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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.645 € festgesetzt.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Vorsteuervergütung hat. Dabei ist insbesondere streitig, ob die eingescannten Originalrechnungen innerhalb der Antragsfrist einzureichen waren.
3Der Kläger ist ein in Polen ansässiges Unternehmen.
4Am 30. März 2011 (Eingangsdatum) stellte er einen Antrag auf Vorsteuervergütung gemäß § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59- 61a UStDV für den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 i.H.v. 2.983,55 €.
5Mit Bescheid vom 19. Juni 2012 wurde die Vorsteuervergütung i.H.v. 337,82 € festgesetzt. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Rechnungen nicht elektronisch übermittelt worden seien. Die Rechnungen, aus denen die Vorsteuervergütung abgelehnt wurde, betrafen den Erwerb von Kraftstoff und beliefen sich jeweils auf einen Rechnungsbetrag, der 250,- € überstieg.
6Hiergegen legte der Kläger am 26. Juni 2012 Einspruch ein und reichte zeitgleich Kopien der Rechnungen in Papierform ein.
7Mit E-Mail vom 7. August 2012 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass dem Einspruch nicht abgeholfen werden könne, weil es sich bei den eingereichten Rechnungen nicht um elektronisch übermittelte Originalrechnungen handeln würde. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO würden nicht vorliegen.
8Am 10. August 2012 reichte der Kläger per E-Mail die streitigen Rechnungen eingescannt in elektronischer Form ein. Gleichzeitig berief er sich auf Art. 19 und Art. 20 der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008. Er trägt vor, dass er den Antrag am 24. März 2011 verschickt habe und dieser dem Beklagten am 30. März 2011 zugegangen sei. Er habe am 19. Juni 2011 den ablehnenden Bescheid erhalten. Vorher habe er keine Informationen dazu bekommen, dass er den Antrag durch elektronische Übersendung der Originalrechnungen ergänzen solle. Er habe den Einspruch und die fehlenden Rechnungen per Post am 21. Juni 2012 eingereicht. Der Beklagte habe am 7. August 2012 darauf hingewiesen, dass der Einspruch abzulehnen sei. Er, der Kläger, habe auf die Entscheidung des Beklagten 14 Monate gewartet. Er arbeite auch mit anderen Mitgliedstaaten zusammen, aber solche Schwierigkeiten seien erstmals entstanden. Er sei mit der Entscheidung des Beklagten nicht einverstanden. Er habe Termine eingehalten.
9Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2012 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
10Zur Begründung seiner hiergegen fristgemäß erhobenen Klage beruft sich der Kläger auf Art. 19 und 20 der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008. Er trägt vor, dass er vor Ergehen des abschlägigen Bescheides nicht über alle Informationen zum Ausfüllen des Antrags verfügt habe. Der abschlägige Bescheid sei erst am 19. Juni 2012 ergangen, also erst 16 Monaten nach Antragstellung.
11Gemäß der Rechtsbehelfsbelehrung des Vergütungsbescheides könne ein Einspruch per Post oder per E-Mail eingereicht werden. Er habe den Einspruch per Post eingelegt und mit diesem Einspruch die abgelehnten Rechnungen in Papierform eingereicht. Nach dem Hinweis des Beklagten vom 7. August 2012 habe er die eingescannten Rechnungen per E-Mail an den Beklagten übersandt.
12Soweit der Beklagte einwende, dass die Rechnungen in elektronischer Form verspätet vorgelegt worden seien, sei dem entgegenzuhalten, dass in dem Vergütungsbescheid angegeben gewesen sei, dass der Einspruch per Post oder per E-Mail eingelegt werden könne.
13Er, der Kläger, habe alle Fristen eingehalten.
14Der Beklagte habe auch erst 14 Monate nach Antragseingang ein Hinweisschreiben übersandt. Dieser Zeitraum sei sehr lang. Mit anderen EU-Mitgliedstaaten habe er andere Erfahrungen gemacht. Andere EU-Mitgliedstaaten würden fehlende Rechnungen elektronisch oder in Papierform per Post anfordern.
15Der Kläger beantragt,
16den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 19. Juni 2012 und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2012 zu verpflichten, die Vorsteuervergütung für den Zeitraum Januar bis Dezember 2010 um 2.645,73 € zu erhöhen und damit auf insgesamt 2.983,55 € festzusetzen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Der Beklagte trägt vor, dass die Vorsteuervergütung zu versagen sei, da der Kläger innerhalb der Antragsfrist keine Rechnungskopien vorgelegt habe.
20Durch Artikel 10 der Richtlinie 2008/9/EG (11. Richtlinie) werde den nationalen Gesetzgebern die Ermächtigungsgrundlage eingeräumt, die Vorlage von Rechnungen auf elektronischem Wege ab einem Betrag in Höhe von 1.000 €, bzw. bei Rechnungen über Kraftstoffe ab einer Höhe von 250 € zusammen mit dem Vergütungsantrag zu verlangen. Das insoweit eingeräumte Ermessen über die Festschreibung der Pflicht zur Vorlage der Rechnungen habe der deutsche Gesetzgeber durch § 18 Abs. 9 Satz 2 Nr. 4 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 UStDV zutreffend und entsprechend dem Wortlaut der EG- Richtlinie ausgeübt. Hierdurch sei richtlinienkonform verankert worden, dass sowohl der Vorsteuervergütungsantrag als auch die Rechnungen auf elektronischem Weg innerhalb der Antragsausschlussfrist bei ihm, dem Beklagten, vorliegen müssten.
21Gemäß Artikel 15 Abs. 1 der 11. Richtlinie, umgesetzt in § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV, müsse der Erstattungsantrag, und damit auch die Rechnungskopien, dem Mitgliedstaat, in dem der Steuerpflichtige ansässig sei, spätestens am 30. September des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahres vorliegen.
22Vorliegend habe die maßgebliche Ausschlussfrist am 30. September 2011 geendet. Ungeachtet dessen habe der Kläger die Rechnungen erst am 10. August 2012 in elektronischer Form eingereicht.
23Dass er, der Beklagte, die Frist nach Artikel 19 Abs. 2 der 11. Richtlinie versäumt habe, stehe dieser Beurteilung nicht entgegen. Innerhalb des in Artikel 19 Absatz 2 genannten Viermonatszeitraums könne er elektronisch zusätzliche Informationen anfordern, wenn er der Auffassung sei, dass er nicht über alle relevanten Informationen für die Entscheidung über eine vollständige oder teilweise Erstattung verfüge (Artikel 20 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9/EG). Konsequenz der Fristüberschreitung sei lediglich die Verzinsung des Erstattungsanspruchs (Artikel 26 i.V.m. Artikel 22 der 11. Richtlinie).
24Eine Nachanforderung nach Artikel 20 der Richtlinie sei zudem nicht vorgeschrieben, sondern liege in seinem Ermessen, da es sich insoweit um eine „Kann“-Vorschrift handele. Hieraus könne daher nicht abgeleitet werden, dass er verpflichtet sei, Belege anzufordern.
25Dem Kläger sei keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er habe die Monatsfrist des § 110 Abs. 2 AO versäumt. Diese habe am 23. Juli 2012 geendet, da sie mit der Bekanntgabe des Bescheids am 22. Juni 2012 begonnen habe
26Darüber hinaus habe der Kläger das Versäumen der Ausschlussfrist des § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV auch verschuldet. Als wirtschaftlich Tätigem sei es ihm zuzumuten gewesen, sich vorab zu informieren und dann die Rechnungen auf dem zutreffenden Wege einzureichen.
27Entscheidungsgründe
28Die Klage ist unbegründet.
29Der Vergütungsbescheid vom 19. Juni 2012 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 101 Satz 1 FGO). Die begehrte Vorsteuervergütung ist zu versagen, da es an der elektronischen Übermittlung der eingescannten Rechnungen an den Beklagten innerhalb der Antragsfrist mangelt.
30I. Gemäß § 18 Abs. 9 Satz 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV in der im Streitjahr gültigen Fassung ist der Vergütungsantrag eines im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers – wie im Streitfall der Kläger – binnen neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Der Unternehmer hat die Vergütung selbst zu berechnen (§ 18 Abs. 9 Satz 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 2 UStDV). Dem Vergütungsantrag sind auf elektronischem Weg die Rechnungen und Einfuhrbelege in Kopie beizufügen, wenn das Entgelt für den Umsatz oder die Einfuhr mindestens 1.000 €, bei Rechnungen über den Bezug von Kraftstoff mindestens 250 € beträgt (§ 18 Abs. 9 Satz 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV).
31Dieser Wortlaut kann nur dahingehend verstanden werden, dass die Rechnungen mit dem Antrag einzureichen sind. Denn sie sind ihm ausdrücklich „beizufügen“. Die Frist für die Antragseinreichung gilt damit folglich auch für die Einreichung der Rechnungen.
32Für ein solches Verständnis spricht auch der Zusammenhang von § 61 Abs. 2 Sätze 1 und 2 UStDV, die beide den Vergütungsantrag betreffen. Dies hat der BFH zur Vorgängerregelung dieser Norm auch schon bestätigt: § 18 Abs. 9 UStG a.F. sah in Satz 3 die Antragsfrist und in Satz 4 die eigene Berechnung sowie „Vorlage“ der Rechnungen vor (vgl. BFH-Urteile vom 18. Januar 2007 – V R 23/05, BFHE 217, 32, BStBl II 2007, 430; vom 14. Mai 2008 – XI R 58/06, BFHE 221, 505, BStBl II 2008, 831). Zwar hat der BFH u.a. darauf abgestellt, dass auch Satz 5 des § 18 Abs. 9 UStG a.F., der die Unterschrift des Antrags forderte, den Antrag betrifft und das Erfordernis der Einreichung der Originalrechnungen somit zwischen Sätzen eingebettet war, die den Antrag betrafen. Allerdings hat das Verständnis des BFH zur Einreichung der Originalrechnungen innerhalb der Antragsfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG a.F. auch für die neue Regelung des § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV Geltung. § 18 Abs. 9 Sätze 3 und 4 UStG a.F. entsprechen vom Regelungsgegenstand her dem § 61 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 UStDV n.F. Die Regelung des § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG a.F., die das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift vorsah, ist in § 61 Abs. 2 UStDV nicht übernommen worden, da diese bei einem Antrag in elektronischer Form naturgemäß nicht möglich ist. Dass die systematische „Einbettung“ des Erfordernisses der Rechnungseinreichung im alten Recht damit entfallen ist, findet seine Ursache folglich darin, dass mangels Papierantrages nicht mehr an dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift festgehalten wurde. Es ist nicht erkennbar, dass hierdurch die systematische Verbindung zwischen Antrag und Rechnungseinreichung aufgelöst werden sollte.
33Auch die Gesetzesmaterialien stützen dieses Verständnis. In den Gesetzesmaterialien werden die Unterschiede zwischen alter und neuer Regelung dargelegt. Soweit es um die Einreichung der Rechnungen geht, wird als Neuregelung lediglich hervorgehoben, dass nicht mehr die Originalrechnungen bzw. Einfuhrdokumente vorzulegen sind, da nunmehr auf elektronischem Wege Rechnungskopien einzureichen sind (vgl. BT-Drucks. 16/11108, Seite 40). Auch wird dargelegt, dass Rechnungen in Kopie auf elektronischem Wege dem Antrag nur beizufügen sind, wenn bestimmte Mindestbeträge überschritten werden (vgl. BT-Drucks. 16/11108, Seite 43). Im Umkehrschluss kann aus den vom Gesetzgeber dargelegten Änderungen durch das neue Vorsteuervergütungsverfahren geschlossen werden, dass das Erfordernis der Einreichung der Rechnungen zusammen mit dem Antrag innerhalb der Antragsfrist nicht entfallen ist, sondern sich insoweit nichts geändert hat.
34II. Diese Auslegung ist auch gemeinschaftsrechtlich geboten (vgl. zur richtlinienkonformen Auslegung der nationalen Vorschriften über das Vorsteuer-Vergütungsverfahren: BFH-Urteile vom 22. Mai 2003, V R 97/01, BFHE 203, 193, BStBl II 2003, 819; vom 22. Oktober 2003, V R 95/01, BFH/NV 2004, 828; vom 23. Oktober 2003, V R 48/01, BFHE 203, 531, BStBl II 2004, 196; vom 10. Februar 2005, V R 56/03, HFR 2005, 1208; vom 18. Januar 2007, V R 23/05, BFHE 217, 32, BStBl II 2007, 430).
35Nach Art. 10 der Richtlinie 2008/9/EG vom 12. Februar 2008 kann der Mitgliedstaat der Erstattung verlangen, dass der Antragsteller zusammen mit dem Erstattungsantrag auf elektronischem Wege eine Kopie der Rechnung oder des Einfuhrdokuments einreicht, falls sich die Steuerbemessungsgrundlage auf einer Rechnung oder einem Einfuhrdokument auf mindestens 1.000 €, im Falle von Rechnungen für Kraftstoff auf mindestens 250 € beläuft. Auch die EG-Richtlinie sieht damit die Einreichung der Rechnung zusammen mit dem Antrag vor. Der deutsche Gesetz- bzw. Normgeber hat diese optionalen Vorgabe in § 61 Abs. 2 Satz 3 UStDV übernommen.
36Der Erstattungsantrag muss dem Mitgliedstaat, in dem der Steuerpflichtige ansässig ist, nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/9/EG spätestens am 30. September des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahres vorliegen. Daraus folgt, dass auch die zusammen mit dem Antrag einzureichenden Rechnungen innerhalb dieser Frist einzureichen sind.
37Dem steht nicht entgegen, dass der Erstattungsantrag nach Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/9/EG nur dann als vorgelegt gilt, wenn der Antragsteller alle in den Artikeln 8, 9 und 11 geforderten Angaben gemacht hat. Hieraus ist nicht zu schließen, dass der Antrag auch ohne Beifügung der Rechnungen nach Art. 10 als vorgelegt gilt. Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/9/EG betrifft lediglich die Angaben im Antrag und stellt sicher, dass ein Vordruck, der nicht die genannten Angaben enthält, als nicht vorgelegt gilt. Nicht betroffen sind von dieser Regelung die Anlagen, zu denen auch die Rechnungen gehören.
38Nichts anderes ergibt sich auch aus Art. 20 Abs. 1, Unterabsatz 3 der Richtlinie 2008/9/EG. Hiernach können die innerhalb von vier Monaten ab Antragseingang angeforderten Informationen zwar die Einreichung des Originals oder der Durchschrift der einschlägigen Rechnung erfassen. Diese Regelung betrifft indes den Fall, dass der Mitgliedstaat der Erstattung begründete Zweifel am Bestehen einer Forderung hat. In diesem Fall kann die Einreichung des Originals oder der Durchschrift der Rechnung in Papierform verlangt werden. Hiervon bleibt die Pflicht zur Einreichung der Rechnungskopien zusammen mit dem Erstattungsantrag auf elektronischem Wege nach Art. 10 Satz 1 der Richtlinie 2008/9/EG unberührt.
39III. Der Kläger hat die Rechnungen auf elektronischem Wege erst nach Ablauf der Vorsteuervergütungsfrist und damit verspätet vorgelegt. Denn die Frist lief am 30. September 2011 ab. Eingereicht wurden die Rechnungen auf elektronischem Wege erst am 10. August 2012. Selbst die Rechnungen in Papier wurden am 26.Juni 2012 nach Ablauf der Frist vorgelegt.
40Damit wurden die Rechnungen verspätet eingereicht und finden keine Berücksichtigung. Denn die Vorsteuervergütungsfrist des § 18 Abs. 9 Satz 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV ist eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist.
41Die deutsche Regelung der Vergütungsfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 61 Abs. 2 Satz 1 UStDV als Ausschlussfrist basiert auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9/EG. Hiernach muss der Erstattungsantrag dem Mitgliedstaat, in dem der Steuerpflichtige ansässig ist, spätestens am 30. September des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahres vorliegen. Aus dem Begriff „spätestens“ ergibt sich, dass es sich um eine Ausschlussfrist handelt (so zu Art. 7 Abs. 1, Unterabsatz 1, letzter Satz der Achten EG-Richtlinie: EuGH, Urteil vom 21. Juni 2012, C-294/11 – Elsacom, Abl EU 2012, Nr. C 250, 8; DStR 2012, 1272; vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. Januar 2014 – XI B 11/13, abrufbar über Juris; vom 14. Dezember 2012 – V B 19/12, BFH/NV 2013, 602; vom 14. Dezember 2012 – V B 20/12, BFH/NV 2013, 996; vom 24. Juli 2012 – V B 76/11, BFH/NV 2012, 1840; Urteil vom 21. Oktober 1999, V R 76/98, BStBl II 2000, 214 - es ist nicht ersichtlich, dass sich im Verhältnis zur neuen Regelung des Art. 15 hieran etwas geändert hat, zumal auch Art. 15 die Frist mit dem Begriff „spätestens“ regelt).
42IV. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es für die Prüfung der fristgemäßen Einreichung der Rechnungen unerheblich, dass der Beklagte nicht binnen vier Monaten nach Antragseingang die fehlenden Rechnungen nach Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2008/9/EG beim Kläger angefordert hat. Hierbei handelt es sich lediglich um eine „kann“-Vorschrift. Ein Ermessensfehlgebrauch des Beklagten ist insoweit nicht ersichtlich. Außerdem sieht Art. 20 Abs. 1 als Rechtsfolge eines vermeintlichen Verstoßes durch den Beklagten nicht vor, dass verspätet eingereichte Rechnungen als fristgemäß eingegangen gelten oder eine entsprechende Fristversäumnis unbeachtlich wäre.
43Der Kläger überzeugt auch nicht mit dem Einwand, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des Vergütungsbescheides vorsehe, dass ein Einspruch per Post oder per E-Mail eingereicht werden könne. Denn diese Belehrung ist zeitlich erst nach der Einreichung des Antrags ergangen und betrifft nur die Form der Einlegung des Einspruchs. Die Verfahrens- und Formvorschriften der Vorsteuervergütung werden hiervon nicht berührt.
44V. Dem Kläger ist für die Einreichung der Rechnungen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO zu gewähren.
451. War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Satz 3 AO).
462. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
47a. Der Kläger hat die Monatsfrist nach § 110 Abs. 2 Satz 1 AO versäumt. Das Hindernis – die Unkenntnis von dem Erfordernis der Einreichung der Rechnungen (auf elektronischem Wege) – ist mit dem Zugang des Vergütungsbescheides vom 19. Juni 2012 entfallen. Denn dieser Bescheid enthielt den Hinweis darauf, dass die Rechnungen nicht elektronisch übermittelt worden seien und deshalb der Antrag teilweise abzulehnen sei.
48Der Bescheid war an den Kläger mit Sitz in Polen adressiert, so dass der Zugangszeitpunkt zwar grundsätzlich nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 AO vermutet wird. Da der Kläger indes bereits am 26. Juni 2012 Einspruch gegen den Bescheid eingelegt hat, ist ihm der Bescheid auch spätestens an diesem Tag zugegangen. Die Monatsfrist des § 110 Abs. 2 Satz 1 AO lief damit am 26. Juli 2012 ab. Innerhalb dieser Frist hat der Kläger keinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Auch hat er innerhalb dieser Frist nicht die versäumte Handlung durch Übermittlung der Rechnungen auf elektronischem Wege nachgeholt.
49b. Darüber hinaus war die Fristversäumnis auch nicht unverschuldet.
50Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinderndes Verschulden ist bereits im Falle leichter Fahrlässigkeit anzunehmen (BFH-Beschluss vom 17. September 2007 – I B 74/07, abrufbar über Juris; Beschluss vom 17. Februar 2010 – I R 38/09, BFH/NV 2010, 1283). Jedes Verschulden - also auch eine einfache Fahrlässigkeit - schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2003 – XI B 181/01, BFH/NV 2004, 526). Ohne Verschulden verhindert ist jemand daher nur dann, wenn er die für einen gewissenhaft und sachgemäß handelnden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den Umständen zumutbare Sorgfalt beachtet hat (BFH-Urteil vom 29. Februar 2012 – IX R 3/11, BFH/NV 2012, 915 m.w.N.; Beschluss vom 17. Februar 2010 – I R 38/09, BFH/NV 2010, 1283).
51Im Streitfall macht der Kläger geltend, dass die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vorsehe, dass der Einspruch schriftlich oder per E-Mail eingelegt werden könne. Er habe innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist den Einspruch schriftlich eingelegt und zu dessen Begründung die Rechnungen in Papierform beigefügt.
52Mit diesem Einwand hat der Kläger nicht dargelegt, aus welchem Grund er seinem Antrag nicht im Zeitpunkt der Einreichung die Originalrechnungen in elektronischer Form beigefügt hat.
53Ungeachtet dessen hat der Kläger nach seinem Vortrag aber auch fahrlässig gehandelt. Im Bescheid war er auf das Erfordernis hingewiesen worden, dass die Rechnungen in elektronischer Form einzureichen sind. Wenn er die Rechtsbehelfsbelehrung zur Einlegung des Einspruchs dahingehend verstanden haben wollte, dass er dann auch die Rechnungen per Post einreichen dürfe, hätte er die einem gewissenhaft und sachgemäß handelnden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den Umständen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen. Denn zu einem solchen Verständnis gab die Rechtsbehelfsbelehrung – bei gewissenhafter und sachgemäßer Beachtung – keinen Anlass. Diese betrifft nur die Einlegung des Einspruchs. Die Voraussetzungen der Vorsteuervergütung bleiben hiervon unberührt.
54VI. Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
55Er hat die Monatsfrist nach § 110 Abs. 2 Satz 1 AO nicht schuldlos versäumt. Ihm ist deshalb im Hinblick hierauf keine Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
56Mit dem Zugang des Vergütungsbescheides hatte der Kläger Kenntnis davon, dass die Rechnungen zum Antrag auf elektronischem Wege zu übermitteln sind. Ab diesem Zeitpunkt lief die einmonatige Wiedereinsetzungsfrist. Diese Frist hat der Kläger indes nicht schuldlos versäumt. Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass er angesichts der Rechtsbehelfsbelehrung davon ausgehen durfte, dass die Rechnungen in Papierform eingereicht werden dürften und dass er deshalb die ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Bescheides beginnende Frist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht genutzt habe. Denn – wie zuvor dargelegt – gab die Rechtsbehelfsbelehrung – bei gewissenhafter und sachgemäßer Beachtung – hierzu keinen Anlass.
57VII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
58VIII. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 GKG.