prozent der Anteile an der C-S.A. erhalten, welche über verschiedene Stufen 100 Prozent der Anteile an der Klägerin hielt. Zu Unrecht nimmt der Beklagte aber an, dass damit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8c KStG 2007 erfüllt sind.
31Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmales „mittelbar mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals … an einer Körperschaft an einen Erwerber … übertragen“ ist, damit § 8 c KStG 2007 bei mittelbaren Beteiligungen nicht als reine Verlustvernichtungsvorschrift verfassungswidrig ist, normeinschränkend der Zweck der Neuregelung des § 8 c KStG 2007 zu berücksichtigen.
32Verfassungswidrig wegen Verstoßes gegen das sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebende Folgerichtigkeitsgebot wäre § 8 c KStG 2007, wenn der Gesetzgeber von seiner Grundentscheidung, eine veranlagungszeitraumübergreifende Verlustverrechnung (intertemporale Verlustkompensation) im Rahmen der Vorgaben des § 10 d EStG zuzulassen, ohne besonderen sachlichen Grund abgewichen wäre und § 8 c KStG 2007 bei mittelbaren Beteiligungen als sachlich nicht gerechtfertigte Verlustvernichtungsvorschrift wirken würde.
33Denn der allgemeine Gleichheitssatz im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten verlangt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt. Ausnahmen von dem jedenfalls für die Ertragsteuern und damit auch für die Körperschaftsteuer geltenden Gebot gleicher Besteuerung bei gleicher Ertragskraft bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. BFH-Beschluss vom 10.8.2011 I R 39/10, BFHE 234, 396, BStBl II 2012, 603 m. w. N.).
34Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird hier, insbesondere im Bereich des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts, vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Urteil vom 9.12.2008 2 BvL 1/07, 2 B.V.L 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, HFR 2009, 180).
35§ 8 c KStG 2007 ersetzte § 8 Abs. 4 KStG a. F., der regelte, dass Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10d EStG bei einer Körperschaft ist, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Wirtschaftliche Identität lag insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen wurden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführte oder wieder aufnahm.
36Im Gesetzesentwurf wurde die Neuregelung des § 8 c KStG damit begründet, dass sie die Rechtsanwendung vereinfache. Die streitige Tatbestandsvoraussetzung „Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens“ werde aufgegeben. Maßgebliches Kriterium für die Verlustabzugsbeschränkung sei künftig der Anteilseignerwechsel (BT-Drs. 16/4841 S. 75). Unter der Überschrift „Vollständiger Untergang des Verlustes“ heißt es: Der Neuregelung des § 8c KStG liegt der Gedanke zugrunde, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners (oder Anteilseignerkreises) ändert. Die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste bleiben unberücksichtigt, soweit sie auf dieses neue wirtschaftliche Engagement entfallen (BT-Drs. 16/4841 S. 76).
37Während sachlicher Grund für die Durchbrechung des Grundsatzes der veranlagungszeitraumübergreifende Verlustverrechnung im Rahmen der Vorgaben des § 10 d EStG bei § 8 Abs. 4 KStG a. F. die typisierte Missbrauchsabwehr war (BFH-Urteil vom 1.10.2014 I R 95/04, BFH/NV 2015, 281), ist sachlicher Grund für die Durchbrechung des Grundsatzes der veranlagungszeitraumübergreifende Verlustverrechnung durch § 8 c KStG 2007 nur noch, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners ändert.
38Wenn eine Beteiligungskette verkürzt wird und die Konzernmutter im Ergebnis mit derselben mittelbaren Beteiligungsquote mittelbare Gesellschafterin bleibt, ändert sich nach Auffassung des Senates die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft nicht in einer Weise, die eine Durchbrechung des Grundsatzes der veranlagungszeitraumübergreifenden Verlustverrechnung rechtfertigt (vgl. auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.10.2011 8 K 8311/10, BB 2012, 1327, Az. BFH I R 79/11; Suchanek in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8 c KStG Rz. 22 m. w. N.; Brandis in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 c KStG Rz. 47). Der Begriff „Erwerber“ ist bei mittelbaren Beteiligungen nach Auffassung des Senates verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass nur ein Erwerber gemeint ist, durch den die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft sich ändert. Maßgeblicher Bezugspunkt ist nach Auffassung des Senates der oder die obersten Anteilseigner, wie Drüen/Schmitz (Ubg 2011, 921, 925) überzeugend herausgearbeitet haben (vgl. auch Goldacker/Heerdt, Ubg 2013, 170).
39Der oberste mittelbare Anteilseigner der Klägerin änderte sich im Streitfall nicht. Es änderte sich nur die Beteiligungskette ab der neunten Stufe. Vier Gesellschaften wurden auf eine Gesellschaft verschmolzen, an der sie vorher unmittelbar oder mittelbar beteiligt waren. An den Beteiligungen dieser Gesellschaft und deren Beteiligung am nächsten Glied der Beteiligungskette (C-S.A.), die über sieben weitere Gesellschaften an der Klägerin beteiligt war, änderte sich ebenfalls nichts. An der Spitze der Beteiligungskette steht dieselbe Gesellschaft mit derselben mittelbaren Beteiligungsquote an der Klägerin wie vor den Verschmelzungen.
40Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
41Die Revision war gemäß § 115 FGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
42Die Übertragung der Steuerberechnung und der Berechnung des festzustellenden verbleibenden Verlustabzuges auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.