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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten noch über die Anerkennung von anteiligen Schuldzinsen in Höhe von 768,81 € als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung.
3Die 1954 geborene Klägerin wird im Streitjahr 2005 mit ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung zur Einkommensteuer veranlagt. Sie ist Eigentümerin des als Einfamilienhaus bewerteten Objekts in A, B-Straße ..., das sie von ihrer am ....1992 verstorbenen Großmutter geerbt hat. Das Haus wird von der Klägerin seit dem 1.1.1994 zu 41,18 % an die Eltern vermietet und zu 58,82 % selbstgenutzt.
4Die Großeltern der Klägerin, die Eheleute C, hatten ursprünglich am 16.04.1942 einen notariell beurkundeten Erbvertrag abgeschlossen, in dem der Erstversterbende den Überlebenden zu seinem Alleinerben bestimmt hatte. In einer dort weiterhin einseitig getroffenen Verfügung von Todes war vom Letztversterbenden die gemeinsame Tochter, Frau D, -- die Mutter der Klägerin --, als Alleinerbin eingesetzt worden. Das Erbe bestand im Wesentlichen aus der Immobilie E-Straße ... in A.
5Mit notariell beurkundetem Erbvertrag vom 29.05.1978 änderten die Eheleute C diesen Erbvertrag, in dem sie nunmehr ihre Enkelin, die Klägerin, im Wege der einseitig abänderbaren Verfügung zur Alleinerbin und --für den Fall deren Vorversterbens-- ihre Tochter als Ersatzerbin einsetzten.
6Der Großvater der Klägerin ist am ....1978 verstorben.
7Am 02.11.1978 wurde zwischen den Eheleuten F, den Eltern der Klägerin und der Klägerin selbst eine privatschriftliche Vereinbarung geschlossen. Die Eltern der Klägerin erkannten darin an, dass sie Herrn F aus einer Kaufpreisrestschuld sowie den Eheleuten F aus einem Darlehen insgesamt 202.570,23 DM schuldeten. Die Klägerin übernahm in der Vereinbarung gegenüber Herrn F bzw. den Eheleuten F gesamtschuldnerisch neben ihren Eltern die selbständige Verpflichtung, diese Schulden nebst künftigen Zinsen zu zahlen.
8Die Großmutter erwarb mit notariellem Vertrag vom 25.3.1991 das Objekt B-Straße ... für 440.000 DM unter Anrechnung der Übernahme eines Darlehens des Voreigentümers in Höhe von 55.865 DM auf diesen Kaufpreis. Zeitgleich veräußerte sie das Objekt E-Straße .... Die Großmutter der Klägerin verstarb am ....1992.
9Am 20.10.1993 schlossen die Klägerin und ihre Eltern mit Frau F -- der Tochter der o. g. Eheleute F -- als Beklagte in einem Verfahren vor dem LG A einen Vergleich. Darin verpflichteten sich die Klägerin und ihre Eltern als Gesamtschuldner bis 15.01.1994 100.000 DM sowie am 01.01.2006 weitere 50.000 DM nebst Zinsen zu zahlen. Zur Sicherheit der weiteren Forderung von 50.000 DM räumte die Klägerin Frau F eine Grundschuld an dem Objekt B-Straße ... ein.
10In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin Einkünfte aus der Vermietung des Objekts B-Straße ... und setzte dabei als anteilige Werbungskosten neben der Absetzung für Abnutzung (AfA) u. a. Zinsen von € 1260 € (bei einem Gesamtbetrag von 2928 €) an. Die Schuldzinsen setzten sich wie folgt zusammen:
11Darlehn ... G für die Zeit vom 1.1.05.-30.11.05: 2688,17 €
12Darlehn ... G für die Zeit vom 2.12.05 -31.12.05: 238,74 €.
13ln der Anlage zur Einkommensteuererklärung führte die Klägerin aus, es sei insgesamt auf einen Betrag von 120.000 € umgeschuldet worden. Ein Betrag von 52.225,32 € sei am 01.01.2006 von der G auf ein Notaranderkonto gezahlt worden; der Rest sei der Umschuldungsbetrag.
14Mit Bescheid vom 02.02.2007 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2005 auf 15.919 Euro fest. Dabei berücksichtigte er bei den Vermietungseinkünften die AfA nur in Höhe von 590 € und Schuldzinsen nur mit 661 €. Dazu führte der Beklagte in den Erläuterungen zum Bescheid hinsichtlich der Schuldzinsen aus, diese könnten nur mit insgesamt 1726 € angesetzt werden. Voraussetzung für die Anerkennung von Schuldzinsen sei, dass die dem Darlehn zugrundeliegenden Mittel in direktem Zusammenhang mit der Anschaffung des Grundstücks stünden.
15Den dagegen eingelegten Einspruch vom 23.2.2007 begründete die Klägerin hinsichtlich der Schuldzinsen damit, dass für die Berücksichtigung von Darlehnszinsen als Werbungskosten der Zusammenhang des Darlehns mit dem Erwerb des Objektes gegeben sei, da sie sich freiwillig bereit erklärt habe, gesamtschuldnerisch neben ihren Eltern für deren Schulden einzutreten. Bedingung ihrerseits dafür sei gewesen, dass ihre Mutter auf ihren Erbanspruch gegenüber deren Mutter, also ihrer Großmutter, verzichtet habe und dass der Immobilienbesitz der Großmutter (E-Straße), der das wesentliche Vermögen gebildet habe, unmittelbar im Wege der Erbschaft auf sie, die Klägerin, übertragen worden sei.
16Sie habe ansonsten kein Vermögen und keine Einkunftsquellen gehabt, aus denen sie die Schulden der Eltern hätte begleichen können. Also habe sie sich zur Übernahme der Schulden ihrer Eltern nur bereit erklären können, wenn sie unmittelbar einen Gegenwert in Form der Erbschaft der Großmutter bzw. des Anspruchs darauf erhalten habe. Sie – die Klägerin - wäre auch nicht als Erblasserin eingesetzt worden und hätte somit das Grundstück nicht übertragen bekommen, wenn sie sich nicht im Gegenzug dazu verpflichtet hätte, die Schulden der Eltern zu übernehmen. Die Darlehnsverpflichtungen könnten nicht losgelöst vom Erwerb des Grundstücks gesehen werden. Dies gelte auch für den Teil der Verpflichtung, der aufgrund des gerichtlichen Vergleichs erst zum 1.1.2005 valutierte und das entsprechend zur Tilgung dieser Verpflichtung aufgenommene Darlehn.
17Sie habe die Bürgschaftsverpflichtung unter der Bedingung übernommen, dass sie dafür einen Ausgleich erhalte. Ohne diesen Ausgleich hätte sie sich als mittellose junge Frau mit durchschnittlichem Einkommen in eine Überschuldungssituation begeben. Mit der Übernahme der Verpflichtung und der Zusage der Erbschaft stünden sich Leistung und Gegenleistung gegenüber. Ohne die Aufnahme der Darlehn hätte die Bürgschaft nicht übernommen und somit hätte die Erbschaft nicht erworben werden können. Mit der Erbschaftszusage sei der Anspruch auf eine Vermögensmasse entstanden. Ob die Immobilie B-Straße dazu gehörte oder nicht, könne nicht von Bedeutung sein. Entscheidend sei, dass mit der Vermögensmasse der Erbschaft Einkünfte -welche auch immer- erzielt werden konnten.
18Der Umstand, dass in den Erbschaftsvertrag keine Regelung bezüglich der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung aufgenommen worden sei, könne ebenfalls nicht von Bedeutung sein. Entscheidend sei, dass der Erbschaftsvertrag vor der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung erfolgt sei. Eine Regelung bezüglich der Bürgschaftsverpflichtung sei in dem Vertrag nicht erforderlich gewesen, denn der Erbvertrag hätte jederzeit wieder geändert werden können, wenn sich die Klägerin nicht zur Übernahme der Bürgschaft bereit erklärt hätte. Eine Änderung des Erbvertrages nach Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung sei zwar eine theoretisch denkbare Möglichkeit, sei jedoch nur wenig wahrscheinlich, da die Regelungen unter Familienmitgliedern erfolgt seien und die Großeltern nicht die Absicht gehabt hätten, die Enkelin durch Entzug der Erbschaft in den wirtschaftlichen Ruin zu stürzen.
19Die Klägerin schilderte die Umstände, die zu ihrer Inanspruchnahme geführt haben, wie folgt: Die Gläubiger hätten Kenntnis vom zu erwartenden Erbe der Mutter gehabt. Sie hätten versucht, sich diese Kenntnisse zu Nutze zu machen und hätten die Eltern der Klägerin und die Großeltern bedrängt. Dies sei soweit gegangen, dass die Gläubiger versucht hätten, eine Zwangshypothek auf das Grundstück der Großeltern einzutragen. Um Ruhe und Sicherheit in diese Angelegenheit zu bringen, habe sich die Klägerin letztlich entschieden, die „Bürgschaftsverpflichtung“ zu übernehmen. Voraussetzung sei der Erbvertrag zu ihren Gunsten gewesen. Sie, die Klägerin, habe aufgrund dieser Umstände letztendlich nicht das volle Erbe erhalten können, sondern nur ein um die Schulden der Eltern geschmälertes Erbe. Das Erbe habe im Wesentlichen aus einer Immobilie bestanden. Eine Immobilie als familiäres Wohnobjekt habe auf jeden Fall erhalten bleiben sollen.
20Als die Pläne zur Errichtung des "H-Hotels" Gestalt angenommen hätten, habe man den Großeltern das Grundstück B-Straße im Tausch gegen ihr Grundstück in der E-Straße angeboten. Diesen Tausch hätten die Großeltern angenommen. Auf diese Weise sei ein familiärer Wert erhalten geblieben.
21Zur Prüfung, inwieweit die Schuldzinsen abzugsfähig seien, forderte der Beklagte die Klägerin mehrfach vergeblich auf, den Darlehnsvertrag zu dem Konto ... der G AG vorzulegen. Er wies darauf hin, dass er ansonsten im Rahmen der Einspruchsentscheidung davon ausgehen werde, dass die gesamten Schuldzinsen auf die Finanzierung der Bürgschaftsinanspruchnahme entfielen.
22Mit Einspruchsentscheidung vom 26.2.2008 setze der Beklagte die Einkommensteuer 2005 unter Anerkennung der anteiligen AfA wie beantragt auf nunmehr 15.842 € herab. Im Übrigen wies er den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Er begründete dies damit, dass die weiter begehrten Schuldzinsen nicht abzugsfähig seien. Die der Bürgschaftsübernahme und Darlehnsaufnahme zugrundeliegenden Schulden stünden nicht im Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks B-Straße .... Sie resultierten vielmehr aus dem Vertrag vom 18.2.66. Es handele sich um Schulden, die die Eltern der Klägerin gegenüber Herrn F gehabt hätten. Die Übernahme der Bürgschaft und die spätere Inanspruchnahme seien aus privaten Gründen erfolgt, nicht aber, um ein Vermietungsobjekt zu erwerben. Zwar hätten die Großeltern der Klägerin vor Übernahme der Bürgschaft ihren Erbvertrag dahingehend geändert, dass sie diese als Alleinerbin eingesetzt haben; dies stehe jedoch keinem entgeltlichen Erwerb gegen Übernahme von Schulden gleich.
23Mit dem Erbvertrag habe die Klägerin keine gesicherte Rechtsposition an einem Grundstück erworben, insbesondere nicht an dem Objekt B-Straße, das erst 1991 angeschafft worden sei. Zum einen hätte der Erbvertrag jederzeit geändert werden können, zum anderen sei ungewiss gewesen, wann der Erbfall eintreten und welches Vermögen zu diesem Zeitpunkt bestehen würde.
24Zudem sei der Erbvertrag zeitlich vor der Bürgschaftsübernahme geschlossen worden und enthalte auch diesbezüglich keine Bedingung.
25Da die Klägerin den Darlehnsvertrag zu dem Konto bei der G AG nicht eingereicht habe, sei davon auszugehen, dass die von ihr geltend gemachten Schuldzinsen in vollem Umfang auf die Finanzierung der Schulden aus der Bürgschaftsinanspruchnahme entfielen. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seien daher um die bisher berücksichtigten Schuldzinsen von 661 € zu erhöhen.
26Daraufhin hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt, die anteiligen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt zu bekommen.
27Die Klägerin hatte zunächst beantragt, Zinsaufwendungen von 1.206 € zu berücksichtigten. Aufgrund einer Verfügung des Berichterstatters gemäß § 79b FGO erläuterte sie den Sachverhalt eingehend und legte diverse Unterlagen betreffend die Darlehen vor.
28Daraufhin erließ der Beklagte am 26.01.2009 einen Änderungsbeschied zur Einkommensteuer 2005, in dem er die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Schuldzinsen in Höhe eines Teilbetrages von 380 € auf nunmehr 15.683 € festsetzte. Zur Berechnung des Betrages von 380 € wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 22.10.2008 (Bl.93 der FG-Akte) verwiesen. Mit diesem Betrag hat der Beklagte inhaltlich diejenigen Schuldzinsen berücksichtigt, die anteilig auf die Darlehenssumme entfallen, die die Großmutter beim Erwerb des Hauses B-Straße ... als Teil des dort vereinbarten Gesamtkaufpreises übernommen hatte.
29Die Klägerin begründet ihre Klage betreffend die weiteren Schuldzinsen, die das Darlehen zur Zahlung an Frau F betreffen, im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Einspruchsverfahren wie folgt:
30Der Beklagte verwechsle den Schuldgrund der Eltern mit ihrem eigenen. Ihr Schuldgrund sei die freiwillige Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung und stehe nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schuldgrund ihrer Eltern. Sie habe ihren Schuldgrund auf sich genommen, um auf diesem Wege eine Immobilie zu erwerben bzw. sich den Anspruch darauf zu sichern, deren Wert nennenswert über die Höhe der Bürgschaftsverpflichtung hinausgehe. Deren Erwerb könne der einzige Sinn der Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung sein, die davon losgelöst auch angesichts der damaligen finanziellen Situation der Klägerin keinen Sinn mache. Dass letztlich das Objekt B-Straße erworben worden sei, spiele keine Rolle. Zum Zeitpunkt der Bürgschaft sei eine Immobilie, nämlich das Objekt E-Straße, Gegenstand ihres Interesses gewesen. Es sei letztlich zu einem nicht relevanten Austausch der Immobilien gekommen.
31Die Klägerin hat beantragt,
32weitere Schuldzinsen von insgesamt 1.148,81 € (statt bisher 1.206 €) anzuerkennen.
33Nunmehr beantragt sie sinngemäß,
34unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 26.01.2009 die Einkommensteuer 2005 mit der Maßgabe geändert festzusetzen, dass weitere Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 768,81 € berücksichtigt werden.
35Der Beklagte beantragt,
36die Klage abzuweisen.
37Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.
38Das Urteil ist am 20.10.2011 um 13.07 Uhr verkündet worden. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2011 wird Bezug genommen.
39Mit Schriftsatz vom 20.10.2011, per Fax um 18.11 Uhr bei Gericht eingegangen, trägt die Klägerin ergänzend vor, dass ihrer Ansicht nach im Termin vom Senat überraschend rechtliche Betrachtungen ins Verfahren eingeführt worden seien, die bisher nicht Gegenstand der Erörterung gewesen seien: Unwidersprochen sei das Erbe immanent belastet gewesen, für die Tilgung der Schuld der Eltern herangezogen zu werden. Es habe ein objektiver Zusammenhang zwischen dem Erbe und diesen Verbindlichkeiten gegeben. Da das Erbe letztendlich in einer Immobilie bestanden habe, bestehe ein objektiver Veranlassungszusammenhang zwischen ihren – der Klägerin – Mieteinnahmen und den Zinsaufwendungen zu den Darlehen, die notwendigerweise mit dem Erbe verbunden gewesen seien.
40Entscheidend sei, dass eine Vermögensmasse vorhanden gewesen sei, aus der Einkünfte in welcher Form auch immer hätten erzielt werden können. Die bis zum Tode der Großmutter fehlende Konkretisierung des Erbe sei unschädlich, da jede Vermögensmasse, die zur Einkünfteerzielung hätte herangezogen werden können, gleichwertig gewesen wäre.
41Für weitere Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 20.10.2011 Bezug genommen.
42Entscheidungsgründe
43Die Klage ist unbegründet.
44Der – gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung – FGO – zum Gegenstand des Verfahrens gewordene Änderungsbescheid über Einkommensteuer 2005 vom 26.01.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 satz1 FGO).
45Zu Recht hat der Beklagte keine weiteren Werbungskosten bei den Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung – EStG--) in Höhe von 768,81 € anerkannt.
46I.
47Die von der Klägerin aufgewendeten Schuldzinsen für das Darlehen, mit dem sie ihrer Zahlungsverpflichtung als Gesamtschuldner aus dem Schuldbeitritt vom 02.11.1978 bzw. dem gerichtlichen Vergleich vom 20.10.1993 nachgekommen ist, stehen in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Mietobjekts B-Straße ....
481.
49Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten. Schuldzinsen sind Werbungskosten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG). Maßgebend hierfür ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre (Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 9. Juli 2002 IX R 65/00, BStBI II 2003, 389, und vom 24. April 1997 VIII R 53/95, BStBI II 1997, 682).
50Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Das ist der Fall, wenn sie objektiv mit einer Einkunftsart zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II.2., m.w.N.). Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die --wertende-- Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments", zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, unter C.III.1.a).
51Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist bei Schuldzinsen nur dann gegeben, wenn und soweit diese für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn und soweit das Darlehen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften verwendet worden ist (z.B. Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C. II. 2., und vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B. I. 1. und 2.). Ein allein rechtlicher Zusammenhang --etwa aufgrund einer Belastung des Grundstücks mit einer Hypothek-- reicht hierzu ebenso wenig aus wie eine bloße gedankliche Zuweisung des Steuerpflichtigen (BFH-Urteile vom 29. Juli 1997 IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772; vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676; vom 19. August 1998 X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353). Die Aufwendungen müssen vielmehr --objektbezogen-- einem bestimmten Wirtschaftsgut zugeordnet werden können. Das ist der Fall, wenn mit dem den Schuldzinsen zugrunde liegenden Darlehen die Herstellungs- oder Anschaffungskosten eines bestimmten Gebäudes oder Gebäudeteils finanziert werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676).
52Der einmal begründete wirtschaftliche Zusammenhang des Darlehens mit der Erzielung von Einkünften entfällt dann nicht, wenn das mit Darlehensmitteln angeschaffte, bislang zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendete Wirtschaftsgut (Wohnung) veräußert und der Veräußerungserlös seinerseits zum Zwecke der Einkunftserzielung eingesetzt wird (BFH-Urteile vom 1. Oktober 1996 VIII R 68/94, BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454; vom 25. Januar 2001 IX R 27/97, BFHE 195, 135, BStBl II 2001, 573).
53Das FG als Tatsacheninstanz muss feststellen, wofür das Darlehen und dementsprechend die Zinsen, deren Abzug als Werbungskosten begehrt wird, im Einzelfall tatsächlich verwendet worden sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676, unter 2. der Gründe).
542.
55Nach diesen – vom erkennenden Senat als zutreffend angesehenen Grundsätzen –liegt weder ein einkommensteuerlich beachtlicher wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Darlehn für die Erfüllung der von der Klägerin eingegangenen Zahlungsverpflichtungen auf ursprünglich allein ihre Eltern treffenden Schulden und dem Vermietungsobjekt B-Straße ... noch mit dem Objekt E-Straße ... vor.
56Denn das im Streitjahr von der Klägerin teilweise vermietete Objekt B-Straße ... hat die Klägerin nicht mit der Darlehenssumme erworben. Erwerb bedeutet nämlich die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht, etwa des zivilrechtlichen Eigentums oder wenigstens des wirtschaftlichen Eigentums an einem Wirtschaftsgut. Die Klägerin hat das Eigentum am Objekt B-Straße ... jedoch nicht entgeltlich, sondern im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Erbin nach ihrer Großmutter und damit unentgeltlich erworben. Selbst die Großmutter der Klägerin hat das Objekt B-Straße ... nicht mithilfe der o. g. Darlehnssumme erworben, sondern nach Verkauf des Objektes E-Straße durch Zahlung eines Kaufpreises von 400.000 DM unter Übernahme einer bestehenden Darlehensrestschuld.
57Die Klägerin hat auch nicht wenigstens wirtschaftliches Eigentum am Objekt B-Straße dadurch erlangt, dass sie ihre Großeltern durch ihren damaligen Schuldbeitritt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 3.12.2002 IX R 14/00, BFH/NV 2003,468) für Schulden ihrer Eltern dazu bewegt hat, sie als Erbin statt ihrer Mutter einzusetzen. Denn ein Erbvertrag ist eine vertragliche Verfügung von Todes wegen, die erst mit dem Tode des Erblassers wirksam wird. Der in einem Erbvertrag bedachte Erbe erwirbt – wie beim Testament – vor dem Tode des Erblassers weder einen künftigen Anspruch noch eine rechtlich gesicherte Anwartschaft, sondern lediglich eine tatsächliche Aussicht (Brox, Erbrecht, 20. Auflage 2003, Rz. 145). Der Erblasser bleibt nämlich bis zu seinem Tode zivilrechtlich verfügungsbefugt über die Wirtschaftsgüter, die dem künftigen Nachlass angehören. Bis zum Eintritt des Erbfalls hat der Erbe also grundsätzlich keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Nachlasses und damit auf die Art der Einkünfte, die aus der Nutzung des Nachlassvermögens künftig erzielt werden (vgl. BFH-Urteil vom 14.06.1988 VIII R 252/82, BFHE 154, 72, BStBl II 1988, 992 zum Fall des Ankaufs eines Nacherbrechts vor Eintritt des Erbfalles, bestätigt durch Beschluss vom 30.10.2006 IX B 56/06, BFH/NV 2007, 666).
58Dies zeigt anschaulich die weitere Entwicklung des vorliegenden Falles nach dem Schuldbeitritt der Klägerin: Die Großmutter der Klägerin hat als Erblasserin über das Eigentum am Grundstück E-Straße, das zum Zeitpunkt des Schuldbeitritts der Klägerin zur –künftigen— Erbmasse gehört hätte, verfügt und dieses übertragen; sodann hat sie das Eigentum am Grundstück B-Straße erworben, das dann tatsächlich in den Nachlass gefallen ist.
59Die --wertende-- Beurteilung des "auslösenden Moments" der hier streitigen Schuldzinsen ergibt, dass die hier streitigen Schuldzinsen nicht zum Erwerb eines Grundstücks, sondern vielmehr auf eine Darlehensschuld zu entrichten waren, die die Klägerin zur Tilgung des von ihr abgegebenen Schuldbeitritts eingegangen ist. Wer jedoch einer Schuld beitritt, erfüllt in erster Linie die eigene, als Gesamtschuldner übernommene Schuld (vgl. BFH-Urteil vom 3.1.2002 IX R 14/00, BFH/NV 2003, 468). Diese Schuld steht – wie dargelegt – nicht in einem hinreichenden Veranlassungszusammenhang mit dem Erwerb des Wirtschaftsguts B-Straße und gehört daher nicht zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre, sondern zur privaten Vermögenssphäre der Klägerin.
60II.
61Die mündliche Verhandlung war aufgrund des nachgereichten Schriftsatzes vom 20.10.2011 nicht wiederzueröffnen, da dieser zeitlich nach Verkündung des Urteils (§ 104 Abs. 1 FGO) bei Gericht eingegangen ist. Nach der Urteilsverkündung ist die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht mehr möglich (BFH-Beschlüsse vom 17. August 1999 IV B 22/99, BFH/NV 2000, 211; vom 25. Oktober 2000 VII B 198/00, BFH/NV 2001, 471; vom 18.12.2009 III B 118/08, BFH/NV 2010,665).
62Zudem sind in diesem Schriftsatz der Klägerin inhaltlich nur die Rechtsansichten der Klägerin zusammenfassend wiedergegeben, die bereits Gegenstand des Rechtsgesprächs in der mündlichen Verhandlung waren.
63III.
64Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.