Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Der Angeklagte wird wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Es wird festgestellt, dass gegen den Angeklagten wegen eines Geldbetrages von 139.690,33 € lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt wird, weil Ansrüche Verletzter entgegenstehen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften: §§ 240, 22, 23, 52, 73, 73a StGB; 111i Abs. 2 S.1, 3 StO, 370 Abs.1 Nr.2, Abs.2, 149, 150 AO, § 18 Abs.1 Nr.1 EStG
Gründe:
2I.
3Der Angeklagte wurde am 29.10.1969 in S - jetzt E - geboren und wuchs als Einzelkind im elterlichen Haushalt auf. Nach Abschluss der Grundschule besuchte er ein Gymnasium in E und erlangte dort im Jahre 1989 die allgemeine Hochschulreife. Anschließend leistete er seinen Grundwehrdienst in D. Zum Wintersemester 1990/91 nahm er das Studium der Rechtswissenschaften an der RuhrUniversität Bochum auf und schloss dieses nach 14 Semestern im Jahre 1998 mit dem ersten juristischen Staatexamen ab. Während einer 10-monatigen Wartezeit auf die Einstellung zum Referendardienst arbeitete er als Sachbearbeiter in der Leistungsabteilung des Arbeitsamtes E. Anschließend begann er den Referendardienst beim Landgericht Duisburg und schloss diesen im Jahre 2001 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen ab. Direkt im Anschluss an das zweite juristische Staatsexamen fand er eine Anstellung als Einzelprokurist und Syndikus bei der Firma A GmbH in N. Dort arbeitete er, bis die A das Arbeitsverhältnis aufgrund der Vorwürfe in diesem Verfahren zu Ende April 2010 kündigte und verdiente monatlich etwa 7.000,00 € brutto. Nach der Kündigung war er zunächst für 10 Monate arbeitslos. Anfang März 2011 fand er dann eine Anstellung als Justiziar bei einer Firma aus dem Bereich der erneuerbaren Energien in S. Dieses Arbeitsverhältnis wurde von dem Arbeitsgeber zum 30.06.2012 aufgrund interner Umstrukturierungen gekündigt. Derzeit ist der Angeklagte arbeitslos und bezieht Arbeitslosengeld I in Höhe von ca. 2.240,00 €.
4Er ist seit dem Jahre 2001 verheiratet und hat zusammen mit seiner Ehefrau zwei Kinder, die im Jahre 2001 und 2004 geboren wurden. Er lebt von seiner Ehefrau getrennt, wohnt aber noch in der gemeinsamen Mietwohnung in L. Seine Frau geht einer geringfügigen Beschäftigung nach und er leistet für sie Trennungsunterhalt in Höhe von 600,00 € sowie Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt 600,00 €. Die Miete für die gemeinsame Wohnung in L übernimmt seine Ehefrau, so dass er abzüglich etwaiger laufender Kosten etwa 1.000,00 € monatlich zur Verfügung hat.
5Er ist nicht vorbestraft.
6II.
7In der Sache haben sich folgende Feststellungen ergeben:
8Vorgeschichte und Geschäftsmodell des anderweitig verurteilten P:
9Der anderweitig verurteilte P betrieb ab März 2009 ein betrügerisches System zur Vermittlung sog. Gewinnspieleintragungsdienste. P – der zuvor schon einige Jahre in der „Call-Center-Branche“ tätig gewesen war und unter anderem Lose für T 1verkauft hatte – kam im Jahre 2007 auf die Idee, mit seinem Wissen ein eigenes Call-Center zu gründen. Nachdem der Verkaufserfolg beim Vertrieb von SKL Losen zurückging, verkaufte P ab Anfang des Jahres 2008 aufgrund eines T des gesondert verfolgten U sogenannte Gewinnspieleintragungsdienste. Idee dieser Gewinnspieleintragungsdienste war es, Kunden mittels einer Software für einen bestimmten Teilnehmerbetrag in mehrere hundert Gewinnsiele monatlich einzutragen. Die für die Eintragungen erforderliche Software erwarb P von der P 1 in E1, welche auch als Payment-Anbieter den Lastschrifteinzug für P durchführte und Kunden mahnte, bei denen es zu Rücklastschriften gekommen war. Das erste von P dementsprechend vertriebene Gewinnspieleintragungsprodukt hieß „m“. Um dieses Produkt zu vertreiben, riefen Mitarbeiter des Call-Centers von P Kunden - deren Daten P aus seiner früheren Tätigkeit mitgenommen oder anderweitig angekauft hatte – an. Nachdem die Kunden – bei denen es sich hautsächlich um ältere Leute handelte – in einem ersten Telefongespräch das Produkt erworben hatten, erfolgte ein zweiter sogenannter „Quality-Call“ der aufgezeichnet wurde und in dem die Kunden den Erwerb des Produkts bestätigten. In diesem Anruf wurden auch die vorhandenen Daten abgeglichen und - soweit diese noch nicht vorhanden waren - die Kontodaten sowie die Ermächtigung zum Lastschrifteinzug abgefragt. Danach wurden die Kunden mittels der erworbenen Software – in welche P und seine Mitarbeiter verschiedene Gewinnspieldaten eingepflegt hatten - in verschiedene Gewinnsiele eingetragen und der Teilnehmerbeitrag von den Konten der Kunden er Lastschrift eingezogen. Dieses Produkt vertrieb P zunächst über seine Firma S GmbH und dann nach Anmeldung der Insolvenz über die von ihm in der Schweiz gegründete S AG.
10Etwa im Februar 2009 stellte P den Vertrieb des Produkts „m...“ ein, nachdem die Abschlussquoten zurück und die Rücklastschriftquoten hochgegangen waren. In dieser Zeit zog er auch mit seinem Büro auch in die S-Str. 24 in Essen um. Noch vor Einstellung des Vertriebs von „luswin.tv“ kündigte P die Zusammenarbeit mit der V GmbH, nachdem es zu Streitigkeiten hinsichtlich der Bezahlung gekommen war. Zwischenzeitlich machte ihm der anderweitig verfolgte S1 das Angebot, seine Rücklastschriften als Zwischenhändler an die V1 GmbH in G zu verkaufen. Hinsichtlich der Bezahlung der verkauften „Rücklastschriftkunden“ kam es anschließend zu Streitigkeiten, wobei P sich aufgrund seiner nur geringen Beteiligung an den hohen Einnahmen aus den verkauften „Rücklastschriftkunden“ betrogen fühlte.
11Ab März 2009 vertrieb P dann über die T AG den Gewinnspieleintragungsdienst „f“. Das Produkt „f.“ wurde anders als noch „m“ hautsächlich durch externe Call-Center vertrieben, wobei die meisten in der U3 ansässig waren. Um eine höhere Abschlussquote zu erreichen, erfolgte der Verkauf mittels der sogenannten „Negativmethode“. Diese Methode wurde auch „Wiener Karussell“ genannt und sah vor, den Angerufenen der Wahrheit zuwider vorzusiegeln, dass sie bereits Kunden seien und es um die „Kündigung“ des Vertrages ginge. Ob tatsächlich alle Kunden hinsichtlich des Produkts „f“ durch die von P beauftragten unterschiedlichen Call-Center mittels der Negativmethode geworben wurden, konnte die Kammer nicht feststellen. Denn P wies die externen Call-Center nicht ausdrücklich an, das Produkt mittels dieser Methode zu verkaufen, ging aber aufgrund der außergewöhnlich hohen Abschlussquote selbst davon aus, dass der Verkauf – wie zu dieser Zeit in der Branche auch durchaus üblich – mittels der Negativmethode erfolgte. Im Gegensatz zu dem Vorgängerprodukt erfolgten bei diesem Produkt auch keine Eintragungen mehr in Gewinnsiele. P war das Einpflegen von Gewinnspielen in die diesbezüglich von dem anderweitig verfolgten S erworbene Eintragungssoftware zu aufwendig. Gleichwohl ließ P den für das Produkt erforderlichen Quartalsbeitrag mittels Lastschriftverfahren von dem Payment Anbieter 4 aus G einziehen.
12Nachdem auch bei diesem Produkt die Rücklastschriftquote stieg, kam P aufgrund seiner vorherigen Erfahrungen mit dem Verkauf von Rücklastschriften auf die Idee, diese Kunden mittels eines „Inkassoanwalts“ zu mahnen, um so weiteren Gewinn aus dem „Produkt“ zu erzielen. Zusätzlich kaufte er von einem namentlich unbekannten Dritten Rücklastschriften von dem Gewinnspieleintragungsprodukt „X“, welches ursprünglich durch die N Ltd. vertrieben wurde, um diese ebenfalls anzumahnen. P ging dabei davon aus, dass auch dieses Produkt mittels der Negativmethode vertrieben wurde und Eintragungen nicht erfolgten. P nahm an, dass ein Anwaltsschreiben auf die Empfänger Eindruck machen und zumindest einen Teil von ihnen so einschüchtern würde, dass sie die unberechtigte Forderung bezahlen würden. Er entschloss sich daher, die Forderungen durch einen Rechtsanwalt anmahnen zu lassen. Damit Kunden bei etwaigen Nachforschungen nicht skeptisch würden, suchte er einen tatsächlich existierenden Rechtsanwalt für diese Tätigkeit. Weil er selbst jedoch keinen Rechtsanwalt aus dem Bereich des „Masseninkassos“ kannte, wandte er sich an seinen damaligen Strafverteidiger Rechtsanwalt C aus §, welcher ihm über einen befreundeten Rechtsanwalt aus Y schließlich den Angeklagten empfahl.
13Tätigkeit des Angeklagten für den gesondert verurteilten P:
14Im April 2009 kam es schließlich zu einem ersten Treffen des Angeklagten mit P. Bei diesem und weiteren Treffen erläuterte P dem Angeklagten, dass er durch die U beauftragt sei, welche über Vertriebspartnerverträge mit überwiegend in der U1 ansässigen Call-Centern den Gewinnspieleintragungsdienst „f.“ vertreibe. P erläuterte dem Angeklagten im Laufe der Besprechungen auch das Vertriebssystem und den Inhalt des Produkts. Es konnte nicht festgestellt werden, dass er ihn darüber aufklärte, dass der Vertrieb mittels der Negativmethode erfolgte. P informierte den Angeklagten nicht darüber, dass die Kunden darüber hinaus in keine Gewinnsiele eingetragen wurden. Hinsichtlich des Einzugs der Forderungen erläuterte er ihm, dass diese durch die b Anbieter B und 4 erfolgt seien und es nun seine Aufgabe sein solle, ein Mahnschreiben für diejenigen Kunden zu entwerfen, bei denen es aufgrund mangelnder Kontodeckung oder erfolgten Widerrufs zu einer Rücklastschrift gekommen sei. Darüber hinaus solle er auch ein Mahnschreiben bezüglich der von ihm angekauften „Rücklastschriftkunden“ des Produkts „x.“ entwerfen. Hierzu erläuterte er ihm, dass dieses Produkts hinsichtlich des Vertriebs und des Inhalts seinem Produkt „f.“ entspreche. Der Angeklagte wusste, dass eine Mahnung der Kunden zuvor nicht erfolgt war.
15Da der Angeklagte als Angestellter keinen eigenen Bürobetrieb unterhielt und den zu erwartenden Arbeitsaufwand wie die Fertigung einzelner Mahnschreiben an mehrere tausend Kunden, die Entgegennahme von Post und die Beantwortung telefonischer Anfragen nicht bewältigen konnte, kam er mit P überein, dass er die Mahnschreiben nur entwerfen soll. Das Einpflegen der individuellen Kundendaten und die anschließende telefonische und postalische Erreichbarkeit sollten hingegen durch P und seinen Mitarbeiter sichergestellt werden. Die Beantwortung der eingehenden Kundenschreiben sollte wiederum dem Angeklagten obliegen. Der Angeklagte ging davon aus, dass den Kunden wegen der telefonischen Akquise und fehlender Belehrung ein jederzeitiges Widerrufsrecht nach § 312 BGB zustünde. Es war daher vereinbart, dass keinesfalls eine gerichtliche Geltendmachung der Forderungen, geschweige denn die Erstattung von Strafanzeigen erfolgen sollte. Vielmehr kamen der Angeklagte und P später überein, dass bei Strafanzeigen, Beschwerden und „Kündigungen“ seitens eines Kunden auch bereits geleistete Zahlungen ohne erneute Rücksprache erstattet werden sollten. Hinsichtlich der Bezahlung des Angeklagten trafen sie im Vorfeld keine genaueren Absprachen, waren sich jedoch einig, dass wegen der Vielzahl der Kunden und der diesbezüglichen Unsicherheit von Zahlungseingängen ein Abschlag von den gesetzlichen Gebühren ( d.h. den aufgrund der Mahnschreiben geltend gemachten Gebührenforderungen in Höhe von jeweils 39,00 € ) erfolgen sollte, andererseits der Angeklagte aber Gebühren zumindest in den Fällen erhalten sollte, in denen Zahlungen erfolgten. Die Zahlungen an den Angeklagten sollten – jedenfalls ganz überwiegend – bar erfolgen, weil der Angeklagte nicht vorhatte sie zu versteuern. Dies war auch P bewusst.
161.
17Entsprechend dieser Absprachen erteilte P dem Angeklagten schließlich den Auftrag, ein Mahnschreiben für die Rücklastschriftkunden bei den Produkten „f“ und „x.“ zu entwerfen. Das für „f“ entworfene Mahnschreiben enthielt im Briefkopf als Kanzleianschrift des Angeklagten die S-Str. 24 in E – in welcher P sein Büro betrieb - und eine Duisburger Telefonnummer als Kontaktmöglichkeit. Es hatte folgenden Inhalt ( die Unterstreichung ist durch die Kammer erfolgt ):
18„ Sehr geehrter Herr/ Frau […],
19hierdurch zeige ich an, die rechtlichen Interessen der U AG, S-Str. 14, CH-6341 C, zu vertreten.
20Meine Mandantin ist Inhaberin der Forderung, wie Sie sich Ihnen gegenüber aus der von Ihnen beauftragten Dienstleistung „f“ ergibt. Die telefonische Auftragserteilung durch Sie persönlich wurde - mit Ihrem Einverständnis - zu Beweiszwecken aufgezeichnet und Sie wurden mit Ihren persönlichen Daten für eine Vielzahl von Gewinnsielen angemeldet; die vereinbarte Leistung wurde erbracht.
21Leider hat meine Mandantin feststellen müssen, dass das vereinbarte Entgelt nicht von Ihrem Konto eingezogen werden konnte, obwohl Sie im Rahmen der Auftragserteilung eine Einzugsermächtigung erteilt hatten. Die Lastschrift wurde von Ihrer Bank nicht eingelöst.
22Ich bin nunmehr mit der Durchsetzung der berechtigten Forderung gegen Sie beauftragt worden; dies werde ich konsequent tun.
23Da Sie sich bereits in Verzug befinden, stellt meine Mandantin das gesamte, für die verbleibende Restlaufzeit der Vertrages vereinbarte Entgelt gemäß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fällig und Sie haben zusätzlich auch die Kosten meiner Inanspruchnahme zu tragen. Damit ergibt sich folgende Gesamtforderung:
24Hautforderung: 95,70 €
25___________________________________________________________
26Gebührenforderung:
271,3 Gebühr gern. Nr. 2300 VV RVG 32,50 €
28ost- u. Telekom.- Entgelte gern. Nr. 7200 VV RVG 6,50 €
29Summe Gebühren: 39,00 €
30Rücklast-/ Auskunfts-/ Mahnkosten meiner Mandantin 8,50 €
31Gesamtforderung: 143,20 €
32Ich fordere Sie hiermit auf, die obige Gesamtforderung hier eingehend bis spätestens zum […] auf mein unten angegebenes Konto zu überweisen. Ein ausgefüllter Überweisungsträger ist diesem Schreiben beigefügt. Bei allen Zahlungen geben Sie bitte das Aktenzeichen […] an.
33Nach fruchtlosem Ablauf obiger Frist wird meine Mandantin ihre Forderung - ohne weitere Ankündigung- gerichtlich geltend machen; hierdurch würden Ihnen ganz erhebliche zusätzliche Kosten und Unannehmlichkeiten entstehen. So würde im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung auch öffentlich, dass Sie vereinbarungsgemäß auch zu Gewinnsielen nicht jugendfreien Inhaltes angemeldet wurden.
34Die möglichen Folgen einer gerichtlichen Durchsetzung können von Negativeinträgen bei den bekannten Kreditauskunfteien, bis hin zu Konten- und Gehaltspfändungen reichen. Dies alles lässt sich vermeiden, wenn Sie nun Ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen und Zahlung leisten.
35Sollte die obige Gesamtforderung von Ihnen dennoch nicht fristgerecht gezahlt werden, behält sich meine Mandantin darüber hinaus vor, den Sachverhalt der zuständigen Staatsanwaltschaft zur Überprüfung wegen des Verdachts eines Betruges vorzulegen.
36Es wurden Zahlungen bis zum […] berücksichtigt. Sollte sich Ihre Zahlung mit diesem Schreiben überschnitten haben, betrachten Sie es bitte als gegenstandslos.
37Hochachtungsvoll
38B
39Rechtsanwalt
40- maschinell erstellt, ohne Unterschrift gültig -
41Anlage: Überweisungsträger“
42In der Zeit zwischen April und Anfang Juni 2009 – den genauen Zeitpunkt konnte die Kammer nicht feststellen - übersandte der Angeklagte P den Entwurf dieses Mahnschreibens er e-Mail, welcher entsprechend der Absprache dann die individuellen Kundendaten einpflegte und diese individualisierten Schreiben dann mittels DF-Datei an die Firma M.de versandte, welche P zuvor mit der Durchführung der Versendung entsprechender Schreiben beauftragt hatte. Aufgrund der vorherigen Mitteilung durch P wusste der Angeklagte auch, an wie viele Kunden dieses Schreiben versendet werden würde. Darüber hinaus wusste er von P, dass die Rücklastschriften entweder aus mangelnder Kontodeckung oder wegen erfolgten Rückrufs entstanden waren. Ob P diesbezüglich eine Differenzierung vornahm – was tatsächlich nicht der Fall war – überprüfte der Angeklagte nicht. Er nahm billigend in Kauf, dass Mahnschreiben auch an diejenigen Kunden rausgingen, die eine entsprechende Lastschrift zurückgerufen hatten. Die Mahnschreiben betreffend des Produkts „f.“ wurden dann unter dem 09.06.2009 und dem 09.07.2009 an die entsprechenden Kunden versandt. Durch die Formulierungen in dem entworfenen Mahnschreiben wollte der Angeklagte Druck auf die Kunden ausüben und sie zur Zahlung veranlassen.
43Anschließend entwarf der Angeklagte noch ein Mahnschreiben für das Produkt „x“. Inhaltlich wich dieses Schreiben von dem vorher erwähnten Schreiben nur dahingehend ab, dass die Passage mit der Teilnahme an Gewinnsielen nicht jugendfreien Inhalts weggelassen wurde. Sowohl die angegebene Hautforderung als auch die Gebührenforderung waren identisch. Eine weitere Änderung ergab sich im Briefkopf. Aufgrund der hohen Kundenresonanz auf dieses Schreiben und dem daraus resultierenden Postvolumen hatte der Angeklagte ein Postfach eingerichtet, welches er zusätzlich im Briefkopf angab. Auch bei diesen Schreiben fügte P die individuellen Kundendaten ein und übersandte die individualisierten Schreiben an die Firma M.de zur anschließenden Versendung an die jeweiligen Kunden, wobei der Angeklagte wiederum die Anzahl der entsprechenden Kunden kannte und nicht überprüfte, ob eine Versendung nur an diejenigen Kunden erfolgte, bei denen die Lastschrift mangels Kontodeckung zurückgerufen worden war. Die Mahnschreiben betreffend des Produkts „x.“ wurden dann unter dem 14.07.2009 an die entsprechenden Kunden versandt.
44Die Firma Letterei.de versandte für die Produkte „f“ und „x“ insgesamt 8.873 Briefe. Für diese „Mahnaktion“ hatte der Angeklagte zuvor jeweils ein Konto bei der W-Bank eG ( für „f.“ mit der Kontonummer … und für X.“ mit der Kontonummer … ) eingerichtet, welches als Referenzkonto auf dem anliegenden Überweisungsträger und am Ende der Mahnschreiben angegeben war. Beide Konten wurden infolge einer Kündigung seitens der Volksbank Niederrhein eG zum 30.12.2009 aufgelöst und das vorhandene Restguthaben ( 824,14 € betreffend des Kontos „f.“ und 163,31 € betreffend des Kontos „X“ ) auf ein Konto des Angeklagten bei der Volksbank Krefeld überwiesen. Von dem Konto betreffend des Produkts „F“ überwies der Angeklagte insgesamt 102.457,20 € und von dem Konto betreffend des Produkts X“ insgesamt 64.700,00 € auf ein Konto der U AG in der T
45Im Einverständnis mit P überwies der Angeklagte von dem für „f“ eingerichteten Konto im Jahre 2009 insgesamt 10.133,40 € auf ein eigenes Privatkonto. Insgesamt erhielt der Angeklagte inklusive des Restguthabens daher im Jahre 2009 10.957,54 € von diesem Konto. Darüber hinaus überwies der Angeklagte aufgrund der vorigen Absprache mit P von dem für „x“ eingerichteten Konto im Jahre 2009 insgesamt 10.850,00 € auf ein eigenes Privatkonto. Inklusive des Restguthabens erhielt der Angeklagte daher im Jahre 2009 11.013,31 € von dem Konto betreffend des Produkts „x“.
46Entsprechend der mit P getroffenen Vereinbarung hinsichtlich der Erstattung gezahlter Beträge bei „Kundenbeschwerden“ überwies der Angeklagte von dem Konto betreffend des Produkts „f“ Beträge in Höhe von insgesamt 1.240,03 € und von dem Konto betreffend des Produkts „x“ Beträge in Höhe von insgesamt 572,89 € an Kunden zurück. Unter Berücksichtigung dieser Summen gingen aufgrund der Mahnungen des Angeklagten bezüglich der Produkte „f“ und „x“ Zahlungen in Höhe von insgesamt 190.940,97 € auf den von dem Angeklagten eingerichteten Konten ein.
47Schon kurz nach Versand der ersten Mahnschreiben im Juni 2009 erhielt der Angeklagte erste Schreiben, in denen sich die Kunden darüber beschwerten, dass sie den „Vertrag“ widerrufen hätten. Gleichzeitig erhielt er Kenntnis von Strafanzeigen gegen die U AG wegen Betrugs. Dass der Angeklagte aufgrund dieser Strafanzeigen oder weiterer Umstände Kenntnis von dem Verkauf der Produkte mittels der Negativmethode oder den fehlenden Eintragungen der jeweiligen Kunden in die Gewinnsiele - mithin einer betrügerischen Vorgehensweise des P - erlangte, konnte die Kammer nicht feststellen. Die Kammer konnte auch nicht mit Sicherheit feststellen, dass die Kunden nur aufgrund der „angedrohten Strafanzeige“ und nicht schon alleine aufgrund der anwaltlichen Mahnung als solcher die entsprechenden Zahlungen geleistet haben.
482.
49Nachdem die erste „Mahnaktion“ erfolgreich abgeschlossen war, kam P - der mit einem derartigen finanziellen Erfolg nicht gerechnet hatte - auf die Idee, weitere „Rücklastschriftkunden“ anzumahnen und diese von anderen Anbietern aufzukaufen. Deshalb gründete er die Schweizer Firma V und kaufte - mittels eines von dem Angeklagten entworfenen Forderungskaufvertrags – Rücklastschriften von der F1 und der Z. war der gesondert verfolgten B, welche das Produkt „F2 …“ vertrieb. Die F1 – dessen Inhaber P selbst war - vertrieb das Produkt „X1“ und die zypriotische Gesellschaft Z. - an der P zu 50% als Inhaber beteiligt war - vertrieb die Produkte „Deutsche-Gewinn-Garantie“ und „Deutsche-Gewinner-Forum“. Bei allen diesen Produkten handelte es sich um Gewinnspieleintragungsdienste, bei denen P entsprechend der obigen Beschreibung davon ausging, dass sie negativ vertrieben wurden und dass entsprechende Eintragungen in Gewinnsiele tatsächlich nicht erfolgt sind. P beauftragte daher den Angeklagten Anfang November 2009 mit dem Entwurf eines Mahnschreibens für die erworbenen „Rücklastschriftkunden“ und legte ihm die entsprechenden Forderungskaufverträge vor, welche auszugsweise folgenden Inhalt hatten ( die Unterstreichung ist durch die Kammer erfolgt ):
50„ […]
51§ 1 Forderungen
52Der Käufer kauft von dem Verkäufer die Forderungen die der Verkäufer gegenüber seinen Schuldnern hat. Der Verkäufer spezifiziert den Kaufgegenstand durch eine Forderungsaufstellung in elektronischer Form, die mindestens den Namen und die vollständige Anschrift des jeweiligen Schuldners, den Forderungsgrund, die Forderungshöhe sowie das Fälligkeitsdatum enthält. Die Forderungshöhe liegt insgesamt bei einem Betrag von […]. Es handelt sich um […] Einzelforderungen aus dem Zeitraum vom […] bis zum […]. Die Forderungen stammen aus Rücklastschriften; der Käufer versichert, dass die Schuldner bisher nicht gemahnt sind auch keine sonstigen Maßnahmen zur Durchsetzung der Forderungen seitens des Verkäufers getroffen worden sind.
53[…] “
54Entsprechend der vorherigen Vereinbarung entwarf der Angeklagte ein Mahnschreiben, wobei er aufgrund der diesbezüglichen Erläuterungen des P davon ausging, dass diese Forderungen auf dieselbe Weise entstanden waren wie die bereits zuvor angemahnten. Inhaltlich entsprach das entworfene Schreiben dem Mahnschreiben bezüglich des Produkts „X“. Abweichend von dem vorherigen Briefkopf war nun als Kanzleianschrift die N-Str. 14 in F und als telefonische Erreichbarkeit eine 01805-Nummer angegeben. Diese Abweichung resultierte daraus, dass P mit seinem Büro in der Zwischenzeit an obige Anschrift umgezogen war und aufgrund der für die Zwecke des zu erwartenden Telefonaufkommens nicht ausreichenden Telefonanlage auf die Idee kam, durch die Einrichtung einer kostenpflichtigen 01805-Nummer weiteres Geld zu verdienen, welches auf ein Konto des Angeklagten zu dessen eigenen Verwendung fließen sollte. Weitere Abweichungen enthielten die Mahnschreiben bezüglich der jeweiligen Forderungshöhe und des angegebenen Referenzkontos, wobei die Höhe der Gebührenforderung des Angeklagten gleich blieb. Der Angeklagte hatte zwischenzeitlich für alle Produkte ein Konto bei der E in E mit der Kontonummer … eingerichtet und dieses als Referenzkonto auf allen Mahnschreiben und den anliegenden Überweisungsträger angegeben.
55Entsprechend der zuvor getroffenen Vereinbarung pflegte P wiederum die individuellen Kundendaten ein und versandte die individualisierten Schreiben an die Firma M.de, wobei der Angeklagte auch hier aufgrund der Erläuterungen des P wiederum die Anzahl der entsprechenden Kunden kannte und nicht überprüfte, ob eine Versendung nur an diejenigen Kunden erfolgte, bei denen die Lastschrift mangels Kontodeckung zurückgerufen worden war. Die Mahnschreiben hinsichtlich aller Produkte wurden dann unter dem 18.11.2009 an die entsprechenden Kunden versandt.
56Die Firma M.de übersandte im Rahmen dieser „Mahnaktion“ insgesamt 34.000 Briefe. Von dem durch den Angeklagten für diese „Aktion“ eingerichteten Bankkonto überwies er insgesamt 645.000,00 € an ein Konto der V Im Einvernehmen mit P überwies er von diesen Geldern schließlich am 10.02.2010 17.719,48 € auf ein eigenes Privatkonto.
57Entsprechend der mit P getroffenen Vereinbarung hinsichtlich der Erstattung gezahlter Beträge bei „Kundenbeschwerden“ überwies der Angeklagte von diesem Konto Beträge in Höhe von insgesamt 4.995,61 € an sich beschwerende Kunden zurück. Unter Berücksichtigung dieser Summen gingen aufgrund der Mahnungen des Angeklagten bezüglich der vorgenannten Produkte Zahlungen in Höhe von insgesamt 667.715,09 € auf dem von dem Angeklagten eingerichteten Konto ein. Die zusätzlichen Einnahmen aus der 01805-Nummer für das Jahr 2009 beliefen sich auf insgesamt 1.753,15 €.
58Ende des Jahres 2009 suchte der Angeklagte P in der T auf, um dort die Bezahlung seiner Tätigkeit in bar entgegenzunehmen. Er erhielt bei diesem Treffen von P mindestens 100.000,00 € in bar übergeben. Eine Endabrechnung für seine Tätigkeit hat er P gegenüber nicht erteilt.
59In der Zeit zwischen der ersten „Mahnaktion“ und dem zweiten Auftrag des Angeklagten gingen weitere „Kundenbeschwerden“ und Strafanzeigen ein. Dass der Angeklagte aufgrund dieser Strafanzeigen oder weiterer Umstände nun Kenntnis von dem Verkauf der Produkte mittels der Negativmethode oder den fehlenden Eintragungen der jeweiligen Kunden in die Gewinnsiele - mithin einer betrügerischen Vorgehensweise des P – erlangt hatte, konnte die Kammer nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen. Die Kammer konnte auch bezüglich dieser „Mahnaktion“ nicht mit Sicherheit feststellen, dass die Kunden nur aufgrund der „angedrohten Strafanzeige“ und nicht schon alleine aufgrund der anwaltlichen Mahnung als solcher die entsprechenden Zahlungen geleistet haben.
60Steuerliche Verantwortlichkeit des Angeklagten:
61Der Angeklagte war verpflichtet, bis zum 31.05.2010 eine Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2009 abzugeben (§§ 25 Abs.3 EStG, 149 Abs.2 AO). Er kam dieser Verpflichtung weder fristgemäß noch zu einem späteren Zeitpunkt nach. Durch die Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung ist eine Verkürzung der Einkommenssteuer eingetreten. Der Angeklagte erzielte im Jahre 2009 folgende Einkünfte:
62- aus selbständiger Tätigkeit als Rechtsanwalt (§ 18 EStG): 123.724,00 €
63- aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG): 97.667,00 €
64Die mit dem Angeklagten zusammen veranlagte Ehefrau erzielte folgende Einkünfte:
65- aus nichtselbständiger Tätigkeit (§ 19 EStG): 5.125,00 €
66Unter Berücksichtigung des Abzugs eines Arbeitnehmer-Pauschbetrages in Höhe von jeweils 920,00 € belief sich die Summe der Einkünfte gem. § 2 Abs.3 EStG auf 224.676,00 €. Die beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben gem. §§ 10ff. EStG beliefen sich auf 5.505,00 €, die unbeschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben gem. §§ 10ff. EStG auf 72,00 €. Damit ergibt sich ein Einkommen gem. § 2 Abs.4 EStG in Höhe von 219.099,00 €. Unter Abzug eines Freibetrages in Höhe von jeweils 6.024,00 € für die am 05.10.2001 und 02.12.2004 geborenen Kinder ergibt sich ein zu versteuerndes Einkommen gem. § 2 Abs.5 EStG in Höhe von 207.051,00 €. Die tarifliche Einkommenssteuer nach dem Splittingtarif gem. § 32a EStG beträgt 70.832,00 €. Hinzu tritt geleistetes Kindergeld in Höhe von 4.136,00 € und gem. §§ 2, 3, 4 SolzG der Solidaritätszuschlag in Höhe von 3.895,76 €. Die Gesamtsumme der Steuerlast (Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag, ausgenommen der evangelischen Kirchensteuer) beträgt daher 78.863,76 €. Aufgrund eines Lohnabzugs des Angeklagten in Höhe von 22.454,00 € und eines Lohnabzugs seiner mit ihm zusammen veranlagten Ehefrau in Höhe von 588,00 € verbleibt ein Zahlbetrag für die Einkommenssteuer in Höhe von 51.926,00 €. Unter Abzug des von dem Lohn des Angeklagten geleisteten Solidaritätszuschlags in Höhe von 986,70 € und seiner mit ihm zusammen veranlagten Ehefrau in Höhe von 1,54 € verbleibt ein Zahlbetrag für den Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.907,52 €. Damit liegt der wirtschaftliche Schaden (Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag bei 54.833,52 €.
67Am 23.09.2011 erließ das Finanzamt L gem. § 164 Abs.1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Steuerbescheid für das Jahr 2009, in dem die verbleibende Einkommenssteuer (unter Annahme von Einnahmen aus Gewerbebetrieb in Höhe von 320.000,00 €) auf 95.062,00 € und der verbleibende Solidaritätszuschlag auf 5.280,00 € festgesetzt wurden. Gegen diesen Steuerbescheid legte der Angeklagte Einspruch ein, der bislang noch nicht rechtskräftig beschieden wurde. Zu einer Steuerverkürzung kam es nicht, da die Veranlagungsarbeiten beim Finanzamt L für das Jahr 2009 zum Zeitpunkt der Einleitung des Strafverfahrens betreffend des Vorwurfs der Einkommenssteuerhinterziehung am 18.11.2010 noch nicht zu 95 % abgeschlossen waren. Seine letzte Steuererklärung hatte der Angeklagte im Jahre 2001 beim Finanzamt L abgegeben.
68Dem Angeklagten waren alle vorgenannten objektiven Umstände bekannt. Insbesondere kannte er seine steuerliche Erklärungsflicht. Ihm war bewusst, dass er diese flicht nicht erfüllt hatte. Auch die erzielten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit waren ihm der Größenordnung nach bekannt. Dabei kam es ihm auch darauf an, seine Einkünfte und diejenigen seiner Ehefrau auf Dauer dem Finanzamt zu verschweigen. Aufgrund einer Geldwäsche-Verdachtsanzeige der F hat das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung E2 am 26.01.2010 ein Strafverfahren gegen den Angeklagten wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung für den Zeitraum November 2009 eingeleitet, dessen Eröffnung die Kammer abgelehnt hat. Am 18.11.2010 hat der zuständige Steuerfahndungsprüfer F dann das Strafverfahren wegen des Verdachts der versuchten Einkommenssteuerhinterziehung für das Jahr 2009 erweitert und am 19.01.2011 eine Durchsuchung an der Wohnanschrift des Angeklagten durchgeführt. Im Rahmen dieser Durchsuchung haben die zuständigen Beamten die für die Steuer relevanten geschäftlichen und privaten Unterlagen des Angeklagten und seiner Ehefrau beschlagnahmt.
69III.
70Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten ergaben sich aus seinen eigenen Angaben, an deren Richtigkeit die Kammer keine Veranlassung zu zweifeln hatte, sowie aus dem in der Hauptverhandlung erörterten Auszug aus dem Bundeszentralregister.
71Die Feststellungen zur Vorgeschichte und zum Geschäftsmodell des anderweitig verurteilten P ergaben sich aus den diesbezüglichen Angaben des Zeugen P und der weiteren Beweisaufnahme. P hat sein Geschäftsmodell im Rahmen seiner Vernehmung freimütig und - soweit es in diesem Verfahren darauf ankam - detailliert geschildert. Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner diesbezüglichen Angaben hatte die Kammer nicht. Er hat seine Idee und den Ablauf der Geschäfte in jeder Hinsicht schlüssig und nachvollziehbar geschildert. Zudem stimmten sie mit dem übrigen Ergebnis der Beweisaufnahme überein. Insbesondere das verlesene Urteil der XXI. großen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 29.12.2010 stimmt hinsichtlich der Feststellungen mit seinen Angaben während der Vernehmung vor der Kammer – soweit es den diesbezüglichen Verfahrensgegenstand betraf - überein.
72Die Feststellungen zur Tätigkeit des Angeklagten für den gesondert verurteilten P, seiner diesbezüglichen Vorstellung, dem Umfang der aufgrund seiner Tätigkeit eingegangenen Zahlungen sowie der Bezahlung des Angeklagten beruhen auf der Einlassung des Angeklagten - soweit ihr gefolgt werden konnte – sowie dem sonstigen Ergebnis der Beweisaufnahme.
73Zur Sache hat sich der Angeklagte dahingehend eingelassen, dass es zu dem Kontakt mit dem Angeklagten aufgrund der Empfehlung eines Kollegen gekommen sei. Er habe die Mahnschreiben im Auftrag des P verfasst. Auch seien die Zahlungen und die Rücküberweisungen in dem oben festgestellten Umfang erfolgt, was er anhand der noch vorhandenen Unterlagen überprüft habe. Während der Besprechungen der Mandatserteilung habe P ihm gegenüber nicht erwähnt, dass die Forderungen durch sogenannte Negativverkäufe entstanden seien und dass die so geworbenen Kunden tatsächlich nicht in Gewinnsiele eingetragen wurden. Er habe es „pfiffig“ gefunden, die Kunden mittels in der U ansässiger Call-Center zu werben, weil so die deutschen Vorschriften des unlauteren Wettbewerbs umgangen worden seien. Aufgrund der telefonischen Akquise sei er aber dennoch von einem jederzeitigen Widerrufsrecht ausgegangen. P habe sich ihm gegenüber stets bemüht, einen „seriösen“ Eindruck zu vermitteln, so dass er keinen Zweifel an dem rechtmäßigen Zustandekommen der Forderungen und deren „Werthaltigkeit“ gehabt habe. Weder aus der hohen Rücklastschriftquote noch aus den eingehenden Strafanzeigen habe er den Schluss ziehen können, dass die Forderungen auf nicht rechtmäßige Weise erlangt seien. Denn aufgrund des vorhandenen „Quality-Call“ und dem Einzug der Forderungen durch die aus seiner Sicht seriösen Unternehmen B1 und 4, sei er davon ausgegangen, dass die Forderungen durch „normale“ Telefonakquise zustande gekommen seien. Auch im späteren Verlauf seien ihm keine Zweifel gekommen, weil er ebenso viele Schreiben von Kunden erhalten habe, die von einem „wirksamen“ Vertragsschluss ausgegangen seien, sich jedoch auf einen Widerruf berufen hätten. Für seine Tätigkeit habe er ausschließlich die aus den Kontobewegungen feststellbaren Beträge erhalten. Er habe mit P vereinbart, dass er grundsätzlich die gesetzlichen Gebühren verlangen, aufgrund der Vielzahl der Kunden aber einen Abschlag vornehmen würde, wobei Einzelheiten nicht vereinbart worden seien. Er sei im Dezember des Jahres 2009 mit seinem Fahrzeug in die Schweiz gefahren, um sich dort mit P zu treffen. Er habe seine Mutter mitgenommen, habe sich am Bahnhof in Zürich einen Anzug angezogen und sich dann alleine mit P getroffen. Er sei dann mit P in seinem Fahrzeug eine Weile umher gefahren und habe mit ihm über die eingegangenen Strafanzeigen gesprochen. Eine Übergabe von Geld sei bei dem Treffen weder beabsichtigt gewesen noch tatsächlich erfolgt. Grund für dieses Treffen sei gewesen, dass er mit P „Auge in Auge“ über die eingegangenen Strafanzeigen habe reden wollen. Die Mahnschreiben seien zwar scharf formuliert gewesen, er habe die Formulierungen im Vorfeld jedoch geprüft und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sie nicht den Tatbestand der Nötigung erfüllen würden. Auch aus heutiger Sicht würde er diese Formulierung jederzeit wieder so wählen. Die Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2009 habe er nicht abgegeben, weil er durch dieses Verfahren und sich für ihn daraus resultierenden Konsequenzen wie gelähmt gewesen sei.
74Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass der Angeklagte die von P angegebene Barzahlung in der Schweiz erhalten hat. Den Umfang der Zahlungen an den Angeklagten stützt die Kammer im Wesentlichen auf die glaubhaften Angaben des Zeugen P, die durch weitere außerhalb seiner Aussage liegende Indizien gestützt wird.
75Die Kammer hielt die diesbezügliche Einlassung des Angeklagten schon für sich betrachtet nicht für überzeugend. Die durch den Angeklagten für den Besuch in der Schweiz abgegebene Erklärung war lebensfremd. Denn schon kurze Zeit nach dem ersten Mahnschreiben im Juni 2009 erhielt der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben Kenntnis von Strafanzeigen gegen die von P betriebene U und dann im November 2009 auch gegen die V . Dass er nun mehrere Monate nach Kenntnis dieser Strafanzeigen trotz bestehenden telefonischen Kontakts zu P in die T fährt, um mit diesem darüber „Auge in Auge“ zu sprechen, hält die Kammer für unglaubhaft, zumal der Angeklagte auch keine inhaltliche Wiedergabe dieses von ihm behaupteten Gesprächs geben konnte. Weiter hält die Kammer es für lebensfremd, dass der Angeklagte, der erklärt hat, dass er für seine Tätigkeit grundsätzlich die gesetzliche Gebühr erhalten sollte, sich mit den deutlich darunter liegenden Zahlungen zufrieden gegeben haben soll. Denn alleine die Gebühren aufgrund der tatsächlich erfolgten Zahlungen (ausgehend von der Annahme, dass alle Kunden den gesamten geforderten Betrag geleistet haben) beliefen sich bei der Annahme von ca. 5900 zahlenden Kunden (eingegangene Gelder geteilt durch Gesamtforderung in Höhe von ca. 144,00 €) auf ca. 232.000,00 €.
76Die Kammer hält die Angabe des Angeklagten, niemals Bargeld von P erhalten zu haben, daher für eine Schutzbehauptung, die durch die glaubhaften Angaben des P widerlegt ist. Bei dieser Bewertung hatte die Kammer eingehend zu prüfen, ob sie sich alleine aufgrund der Aussage des P eine Überzeugung von dem diesbezüglichen Geschehen zu bilden vermochte, weil weitere Beweismittel der Kammer diesbezüglich nicht zur Verfügung standen. Die Kammer hat die belastende Aussage des P deshalb einer besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung unterzogen.
77Bei dieser Prüfung hat die Kammer zunächst berücksichtigt, dass P während seiner Vernehmung eher den Eindruck hinterlassen hat, den Angeklagten „schonen“ zu wollen. Denn bei Nachfragen hinsichtlich der Kenntnis des Angeklagten hat er noch betont, dass er aufgrund seines „seriösen Eindrucks“ davon ausgegangen sei, dass dieser sich nicht an einem „Betrug beteiligen werde“. Warum er ihn dann auf der anderen Seite aber zu Unrecht bezichtigt haben soll, Bargeld erhalten zu haben, leuchtet der Kammer nicht ein. Etwaige für P aus dieser Behauptung erwachsene Vorteile, konnte die Kammer nicht erkennen. Ein vorteilhaftes „arm rechnen“ kam schon deshalb nicht in Betracht, weil sich die Anordnung des Verfalls von Wertersatz – wie in seinem Verfahren geschehen - nach dem Bruttoprinzip richtet. Dass er durch diese Angaben in seinem eigenen Verfahren „Vorteile“ erlangt hat, ist ebenfalls nicht erkennbar. Denn aus dem Urteil der XXI. Strafkammer des Landgerichts Essen ist ersichtlich, dass seine Aufklärungshilfe hinsichtlich der Ermittlung gegenüber insgesamt etwa 30 Personen berücksichtigt wurde. Aus dem Umstand, dass die Beteiligung des Angeklagten gegenüber dem Gesamtkomplex eine eher geringfügige Bedeutung hat, zieht die Kammer den Schluss, dass den diesbezüglichen Angaben des P auch in seinem Verfahren keine wesentliche Bedeutung im Rahmen der Strafzumessung zugekommen ist. Darüber hinaus hat P seinen eigenen finanziellen Vorteil freimütig eingeräumt und an keiner Stelle den Eindruck vermittelt, diesen auf Kosten von anderen Beteiligten zu schmälern.
78Es sprach auch nicht gegen ihn, dass er sich an die genaue Höhe der Bargeldzahlung im Rahmen seiner Vernehmung vor der Kammer nicht mehr erinnert hat. Denn angesichts der vergangenen Zeit und der durch P gegenüber verschiedensten Personen geleisteten Zahlungen, war es aus Sicht der Kammer nicht ungewöhnlich, dass er den Überblick über die genaue Höhe einzelner Zahlungen verloren hat und im Rahmen seiner Vernehmung nur noch angegeben konnte, von den abgehobenen 200.000,00 € dem Angeklagten mindestens die Hälfte, mithin 100.000,00 € übergeben zu haben. Denn in seinen Angaben zum Kerngeschehen – nämlich der Bargeldzahlung an den Angeklagten während eines Besuchs in der T - war seine Aussage konstant. Die Korrektur seiner diesbezüglichen Angaben - im Rahmen der polizeilichen Vernehmung hat er noch eine Bargeldzahlung in Höhe von 180.000,00 € angegeben – hat er aus Sicht der Kammer nachvollziehbar mit dem inzwischen erfolgten Zeitablauf begründet.
79Die Feststellungen zu den Einkünften des Angeklagten und denen seiner Ehefrau im Jahre 2009 beruhen auf seinen eigenen Angaben, den Angaben des P, den erörterten Kontoauszügen und den glaubhaften Angaben des Steuerfahnders F. Dieser hat die Einkünfte des Angeklagten und seiner Ehefrau aus nichtselbständiger Tätigkeit und die weiteren steuerlich relevanten Umstände anhand der beschlagnahmten Unterlagen glaubhaft und nachvollziehbar geschildert. An der Richtigkeit seines diesbezüglichen Prüfungsergebnisses bestehen keine Zweifel, zumal der Angeklagte das Ergebnis bestätigt und die Durchsuchung kooperativ begleitet hat. Der Zeuge F hat auch glaubhaft bekundet, dass zum Zeitpunkt der Einleitung des Strafverfahrens und der diesbezüglichen Bekanntgabe gegenüber dem Angeklagten beim Finanzamt L noch nicht 95% der Veranlagungsarbeiten abgeschlossen waren. Soweit die Kammer aus der Tätigkeit für P über die aus den Kontoauszügen ersichtlichen Zahlungen eine weitere steuerlich relevante Barzahlung in Höhe von 100.000,00 € festgestellt hat, beruht dies entsprechend der obigen Ausführungen auf den glaubhaften Angaben des Zeugen P.
80Auch die Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten bezüglich der Steuerhinterziehung beruhen auf seinen eigenen Angaben. Soweit er mit seiner Einlassung – er habe sich aufgrund dieses Verfahrens wie gelähmt gefühlt - zum Ausdruck bringen wollte, dass er vorhatte die Steuererklärung zu einem späteren Zeitpunkt abzugeben, d.h. nur eine versuchte Steuerverkürzung auf Zeit eingetreten ist, schenkt die Kammer seinen Angaben keinen Glauben. Denn auch in den Jahren zuvor ist er seinen steuerlichen Pflichten nicht nachgekommen. Seine letzte Steuererklärung hat er im Jahre 2001 abgegeben. Soweit er nun vorgibt ausgerechnet für das Jahr 2009 – wo er aufgrund der zusätzlichen Einnahmen mit einer Steuernachzahlung rechnen musste - vorgehabt zu haben, eine Einkommenssteuererklärung abzugeben, erscheint dies nicht nachvollziehbar. Ein solches Verhalten ist auch nicht mit den Konsequenzen dieses Verfahrens erklärlich.
81Dass der Angeklagte – wie die Anklage angenommen hat – Kenntnis von der betrügerischen Erlangung der Forderungen und der fehlenden Eintragungen der Kunden in entsprechende Gewinnsiele hatte und sich demnach tateinheitlich wegen Beihilfe zum Betrug strafbar gemacht hat, konnte die Kammer nicht feststellen. P hat aus Sicht der Kammer nachvollziehbar erklärt, dass er den Angeklagten - den er vorher nicht gekannt habe - nicht darüber informiert habe, dass tatsächlich keine Gewinnsieleintragungen erfolgt seien. Er meine auch, dass er den Angeklagten entgegen dem was in seiner polizeilichen Aussage niedergelegt ist, nicht über die Tatsache des „Negativverkaufs“ aufgeklärt habe. Es sei aus seiner Sicht auch unsinnig ihm den einen Teil des Betrugs, nämlich den Negativverkauf zu schildern und den anderen Teil zu verschweigen. Im Übrigen sei es in seinen Vernehmungen auch nur im Rande um die Beteiligung des Angeklagten gegangen.
82IV.
83Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen versuchter Nötigung in 2 Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung gem. §§ 240, 22, 23, 370 Abs.1 Nr.2, Abs.2, 149, 150 AO, § 18 Abs.1 Nr.1 EStG strafbar gemacht.
841.
85In den Fällen II. 1 und 2. war der Angeklagte wegen versuchter Nötigung gem. § 240 Abs.1, Abs.2, 22, 23 Abs.1 StGB zu bestrafen. Indem er gegenüber den „Kunden“ angekündigt hat, seine Mandantin behalte sich vor, bei nicht fristgerechter Zahlung den Sachverhalt der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung des Betrugsverdachts vorzulegen, hat er diesen gegenüber mit einem empfindlichen Übel gedroht. Denn die Androhung einer Strafanzeige stellt einen erheblichen Nachteil dar, der geeignet ist den Bedrohten zu einer Zahlung zu veranlassen. Nach Auffassung der Kammer hat er auch vorgegeben, auf die Realisierbarkeit des Übels Einfluss zu haben. Denn trotz der gewählten Formulierung durfte ein verständiger Leser davon ausgehen, dass er aufgrund seiner Beauftragung mit der Durchsetzung rechtlicher Interessen, Einfluss auf die Entscheidung der Mandantin hinsichtlich der Erstattung einer Strafanzeige hat. Denn in seinem Schreiben hat er zusätzlich darauf hingewiesen, dass er dies „konsequent tun werde“. Schließlich war die Androhung einer Strafanzeige zur Zahlungsveranlassung unter den gegebenen Umständen auch verwerflich. Der Angeklagte hat pauschal mit Strafanzeigen wegen Betruges gedroht, ohne zuvor in den tausenden Mahnfällen zu überprüfen, ob tatsächlich die Voraussetzungen des Betrugs gegeben sein könnten. Darüber hinaus ging er selbst von dem Bestehen eines jederzeitigen Widerrufsrechts nach § 312 BGB aus, so dass nach Auffassung der Kammer ein für den Eingehungsbetrug erforderlicher Gefährdungsschaden äußerst fragwürdig erscheint. Zudem bestand mit P die Absprache, dass weitere juristische Schritte nicht eingeleitet werden sollen, so dass er gegenüber den Kunden mit einem Verhalten gedroht hat, von dem er wusste, dass es nicht eintreten würde. Hinzu kam, dass er Kenntnis davon hatte, dass zuvor keine Mahnungen erfolgt sind, so dass er seine Gebührenforderungen ohne rechtlichen Grund geltend gemacht hat. Angesichts dieser Umstände ist die angedrohte Strafanzeige im Verhältnis zum angestrebten Zahlungszweck als verwerflich anzusehen. Der Angeklagte kannte auch die tatsächlichen Umstände, welche das Übel als empfindlich und das Vorgehen als rechtswidrig haben erscheinen lassen, so dass sein fehlendes Bewusstsein der Rechtswidrigkeit als Verbotsirrtum gem. § 17 StGB zu behandeln war, der aufgrund seiner juristischen Kenntnisse auch vermeidbar war.
86Die Kammer ist allerdings nur von einem versuchten Delikt ausgegangen, weil sie nicht mit Sicherheit feststellen konnte, dass die jeweiligen Kunden nur aufgrund der Androhung mit einer Strafanzeige und nicht schon aufgrund des Drucks eines anwaltlichen Mahnschreibens gezahlt haben.
87Bei der Bewertung der Anzahl der Taten ist die Kammer entsprechend der Rechtsprechung zum uneigentlichen Organisationsdelikt von insgesamt 2 Taten ausgegangen. Der Angeklagte hat durch den Entwurf der Schreiben zu den anschließenden „Mahnaktionen“ im Juni und November 2009 jeweils einen Beitrag erbracht, der insgesamt alle danach erfolgten Mahnungen gegenüber den einzelnen Kunden gefördert hat. Einen jeweils individuell fördernden Beitrag konnte die Kammer nicht feststellen, so dass sie hinsichtlich aller Kunden einer „Mahnaktion“ von Tateinheit gem. § 52 StGB ausgegangen ist.
882.
89Durch die vorsätzliche Nichtabgabe der Einkommenssteuererklärung hat er sich weiter wegen versuchter Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs.1 Nr.2, Abs.2 AO, §§ 22, 23 StGB strafbar gemacht. Vollendung ist nicht eingetreten, da die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung bereits durch das Einleiten des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens suspendiert war, bevor im zuständigen Finanzamt L mindestens 95 % der Veranlagungen für das Jahr 2009 bearbeitet waren.
90V.
91Für die Ahndung der versuchten Nötigung ( oben II. 1 und 2 ) hat die Kammer den Strafrahmen des § 240 Abs.1 StGB zugrunde gelegt, der Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Gem. §§ 22, 23, 49 Abs.1 StGB war wegen des Versuch eine Strafrahmenverschiebung geboten, so dass die Kammer von Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren und drei Monaten oder Geldstrafe ausgegangen ist. Von einer weiteren Strafrahmenverschiebung wegen des vermeidbaren Verbotsirrtums nach §§ 17 S.2, 49 Abs.1 StGB hat die Kammer abgesehen. Denn für den Angeklagten als Volljuristen hätte es aufgrund der aufgeführten Umstände einleuchten müssen, dass seine gewählte Formulierung nicht mehr mit dem Gesetz in Einklang zu bringen ist. Für die Ahndung der versuchten Steuerhinterziehung ( oben II 3. ) hat die Kammer zunächst den Strafrahmen des § 370 Abs.1 AO zugrunde gelegt, der Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Aufgrund des Versuchs hat sie wiederum den Strafrahmen gem. §§ 22, 23, 49 Abs.1 StGB verschoben, so dass sie von einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und neun Monaten oder Geldstrafe ausgegangen ist.
92Bei den konkreten Strafzumessungen innerhalb dieser Strafrahmen hat sich bei allen Taten jeweils strafmildernd ausgewirkt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist. Die sich aus diesem Urteil für ihn ergebenen berufsrechtlichen Konsequenzen hat die Kammer ebenfalls bei allen Taten strafmildernd berücksichtigt. Auch das Geständnis des Angeklagten hinsichtlich des objektiven und subjektiven Tatgeschehens der beiden versuchten Nötigungen hat die Kammer strafmildernd berücksichtigt. Strafschärfend hat die Kammer hinsichtlich der Nötigungstaten jeweils das hohe Ausmaß der durch seine Schreiben veranlassten Zahlungen berücksichtigt. Darüber hinaus hat sie die Geltendmachung von Verzugskosten trotz Kenntnis der fehlenden Voraussetzungen strafschärfend berücksichtigt. Hinsichtlich der versuchten Steuerhinterziehung hat die Kammer die Höhe des hinterzogenen Betrages strafschärfend berücksichtigt. Nach Abwägung sämtlicher Strafzumessungsgesichtsunkte hat die Kammer in Anwendung der Strafzumessungsregel des § 46 StGB auf folgende Einzelstrafen erkannt:
93Tat 1( oben II 1. ): Freiheitsstrafe von sieben Monaten
94Tat 2 (oben II. 2.): Freiheitsstrafe von zehn Monaten
95Tat 3 (oben II. 3):: Geldstrafe von 120 Tagessätzen je 30,00 €
96Aus den vorgenannten Einzelfreiheitsstrafen hat die Kammer gem. § 53 StGB unter nochmaliger Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte und unter Berücksichtigung der Wirkung, die von der Strafe für sein zukünftiges Leben in der Gesellschaft zu erwarten ist, unter maßvoller Erhöhung der höchsten Einsatzstrafe von zehn Monaten auf eine
97Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten
98als tat- und schuldangemessen erkannt.
99Die Kammer hat die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, weil sie nach dem von dem Angeklagten gewonnenen Gesamteindruck zu der Überzeugung gelangt ist, dass er sich bereits die Verurteilung als Warnung dienen lässt und künftig ein straffreies Leben führen wird. Gem. § 56 Abs.2 StGB kann das Gericht auch die Vollstreckung einer Strafe über einem Jahr zur Bewährung aussetzen, wenn neben der günstigen Sozialprognose ( § 56 Abs.1 StGB ) nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Die Kammer stellt dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose, weil er bislang nicht vorbestraft ist. Darüber hinaus sind aus Sicht der Kammer auch besondere Umstände i.S.v. § 56 Abs.2 StGB bei dem Angeklagten gegeben. Solche besonderen Umstände hat die Kammer in den sich aus der Verurteilung ergebenen berufsrechtlichen Konsequenzen und dem schon länger zurückliegenden Zeitraum seit Begehung der Taten gesehen.
100VII.
101Bezüglich des Angeklagten war der Verfall von Wertersatz in Höhe des tenorierten Betrags (§§ 73, 73a, 73b StGB) nur deshalb nicht anzuordnen, weil Ansprüche von Verletzten entgegenstehen. Damit unterliegen die von dem Angeklagten erzielten Einnahmen dem Verfall von Wertersatz. Es gilt dabei das Bruttoprinzip, das den Abzug von Aufwendungen, die der Täter im Zusammenhang mit Planung, Vorbereitung und Durchführung der Straftat gehabt hat, nicht vorsieht.
102Zur Berechnung gilt Folgendes:
103Für die erste Mahnaktion hat er sich von dem Konto „f.“ insgesamt 10.133,40 € und von dem Konto „X.“ insgesamt 10.850,00 € auf sein Privatkonto überwiesen und nach Auflösung der für diese Aktion eingerichteten Konten weitere 824,14 € und 163,31 € erhalten. Für die zweite „Mahnaktion“ hat er sich insgesamt 17.719,48 € auf sein Privatkonto überwiesen. Unter Berücksichtigung einer weiteren Bargeldzahlung in Höhe von mindestens 100.000,00 € hat er aus seiner Tätigkeit für P insgesamt 139.690,33 € erlangt.
104Dass die Anordnung des Verfalls von Wertersatz – wenn ihm nicht Ansprüche Dritter entgegen gestanden hätten – gemäß § 73c Abs. 1 StGB eine unbillige Härte dargestellt hätte, konnte die Kammer nicht feststellen. Da nicht nur der Verbleib des erlangten Bargeldes nicht aufgeklärt werden konnte, sondern die Beweisaufnahme ebenso wenig Feststellungen dazu erbracht hat, ob der Angeklagte das erlangte Bargeld überhaut – und wenn ja, in welchem Umfang – ausgegeben hat, war weder von einer solchen unbilligen Härte noch von einem Wegfall der Bereicherung auszugehen.
105VIII.
106Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs.1 StPO.