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Der Bescheid für 2007 über Körperschaftsteuer vom 2. Oktober 2013 und der Bescheid für 2007 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 21. Oktober 2013, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. März 2017, werden dahingehend geändert, dass keine außerbilanzielle Einkommenshinzurechnung i. H. v. 188.736,91 € vorgenommen wird.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin ist im Bereich des Performance-Marketing tätig und hielt Tochterunternehmen und Betriebsstätten im In- und Ausland. Am 7. Dezember 2005 gründete sie die Tochtergesellschaft A mit Sitz in Großbritannien. Am gleichen Tag gewährte die Klägerin ihrer englischen Tochtergesellschaft einen Kontokorrentkredit von bis zu 160.000 Euro, welcher der Anschubfinanzierung und zur Abdeckung der laufenden Kosten dienen sollte. Vereinbart wurde eine Verzinsung mit 6,5 % p.a. Eine Sicherheit wurde in dem Vertrag nicht vereinbart. Im Jahr 2007 belief sich die Forderung der Klägerin gegenüber ihrer Tochtergesellschaft inklusive aufgelaufener Zinsen auf 188.736,91 Euro. Zum Bilanzstichtag 30. Juni 2007 wurde die Beteiligung an der britischen Tochtergesellschaft gewinnmindernd ausgebucht, gleichzeitig wurden die Gesellschaftsanteile wegen Vermögenslosigkeit auf die Anteilseigner der Klägerin unentgeltlich übertragen. Die A wurde nach dieser Anteilsübertragung liquidiert. Die Forderung der Klägerin gegenüber der britischen Gesellschaft wurde in voller Höhe gewinnmindernd abgeschrieben.
3Der Beklagte führte im Jahr 2013 eine steuerliche Außenprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 bei der Klägerin durch. Der Prüfer kam im Betriebsprüfungsbericht vom 29. Juli 2013 zu dem Ergebnis, dass unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 29. März 2011 (Bundessteuerblatt – BStBl. – I 2011, 277) die Forderungsabschreibungen im Jahr 2007 nach § 1 des Außensteuergesetzes (AStG) wegen fehlender Besicherung des Darlehens dem Einkommen wieder hinzuzurechnen seien (Tz. 2.3 des BP-Berichts). Der Beklagte folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und erließ am 2. Oktober 2013 (Körperschaftsteuer) sowie am 21. Oktober 2013 (Gewerbesteuer) entsprechend geänderte Bescheide. Hiergegen legte die Klägerin Einsprüche ein, welche mit Einspruchsentscheidung vom 9. März 2017 als unbegründet zurückgewiesen wurden.
4Mit ihrer am 6. April 2017 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass die Teilwertabschreibung der Darlehensforderung steuerlich anzuerkennen sei. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass es sich bei dem gewährten Kontokorrentkredit um ein kapitalersetzendes Darlehen handele, weshalb die Teilwertabschreibung keine bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigende Gewinnminderung im Sinne des § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Jahres 2007 darstelle. Die außerbilanzielle Korrektur gemäß § 1 Abs. 1 AStG hätte nicht erfolgen dürfen, da der als Sicherheit zu wertende Rückhalt im Konzern stets gegeben gewesen sei. Unstreitig habe die Klägerin über den gewährten Kredit hinaus alle Verpflichtungen der britischen Tochtergesellschaft im Außenverhältnis durch Zahlungen sichergestellt. Der Beklagte habe die Korrektur allein aus formellen Gründen, wegen der aus seiner Sicht fehlenden Vereinbarung einer Sicherheit, vorgenommen. Diese Sichtweise stehe im eindeutigen Widerspruch zu Art. IV Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien (DBA Großbritannien). Diese Regelung entspreche weitestgehend Art. 9 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens (OECD-MA). Weitergehende innerstaatlich zulässige Korrekturmöglichkeiten seien daher gesperrt. Dies gelte insbesondere für die so genannten Sonderbedingungen für beherrschende Gesellschafter, denn die Korrektur werde nach Art. IV des DBA Großbritannien mit den wirtschaftlichen oder finanziellen Bedingungen verknüpft, die das abhängige Unternehmen mit dem an ihm beteiligten Unternehmen aufgrund der Beteiligung vereinbart habe bzw. ihm auferlegt worden seien. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien die vereinbarten Darlehensbedingungen an den Bedingungen zu messen, die voneinander unabhängige Unternehmen miteinander vereinbart hätten. Hierbei seien nur diejenigen Sachverhaltsumstände einzubeziehen, welche sich auf die wirtschaftlichen oder finanziellen Bedingungen auswirkten, also die Höhe des vereinbarten Zinssatzes. Dieser im Streitfall der Höhe nach unstreitige Zinssatz schließe eine Korrektur aus rein formalen Gründen, wegen fehlender Vereinbarung über Sicherheiten, aus. Auf die Urteilsbegründungen des BFH vom 24. Juni 2015 (I R 29/14) und des Finanzgerichts Düsseldorf vom 28. März 2014 (6 K 4087/11 F) werde vollinhaltlich Bezug genommen.
5Die Klägerin beantragt,
6den Körperschaftsteuerbescheid 2007 vom 2. Oktober 2013 sowie den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2007 vom 21.Oktober 2013, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. März 2017, dahingehend zu ändern, dass keine außerbilanzielle Einkommenshinzurechnung i. H. v. 188.736,91 Euro vorgenommen wird.
7Der Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen,
9hilfsweise, die Revision zuzulassen.
10Er trägt vor, dass bei der bilanzsteuerlich zulässigen Teilwertabschreibung der Darlehensforderung der Aufwand mangels Sicherheiten nach § 1 AStG nicht anzuerkennen sei, weil keine Sicherungsmaßnahmen ergriffen worden seien. Im Rahmen der Prüfung der fremdüblichen Bedingungen seien bei Darlehensgewährungen die Darlehenskonditionen zu berücksichtigen. Zu diesen gehöre auch die Frage der Besicherung der Darlehensforderung. Es sei nicht fremdüblich, dass Darlehen ohne jede Sicherheit gewährt würden. Ein fremder Dritter hätte auf einer Absicherung des gewährten Darlehens bestanden. Diese fehlende Absicherung könne weder durch den vereinbarten Darlehenszinssatz noch durch einen etwaigen Konzernrückhalt ausgeglichen werden. Denn einziger Anhaltspunkt für einen solchen Rückhalt sei die Aussage der Klägerin, die selbst die Darlehensgeberin sei, sie werde die britische Tochter weiterhin unterstützen. Die Grundsätze der BFH-Urteile vom 17. Dezember 2014 (I R 23/13) und vom 24. Juni 2015 (I R 29/14) seien über die entschiedenen Einzelfälle hinaus nicht anzuwenden. Die vom BFH vorgenommene Sichtweise folge weder aus dem Wortlaut der Art. 9 OECD-MA nachgebildeten DBA noch sei der Gesetzgeber bei Schaffung der Einkünftekorrekturnorm des § 1 AStG von einem Verständnis ausgegangen, welches Art. 9 OECD-MA zuwiderlaufen solle. Darüber hinaus sei eine ausschließliche Beschränkung der Korrektur auf den Verrechnungspreis als solches sinnwidrig, da hierdurch nicht in allen Fällen ein fremdvergleichskonformes Ergebnis erzielt werden könne. Hätte der BFH tatsächlich einen Konflikt zwischen § 1 AStG und den DBA gesehen, so hätte er die Fragestellung dem Bundesverfassungsgericht zur Klärung vorlegen müssen, da es sich dann um einen „treaty override“ handeln würde.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
12Die Klage ist begründet.
13Der Beklagte hat zu Unrecht eine einkommenserhöhende Hinzurechnung nach § 1 AStG i. H. v. 188.736,91 Euro außerhalb der Bilanz vorgenommen.
14Wie der BFH, dem sich der Senat anschließt, mehrfach entschieden hat, ermöglicht der abkommensrechtliche Grundsatz des "dealing at arm's length" nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MA (hier nach Art. IV DBA Großbritannien vom 26.11.1964) eine Einkünftekorrektur nach nationalen Vorschriften der Vertragsstaaten (hier: nach § 1 Abs. 1 AStG) nur dann, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis (hier: der Darlehenszins) seiner Höhe, also seiner Angemessenheit nach, dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Er ermöglicht indessen nicht die Korrektur einer Abschreibung, die (nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes) auf den Teilwert der Forderung auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und auf Zinsrückstände vorzunehmen ist, weil die inländische Muttergesellschaft das Darlehen ihrer ausländischen (hier: britische) Tochtergesellschaft in (ggf.) fremdunüblicher Weise unbesichert gewährt hat. Die fehlende Besicherung schlägt sich insoweit nur im entsprechend bepreisten Zins nieder (BFH, Urteil vom 24. Juni 2015 I R 29/14, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2015, 1506-1509 unter Bestätigung des BFH-Urteils vom 17. Dezember 2014, I R 23/13, BStBl. II 2016, 261).
15Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
16Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
17Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.