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Der Bescheid vom 3.4.2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.11.2008 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Verluste der Klägerin (Klin.) dem Verlustausgleichsverbot nach § 15b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen.
3Die Klin. wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 13.11.2006 gegründet. Einziger Kommanditist ist seit der Gründung der Beigeladene (Beigel.) mit einem Kommanditanteil in Höhe von 135.000,- EUR. Die ursprüngliche Komplementärin, die J Geschäftsführungs-GmbH (im Folgenden: GmbH), war nicht am Kapital der Klin. beteiligt. Der GmbH oblag gemäß § 4 Abs. 1 des Gesellschafsvertrages (im Folgenden: GV) die Geschäftsführung der Klin. Der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurfte es nach § 4 Abs. 2 GV nur für Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, darunter Investitionen, die den Betrag von 25.000,- EUR pro Wirtschaftsgut übersteigen (§ 4 Abs. 2 Buchst. g) GV). Gegenstand des Unternehmens der Klin. ist laut § 2 Abs. 1 GV der Handel, die Vermietung und das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Die GmbH erhielt für Vorlaufkosten gemäß Investitionsplan eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000,- EUR, eine jährliche Haftungsvergütung von 4.000,- EUR sowie Ersatz ihrer Aufwendungen (§ 9 Abs. 2 GV). Nach § 15 GV ist die GmbH zuständig für die Aufnahme neuer Gesellschafter. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den GV Bezug genommen.
4Der Gesellschaftsgründung lag ein "Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft" zugrunde, das seitens der Initiatoren der Komplementärin für J-Rendite-Leasinggesellschaften herausgegeben worden war. Das Konzeptpapier enthält Investitions- und Finanzierungsplanungen sowie eine Ertragsplanung, die bei einer Investition in Höhe von 320.000,- EUR in einem Zeitraum von acht Jahren (Jahre 1 bis 8 bzw. 2007 bis 2014) zu einem Gesamtüberschuss in Höhe von 71.038,- EUR führt. Bereits ab dem Investitionsjahr (Jahr 1) sollen danach positive Jahresergebnisse erzielt werden. Die Berechnung enthält die Ergebnisse vor Steuern. Steuerliche Hinweise enthält das Konzeptpapier nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das in den Steuerakten (Vertragsakte) befindliche Konzeptpapier Bezug genommen. Aufgrund dieses Konzeptpapiers wurden neben der Klin. auch weitere Kommanditgesellschaften gegründet.
5Die Klin. reichte am 24.8.2007 eine Feststellungserklärung und am 6.9.2007 eine berichtigte Feststellungserklärung für das Streitjahr 2006 ein. In der berichtigten Erklärung gab sie einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 115.284,25 EUR an, wobei ein Gewinnanteil in Höhe von 20.000,- EUR auf die GmbH und ein Verlustanteil in Höhe von 135.284,25 EUR auf den (Beigel.) entfallen sollte.
6Der Beklagte (Bekl.) erließ am 3.4.2008 einen Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, den er mit einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 verband. Die Einkünfte der Klin. aus Gewerbebetrieb stellte er mit -1.284,25 EUR fest. Dabei versagte er die Anerkennung der Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG in Höhe von 114.000,- EUR, die die Klin. in ihrer Gewinnermittlung gebildet hatte. Die Einkünfte wurden in Höhe von +20.000,- EUR der GmbH und in Höhe von -21.284,25 EUR dem Beigel. zugerechnet. In gleicher Höhe wurde ein verrechenbarer Verlust nach § 15b EStG festgestellt, da es sich bei der Klin. um ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG handele.
7Gegen beide Bescheide legte die Klin. am 10.4.2008 Einsprüche ein. Im Hinblick auf die Feststellung nach § 15b Abs. 4 EStG vertrat sie die Ansicht, dass sie kein Steuerstundungsmodell betreibe, da der Beigel. die Geschäftsführung maßgeblich beeinflusse, während die Funktion der GmbH im Wesentlichen auf die formelle Verwaltung begrenzt sei. Eine modellhafte Gestaltung liege nicht vor, weil keine Zusatz- und Nebenleistungen angeboten würden, die zu sofort abziehbarem Aufwand führten. Die Erzielung steuerlicher Vorteile in Form von negativen Einkünften sei nicht Gegenstand des Konzepts. Überdies sei die Vorschrift des § 15b EStG offenkundig verfassungswidrig, da sie gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, GG) und gegen das Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) verstoße.
8Mit Einspruchsentscheidung vom 10.11.2008 wies der Bekl. die Einsprüche als unbegründet zurück. Da es sich bei den von der Klin. geplanten Geschäften um die Anschaffung von mobilen Leasinggegenständen gehandelt habe, die jeweils die Investitionssumme von 25.000,- EUR nicht überschritten hätten, sei eine Einflussnahme des Kommanditisten auf die Geschäftsführung faktisch nicht gegeben gewesen. Es sollten Steuervorteile in Form von negativen Einkünften durch Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG erzielt werden. Hierfür sei nicht erforderlich, dass sich dies unmittelbar aus dem Konzeptionspapier ergebe. Die Ertragsplanung sei unvollständig, weil das Investitionsjahr 0 offensichtlich deshalb nicht ausgewiesen worden sei, um nicht auf den ersten Blick deutlich werden zu lassen, dass Steuervorteile durch eine Ansparrücklage erzielt werden sollten. Derartige Rückstellungen seien jedoch von nahezu allen J-Gesellschaften gebildet worden.
9Die Klin. hat am 8.12.2008 Klage gegen beide Bescheide erhoben.
10Entgegen der Regelung in § 4 Abs. 2 Buchstabe g) GV hätten nicht nur Investitionen über 25.000,- EUR der Zustimmung der Gesellschafterversammlung unterlegen, sondern alle Investitionen. Hierzu legt die Klin. zwei ausschließlich vom Beigel. unterzeichnete Gesellschafterbeschlüsse vom 20.12.2006 und vom 17.4.2007 vor, die eine Aufteilung der Investitionen für 2007 in Höhe von 150.000,- EUR auf verschiedene Leasinggüter bzw. eine Erhöhung der Investitionssumme für 2007 auf 300.000,- EUR enthalten. Da der Beigel. alle Investitionsentscheidungen selbst getroffen habe, handele es sich bei der Klin. nicht um einen sog. Blind Pool. Von der in § 15 GV geregelten Möglichkeit, neue Gesellschafter aufzunehmen, habe die GmbH nie Gebrauch gemacht.
11Die Investitionsentscheidung des Beigel. sei nicht auf Steuerersparnis, sondern auf Zusatzeinkünfte zur ergänzenden Altersvorsorge gerichtet gewesen. Hierzu legt die Klin. eine Renditeberechnung des Vermögensberaters des Beigel. vor. Auf die genannten Unterlagen (Bl. 100-102 GA) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
12Selbst wenn von einem Steuerstundungsmodell auszugehen sein sollte, wären die Verluste gleichwohl zu berücksichtigen, da die prognostizierten Verluste geringer als 10% des aufzubringenden Kapitals gewesen seien (§ 15b Abs. 3 EStG). Die Bildung einer Ansparrücklage sei nicht Gegenstand des Konzepts gewesen, da sie weder im Prospekt der J Rendite Leasing noch in der Berechnung des Vermögensberaters des Beigel. enthalten sei. Im Übrigen seien die Aussagen in den Prospekten unerheblich, da diese dem Beigel. nicht bekannt gewesen seien.
13Sofern davon auszugehen sei, dass mit der Ansparrücklage eine Steuerstundung erzielt worden sei, wäre diese von § 15b EStG ausgenommen, da § 7g EStG mit der Verzinsung in Höhe von 6% pro Jahr selbst eine Sanktionierung einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme der Rücklage vornehme.
14Der Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot ergebe sich aus den im Gesetz verwendeten unbestimmten Begriffen "Einkunftsquelle", "Steuerstundungsmodell", "modellhafte Gestaltung" und "vorgefertigtes Konzept".
15Nachdem die Klin. ihre Klage gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für 2006 mit Schriftsatz vom 27.11.2009 zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,
16den Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Verlusten im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell vom 3.4.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.11.2008 aufzuheben,
17hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
18Der Bekl. beantragt,
19die Klage abzuweisen,
20hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
21Er verweist auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass für die Beurteilung der Modellhaftigkeit im Streitfall eine Vielzahl nach gleicher Grundkonzeption aufgelegter Kommanditgesellschaften heranzuziehen sei, die von denselben Initiatoren am Kapitalmarkt angeboten worden seien. Dabei sei zwischen dem Modell der J-Rendite-Leasinggesellschaften, zu denen auch die Klin. gehöre, und einem früheren Modell der J-Leasingfondsgesellschaften unterschieden worden. Anders als in dem im Streitfall zugrunde liegenden Konzept für Rendite-Leasinggesellschaften seien in den Prospekten der Leasingfondsgesellschaften steuerliche Vorteile in Form von negativen Einkünften enthalten gewesen. Auch sei das Investitionsjahr 0 und damit eine Ansparabschreibung berücksichtigt worden. Ausführungen zur Unternehmerstellung des Kommanditisten hätten sich dagegen nicht in den Prospekten der Leasingfondsgesellschaften befunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das vom Bekl. eingereichte Prospekt zu J-Leasingfondsgesellschaften (Bl. 158-180 GA) Bezug genommen. Die erfolgten Modifikationen in dem Verkaufsprospekt für J-Rendite-Leasinggesellschaften hätten offensichtlich dem Zweck gedient, die Anwendung des seit dem 11.11.2005 geltenden § 15b EStG zu umgehen und den beabsichtigten Steuerstundungseffekt zu verschleiern. Hierfür spreche auch die Aussage des Zeugen E durch die Staatsanwaltschaft C im Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der GmbH (Bl. 136-142 GA). Tatsächlich seien in nahezu allen dem Bekl. bekannten Fällen im Gründungsjahr Ansparabschreibungen gebildet worden. Es sei auch unter Verwendung eines geänderten Prospekts möglich gewesen, "auf anderem Wege" mit der Steuerersparnis durch Inanspruchnahme des § 7g EStG zu werben. Da die Tätigkeiten der Initiatoren praktisch unverändert fortgesetzt worden seien, seien "Modifikationen auf dem Papier" unbeachtlich.
22Für die Beurteilung der Modellhaftigkeit sei es ohne Bedeutung, dass der Beigel. selbst die absolute Höhe der Investitionen und der Verteilung auf Investitionsgüter selbst vorgenommen habe, da ihm seitens der Initiatoren vielfältige Leistungen zur Verfügung gestellt werden sollten (z.B. Know-how und Geschäftsverbindungen im Bereich des Leasings, Akquisition und Finanzierung der Wirtschaftsgüter und Verwaltung der Leasingverträge). Gegen die Annahme einer Einflussnahme des Kommanditisten auf die Geschäftsführung spreche auch die Regelung in § 15 GV, wonach die GmbH für die Aufnahme neuer Gesellschafter zuständig war. Dass die Initiatoren selbst von einem Blind-Pool-Konzept ausgegangen seien, ergebe sich aus Seite 20 des Prospekts der J-Rendite-Leasinggesellschaften.
23Da für die 10%-Grenze (§ 15b Abs. 3 EStG) die prognostizierten und nicht die tatsächlichen Verluste maßgeblich seien, sei es unerheblich, dass die Voraussetzungen für die Ansparabschreibung nach § 7g EStG letztlich nicht erfüllt worden seien.
24Ohne Belang sei es, aufgrund welcher Vorschrift die Verluste erzielt worden seien. Auch § 7g EStG sei einzubeziehen.
25Hierauf erwidert die Klin., dass das vom Bekl. zitierte Prospekt der J-Leasingfondsgesellschaften nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei. Das im Streitfall einschlägige Konzeptpapier der J-Rendite-Leasinggesellschaften enthalte dagegen keine Hinweise auf steuerliche Gestaltungen. Die Klin. könne nicht beurteilen, ob es zutreffend ist, dass in allen anderen Fällen ebenfalls Ansparrücklagen gebildet wurden. Die Argumentation des Bekl., § 15b EStG finde Anwendung, weil die J-Rendite-Leasinggesellschaften mit der Absicht errichtet worden seien, nicht in den Anwendungsbereich des § 15b EStG zu fallen, entbehre einer gesetzlichen Grundlage.
26Der Beigel. hat keinen Antrag gestellt.
27Der Austritt der bisherigen Komplementärin aus der Klin. und der Eintritt der F Geschäftsführungs-GmbH als neue Komplementärin wurde am 9.3.2009 in das Handelsregister eingetragen.
28Am 29.10.2009 ist die Sache vor dem Berichterstatter erörtert worden. Am 8.11.2010 hat eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Auf die Sitzungsprotokolle wird Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die Klage ist zulässig und begründet.
31Der Senat entscheidet in der Sache ohne Beiladung der ausgeschiedenen Komplementärin. Insoweit liegen die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vor. Da der GmbH durch den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte ein Gewinn in Höhe von 20.000,- EUR zugerechnet wurde, ist sie vom klagegegenständlichen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG nicht betroffen.
32Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG vom 3.4.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.11.2008 ist rechtswidrig und verletzt die Klin. in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bekl. hat den auf den Beigel. entfallenden Verlust zu Unrecht als nur verrechenbaren Verlust festgestellt.
33Gemäß § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG ist der nach Abs. 1 dieser Vorschrift nicht ausgleichsfähige Verlust jährlich gesondert festzustellen. Diese Feststellung ist einheitlich durchzuführen, wenn es sich bei dem Steuerstundungsmodell um eine Gesellschaft i. S. v. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO handelt und die Feststellung mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte verbunden wird (§ 15b Abs. 4 Satz 5, 2. Halbsatz EStG). Nach § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Ein Steuerstundungsmodell in diesem Sinne liegt vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen (§ 15b Abs. 2 EStG).
34Im Streitfall sprechen zwar erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das Konzeptpapier zu J Rendite Leasing ein vorgefertigtes Konzept und damit eine modellhafte Gestaltung darstellt, denn nach diesem Konzeptpapier wurden von denselben Initiatoren zahlreiche gleichartige Gesellschaften gegründet und betrieben. Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben, da nicht zur Überzeugung des Senats feststeht, dass durch dieses Konzept die Möglichkeit geboten werden sollte, negative Einkünfte zu erzielen.
35Da typische Anlaufverluste in der Existenzgründungsphase nicht unter § 15b EStG fallen (Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, BT-Drucksache 16/107 vom 29.11.2005 S. 6; BMF-Schreiben vom 17.7.2007, BStBl I 2007, 542 Tz. 1; Seeger in Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 15b Rn. 2), führen die Umstände, dass die GmbH gemäß § 9 Abs. 2 des GV eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000,- EUR, eine jährliche Vergütung in Höhe von 4.000,- EUR und Auslagenersatz erhält sowie die sonstigen, mit der Gründung der Klin. im Streitjahr im Zusammenhang stehenden Aufwendungen, nicht zur Erzielung steuerlicher Vorteile i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG.
36Die von der Klin. ursprünglich beantragte Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG führt ebenfalls nicht dazu, dass steuerliche Vorteile in Aussicht gestellt wurden. Das Konzeptpapier für J-Rendite-Leasinggesellschaften, das der Gründung der Klin. zugrunde lag, enthält in der Ertragsberechnung keine Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage. Im Konzeptpapier werden steuerliche Aspekte gar nicht angesprochen. Vielmehr sollten danach ab dem Investitionsjahr positive Einkünfte erzielt werden. Dass ein anderes - offenbar älteres - Konzeptpapier derselben Initiatoren für J-Leasingfondsgesellschaften Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthält, lässt nicht ohne weitere Anhaltspunkte den Schluss zu, dass diese Hinweise auf das im Streitfall gewählte Anlagemodell übertragbar sind. Entgegen der Ansicht des Bekl. ist es nicht schädlich, dass die Initiatoren als Reaktion auf die Einführung der gesetzlichen Regelung ein Konzept entwickelt haben, das die Voraussetzungen für ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG gerade nicht erfüllt (so auch FG Münster, Beschluss vom 5.8.2010 5 V 1142/10 F, StE 2010, 631). Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine möglichst geringe steuerliche Belastung ergibt (z. B. BFH-Urteil vom 17.3.2010 IV R 25/08, BStBl II 2010, 622; BFH-Beschluss v. 29.11.1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272, unter C. III. der Gründe).
37Weitere Anhaltspunkte dafür, dass durch das Konzept der J-Rendite-Leasinggesellschaften die Möglichkeit geboten werden sollte, negative Einkünfte zu erzielen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht erklärlich, wie für ein Konzept, das mit Steuervorteilen in Form von negativen Einkünften wirbt, Anleger gefunden werden sollen, wenn im Vermarktungsprospekt steuerliche Folgen gerade nicht angesprochen werden. Hierzu hätte es weiterer Vermarktungsinstrumente bedurft, die im Streitfall nicht erkennbar sind.
38Es besteht auch kein Anscheinsbeweis dahingehend, dass bei der Gründung einer Vielzahl gleichartiger Gesellschaften mit nur einem oder wenigen Kommanditisten nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass die Investition zur Erlangung steuerlicher Vorteile getätigt worden ist. Vielmehr ist nach den allgemeinen Regeln über die Darlegungs- und Feststellungslast zu entscheiden, die für die Voraussetzungen des § 15b EStG das Finanzamt trägt, da es sich um eine Verlustausgleichsbeschränkung und damit um eine steuererhöhende Vorschrift handelt.
39Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b Abs. 2 EStG nicht vorliegen, muss der Senat nicht auf die von der Klin. angesprochene Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift eingehen (so auch BFH-Beschluss vom 8.4.2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437).
40Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1 und 139 Abs. 4 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
41Die Revision wird wegen besonderer Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da das streitige Modell eine Vielzahl von Fällen betrifft und zur Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b EStG - insbesondere zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anscheinsbeweis vorliegt - eine höchstrichterliche Klärung geboten ist.