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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 95 % und der Beklagte zu 5 %.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kosten-erstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird hinsichtlich der Entscheidung über die Feststellung gem. § 36 Abs. 7 KStG zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung unverzinslicher Gesellschafterdarlehen in den Streitjahren sowie über die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Umgliederungsvorschriften zum Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren.
3Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betreibt ... Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren die A, die Beteiligungsverwaltungsgesellschaft des D GmbH als Rechtsnachfolgerin des D1, E und P sowie der H und der M. Die A, das D1 und E hatten der Klägerin in den ... Jahren Darlehen in einem Umfang von ca. ... DM gewährt. Die Gelder waren Teil umfangreicher Mittelzuwendungen der drei Hauptgesellschafter zur Finanzierung des ..... Die Kredite sollten bis zum Eintritt in die Gewinnzone zinslos sein. Im Dezember 1988 wurden die Verträge in der Weise umgestaltet, dass ca. 50 % der Summe in verzinsliche Darlehen umgewandelt und die verbleibenden ... DM (weiterhin) zins- und tilgungsfrei gewährt wurden. Die drei im Wesentlichen identischen Darlehensverträge enthalten jeweils in § 2 die Regelung der Unverzinslichkeit, in § 3 die Regelung, dass die Darlehen nicht zu tilgen sind. § 4 der jeweiligen Verträge lautet:
4Kündigung, Verzinsung und Tilgung des Darlehens sowie eine Umwandlung in eine Beteiligung an der Gesellschaft bleibt Verhandlungen zwischen den Gesellschaftern auf der Grundlage der erforderlichen ...rechtlichen Voraussetzungen vorbehalten.
5Letztlich regeln die Verträge, dass die einzelnen Gläubiger hinsichtlich der Bedingungen und der Abwicklung des Darlehensvertrages nicht schlechter gestellt werden dürfen als die anderen Gesellschafter. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopien der Verträge in der Gerichtsakte des Verfahrens zur Körperschaftsteuer 1999 verwiesen.
6Der Geschäftsbericht für das letzte im vorliegenden Verfahren streitbefangene Wirtschaftsjahr 2005 weist die vorgenannten Darlehensverpflichtungen – in Übereinstimmung mit den Ausweisungen der Vorjahre – als Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren aus (Seite 54 des Geschäftsberichts 2005). Auch in dem ... Jahresabschluss der Klägerin zum 31. Dezember 2008 sind die Gesellschafterdarlehen in unveränderter Höhe von T€ ... und einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren ausgewiesen. Der Jahresabschluss 2009 weist die Umwandlung in Eigenkapital aus.
7In den Handelsbilanzen der Jahre 1999 bis 2005 waren die zinslosen Gesellschafterdarlehen jeweils in voller Höhe des Nominalbetrages als Verbindlichkeiten ausgewiesen. Die Bilanzansätze für die Streitjahre betrugen danach:
8
Jahr |
Handelsbilanzansatz |
Steuerbilanzansatz laut Bp |
1999 |
... DM |
... DM |
2000 |
... € |
... € |
2001 |
... € |
... € |
2002 |
... € |
... € |
2003 |
... € |
... € |
2004 |
... € |
... € |
2005 |
... € |
... € |
Nach einer Außenprüfung für die Jahre 1996 bis 1999 vertrat der Beklagte die Auffassung, die in der Bilanz ausgewiesenen Gesellschafterdarlehen seien nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – abzuzinsen. Da die Laufzeit von unbestimmter Dauer sei, habe dies in Anlehnung an § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes – BewG – mit dem Faktor 9,3 auf den Jahreswert zu erfolgen. Zur Abmilderung des Abzinsungsgewinns wurde eine 9/10 Rücklage gemäß § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG berücksichtigt.
10Die dagegen gerichteten Rechtsschutzverfahren hatten mit Ausnahme kleinerer Berechnungskorrekturen keinen Erfolg. Insoweit wird auf die Entscheidungen des erkennenden Senats in dem Verfahren zum Az. 13 K 4781/04 (vom 15. Januar 2009, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2009, 1199) und des Bundesfinanzhofs – BFH – in dem Verfahren zum Az. I R 35/09 (vom 27. Januar 2009, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 228, 250, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2010, 478) Bezug genommen. Die dagegen gerichtete, auf einen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip gestützte, Verfassungsbeschwerde blieb ebenfalls ohne Erfolg (Bundesverfassungsgericht – BVerfG – Beschluss vom 20. Oktober 2010 zu Aktenzeichen 2 BvR 786/10, n.v.).
11Während der andauernden Rechtsbehelfs- und Rechtsmittelverfahren wegen der Körperschaftsteuer 1999 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung K Außenprüfungen für die Jahre 2000 bis 2002 und 2003 bis 2005 bei der Klägerin durch. Da die oben bezeichneten Rechtsbehelfsverfahren hinsichtlich der Körperschaftsteuer 1999 im Zeitpunkt des Abschlusses der Außenprüfungen (vgl. Berichte über die Betriebsprüfungen bei der Klägerin vom 12. Januar 2010 für die Jahre 2000 bis 2002 und für die Jahre 2003 bis 2005) noch nicht abgeschlossen waren, hielten die Beteiligten an ihren Rechtsauffassungen fest. Nach der Darstellung des Prüfers in den Betriebsprüfungsberichten führte dies zu den nachfolgend dargestellten Abweichungen bei der Bilanzierung der Gesellschafterdarlehen bzw. der Rücklage gemäß § 52 Abs. 16 EStG (alle Beträge in €). Die Abweichungen der Handels- und Steuerbilanzansätze der Klägerin beruhen ausweislich der Betriebsprüfungsberichte auf der Abzinsung der Gesellschafterdarlehen im Jahr 1999 sowie der Entwicklung der Rücklage nach § 52 Abs. 16 EStG und der teilweise von der Klägerin in den Jahren 2000 ff. vorgenommenen Aufzinsung. Der abgezinste Betrag von ... € entspricht 0,503 des Handelsbilanzansatzes der Klägerin.
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Jahr |
Steuerbilanzansatz |
Bp-Ansatz |
Rücklage |
Bp-Gesamt |
Differenz |
2000 |
... |
... |
... |
... |
... |
2001 |
... |
... |
... |
... |
... |
2002 |
... |
... |
... |
... |
... |
2003 |
... |
... |
... |
... |
... |
2004 |
... |
... |
... |
... |
... |
2005 |
... |
... |
... |
... |
... |
Der Beklagte folgte den Ansätzen der Betriebsprüfung und erließ die hier streitbefangenen, unstreitig verfahrensrechtlich zu Recht zunächst auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – gestützten, teilweise im Verlauf des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens erneut geänderten, Bescheide mit folgenden Festsetzungen (Beträge grundsätzlich in €, ggf. in DM, dann kursiv) im Zeitpunkt der Klageerhebung:
14
Bescheid |
Datum |
Festsetzung |
Blatt |
vorher |
KSt 00 |
2.12.2010 |
... |
21 |
... |
KSt 01 |
2.12.2010 |
... |
33 |
... |
KSt 02 |
2.12.2010 |
... |
35 |
... |
KSt 03 |
2.12.2010 |
... |
37 |
... |
KSt 04 |
2.12.2010 |
... |
39 |
... |
KSt 05 |
2.12.2010 |
... |
41 |
... |
GewSt-MB 00 |
7.4.2010 |
... |
49 |
... |
GewSt-MB 01 |
7.4.2010 |
... |
51 |
... |
GewSt-MB 02 |
7.4.2010 |
... |
53 |
... |
GewSt-MB 03 |
17.5.2011 |
... |
55 |
... |
GewSt-MB 04 |
7.4.2010 |
... |
56 |
|
GewSt-MB 05 |
7.4.2010 |
... |
57 |
|
§ 47 I KStG 00 |
2.12.2010 |
div. |
23 |
div. |
§ 47 II KStG 00 |
2.12.2010 |
... DM |
21 |
- ... DM |
§ 36 VII KStG |
2.12.2010 |
EK 40 ... DM EK 04 ... DM |
26 |
div. |
§§ 27,28,38 KStG |
2.12.2010 |
... |
26/32 |
|
§ 10d EStG 00 |
2.12.2010 |
... DM |
43 |
... |
§ 10d EStG 01 |
2.12.2010 |
... DM |
44 |
... |
§ 10d EStG 02 |
2.12.2010 |
... |
45 |
... |
§ 10d EStG 03 |
2.12.2010 |
... |
46 |
... |
§ 10d EStG 04 |
2.12.2010 |
... |
47 |
... |
§ 10d EStG 05 |
2.12.2010 |
... |
48 |
... |
§ 10a GewStG 00 |
17.5.2011 |
... DM |
58 |
... |
§ 10a GewStG 01 |
17.5.2011 |
... DM |
59 |
... |
§ 10a GewStG 02 |
17.5.2011 |
... |
60 |
... |
§ 10a GewStG 03 |
17.5.2011 |
... |
61 |
... |
Gegen alle Bescheide wandte sich die Klägerin mit fristgerecht erhobenen Einsprüchen. Teilweise handelte es sich dabei um wiederholende oder bekräftigende Einsprüche, da infolge der bei der Veranlagung des Jahres 1999 aufgegriffenen Abzinsungsproblematik Vorauszahlungen oder Jahressteuerbeträge festgesetzt worden waren, die die Klägerin – entsprechend ihrem Rechtsschutzbegehren zur Körperschaftsteuer 1999 – für fehlerhaft gehalten und angegriffen hatte. Unabhängig von der dem Grunde nach streitigen Abzinsung im Jahr 1999 hatte die Klägerin zumindest hilfsweise die Aufzinsung mit 1/13 des Abzinsungsbetrages (... €) vorgenommen (vgl. Differenzbeträge laut Betriebsprüfung in den Jahren 2001 bis 2003) und im Rechtsbehelfsverfahren auch beantragt. Die Rechtsbehelfsverfahren ruhten im Hinblick auf das vorrangige Verfahren bezüglich der Körperschaftsteuer 1999. Nach der Entscheidung des BVerfG im November 2010 wurden sie wieder aufgenommen.
16Insoweit verwies die Klägerin darauf, ihre Gesellschafter seien jederzeit bereit gewesen, die Darlehen den Rücklagen zuzuführen, was auch zum 1. Januar 2009 nach dem ersten Gerichtsurteil geschehen und vorher erörtert worden sei. Insoweit beantragte sie die Aufzinsung der Darlehen zum 31. Dezember 2000, hilfsweise eine anteilige Aufzinsung in den Jahren 2000 bis 2008. Der Nachweis der jederzeitigen Umwandelbarkeit der Darlehen sei voraussichtlich nur durch Zeugen zu führen.
17Unstreitig hat der Finanzausschuss der Klägerin in seiner Sitzung vom 19. November 2008 die Frage einer eventuellen Zuführung der Gesellschafterdarlehen zu den Rücklagen erörtert. Dabei wurde neben der Problematik des europäischen Beihilferechts auch die Notwendigkeit, wahrscheinlich entsprechende ...beschlüsse bei den beteiligten ... einzuholen, angesprochen. Der Finanzausschuss beschloss danach abschließend, dem Aufsichtsrat zu empfehlen, den Gesellschaftern vorzuschlagen, die Gesellschafterdarlehen zum 1. Januar 2009 den Rücklagen zuzuführen.
18In der folgenden Sitzung des Aufsichtsrates vom 12. Dezember 2008 ging auch der Aufsichtsrat davon aus, es müssten neben der Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – ...beschlüsse der beteiligten ... und insbesondere ein ...beschluss der ...E herbeigeführt werden. Im Ergebnis beschloss der Aufsichtsrat den Gesellschaftern vorzuschlagen, die Gesellschafterdarlehen zum 1. Januar 2009 den Rücklagen zuzuführen.
19In der Gesellschafterversammlung vom 16. Juni 2009 beschlossen die Gesellschafter, die der Klägerin gewährten Darlehen im Sinne des § 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages vorbehaltlich der Zustimmung des ... rückwirkend zum 1. Januar 2009 den Kapitalrücklagen zuzuführen.
20§ 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages enthält folgende Regelung:
21Solange und soweit ein Gesellschafter zur Finanzierung des ... Kapitalrücklagen zur Verfügung gestellt hat oder stellt, sind diese Beträge künftig bei der Gewinnverteilung wie Stammkapital dieses Gesellschafters zu behandeln und entsprechend zu berücksichtigen.
22Ausweislich der Aufzeichnungen des Betriebsprüfers hat die Durchsicht der Protokolle der Gesellschafterversammlungen (Nr. 69 bis Nr. 79) und der Aufsichtsratssitzungen im Prüfungszeitraum bis 2005 nicht zu Feststellungen zu der hier streitigen Problematik der Abzinsung geführt. Zu anderen Themenkreisen (z.B. Erbbauzinsen) finden sich in den BpHA umfangreiche Ablichtungen entsprechender Protokolle.
23Mit verbundener Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 2011 wies der Beklagte die Einsprüche unter anderem wegen aller unter Az. 13 K 2004/11 ursprünglich streitbefangenen Bescheide als unbegründet zurück. Unter Hinweis auf das Rechtsschutzverfahren wegen der Körperschaftsteuer 1999 und die dazu ergangenen Entscheidungen und unter Bezugnahme auf die dargestellten Beschlüsse des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung der Klägerin in den Jahren 2008 und 2009 vertrat er die Auffassung, die Abzinsung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sei auch zu den hier streitbefangenen Bilanzstichtagen unter Berücksichtigung einer voraussichtlich unbefristeten Gewährung unverzinslicher Darlehen vorzunehmen. Die nach den Streitjahren erfolgte Umwandlung in Kapitalrücklagen entfalte keine Rückwirkung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
24Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Mit der unter dem Az. 13 K 2016/11 erhobenen Klage wandte sie sich außerdem gegen die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31. Dezember 2001, hier die Feststellung des Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 37 Abs. 2 KStG.
25Im Hinblick auf die von der Klägerin unstreitig zu Recht monierte Nichtberücksichtigung der nach der Kassation der Umgliederungsvorschriften durch das BVerfG (Beschluss vom 17. November 2009 1 BvR 2192/05, Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – BVerfGE – 125, 1) neu geschaffenen Regelung in §§ 34 Abs. 13f, 36 KStG n.F. hat der Beklagte im Verlauf des Verfahrens unter dem 22. März 2013 geänderte Bescheide nach § 36 Abs. 7 KStG n.F. und §§ 27, 28, 38 KStG auf den 31. Dezember 2001 (darin u. a. EK 45 mit ... DM festgestellt) und §§ 27, 28, 37 Abs. 2, 38 KStG auf den 31. Dezember 2002 bis 2005 erlassen und darin auf die Bilanzstichtage 2002 bis 2005 das steuerliche Einlagekonto mit ... € (unverändert) und das Körperschaftsteuerguthaben mit ... € (entspricht ... DM (zuvor ... DM = ... €) festgestellt. Der erkennende Senat hat die beiden Klageverfahren mit Beschluss vom 3. Dezember 2014 gemäß § 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.
26Im vorliegenden Verfahren verfolgt die Klägerin weiterhin das Ziel einer Aufzinsung der Gesellschafterdarlehen in den Streitjahren. Dazu trägt sie in Übereinstimmung mit dem Verfahren wegen Körperschaftsteuer 1999 und den vertraglichen Unterlagen vor, Regelungen über die Laufzeit hätten die Darlehensverträge nicht enthalten. Das gesetzliche Kündigungsrecht sei nicht abbedungen worden. In den Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsratssitzungen der Klägerin sei die Frage der Zuführung der nach Umwandlung anderer Darlehensteile in Kapitalrücklagen verbliebenen Restdarlehen zum Eigenkapital regelmäßig diskutiert worden.
27Nach der rechtskräftigen Entscheidung zur Abzinsung der Darlehen zum 31. Dezember 1999 sei nunmehr in den Veranlagungszeiträumen 2000 ff. eine Aufzinsung vorzunehmen. Ausgehend von der handelsrechtlichen Regelung in § 253 des Handelsgesetzbuches – HGB – und der davon abweichenden steuerrechtlichen Bewertungsvorschrift in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG müsse im Anschluss an eine Bewertung der Verpflichtungen mit dem abgezinsten Wert nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung im Sinne des § 253 HGB in der Folgezeit eine ratierliche Aufzinsung erfolgen. Insoweit verweist die Klägerin auf die Entscheidung des BFH vom 5. Januar 2011 (I B 118/10, BFH/NV 2011, 986), in der der BFH im Hinblick auf verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ausgeführt hat, es sei vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt, wenn dieser eine Regelung schaffe, die im Fall der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens zunächst zu einer – im weiteren Verlauf durch Aufzinsung kompensierten – Erhöhung des Gewinns der Kapitalgesellschaft führe.
28Entgegen der Auffassung des Beklagten könne die einmal durchgeführte Abzinsung an den folgenden Bilanzstichtagen nicht einfach beibehalten werden, vielmehr seien die Gesellschafterdarlehen zu den folgenden Bilanzstichtagen jeweils neu zu bewerten. Dabei habe die unveränderte Fortführung der Darlehen zu den vereinbarten Konditionen keine Relevanz. Zwar seien die Darlehen weiterhin unverzinslich gewesen, die Laufzeitprognose sei allerdings zu korrigieren. Es könne nicht mehr angenommen werden, die Darlehen seien nach wie vor unbefristet gewährt worden. Durch die Abzinsung zum 31. Dezember 1999 unter Berücksichtigung des von § 13 Abs. 2 BewG mit dem 9,3-fachen des Jahreswertes vorgegebenen Faktors, sei die Restlaufzeit der Darlehen für Besteuerungszwecke definiert und festgelegt worden. Der Beklagte habe am 31. Dezember 1999 eine Restlaufzeit von zwölf Jahren, zehn Monaten und zwölf Tagen angenommen. Daran müsse er sich festhalten lassen.
29Unter Berücksichtigung des Leistungsfähigkeitsprinzips sei es auch konsequent, die einmal festgelegte Restlaufzeit für die Besteuerung in den Folgejahren zugrunde zu legen. Dies führe nicht nur allgemein, sondern auch im konkreten Streitfall im Hinblick auf die grundsätzlich zur Umwandlung der Gesellschafterdarlehen in Eigenkapital bereiten Gesellschafter zu einem sachgerechten Ergebnis. Zu den hier streitbefangenen Bilanzstichtagen habe daher nicht mehr gesichert von einer weiterhin unbefristeten Laufzeit der Darlehen ausgegangen werden können. Entgegen der Auffassung des Beklagten würden hierdurch nicht die Verhältnisse im Jahr 2009 auf die Streitjahre zurückprojiziert, entscheidend sei vielmehr, dass der Beklagte von einer festen Laufzeit der Darlehen ausgegangen sei und die Klägerin auch mit einer Beendigung der Darlehensverhältnisse habe rechnen müssen.
30Zu den Feststellungen gemäß § 36 Abs. 7 KStG und § 37 Abs. 2 KStG führt die Klägerin unter Bezugnahme auf die Neufassung des Gesetzes nach der Entscheidung des BVerfG aus, das Körperschaftsteuerguthaben betrage danach zumindest ... DM. Insoweit ist dem Begehren zwischenzeitlich durch den Erlass der Änderungsbescheide vom 22. März 2013 entsprochen worden.
31Weitergehend rügt sie § 36 Abs. 4 KStG n.F. als weiterhin verfassungswidrig. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung § 36 Abs. 3 und 4 KStG a.F. insgesamt für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und dem Gesetzgeber eine Neuregelung aufgegeben, die den Erhalt des im Zeitpunkt des Systemwechsels in dem Teilbetrag EK 45 enthaltenen und zu diesem Zeitpunkt realisierbaren Körperschaftsteuerminderungspotenzials gleichheitsgerecht sicherstelle (Hinweis auf Textziffer 91 der Entscheidung). Das im Zeitpunkt der Umgliederung bei ihr im EK 45 i.H.v. ... DM vorhandene Körperschaftsteuerminderungspotenzial von ... DM (ggf. zu kürzen um das negative Körperschaftsteuerminderungspotenzial von ... DM aus dem EK 40 von minus ... DM) dürfe nicht durch Verrechnung mit dem Saldo des negativen EK 02 (- ... DM) mit dem positiven EK 03 (... DM), also um ca. 18 Mio. DM gekürzt werden. Dies aber habe der Beklagte unter Anwendung des § 36 Abs. 4 KStG n.F. gemacht und dadurch folgerichtig das Körperschaftsteuerguthaben nur noch aus dem verbleibenden Restbetrag von ... DM errechnet.
32Soweit der BFH in seinem Urteil vom 20. April 2011 (I R 65/05, BStBl II 2011, 983) das der gesetzlichen Neuregelung zu Grunde liegende Verständnis der Entscheidung des BVerfG für zutreffend ansehe, greife dessen Interpretation zu kurz. Das BVerfG habe ganz allgemein einen Gleichheitsverstoß festgestellt, wenn es umgliederungsbedingt zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial komme. Insbesondere der Tenor der Entscheidung des BVerfG, wonach § 36 Abs. 3 und 4 KStG unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG – sei, soweit diese Regelung zu einem Verlust des Körperschaftsteuerminderungspotenzials führe, das in dem mit 45 % Körperschaftsteuer belasteten Teilbetrag im Sinne des § 54 Abs. 11 Satz 1 KStG enthalten sei, enthalte keine Einschränkung.
33Das BVerfG orientiere sich bei der Entscheidung an der gesetzgeberischen Konzeption der Umgliederungsvorschriften, denen die Fiktion der Vollausschüttung des gesamten verwendbaren Eigenkapitals zum Zeitpunkt der Beendigung des Anrechnungsverfahrens zugrunde liege. Danach solle den betroffenen Körperschaften der Körperschaftsteuerminderungsbetrag erhalten bleiben, der sich bei einer Vollausschüttung unter Geltung des Anrechnungsverfahrens auf den Zeitpunkt des Systemwechsels ergeben hätte. Die Orientierung an diesen Entscheidungsgründen zeige, dass jeder Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial grundsätzlich gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.
34Die vom BFH bemühte Argumentation, eine Verrechnung belasteter EK-Bestandteile mit vorhandenem negativem EK 02 sei nicht zu beanstanden, da die negativen Teilbeträge Verluste darstellten und folglich handelsrechtlich wie eine Ausschüttungssperre wirkten, überzeuge nicht. Eine derartige Folge trete nicht ein, wenn die Gesellschafter hinreichend hohe Einlagen erbracht hätten, da dann keine Ausschüttungssperre eintrete. Dies gelte insbesondere auch für die Klägerin, da dem vorhandenen Bestand von ca. ... DM EK 04 nur ca. ... DM saldierte negative Beträge aus dem EK 02 und EK 03 gegenüberstünden. Bei einer Vollausschüttung wäre unter Beachtung der Verwendungsfiktion des § 28 Abs. 3 KStG a.F. das in dem EK 45 enthaltene Körperschaftsteuerminderungspotenzial realisiert worden.
35Nach Überzeugung der Klägerin bedarf es keiner erneuten Anrufung des BVerfG, da das geltende Gesetz durch verfassungskonforme Auslegung dahingehend teleologisch zu reduzieren sei, dass eine Verrechnung von negativem EK 01 bis EK 03 mit belasteten Teilbeträgen nur in dem Umfang erfolge, wie ihm kein Bestand des EK 04 gegenüberstehe. Dies führe im Streitfall zu einem festzustellenden Körperschaftsteuerguthaben von ... DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klagebegründungsschrift vom 25. Januar 2012 Bezug genommen.
36Wie bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung regte der Senat erneut im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, die Klage hinsichtlich der auf null Euro lautenden Körperschaftsteuerbescheide 2001 bis 2004 und Gewerbesteuermessbescheide 2000 bis 2002 im Hinblick auf die fehlende Beschwer der Klägerin zurückzunehmen, was die Klägerin aus Vorsichtsgründen ablehnte. Der Senat hat mit Beschluss vom 3. Dezember 2014 die Klage hinsichtlich der nach seiner Überzeugung die Klägerin unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt beschwerenden Bescheide abgetrennt. Dies erscheint im Hinblick auf die schwer handhabbare Kumulation von ca. 30 Streitgegenständen über einen Streitzeitraum von sechs Jahren sinnvoll. Das Verfahren wurde mit Urteil vom gleichen Tag unter Az. 13 K 3435/14 abgeschlossen.
37Die Klägerin beantragt sinngemäß,
38die angefochtenen Bescheide zur Körperschaftsteuer 2000 und 2005, den Feststellungen gemäß § 47 Abs. 1 KStG a.F. auf den 31. Dezember 2000 und § 47 Abs. 2 KStG a.F. 2000, den Feststellungen der verbleibenden Verlustabzüge zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2000 bis 2005, den Gewerbesteuermessbeträgen 2003 bis 2005 und den Feststellungen der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 2000 bis 2003, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 2011, und den Bescheid über die Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG n.F. vom 22. März 2013 mit der Maßgabe zu ändern, dass
391. die zum 31. Dezember 1999 ertragswirksam abgezinsten Gesellschafterdarlehen aufwandswirksam aufgezinst werden,
2. bei der Umgliederung des steuerlich verwendbaren Eigenkapitals gemäß §§ 36, 37 KStG n.F. die Verrechnung der Summe der unbelasteten Teilbeträge des steuerlich verwendbaren Eigenkapitals mit den mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträgen des steuerlich verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 36 Abs. 4 KStG n.F. unterbleibt,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
44Der Beklagte beantragt,
45die Klage abzuweisen,
46hilfsweise, die Revision zuzulassen.
47Hinsichtlich der Abzinsungs- bzw. Aufzinsungsproblematik verweist er auf die Einspruchsentscheidung.
48Hinsichtlich der Umgliederungsproblematik verweist er auf den im Verlauf des Verfahrens erlassenen Teilabhilfebescheid. Hinsichtlich des weitergehenden Begehrens führt er aus, die gesetzliche Neufassung der §§ 34 Abs. 13f, 36 Abs. 4 KStG, die eine Verrechnung negativer unbelasteter Teilbeträge im Sinne des § 30 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 KStG in der Fassung des Artikels 4 des Gesetzes vom 14. Juli 2000 zunächst untereinander und danach mit den mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträgen vorsehe, sei verfassungsgemäß. Das BVerfG habe die Übergangsregelungen des § 36 Abs. 3 und 4 KStG für verfassungswidrig erklärt, soweit sie umgliederungsbedingt zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial geführt hätten. Diese verfassungswidrige Regelung sei mit der Neufassung der einschlägigen Vorschriften beseitigt worden. Das BVerfG habe es als legitim und grundsätzlich unschädlich angesehen, dass der Gesetzgeber einen einfachen und zügig umzusetzenden Systemwechsel vorgenommen habe. Es habe ausdrücklich nur die Folgen der Umgliederung des EK 45 in EK 40 im Rahmen der Systemumstellung bemängelt. Die Verrechnung der verbleibenden Beträge des belasteten EK mit den negativen Beträgen des EK 02 führe nicht zur Verfassungswidrigkeit. Das EK 02 beinhalte ein Körperschaftsteuererhöhungspotenzial. Ihm stehe in gleicher Höhe das durch Verrechnung entfallende Körperschaftsteuerminderungspotenzial gegenüber. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 19. September 2012 verwiesen.
49Entscheidungsgründe
50Die Klage ist unbegründet.
51Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dies gilt zunächst hinsichtlich der Bescheide, für die die Frage der Abzinsung bzw. Aufzinsung der Gesellschafterdarlehen streitentscheidend ist (I.). Hinsichtlich der Feststellung der Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals nach § 36 Abs. 7 KStG ist der Senat jedenfalls nicht in der Weise von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt, dass eine Vorlage an das BVerfG in Betracht käme. Auch eine verfassungskonforme Reduktion der §§ 34 Abs. 13f 36 KStG scheidet im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Vorschrift aus (II.).
52I. Die angefochtenen Bescheide zur Körperschaftsteuer 2000 und 2005, zur Feststellung gem. § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.2000 und zur Feststellung gem. § 47 Abs. 2 KStG 2000 sowie über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustabzüge zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2000 bis 2005 und zur gesonderten Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31.12.2000 bis 2003 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2003 bis 2005 sind rechtmäßig. Sie basieren auf rechtmäßig ermittelten, rechnerisch zutreffenden Besteuerungsgrundlagen. Dies ist im Wesentlichen zwischen den Beteiligten unstreitig, gilt aber auch hinsichtlich der allein streitbefangenen Abzinsung der Gesellschafterdarlehen.
53Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Beklagte dem Grunde nach zu Recht die allein streitbefangene Abzinsung der zinslosen Gesellschafterdarlehen zu allen betroffenen Bilanzstichtagen entsprechend § 8 Abs. 1 KStG bzw. § 7 GewStG jeweils i.V.m. §§ 4, 5, 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG vorgenommen.
54Nach § 5 Abs. 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung sind in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz auszuüben. Abweichungen der Steuerbilanz von der Handelsbilanz können sich aus den speziellen einkommensteuerrechtlichen Vorschriften (z.B. § 5 Abs. 3 bis 4 b oder § 6 bis 7 k EStG) ergeben, die nach § 5 Abs. 6 EStG zu befolgen sind (vgl. dazu Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 33. Auflage, 2014, § 5 Rdnr. 21 m.w.N.; Kulosa in Schmidt, EStG, § 6 Rdnr. 5).
55Nach § 242 HGB hat der Kaufmann unter anderem für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss aufzustellen. Nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind dabei Verbindlichkeiten grundsätzlich zu ihrem Rückzahlungsbetrag (jetzt Erfüllungsbetrag) anzusetzen. Davon abweichend enthält § 6 EStG spezielle, vorrangige Vorschriften hinsichtlich der Bewertung für die Steuerbilanz (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 5. Januar 2011 I B 118/10, BFH/NV 2011, 986).
56Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG).
57Zu den nach dieser Regelung abzuzinsenden Darlehen gehören auch Gesellschafterdarlehen. Dass § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG auf Gesellschafterdarlehen Anwendung findet, ist bereits mehrfach, unter anderem in dem Verfahren der Klägerin wegen Körperschaftsteuer 1999, durch den BFH bestätigt worden (vgl. BFH-Urteile vom 6. Oktober 2009 I R 4/08, BFHE 226, 347, BStBl II 2010, 177 und in BStBl II 2010, 478).
58Die Restlaufzeit der Darlehen betrug auch zu allen hier relevanten Bilanzstichtagen (31. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2005) mehr als ein Jahr. In allen betroffenen Handelsbilanzen sind die Gesellschafterdarlehen in der vollen Höhe von gerundet ... € (exakt ... €) mit einer Restlaufzeit von über 5 Jahren ausgewiesen.
59Die hier streitbefangenen Gesellschafterdarlehen waren auch unverzinslich im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Die Frage der Unverzinslichkeit der Darlehen ist bereits einmal in dem Verfahren wegen Körperschaftsteuer 1999 geklärt worden. Ausweislich der jeweiligen § 2 der Darlehensverträge aus dem Dezember 1988 sind alle drei Gesellschafterdarlehen unverzinslich gewährt worden. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Darlehensverträge in dem hier streitbefangenen Zeitraum geändert worden wären. Auch verdeckte Zinsleistungen, z.B. in Form der Überlassung anderer Wirtschaftsgüter (vgl. dazu z.B. Kulosa in Schmidt, EStG, 33. Auflage, 2014, § 6 Rdnr. 461 m.w.N.), sind weder behauptet noch feststellbar. Die Klägerin hat auch ihr Vorbringen zu sonstigen zinsersetzenden Gegenleistungen aus dem Verfahren wegen Körperschaftsteuer 1999 im vorliegenden Prozessverfahren nicht wiederholt.
60Davon ausgehend sind die hier streitbefangenen Gesellschafterdarlehen zu allen sechs Bilanzstichtagen entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit abgezinsten Beträgen, wie vom Beklagten in analoger Anwendung des § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes – BewG – vorgenommen, zu bewerten.
61Der Senat folgt nicht der Auffassung der Klägerin, die Bewertung der Forderungen zum 31. Dezember 1999 stelle eine grundlegende Definition der Restlaufzeit der Darlehen für Besteuerungszwecke dar, so dass ausgehend von der zu diesem Bilanzstichtag geschätzten Restlaufzeit von zwölf Jahren, zehn Monaten und zwölf Tagen (analoge Anwendung des § 13 Abs. 2 BewG) in den Folgejahren die Restlaufzeit jeweils um ein Jahr vermindert zu schätzen sei.
62Eine derartige Schätzungsvorgabe lässt sich zunächst nicht aus § 253 HGB ableiten. Diese Vorschrift enthält für Verbindlichkeiten die Vorgabe, diese mit dem Rückzahlungsbetrag anzusetzen. Die von der Klägerin herangezogene Bewertungsvorgabe, „nur in Höhe des Betrages anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist“, bezieht sich nach dem Wortlaut der in den Streitjahren geltenden Vorschrift nicht auf Verbindlichkeiten der hier vorliegenden Art, sondern nur auf bestimmte Rentenverpflichtungen. In der aktuellen Fassung des Handelsgesetzbuches betrifft die entsprechende Formulierung nur noch Rückstellungen. Unabhängig davon werden die Bewertungsvorgaben des Handelsgesetzbuches für die Steuerbilanz ohnehin durch den vorrangigen § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG verdrängt.
63Auch die – von dem Rückgriff auf § 253 HGB unabhängige – Überlegung der Klägerin, nach der Annahme der unbefristeten Gewährung der unverzinslichen Darlehen zum 31. Dezember 1999 mit der Folge einer Abzinsung unter Zugrundelegung einer Restlaufzeit von zwölf Jahren, zehn Monaten und zwölf Tagen, könne für die Folgestichtage grundsätzlich nicht mehr angenommen werden, es liege weiterhin eine unbefristete Darlehensgewährung mit der Folge einer Schätzung der Restlaufzeit entsprechend § 13 Abs. 2 BewG vor, weil der Beklagte sich an der vorgenommenen Schätzung der Restlaufzeit zum 31. Dezember 1999 festhalten lassen müsse, überzeugt den Senat nicht.
64Zutreffend geht die Klägerin von der Grundannahme aus, nach § 242 HGB sei für jedes Geschäftsjahr ein Jahresabschluss zu erstellen, was dazu führe, dass die Gesellschafterdarlehen zu jedem Bilanzstichtag neu zu bewerten seien (vgl. § 252 Abs. 1 HGB). Eine Bindung an die Bewertung zum vorangegangenen Bilanzstichtag enthält aber bereits das Handelsgesetzbuch nicht. Wie sich aus § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB ergibt, sind die Vermögensgegenstände zum jeweiligen Abschlussstichtag (neu) zu bewerten, wobei nach § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden beibehalten werden sollen (jetzt: beizubehalten sind; vgl. außerdem § 246 Abs. 3 HGB n.F.). Entsprechend enthält § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit der Verweisung auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG eine Regelung zur jeweiligen Neubewertung zu den Bilanzstichtagen unter Berücksichtigung der im Einkommensteuergesetz selbst angelegten Grenzen (vgl. Ehmcke in Blümich, EStG, KStG, GewStG, Stand August 2014, § 6 EStG Rdnr. 940 m.w.N.; Kulosa a.a.O. § 6 Rdnr. 451), die eine (zwingende) Bindung an die Bewertung zum Vorjahresstichtag nicht vorsehen.
65§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist daher zu jedem Bilanzstichtag erneut zur Anwendung zu bringen. Dabei hat das Finanzgericht als Tatsacheninstanz nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juli 2013 I B 183/12, BFH/NV 2013, 1779), dem die Literatur (vgl. z.B. Ehmcke a.a.O. § 6 EStG Rdnr. 958; Kulosa a.a.O. § 6 Rdnr. 460; Fischer in Kirchhof, EStG, 13. Auflage, 2014, § 6 Rdnr. 147) weitgehend folgt, und der damit in Übereinstimmung stehenden Verwaltungsauffassung (vgl. BMF-Schreiben vom 26. Mai 2005, BStBl I 2005, 699, Rz. 6) bei unbefristeten Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände die voraussichtliche restliche Laufzeit des Darlehens zu schätzen. Dabei kann in Fällen, in denen für eine objektive Schätzung der Restlaufzeit keine Anhaltspunkte vorliegen, § 13 Abs. 2 BewG analog angewendet werden (BMF a.a.O., Rz. 7; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2011, 986 und 2013, 1779; weitere Nachweise z.B. bei Kulosa a.a.O., § 6 Rdnr. 460).
66Im Streitfall ist bei der Schätzung der voraussichtlichen Restlaufzeit zu den einzelnen Bilanzstichtagen auf die vertraglichen Grundlagen und tatsächlichen Gegebenheiten abzustellen, wonach die Darlehen nicht zu tilgen waren. Die Darlehen waren bereits seit über 30 Jahren begeben. Eine Reduzierung der zinslosen Darlehen um ca. 50 % lag zum ersten hier betroffenen Bilanzstichtag, dem 31. Dezember 2000, ebenfalls bereits zwölf Jahre, die spätere Zuführung der vorübergehend verzinslich gestellten Teildarlehen zu den Kapitalrücklagen immerhin sieben Jahre zurück.
67Konkrete Anhaltspunkte für eine Absicht der Darlehensgeber zur Kündigung der Darlehensverträge oder ihre Umwandlung in verzinsliche Darlehen sind weder behauptet noch ersichtlich. Auch der jährliche Ausweis der Darlehen als solche mit einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren macht deutlich, dass selbst die Klägerin mit einer kurzfristigen Kündigung an den Bilanzstichtagen nicht ernstlich gerechnet hat. Auch für eine, die Schätzung der voraussichtlichen Restlaufzeit im Ergebnis wie eine Kündigung beeinflussende, konkrete Absicht der Zuführung der Darlehen zu den Kapitalrücklagen fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.
68Soweit die Klägerin vorträgt, in der Folgezeit nach der Zuführung der seit 1988/1989 verzinslichen Teilkredite zu den Kapitalrücklagen (1993) sei die Zuführung des verbleibenden Darlehensbetrages von ... DM in den Gesellschafterversammlungen und Aufsichtsratssitzungen der Klägerin regelmäßig diskutiert worden, ist dies im Ergebnis für die Schätzung der voraussichtlichen Restlaufzeiten zu den einzelnen Bilanzstichtagen der Streitjahre ohne Bedeutung.
69Der Senat kann das entsprechende, sowohl hinsichtlich der Zeitpunkte als auch der agierenden Personen unsubstantiierte, Vorbringen als wahr unterstellen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob dem entsprechenden Beweisantritt im Hinblick auf die mangelnde Substantiierung überhaupt hätte nachgegangen werden müssen. Soweit entsprechende Diskussionen in dem Zeitraum bis einschließlich 1999 stattgefunden haben sollen, sind sie bereits deshalb ohne jegliche Bedeutung, weil die tatsächliche Handhabung in den Folgejahren deutlich macht, dass sich aus den informellen, in den Protokollen der entsprechenden Sitzungen keinen Niederschlag findenden, Diskussionen keine konkreten Schritte zur Umwandlung der zinslosen Darlehen ergeben haben. Folgerichtig hat sich die Klägerin in dem Verfahren zur Bilanzierung 1999 auf ein entsprechendes Vorbringen auch nicht gestützt. Für den Veranlagungszeitraum 1999 liegt außerdem die rechtskräftige Entscheidung des BFH vor.
70Entscheidungserhebliche Veränderungen für die Streitjahre können ebenfalls nicht festgestellt werden. Selbst wenn man unterstellt, dass in diesem Zeitraum die Frage der Zuführung der Darlehen zu den Kapitalrücklagen erörtert worden ist, hat dies jedenfalls zu keinem Zeitpunkt zu konkreten Handlungen der Klägerin wie auch der Darlehensgeber geführt. Folgerichtig haben entsprechende Diskussionen keinen Niederschlag in den Protokollen der Gesellschafterversammlungen oder Aufsichtsratssitzungen der Streitjahre gefunden. Dies ergibt sich nicht nur aus den entsprechenden Feststellungen des Betriebsprüfers, sondern auch aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin.
71Für konkrete Maßnahmen, die sich auf die Schätzung der Restlaufzeit der Darlehen hätten auswirken können, wäre dies aber im Hinblick auf § 4 der jeweiligen Darlehensverträge erforderlich gewesen. Da unter anderem eine Umwandlung der Darlehen in eine Beteiligung zwingend Verhandlungen zwischen den Gesellschaftern auf der Grundlage der erforderlichen ...rechtlichen Voraussetzungen vorbehalten war, bedurfte es entsprechender Maßnahmen zur Herbeiführung der Einleitung förmlicher Verfahren bei den Gläubigern. Aus den Beschlüssen und Maßnahmen anlässlich der tatsächlichen Umwandlung der Darlehen in Kapitalrücklagen in den Jahren 2008 und 2009 lassen sich sowohl die Notwendigkeit der Herbeiführung von ...beschlüssen oder einer ...rechtlichen Zustimmung des ... als auch die dafür erforderlichen Zeiträume gut ersehen. All dies fehlt für die Streitjahre. Anders als im Jahr 2008 ist in den Streitjahren und auch den darauf folgenden Jahren 2006 und 2007 keine nach außen erkennbare Maßnahme ergriffen worden, die auf die Einleitung eines Verfahrens zur Umwandlung der zinslosen Darlehen in Kapitalrücklagen schließen ließe. Erstmalig für das Jahr 2008 ergeben sich konkrete Anhaltspunkte für die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens. Auch die Klägerin selbst hat keine konkreten Maßnahmen, die sich in Sitzungsprotokollen oder Schriftverkehr niedergeschlagen hätten, in den Streitjahren oder den Jahren 2006 und 2007 behauptet. Vielmehr stellt vermutlich die Einladung mit der Tagesordnung, unstreitig spätestens aber das Protokoll über die Sitzung des Finanzausschusses vom 19. November 2008 ein Dokument dar, welches einen sicheren Rückschluss auf konkrete Überlegungen und Vorschläge und mit dem Beschluss auch eine Maßnahme zur Umgestaltung der zinslosen Gesellschafterdarlehen zulässt.
72Folgerichtig hat die Klägerin auch zu Recht in allen Bilanzen bis einschließlich 2008 die Gesellschafterdarlehen unverändert als solche mit einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren ausgewiesen. Denn selbst im Jahr 2008 musste sie nicht damit rechnen von den Gläubigern in Anspruch genommen zu werden. Auch wenn eine Schätzung der Restlaufzeit der Darlehen zum 31. Dezember 2008 die Vorschläge des Finanzausschusses und des Aufsichtsrates berücksichtigen müsste, war auch zu diesem Bilanzstichtag nicht mit einer Kündigung der Darlehen zu rechnen, sondern nur die Umwandlung in Kapitalrücklagen vorbehaltlich der im Hinblick auf die Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu prüfenden beihilferechtlichen Problematik, der erst im Juni 2009 erfolgten Beschlussfassung der Gesellschafter und der zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden ...rechtlichen Zustimmung des ... wahrscheinlich.
73Unter Berücksichtigung der unveränderten vertraglichen Grundlagen, der fehlenden konkretisierten Anhaltspunkte für die Einleitung des Verfahrens zur Umwandlung der Darlehen in Kapitalrücklagen, der durchgängig gleichmäßigen Form der Bilanzierung und dem jeweiligen Ausweis der Verbindlichkeiten als solche mit einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren sieht der Senat daher im Ergebnis keinen Grund für eine abweichende Schätzung der Restlaufzeit gegenüber der Schätzung zum 31. Dezember 1999.
74Dies gilt zunächst für die Bilanzstichtage, die vor Abschluss der Außenprüfung für die Jahre bis einschließlich 1999 liegen (Betriebsprüfungsbericht vom März 2003). Für diese Bilanzstichtage liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die eine abweichende Schätzung der Restlaufzeit begründen könnten.
75Auch für die nachfolgenden, streitbefangenen Bilanzstichtage bis zum 31. Dezember 2005 ergeben sich bei im Wesentlichen unverändertem äußerem Lebenssachverhalt keine abweichenden Ergebnisse. Theoretisch hätte die Betriebsprüfung für die Jahre bis 1999 eine Zäsur darstellen können, die die Klägerin motivierte, auf eine Änderung der Darlehenskonditionen oder die Umwandlung der Darlehen in Kapitalrücklagen hinzuwirken. Das feststellbare Verhalten der Klägerin indiziert aber vielmehr deren Überzeugung, die Entscheidung des Beklagten sei fehlerhaft gewesen, sowie die Hoffnung, sich im Rahmen der Rechtsschutzverfahren gegen die Abzinsung der Gesellschafterdarlehen durchsetzen zu können. Anhaltspunkte für konkrete Maßnahmen zur Umgestaltung der Darlehen bestehen demgegenüber nicht.
76Wie sich aus der zwischenzeitlich als fehlerhaft erkannten (Steuer-)Bilanzierung der Klägerin, also der unterlassenen Abzinsung der Gesellschafterdarlehen, und ihrem Vorbringen im Prozessverfahren wegen Körperschaftsteuer 1999 ergibt, ging diese vorrangig davon aus, dass Darlehen mit unbestimmter Laufzeit der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG unterfallen (vgl. die Sachverhaltsdarstellung in der Senatsentscheidung, EFG 2009, 1199). Außerdem vertrat sie im außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsschutzverfahren wegen der Körperschaftsteuer 1999 die Auffassung, (eigenkapitalersetzende) Gesellschafterdarlehen seien im Wege einer teleologischen Reduktion des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus dessen Anwendungsbereich auszuscheiden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 10. November 2005 IV R 13/04, BFHE 211, 294, BStBl II 2006, 618) oder zumindest sei der durch die Abzinsung ausgelöste Gewinn durch eine verdeckte Einlage zu neutralisieren (vgl. dazu BFH, BStBl II 2010, 478). Die Erfolglosigkeit dieser Argumentation wurde endgültig erst mit den Entscheidungen des BFH in BStBl II 2010, 177 und 478, also Ende 2009/Anfang 2010, deutlich, auch wenn sich die Klägerin gegen die letztgenannte Entscheidung noch an das BVerfG gewandt hat.
77Im Lichte des Rechtsschutzverfahrens gegen die Körperschaftsteuerfestsetzung 1999 und später der teilweise vorgenommenen Aufzinsung in den Folgejahren erscheint ein Unterlassen von Maßnahmen zur Umgestaltung der Darlehen nachvollziehbar, wenn nicht konsequent. Konkrete Anhaltspunkte für die Schätzung einer geringeren Restlaufzeit der Darlehen zu den Bilanzstichtagen bis zum 31. Dezember 2005 fehlen demgegenüber.
78Davon ausgehend ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die jeweilige Restlaufzeit der Gesellschafterdarlehen zu den Stichtagen 31. Dezember 2000 bis 31. Dezember 2005 durchgängig weiterhin wegen fehlender Anhaltspunkte für eine objektive Schätzung der Restlaufzeit entsprechend Textziffer 7 des BMF-Schreibens vom 26. Mai 2005 (ebenso BFH/NV 2011, 986 und 2013, 1779) in analoger Anwendung des § 13 Abs. 2 BewG mit zwölf Jahren, zehn Monaten und zwölf Tagen geschätzt hat. Dies entspricht unter Berücksichtigung der Bewertung der Verbindlichkeiten zum 31. Dezember 1999 auch dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit in § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB.
79Für die Bilanzstichtage 2000 und 2001 deckt sich diese Schätzung im Übrigen auch mit den bis 2008 fortgeführten Handelsbilanzausweisen, wonach für die Verbindlichkeiten eine Restlaufzeit von mehr als fünf Jahren zum jeweiligen Bilanzstichtag angegeben wurde. Demnach war ausweislich der Bilanz 2008 nicht vor dem Jahr 2014 mit einer Verpflichtung zur Rückführung der Kredite zu rechnen.
80Die Abzinsung erfolgte auch rechnerisch zutreffend mit dem Faktor 0,503 auf die unverändert fortgeschriebenen Kredite in Höhe von ... €, also mit einem verbleibenden Ansatz der Verbindlichkeiten in Höhe von ... €. Der Beklagte hat auch entsprechend § 52 Abs. 16 EStG 2000 bis 2005 die 1999 gebildete Rücklage ratierlich aufgelöst und die von der Klägerin zwischenzeitlich (teilweise) vorgenommene Aufzinsung wieder rückgängig gemacht. Da die rechnerische Richtigkeit der in den Betriebsprüfungsberichten (Textziffer 2.8 des Betriebsprüfungsberichtes 2000 bis 2002 und Textziffer 2.10 des Betriebsprüfungsberichtes 2003 bis 2005) im Einzelnen dargestellten Korrekturen zwischen den Beteiligten nicht umstritten sind, verzichtet der Senat insoweit auf weitere Ausführungen.
81II. Die Klage ist auch insoweit unbegründet, wie sich die Klägerin gegen die Feststellung des EK 45 in dem Bescheid über die gesonderte Feststellung der Bestände nach § 36 Abs. 7 KStG vom 22. März 2013 wendet. Der Beklagte hat zu Recht bei der Feststellung der Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals nach § 34 Abs. 13f KStG n.F. i.V.m. § 36 Abs. 4 KStG n.F. das EK 45 mit ... DM angesetzt.
82Nach § 34 Abs. 13f KStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 ist § 36 KStG in allen Fällen, in denen die Endbestände im Sinne des § 36 Absatz 7 KStG noch nicht bestandskräftig festgestellt sind, in der ebenfalls durch das Jahressteuergesetz 2010 geänderten Fassung anzuwenden. Wie auch zuvor werden die Endbestände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals ausgehend von den gemäß § 47 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 KStG a.F. letztmalig festgestellten Beträgen entsprechend den Vorgaben des § 36 Abs. 2 bis 6a KStG n.F. ermittelt und gemäß § 36 Abs. 7 KStG n.F. festgestellt.
83Der Beklagte hat ausgehend von den betragsmäßig unstreitigen Ausgangswerten aus dem Bescheid gemäß § 47 Abs. 1 KStG a.F. auf den 31. Dezember 2000 i.H.v. ... DM EK 45 und minus ... DM EK 02 sowie ... DM EK 03 und minus ... DM EK 40 zunächst entsprechend § 36 Abs. 4 KStG n.F. die Beträge des EK 02 und des EK 03 untereinander verrechnet und so den Betrag der „Zwischensumme“ von minus 18 Mio. DM errechnet. Dieser Betrag ist sodann entsprechend der gesetzlichen Vorgabe von dem positiven Betrag des EK 45 abgezogen worden. Weiterhin hat der Beklagte entsprechend § 36 Abs. 6 KStG n.F. auch den negativen Betrag des EK 40 vom EK 45 abgezogen und so den rechnerisch unstreitigen Endbestand von ... DM errechnet. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
84Der Senat kann und muss als gesetzesgebundenes Gericht im vorliegenden Verfahren auch (nur) unter Anwendung der Regelungen in § 34 Abs. 13f KStG n.F. i.V.m. § 36 Abs. 4 KStG n.F. in der Sache entscheiden, ohne gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 80 ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes – BVerfGG – das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen (1.). Auch eine von der Entscheidung des Beklagten abweichende Interpretation der einschlägigen Vorschriften im Wege einer verfassungskonformen Auslegung scheidet im Streitfall aus (2.).
851. Die Voraussetzungen für eine Vorlage an das BVerfG liegen im Streitfall nicht vor.
86Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 80 BVerfGG hat ein Gericht, welches ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, das Verfahren auszusetzen und unmittelbar die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG und des BFH ist Voraussetzung für die Vorlagepflicht bzw. für die Zulässigkeit einer entsprechenden Vorlage jedoch, dass das Gericht von der Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserhebliche Gesetzesvorschrift überzeugt ist; bloße Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift vermögen das Gericht dagegen nicht von der Pflicht zur Anwendung des Gesetzes zu entbinden (BVerfG-Urteil vom 20. März 1952 1 BvL 12, 15, 16, 24, 28/51, BVerfGE 1, 184, 188 f.; BVerfG-Beschlüsse vom 19. Februar 1957 1 BvL 13/54, BVerfGE 6, 222, 239; vom 31. Mai 1983 1 BvL 11/80, BVerfGE 64, 180, 187; vom 6. April 1989 2 BvL 8/87, BVerfGE 80, 59, 65; weitere Nachweise bei Jarass/Pieroth, GG, 13. Auflage, 2014, Art. 100 Rdnr. 10; BFH-Urteile vom 22. Juli 1997 VI R 121/90 BFHE 183, 538, BStBl II 1997, 692; vom 1. Juli 2014 IX R 31/13, BFHE 246, 193, BStBl II 2014, 925).
87Der Senat ist in diesem Sinne nicht von einem Verfassungsverstoß durch die Neuregelung zur Umgliederung der Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals in § 34 Abs. 13f KStG n.F. i.V.m. § 36 Abs. 4 KStG n.F. anlässlich des Systemwechsels vom Vollanrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren überzeugt.
88Zwar verweist die Klägerin zu Recht auf den Tenor der Entscheidung des BVerfG, wonach § 36 Abs. 3 und Abs. 4 KStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes vom 23. Oktober 2000 unvereinbar mit Art. 3 GG sind, soweit diese Regelung zu einem Verlust des Körperschaftsteuerminderungspotenzials führt, das in dem mit 45 % Körperschaftsteuer belasteten Teilbetrag im Sinne des § 54 Abs. 11 Satz 1 KStG … enthalten ist. Insoweit könnte man ausgehend von dem Tenor der Entscheidung zu der Auffassung kommen, der im Streitfall eintretende Verlust von EK 45 durch die Anwendung des § 36 Abs. 4 KStG n.F. verstoße weiterhin gegen Art. 3 GG. Andererseits hat das BVerfG in Rdnr. 89 der Entscheidung unter B. II. ausgeführt, die Verfassungswidrigkeit der Umgliederungsvorschriften hätte durch die unter B. I. 4 a (Rdnr. 60) durch das Gericht näher dargestellte gesetzgeberische Lösung vermieden werden können. Dort wird ausdrücklich die Vermeidung der Umgliederung nach § 36 Abs. 3 KStG a.F. als denkbarer Weg einer verfassungskonformen Regelung dargestellt.
89Der Gesetzgeber hat jedenfalls den Auftrag des BVerfG entsprechend verstanden (vgl. Gesetzesbegründung in Bundestags-Drucksache – BT-Drs. – 17/3549, Seite 26) und mit dem Jahressteuergesetz 2010 die hier zur Anwendung gebrachten Regelungen in das KStG eingefügt, um der Vorgabe des BVerfG zu genügen.
90Auch der BFH (Urteil vom 20. April 2011 I R 65/05, BFHE 234, 385, BStBl II 2011, 983) vertritt die Auffassung, das BVerfG habe die Verrechnung belasteter Eigenkapitalanteile mit originären, also nicht durch die Umgliederung entstandenen, negativen Beträgen des EK 02 nicht beanstandet und ist dementsprechend zu der Überzeugung gelangt, die Neuregelung sei verfassungsgemäß. Dem haben sich das Finanzgericht München (Urteil vom 13. November 2012 6 K 676/12, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2013, 398) und das Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 4. Juni 2014 6 K 1380/12, EFG 2014, 1710) angeschlossen, wobei das Finanzgericht Baden-Württemberg sich – entgegen der Auffassung der Klägerin – unter Punkt 2. der Entscheidungsgründe auch inhaltlich mit den tragenden Überlegungen des BVerfG und des BFH auseinandergesetzt hat.
91Auch in der Literatur (vgl. z.B. Dötsch/Krämer in Dötsch/Pung/Mühlenbrock, KStG, Stand August 2014, § 36 Rdnr. 28 ff.; Wingler in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, 2012, § 36 Rdnr. 5; Semmler/Jünger in Lademann, EStG/KStG, Stand Mai 2011, § 36 Rdnr. 9 b; Frotscher, KStG, Stand März 2011, § 36 Rdnr. 65; Bott in Ernst & Young, KStG, Stand Oktober 2011, § 36 Rdnr. 198; Thurmayer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand Februar 2013, § 36 KStG Rdnr. 6; Werning in Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand Oktober 2013, § 36 KStG Rdnr. 18) wird überwiegend die Auffassung vertreten, die gesetzliche Neuregelung setze die Entscheidung des BVerfG konsequent um.
92Das BVerfG habe insbesondere § 36 Abs. 4 KStG a.F. mit der Verrechnung der originären negativen Teilbeträge des unbelasteten Eigenkapitals nicht beanstandet, da der Gesetzgeber bei Schaffung der Übergangsregelungen typisierend davon ausgehen durfte, dass das originäre negative verwendbare Eigenkapital handelsrechtlich wie eine Ausschüttungssperre wirke und daher im Zeitpunkt des Systemwechsels eine vollständige Realisierung des Körperschaftsteuerminderungspotenzials durch Ausschüttung nicht möglich gewesen sei (vgl. z.B Werning a.a.O. § 36 KStG Rdnr. 18 m.w.N.).
93Der Senat stellt nicht in Abrede, dass auch eine andere Interpretation der Entscheidung des BVerfG möglich erscheint (so z.B. Holst/Nitzschke, Vernichtung von Körperschaftsteuerminderungspotenzial trotz der Neuregelung durch das JStG 2010, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2011, 1450; Binnewies in Streck, KStG, 8. Auflage, 2014, § 36 Rdnr. 39), er hält sie aber – insoweit in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung und der überwiegenden Auffassung in der Literatur – für nicht nahe liegend. Vielmehr sprechen die ausführlichen Darlegungen des BVerfG für das ganz überwiegende Verständnis der Entscheidung (nur) im Sinne eines Verbotes der Vernichtung von Körperschaftsteuerminderungspotenzial durch umgliederungsbedingt entstandenes negatives EK 02. Demgegenüber hat das BVerfG das der Systemumstellung zu Grunde liegende Modell der Fiktion einer Vollausschüttung ebenso wenig beanstandet wie die Anknüpfung des Erhalts des Körperschaftsteuerminderungsbetrages an die Frage, ob und in welchem Umfang negatives EK 02 vorlag (vgl. Rdnr. 74 der Entscheidung).
94Wenn aber im Regelfall das negative EK 02 wie eine handelsrechtliche Ausschüttungssperre wirkte, ist die Verrechnung des negativen EK 02 mit dem EK 45 grundsätzlich nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung der auch durch das BVerfG besonders hervorgehobenen Pauschalierungs- und Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers (vgl. Rdnr. 87 der Entscheidung) durfte dieser dann ggf. auch Einzelfälle, in denen trotz negativem EK 02 eine Ausschüttung möglich gewesen wäre, bei der Ausgestaltung des Übergangsrechtes unbeachtet lassen.
952. Das von der Klägerin erstrebte Ziel kann im Streitfall auch nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung (Reduktion) des § 34 Abs. 13 f i.V.m. § 36 Abs. 4 KStG n.F. erreicht werden. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin die von der Mindermeinung vertretene Auslegung der Entscheidung des BVerfG als zutreffend ansähe, lägen die Voraussetzungen für eine verfassungskonforme Reduktion nicht vor.
96Die verfassungskonforme Gesetzesauslegung gebietet es, bei mehreren Möglichkeiten der Normauslegung diejenige maßgeblich sein zu lassen, bei der die Regelung mit der Verfassung konform geht. Der Grundsatz verbindet somit die Normtextauslegung mit einer Normenkontrolle (BFH-Beschluss vom 10. April 2013 I R 80/12, BStBl II 2013, 1004 m.w.N.) und findet als Auslegungskriterium seine Grenze dort, wo er mit dem Wortlaut der Norm und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes in Widerspruch treten würde (BVerfG-Beschlüsse vom 27. März 2012 2 BvR 2258/09, BVerfGE 130, 372, unter B.II.1.c aa; in DStR 2013, 1228, unter D.I.). Im Wege der verfassungskonformen Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Vorschrift nicht grundlegend neu bestimmt und das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (BVerfG-Beschluss vom 26. April 1994 1 BvR 1299/89, 1 BvL 6/90, BVerfGE 90, 263, unter C.II.; BFH-Beschluss vom 15. Februar 2012 I B 7/11, BFHE 236, 444, BStBl II 2012, 751 unter II. 2. b.cc.). Besonderheiten können sich nach der Rechtsprechung des BFH aber bei zu weit geratenen und damit verdeckt lückenhaften Überleitungsbestimmungen ergeben, die auch Sachverhaltskonstellationen erfassen, für die der Gesetzgeber, hätte er sie bedacht, zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung eine besondere Anwendungsregelung getroffen hätte (BFH, BStBl II 2012, 751 m.w.N.).
97Danach scheidet im Streitfall eine Reduktion durch verfassungskonforme Auslegung des § 36 Abs. 4 KStG n.F. aus. Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Ausnahmen für dem Streitfall vergleichbare Fälle sind nicht vorgesehen.
98Der Wortlaut entspricht auch dem gesetzgeberischen Willen. Die Neuregelung des § 34 Abs. 13f KStG ist mit der Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2010 (vgl. BT-Drs. 17/2249) in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden (vgl. BT-Drs. 17/2823, Seite 23 bis 25; Zustimmung der Bundesregierung auf Seite 39). Wie auch in der späteren Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3549, Seite 26) wird ausgeführt, das BVerfG habe beanstandet, dass die Umgliederung des zum Zeitpunkt des Systemwechsels mit 45 % belasteten Eigenkapitals (EK 45) in mit 40 % belastetes Eigenkapital (EK 40) und unbelastetes Eigenkapital (EK 02) für diejenigen Unternehmen zu einem Wegfall von Körperschaftsteuerminderungspotenzial führen könne, die nur über einen geringen oder keinen Bestand an EK 02 verfügten. … Durch die Streichung des § 36 Abs. 3 KStG werde auf die beanstandete Umgliederung generell verzichtet. …
99Die dokumentierten Materialien zum Gesetzgebungsverfahren machen deutlich, wie der Gesetzgeber die Entscheidung des BVerfG verstanden hat sowie welche gesetzlichen Änderungen er zur Beseitigung des verfassungswidrigen Zustandes für erforderlich ansah und auch vornehmen wollte. Anhaltspunkte für eine verdeckte Lückenhaftigkeit der geänderten Übergangsregelung sieht der erkennende Senat unter Berücksichtigung des dokumentierten Verständnisses der Entscheidung des BVerfG, das – wie oben dargelegt – von der überwiegenden Literatur geteilt wird, und der dazu folgerichtigen Gesetzesänderung nicht.
100Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.
101Der Beklagte hat auf den entsprechenden Antrag der Klägerin durch den geänderten Bescheid gemäß § 36 Abs. 7 KStG und die darin vorgenommene Feststellung des EK 45 die Voraussetzungen für ein ca. ... € höheres Körperschaftsteuerguthaben geschaffen. Dies entspricht bezogen auf das Begehren auf geänderte Feststellung der Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals einem Obsiegen von ca. 15 %. Unter Berücksichtigung der weiteren insgesamt erfolglosen Begehren der Klägerin hinsichtlich der Körperschaftsteuer, der Gewerbesteuermessbeträge und der verschiedenen Verlustfeststellungen sinkt die Obsiegensquote auf ca. 5 %. Unter Berücksichtigung des hohen Gesamtstreitwertes ist von der Auferlegung der Gesamtkosten gemäß § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO trotz der geringen Obsiegensquote und der Tatsache, dass der Beklagte dem Begehren insoweit nach – erstmaliger – Rüge der Klägerin sofort abgeholfen hat, abzusehen.
102Die Revision war ausschließlich hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Umgliederungsvorschriften und damit nur hinsichtlich der Entscheidung zur Feststellung der Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals nach § 36 Abs. 7 KStG nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
103Hinsichtlich der Frage der Aufzinsung handelt es sich um die Entscheidung über einen Einzelfall unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, insbesondere auch der Entscheidung des BFH zu der Frage der Abzinsung der – hier erneut streitgegenständlichen – Darlehen im Jahr 1999. Insoweit war hinsichtlich aller Streitgegenstände mit Ausnahme der Feststellung gemäß § 36 Abs. 7 KStG die Revision nicht zuzulassen.
104Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.