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Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten vom 21.08.2008 wird die einstweilige Verfügung der Kammer vom 23.07.2008 (Az. 28 O 413/08) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Verfügungsbeklagten wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ord-nungshaft oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an dem Intendanten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung
v e r b o t e n,
in Bezug auf die Verfügungsklägerin zu 1) im Zusammenhang mit einem Vertrag zwischen einer Tochtergesellschaft der Sparkasse und einem P-Q Fond zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:
2"Bestechung" / "Vorteilsgewährung" / "Korruption",
3wie in der O Sendung "U" vom 23.06.2008 durch folgende Äußerung geschehen:
4"Der Volksmund würde sagen, das ist Bestechung, der Jurist würde sagen, hier wird Vorteilsgewährung realisiert. Es richt alles nach Korruption."
5Der weitergehende Antrag wird unter Aufhebung der vorgenannten einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
6Die Kosten des Verfahrens tragen die Verfügungsbeklagte zu ½ und die Verfügungskläger zu je ¼.
7Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungskläger dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
8Tatbestand
9Die Verfügungskläger begehren Unterlassung zweier Äußerungen, die im Programm der Verfügungsbeklagten in der Sendung "U" am 23.06.2008 ausgestrahlt wurden. Die Sendung berichtete im Wesentlichen über den Neubau der Jer Messehallen und deren Norderweiterung. Dabei wurde u.a. der Vorwurf erhoben, dass die Stadtverwaltung mit der Sparkasse Z1 und dem Verfügungskläger zu 2) bzw. den von ihm geführten K Q Fonds zusammengewirkt habe.
10Im Rahmen des Großbauprojekts der Jer Messehallen schloss die K Q Fonds-Projekt GmbH (BBBB) am 07.12.2004 mit der TLKapitalbeteiligungsgesellschaft Köln mbH (TLC) einen Vertrag, in dem es unter anderen heißt:
11"(...)
12(...)"
14Aus dem Verfahren 28 O 441/08 ist gerichtsbekannt, dass die Verfügungsbeklagte bei den Verfügungsklägern bzw. deren Prozessbevollmächtigten in den Monaten März bis Juni 2008 insgesamt fünfmal um ein Interview oder um eine schriftliche Stellungnahme zu den Hintergründen der Auftragsvergabe beim Neubau der Messehallen in Köln anfragte. Mit Schreiben vom 12.06.2008 wies sie ausdrücklich darauf hin, dass ihr Informationen über einen Vertrag der K Q Fonds-Projekt GmbH und der Stadtkasse Z1 vorlägen, in dem es um die Realisierung des Bauvorhabens "Messe Nordhallen" gehe. Auch hierzu äußerten sich die Verfügungskläger nicht.
15Die Verfügungsbeklagte strahlte im Programm O in der Sendung "U" am 23.06.2008 den Beitrag mit dem Titel "Undurchsichtige Geschäfte und Millionenverluste – Spurensuche auf dem Jer Messegelände, Europas größte Bürobaustelle" aus. In dem gesprochenen sog. "Off-Text" des Beitrages heißt es einleitend:
16"(…) Alle unsere Fragen lassen die diskreten Banker unbeantwortet. Fragen, nach den Deals ihres Tochterunternehmens, der P-Q-Holding und der Sparkasse Z1, ein lukratives Pflaster für Privatinvestoren. Doch die Geschäfte mit dem P-Q-Fonds haben die Stadt und ihre Sparkasse in dramatische Schwierigkeiten gebracht. (…) "
17Kurz darauf heißt es in dem "Off-Text" in Bezug auf einen Informanten:
18"Er behauptet, dass beim Neubau der Messehallen Schmiergelder in Millionenhöhe geflossen seien. Der Informant ist offenbar ein Insider. Er gibt uns den Hinweis, wir sollten uns die Geschäftsbeziehungen zwischen dem ehemaligen Chef der Sparkasse Z1, T2, und dem Großinvestor K Q einmal genauer ansehen. Dem schwerwiegenden Verdacht wollen wir nachgehen.
19(...)
20Das ist K Q. Er hat für seine adligen Freunde vom vornehmen Bankhaus P die lukrativen Deals eingefädelt. Der ehemalige Maurerpolier ist der Erfinder der P-Q-Fonds.
21(...)
22Sie gehören zu den Geldgebern, wie natürlich auch der Erfinder des P-Q-Fonds selbst, K Q. Mehr als 40% der Anleger sind Gesellschafter des Bankhauses oder der P-Q-Holding. (...)"
23Außerdem heißt es später in dem "Off-Text":
24"(…) Nachdem die Messe ihre alten Hallen an die Investoren abgegeben hatte, benötigte sie vier neue Ausstellungsgebäude und wieder kam der P-Q-Fonds zum Zuge und wieder mit Hilfe der Sparkasse. Wie konnten die Privatinvestoren ohne europaweite Ausschreibung ein so lukratives Geschäft an Land ziehen? Ein Projekt bei dem Stadt und Messe in den nächsten 30 Jahren Mieteinnahmen von 750 Mio € garantieren. Nach einer vertraulichen Aktennotiz sollen sich T2 und Q bereits im Jahr 2003 zu einem Gespräch unter vier Augen getroffen haben. Sie sollen vereinbart haben, dass die Sparkasse den Auftrag für die neuen Messehallen für den P-Q-Fonds beschaffen sollte. Die Abmachung wird später sogar schriftlich fixiert. Als Vertragspartner von Q tritt eine Tochter der Sparkasse auf, die TLKapitalbeteiligungsgesellschaft. Laut Vertrag hat die Sparkasse beim Messeprojekt für den P-Q-Fonds die "… persönlichen Kontakte für die Bewerbung hergestellt." "… Überlassung des Projekts unterstützt.". Um dies zu erreichen hat das kommunale Kreditinstitut die Interessen der Privatinvestoren "… gegenüber den zuständigen Personen und Gremien vertreten." Und sogar "…. Einfluss geltend gemacht." Damit der Bebauungsplan rechtzeitig geändert wurde. Laut Vertrag hat die Sparkasse hierfür 9,9 Mio € bekommen."
25Hierauf sagt Franz K Antwerpes:
26"Das heißt also, die Sparkasse verpflichtet sich gegenüber dem P-Q-Fonds, sozusagen alle Maßnahmen durchzuführen, die den Einfluss auf die Stadt bis hin zum Bebauungsplan positiv für P-Q gestalten und lässt sich dafür noch eine Prämie auszahlen."
27Dann erklärt Professor T (Professor der Rechtswissenschaft) von der Humboldt-Universität C:
28"Hier wird nach meinem Eindruck ja nichts anderes gemacht, als der Versuch massive politische Einflussnahme zu kaufen in Geld. Man will versuchen, das Ausschreibungsverfahren auf diese Weise zu umgehen. Man will auf die Bebauungsplanung unmittelbar Einfluss nehmen. Man will alles tun, damit das Projekt für den P-Q-Fonds klappt. Der Volksmund würde sagen, dass ist Bestechung, der Jurist würde sagen, hier wird Vorteilsgewährung realisiert. Es richt alles nach Korruption."
29Im Off-Text heißt es dann weiter:
30"Ob der schwerwiegende Verdacht zutrifft, das wird nach diesen neuen Recherchen die Staatsanwaltschaft zu klären haben. (…)"
31Später heißt es im Off-Text, nachdem eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Köln eingeholt worden war:
32"(…) Man wundert sich, was die schlichten Fragen nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auslösen können. Was aber hat die Staatsanwaltschaft in der Sache selbst unternommen?"
33Darauf antwortet Herr Prof. T:
34"Die bisherigen Konsequenzen in diesem Fall sind sehr dürftig. Man kann sagen, es ist eigentlich noch gar nichts passiert. Das ist überraschend angesichts der Massivität der Vorwürfe und des Umfangs, um den es hier geht. Aus meiner Sicht deutet das alles daraufhin, dass eine starke, sehr starke Verzahnung zwischen Politik, Justiz, wirtschaftlichen Interessen im Jer Raum gegeben ist, Dinge, die in einem Rechtsstaat so nicht vorkommen dürfen, aber die wohl eben doch vorkommen."
35Im Off-Text heißt es dann:
36"Sollte es solche Verflechtungen geben, so werden sie schwer beweisbar sein. Wir haben die Verantwortlichen nach den dubiosen Vorgängen mehrfach befragt, wollten sie mit den Fakten und Verdachtsmomenten konfrontieren, doch weder die Privatinvestoren noch die Vertreter der Kommune waren zu einer Stellungnahme bereit. Public Private Partnership auf Jer Art."
37Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Abschrift des Beitrages Bezug genommen (Bl. 30 ff. d.A.).
38Wegen dieses Berichtes mahnten die Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte unter dem 02.07.2008 ab und forderten sie zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Diese wurde nicht abgegeben.
39Auf den Antrag der Verfügungskläger vom 15.07.2008 (Bl. 25 ff. d.A.), ergänzt durch Schriftsatz vom 21.07.2008, hat die Kammer am 23.07.2008 eine einstweilige Verfügung erlassen. Mit dieser wurde der Verfügungsbeklagten bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,
40"Er behauptet, dass beim Neubau der Messehallen Schmiergelder in Millionenhöhe geflossen seien. Der Informant ist offenbar ein Insider. Er gibt uns den Hinweis, wir sollten uns die Geschäftsbeziehungen zwischen dem ehemaligen Chef der Sparkasse Z1, T2, und dem Großinvestor K Q einmal genauer ansehen. Dem schwerwiegenden Verdacht wollen wir nachgehen",
42wie in der O-Sendung "U" vom 23.06.2008 geschehen,
43sowie
44"Bestechung"/ "Vorteilsgewährung"/ "Korruption",
46wie in der O-Sendung "U" vom 23.06.2008 geschehen,
47Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Verfügungsbeklagten vom 21.08.2008.
48Die Verfügungskläger behaupten, der Verfügungskläger zu 2) sei geschäftsführender Gesellschafter der Verfügungsklägerin zu 1). Die Verfügungsklägerin zu 1) sei die Muttergesellschaft der K Q Fonds Projekt GmbH. Zudem habe es zu keinem Zeitpunkt Schmiergeldzahlungen zwischen dem Verfügungskläger zu 2) und Herrn T2 gegeben.
49Bei den Vorwürfen des Herrn Prof. T handele es sich um Tatsachenbehauptungen, wenn von "Bestechung" und "Vorteilsgewährung" gesprochen werde, verstehe der normale Zuschauer diese Aussage dahingehend, dass jeweils der Tatbestand der einschlägigen Strafnorm erfüllt sei. Der Beitrag liefere keinen Beweis dafür, dass diese Straftatbestände erfüllt seien. Eine Meinungsäußerung sei außerdem zu verneine, weil die Begriffe von einem Rechtswissenschaftler verwendet worden seien und dieser derartige Begriffe nur in den Mund nehme, wenn die den Strafnormen zugrunde liegenden Tatbestände erfüllt seien.
50Die Verfügungskläger beantragen nunmehr,
51die einstweilige Verfügung der Kammer vom 23.07.2008 (Az.: 28 O 413/08) zu bestätigen, hinsichtlich des Antrages zu b) jedoch mit der Maßgabe, dass dieser wie folgt konkretisiert wird:
52wie durch folgende Äußerung geschehen: "Der Volksmund würde sagen, das ist Bestechung, der Jurist würde sagen, hier wird Vorteilsgewährung realisiert. Es richt alles nach Korruption."
53Die Verfügungsbeklagte beantragt,
54die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 23.07.2008 (Az.: 28 O 413/08) aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
55Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass in der Sendung selbst den Vorwurf der Schmiergeldzahlungen nicht erhoben werde. Es handele sich vielmehr um einen Verdacht, der in der Sendung dargestellt werde. Außerdem sei die Verfügungsklägerin zu 1) hinsichtlich des Verfügungsantrags zu a) nicht aktivlegitimiert.
56Bei der streitgegenständlichen Äußerung des Herrn Prof. T handele es sich um eine subjektive Meinungsäußerung. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Kontext. Bei allen drei Fällen handele es sich um Bewertungen. Zudem sei die Formulierung im Konjunktiv. Außerdem sei der Tenor der einstweiligen Verfügung ungeeignet, einen konkreten Verletzungstatbestand zu kennzeichnen. Außerdem sei die Verfügungsklägerin zu 1) durch die Äußerung des Herrn Prof. T nicht betroffen.
57Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
58Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung ist ein weiterer Schriftsatz der Verfügungskläger eingegangen.
59Entscheidungsgründe
60Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Im übrigen war die einstweilige Verfügung vom 23.07.2008 aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen.
61I.
62Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, auch im Hinblick auf die Bestimmtheit des Antrags zu b) bestehen keine Bedenken. Die Fassung des Antrags ist bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Antrag nennt den Kern des Verbotes, indem er auf die beanstandete Äußerung aus der Sendung der Verfügungsbeklagten 23.06.2008 Bezug nimmt und zwar nur im Hinblick auf den Vertrag zwischen der TLKapitalbeteiligungsgesellschaft Köln mbH und der K Q Fonds Projekt GmbH. Durch diese Fassung des Tenors ist für die Verfügungsbeklagte zweifelsfrei erkennbar, welcher Teil der Äußerung von dem Verbot umfasst ist.
63II.
64Den Verfügungsklägern steht hinsichtlich der unter Lit. a) des Verfügungsantrages genannten streitgegenständlichen Äußerung kein Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog zu, da insoweit eine zulässige Verdachtsberichterstattung seitens der Verfügungsbeklagten vorliegt.
65Die Verfügungskläger sind zwar entgegen dem Vortrag der Verfügungsbeklagten durch die streitgegenständliche Äußerung betroffen und damit auch aktivlegitimiert. Die Verfügungsbeklagte ist grundsätzlich auch als Verbreiterin der Äußerung für diese verantwortlich. Die Verbreitung dieser Äußerung ist jedoch unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt gerechtfertigt, da eine zulässige Verdachtsberichterstattung vorliegt. Im Einzelnen gilt folgendes:
661.
67Die Verfügungskläger sind durch die streitgegenständliche Äußerung unter Lit. a) des Verfügungstenors individuell betroffen.
68Die Betroffenheit der Verfügungsklägerin zu 1) ergibt sich aus ihrer ausdrücklichen Nennung bereits zu Beginn der Sendung kurz bevor die streitgegenständliche Äußerung des Informanten ausgestrahlt wird. Hier heißt es einleitend:
69"(…) Alle unsere Fragen lassen die diskreten Banker unbeantwortet. Fragen, nach den Deals ihres Tochterunternehmens, der P-Q-Holding und der Sparkasse Köln. Köln, ein lukratives Pflaster für Privatinvestoren. Doch die Geschäfte mit dem P-Q-Fonds haben die Stadt und ihre Sparkasse in dramatische Schwierigkeiten gebracht. (…) "
70Unmittelbar nach der Mitteilung der Äußerung des Informanten heißt es:
71"(...) Das ist K Q. Er hat für seine adligen Freunde vom vornehmen Bankhaus P die lukrativen Deals eingefädelt. Der ehemalige Maurerpolier ist der Erfinder der P-Q-Fonds.
72(...)
73Sie gehören zu den Geldgebern, wie natürlich auch der Erfinder des P-Q-Fonds selbst, K Q. Mehr als 40% der Anleger sind Gesellschafter des Bankhauses oder der P-Q-Holding. (...)"
74Diese Zitate lassen zweifelsfrei erkennen, dass die Vorwürfe im Rahmen der Berichterstattung einheitlich gegen die Verfügungskläger und die K Q Fonds-Projekt GmbH gerichtet sind. Diese Gleichsetzung beruht im Wesentlichen darauf, dass der Verfügungskläger zu 2) als verantwortlicher Gesellschafter sowohl der K Q Fonds-Projekt GmbH als auch der Verfügungsklägerin zu 1) dargestellt wird. Aufgrund dieser von der Verfügungsbeklagten dargestellten Verflechtung der Verfügungskläger ist die Verfügungsklägerin zu 1) von der streitgegenständlichen Äußerung, es seien Schmiergelder geflossen, auch unmittelbar betroffen.
75Die Betroffenheit des Verfügungsklägers zu 2) ergibt sich insbesondere aufgrund der ausdrücklichen Namensnennung unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Schmiergeldzahlung.
76Soweit der Antrag auf den Verfügungskläger zu 2) Bezug nimmt, handelt es sich hierbei lediglich um eine Konkretisierung des Antrags.
772.
78Ferner stellt die streitgegenständliche Äußerung eine Tatsachenbehauptung dar, die die Verfügungskläger auch erheblich in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, weil sie ein (mögliches) Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und damit die Verfügungskläger in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert.
79Die streitgegenständliche Äußerung ist als Tatsachenbehauptung einzustufen, der tatsächliche Charakter der Äußerung überwiegt.
80Hinsichtlich der Frage, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung handelt, ist auf folgende von der Rechtsprechung entwickelte Maßstäbe abzustellen: Grundsätzlich ist jede beanstandete Äußerung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Dabei ist für die Einstufung als Tatsachenbehauptung wesentlich, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei den Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Sofern eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Werturteil und Meinungsäußerung in vollem Umfang vom Grundrecht des Art. 5 I GG geschützt (st. Rspr., BGH NJW 1996, 1131; BGH NJW 1998, 3047; BGH NJW 2002, 1192).
81Aus Sicht des Durchschnittszuschauers enthält die Aussage des Informanten, dass beim Neubau der Messehallen Schmiergelder in Millionenhöhe geflossen seien und dass man hierzu die Geschäftsbeziehungen zwischen dem ehemaligen Chef der Sparkasse Z1, T2, und dem Verfügungskläger zu 2) einmal genauer ansehen sollte, den überwiegenden Tatsachenkern, dass aufgrund von Absprachen zwischen Herrn T2 und dem Verfügungskläger zu 2) Geldzahlungen zur Beeinflussung eines Entscheidungsprozesses unter Ausnutzung einer Machtposition in Bezug auf den Messebau geflossen sind. Bei der Einstufung der Äußerung als Tatsachenbehauptung verkennt die Kammer nicht, dass die Mitteilung, es handele sich bei der Zahlung um Schmiergelder, um eine Bewertung des Zwecks der Zahlung handelt. Letztlich überwiegt jedoch der dem Beweis zugängliche Tatsachenkern, dass Absprachen zwischen dem Verfügungskläger zu 2) und Herrn T2 getroffen wurden, die der Beeinflussung einer Entscheidung dienen sollten.
823.
83Die Verbreitung der Äußerung ist jedoch gerechtfertigt, da sie Teil einer zulässigen "Verdachtsberichterstattung" ist.
84Eine zulässige Verdachtsberichterstattung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2000, 1036, 1037 m.w.N.) voraus, dass ein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben ist, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen. Dabei sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht umso höher anzusetzen, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt. Unzulässig ist nach diesen Grundsätzen eine auf Sensationen ausgehende, bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung; vielmehr müssen auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.
85Andererseits dürfen die Anforderungen an die pressemäßige Sorgfalt und die Wahrheitspflicht nicht überspannt und insbesondere nicht so bemessen werden, dass darunter die Funktion der Meinungsfreiheit leidet (BVerfG NJW 1992, 1439; NJW 1996, 1131). Straftaten gehören nämlich zum Zeitgeschehen, dessen Vermittlung zu den Aufgaben der Medien gehört (BVerfG NJW 1973, 1226). Dürfte die Presse, falls der Ruf einer Person gefährdet ist, nur solche Informationen verbreiten, deren Wahrheit im Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits mit Sicherheit feststeht, so könnte sie ihre durch Art. 5 I GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Aufgaben bei der öffentlichen Meinungsbildung nicht hinreichend erfüllen (BVerfG NJW 1998, 1381), wobei auch zu beachten ist, dass ihre ohnehin begrenzten Mittel zur Ermittlung der Wahrheit durch den Zwang zu aktueller Berichterstattung verkürzt sind. Deshalb verdienen im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit regelmäßig die aktuelle Berichterstattung und mithin das Informationsinteresse jedenfalls dann den Vorrang, wenn die oben dargestellten Sorgfaltsanforderungen eingehalten sind. Stellt sich in einem solchen Fall später die Unwahrheit der Äußerung heraus, so ist diese als im Äußerungszeitpunkt rechtmäßig anzusehen, so dass Widerruf oder Schadensersatz nicht in Betracht kommen (BVerfG, NJW 1999, 1322, 1324). Hiernach kann auch die Unschuldsvermutung nach Art. 6 II EMRK - soweit sie überhaupt für die Presse gelten kann - die Freiheit der Berichterstattung zumindest dann nicht einschränken, wenn die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung eingehalten werden.
86Nach diesen Grundsätzen ist die Berichterstattung in der Sendung der Verfügungsbeklagten vom 23.06.2008 zulässig.
87a.
88Die Frage, ob im Rahmen des Jer Messebaus Schmiergeldzahlungen geflossen sind, stellt eine die Öffentlichkeit berührende Angelegenheit dar. Bei dem Jer Messebau geht es um ein Großbauprojekt im Jer Raum mit einem erheblichen Finanzierungsvolumen. Durch den Hinweis auf etwaige Schmiergeldzahlungen wird u.a. der Vorwurf erhoben, die Stadtverwaltung und der Stadtrat seien beispielsweise bei Vergabeentscheidungen nicht hinreichend unbefangen geblieben. Da es sich um Vorwürfe gegen politische Entscheidungsträger handelt, besteht nach Auffassung der Kammer ein maßgebliches öffentliches Interesse an der Aufklärung der Vorgänge.
89b.
90Ferner liegt ein Mindestbestand an Beweistatsachen vor. Eine maßgebliche Beweistatsache stellt der im Rahmen des Berichts erwähnte Vertrag zwischen der Sparkassentochter, der TLKapitalbeteiligungsgesellschaft Köln mbH, und der K Q Fonds Projekt GmbH, dar. Der Vertragsschluss und auch der Inhalt des Vertrages sind von den Verfügungsklägern unbestritten.
91Nach dem Inhalt des Vertrages sollte die TLKapitalbeteiligungsgesellschaft Köln mbH einen Betrag in Höhe von 9,9 Mio. € von der K Q Fonds Projekt GmbH für folgende Leistungen erhalten:
92Für diese Leistung hat die K Q Fonds Projekt GmbH der TLKapitalbeteiligungsgesellschaft Köln mbH einen Vergütung in Höhe von 9,9 Mio. € für den Fall versprochen, dass die K Q Fonds Projekt GmbH von der Grundstücksgesellschaft mit der Projektentwicklung für das Projekt Messeerweiterung Nord beauftragt werden sollte. Laut Vertrag ist eine Beauftragung der Grundstücksgesellschaft eingetreten.
94Aus dem Vertrag ergibt sich, dass tatsächlich eine Einflussnahme auf politische Entscheidungsträger stattfinden sollte und diese Einflussnahme mit einer Vergütung honoriert werden sollte. Die Tochtergesellschaft der Sparkasse sollte ihre persönlichen Kontakte geltend machen und insbesondere auch auf die Entscheidung des Stadtrates z.B. im Zusammenhang mit der Änderung von Bebauungsplänen und der Vergabe des Bauprojektes einwirken. Mithin stellt der Vertrag eine hinreichende Beweisgrundlage für den eher untechnischen Vorwurf der "Schmiergeldzahlung" dar, da in dem Vertrag letztlich festgeschrieben ist, dass aufgrund von Absprachen zwischen Herrn T2 und dem Verfügungskläger zu 2) Geldzahlungen zur Beeinflussung eines Entscheidungsprozesses unter Ausnutzung einer Machtposition in Bezug auf den Messebau geflossen sind. Der Einwand der Verfügungskläger, bei der vertraglich vereinbarten Zahlung handele es sich um eine einfache und im Geschäftsleben übliche Maklerprovision kann nicht überzeugen. Vorliegend besteht der bedeutende Unterschied zu einem normalen Maklergeschäft darin, dass Entscheidungen des Stadtrates bzw. anderer politischer Entscheidungsträger beeinflusst werden sollten. Diese Einflussnahme widerspricht jedoch der erforderlichen Neutralität und Unbefangenheit eines öffentlichen Gremiums, wie z.B. dem Stadtrat, bei Vergabeentscheidungen oder bei Entscheidungen im Zusammenhang mit der Änderung von Bebauungsplänen. Bei einem Maklergeschäft hingegen sind grundsätzlich Personen des Privatrechts beteiligt, so dass eine neutrale bzw. unbeeinflusste Entscheidung nicht zwingend erforderlich ist.
95c.
96Zudem beruht die Berichterstattung der Verfügungsbeklagten auf einer hinreichenden Recherche, so dass die Verfügungsbeklagten die Anforderungen an die journalistische Sorgfalt beachtet haben. Zunächst hat die Verfügungsbeklagte den in Rede stehenden Vertrag zwischen der K Q Fonds Projekt GmbH und der TLKapitalbeteiligungsgesellschaft Köln mbH ermittelt und als Grundlage für ihre Berichterstattung verwendet. Die Verfügungsbeklagte hat darüber hinaus den Verfügungsklägern bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten über einen Zeitraum von drei Monaten insgesamt fünf schriftliche Anfragen zukommen lassen mit der Bitte um ein Interview oder um eine schriftliche Stellungnahme. Die Verfügungskläger waren jedoch zu keiner Stellungnahme bereit. Im Schreiben vom 12.06.2008 machte die Verfügungsbeklagte die Verfügungskläger sogar konkret auf etwaige vertragliche Vereinbarungen zwischen der K Q Fonds-Projekt GmbH und der Stadtsparkasse J bzw. einer ihrer Beteiligungsgesellschaften, die zur Realisierung des Projekts "Messe Nordhallen" beitragen sollten, aufmerksam. Aber auch in Bezug auf die vertraglichen Vereinbarungen erklärte der Prozessbevollmächtigte der Verfügungskläger, dass sich diese hierzu nicht äußern wollen. Den Verfügungsbeklagten war es daher auch nicht möglich, in die Berichterstattung eine entlastende Stellungnahme der Verfügungskläger einfließen zu lassen.
97d.
98Auch eine Vorverurteilung findet durch die streitgegenständliche Berichterstattung nach Auffassung der Kammer nicht statt. Es wird nicht der Eindruck erweckt, die Verfügungskläger seien ggf. einer strafbaren Handlung bereits überführt. Zunächst macht die Verfügungsbeklagte durchweg deutlich, dass es sich bei dem Vorwurf, dass Schmiergelder geflossen seien, die sich aus den Geschäftsbeziehungen des ehemaligen Sparkassenchefs T2 und dem Verfügungskläger zu 2) ergeben, um einen Verdacht handelt. Unmittelbar nachdem ausgeführt wird, dass der Informant in Bezug auf etwaige Schmiergeldzahlungen den Hinweis auf die Geschäftsbeziehungen des ehemaligen Chefs der Sparkasse Z1 und dem Verfügungskläger zu 2) gab, wird mitgeteilt, dass die Redaktion der Verfügungsbeklagten dem "schwerwiegenden Verdacht" nachgehen wolle und überprüfen wolle, ob die Vorwürfe sich erhärten lassen.
99Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen fällt die gebotene Abwägung zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit im vorliegenden Fall zugunsten der Berichterstattung bzw. der Meinungsäußerungsfreiheit aus. Die Verfügungsbeklagte hat die oben dargestellten Sorgfaltsanforderungen eingehalten, so dass der aktuellen Berichterstattung und mithin dem Informationsinteresse der Vorrang einzuräumen ist. Auf die Frage der Wahrheit bzw. Unwahrheit der in Rede stehenden Tatsachenbehauptung kommt es im Rahmen der zulässigen Verdachtsberichterstattung nicht an.
100III.
101Den Verfügungsklägern steht jedoch ein Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung der streitgegenständlichen Behauptungen des Herrn Prof. T aus §§ 823 Abs. 1, 2, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB in Verbindung mit § 186 StGB zu, denn die Verbreitung der beanstandete Äußerung des Herrn Prof. T verletzt die Verfügungskläger in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Das aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitete Persönlichkeitsrecht schützt jeden Einzelnen in seinem Anspruch auf Achtung seiner Persönlichkeit und kann einen Abwehranspruch gegenüber ehrverletzenden Äußerungen Dritter begründen, wobei auf Seiten des Äußernden ebenfalls Grundrechtsverbürgungen, insbesondere die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, in die Betrachtung einzustellen sind.
102Die Voraussetzungen für den Unterlassungsanspruch nach. §§ 823 Abs. 1, 2, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB sind, dass die Verfügungskläger anspruchsberechtigt sind, der Anspruch sich gegen den jeweiligen Störer richtet, ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist, rechtswidrig in ein geschütztes Recht der Verfügungskläger eingegriffen worden ist und eine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr dargelegt wird (vgl. Prinz/Peters, Medienrecht, Rn. 304 ff.).
1031.
104Die Verfügungskläger sind von der streitgegenständlichen Äußerung betroffen und damit anspruchsberechtigt. Soweit sich die Verfügungsbeklagte darauf beruft, die Verfügungskläger seien nicht betroffen, da sich der Vorwurf lediglich gegen die K Q Fonds-Projekt GmbH richte, kann dies nach Auffassung das Gericht nicht überzeugen.
105Die unmittelbare Betroffenheit der Verfügungskläger ergibt sich daraus, dass diese im streitgegenständlichen Bericht namentlich genannt werden (siehe hierzu bereits unter Ziff. II. 1.). Aus dem Gesamtkontext des Berichts ergibt sich für den unbefangenen Zuschauer, dass sich die streitgegenständlichen Vorwürfe der Korruption, Bestechung und Vorteilsname unmittelbar gegen beide Verfügungskläger richten. Auch hier stellt die Bezugnahme im Antrag zu b) auf die Verfügungsklägerin zu 1) lediglich eine Konkretisierung des Antrags dar.
1062.
107Die Verfügungsbeklagte ist mangels Distanzierung als Verbreiterin der Äußerung in Anspruch zu nehmen. Die Verfügungsbeklagte ist Verbreiterin der streitgegenständlichen Äußerung, da diese in einer auf ihrem Programm ausgestrahlten Sendung zitiert wurde (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 12 Rn. 60 m.w.N.).
108Grundsätzlich haftet auch der Verbreiter auf Unterlassung, wenn die Darstellung unzulässig ist. Die Verbreitung ist aber zulässig, wenn an der Äußerung des Dritten, mag sie auch unzulässig sein, ein Informationsinteresse besteht und der Verbreiter sich von ihr distanziert hat (BGH NJW 1970, 187 - Hormon-Creme). Wie deutlich der Verbreiter sich von der zitierten Behauptung distanzieren muss, um eine Verbreiterhaftung und insbesondere auch ein Zueigenmachen zu vermeiden, hängt von den Umständen ab. Häufig wird die Distanzierung sich schon alleine daraus ergeben, dass die Quelle genannt wird bzw. dass unterschiedliche Stimmen einander gegenüber gestellt werden. Eine einzelne Aussage allein in Anführungszeichen zu setzen reicht regelmäßig für die erforderliche Distanzierung nicht aus (BGH NJW 1996, 1131, 1132 – Lohnkiller; NJW 1997, 1148, 1149 – Stern-TV; NJW 2000, 656, 658 – Korruptionsvorwurf). Jedenfalls wenn kritische Äußerungen Dritter derart in die eigene kritische Stellungnahme der Autoren der Sendung eingebettet werden, dass die Sendung insgesamt als eine sozusagen lediglich mit verteilten Rollen gesprochene eigene Kritik des Fernsehens erscheint und in dem Einsatz solcher Drittbeiträge geradezu eine Dramaturgie sichtbar wird, kann sich das Fernsehen nicht darauf berufen, dass die Äußerungen keine "eigenen" gewesen sind (vgl. BGH NJW 1996 1131 1132).
109Unter Berücksichtigung dieser von der Rechtsprechung aufgestellten Maßstäbe ist eine hinreichende Distanzierung seitens der Verfügungsbeklagten nicht gegeben, so dass von einer Verbreiterhaftung der Verfügungsbeklagten auszugehen ist. Zur Distanzierung reicht es nicht aus, dass die streitgegenständliche Äußerung von einem Interviewpartner getätigt wurde (vgl. OLG Hamburg AfP 2006, 564; Prinz/Peters, Medienrecht, Rn. 38; Damm/Rehbock, Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in Presse und Rundfunk, 2. Aufl., Rn. 493). Insbesondere erfolgt ein Zueigenmachen nicht erst bei ausdrücklicher Billigung der Fremdäußerung, sondern schon, wenn dies "zwischen den Zeilen" geschieht (vgl. OLG Köln, NJW 1979, 1562). Eine Einschränkung der Verbreiterhaftung erscheint nicht erforderlich, da die Verfügungsbeklagte in der Lage ist, sich von dem Inhalt der Aussagen ihrer Interviewpartner durch entsprechende Darstellung in der Sendung zu distanzieren. Ansonsten könnte sich der Verbreiter eines Interviews ohne weiteres seiner Haftung entziehen, indem er sich hinter seinem Interviewpartner versteckt.
110Die Verfügungsbeklagte hat sich die Äußerung unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes zu eigen gemacht. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass sie einseitig ihren Bericht ausschließlich auf Behauptungen Dritter stützt, die zu Lasten der Verfügungskläger aussagen, dass die Geschäfte im Zusammenhang mit dem Messebau nicht ordnungsgemäß bzw. nicht mit rechtlich zulässigen Mitteln erfolgt seien. Die Vorwürfe werden zudem durch die Vorlage des Vertrages zwischen der TLKapitalbeteiligungsgesellschaft Köln mbH und der K Q Fonds Projekt GmbH gestützt.
111Dagegen wird die Aussage der Staatsanwaltschaft, dass sie bei Hinweisen auf Korruption diesen sicher nachgegangen wäre, im Rahmen des Berichts durch die Verfügungsbeklagte in Frage gestellt. Die Berichterstattung lässt "zwischen den Zeilen" den Vorwurf erkennen, dass die Verfügungsbeklagte davon ausgeht, dass die Staatsanwaltschaft keine hinreichenden Schritte unternommen hat. So wird z.B. auf die Frage, was die Staatsanwaltschaft unternommen habe, die Äußerung des Herrn Prof. T gezeigt. Dieser äußert sich dahingehend, dass die bisherigen Konsequenzen in dem vorliegenden Fall sehr dürftig seien. Zudem sei eine sehr starke Verzahnung zwischen Politik, Justiz und wirtschaftlichen Interessen im Jer Raum gegeben. Hierbei handele es sich um Dinge, die in einem Rechtsstaat nicht vorkommen dürfen. Diese Stellungnahme des Herr Prof. T wird von der Verfügungsbeklagten u.a. mit folgendem Satz kommentiert:
112"(…) Sollte es solche Verflechtungen geben, so werden sie schwer beweisbar sein. (…) Public Private Partnership auf Jer Art. (…)."
113Eine Distanzierung von dem Vorwurf ist darin nicht zu erkennen. Unter Berücksichtigung dieses Gesamtkontextes hat sich die Verfügungsbeklagte die streitigen Äußerungen des Herrn Prof. T zu eigen gemacht. Indem die Verfügungsbeklagte die Äußerungen ihrer Interviewpartner so einsetzt, dass die Berichterstattung einseitig die Vorwürfe gegen die Verfügungskläger erhärtet.
1143.
115Die streitgegenständliche Äußerung des Herrn Prof. T stellt einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Verfügungskläger dar, da sie im vorliegenden Kontext als unwahre Tatsachenbehauptungen einzustufen ist.
116An den Inhalt der streitgegenständlichen Äußerung werden die für die Abwägung bei Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen durch Werturteile oder Tatsachenbehauptungen die in der Rechtsprechung entwickelten Prüfkriterien und Abwägungsmaßstäbe angelegt. Handelt es sich bei einer Äußerung um eine Tatsachenbehauptung, ist in der Regel entscheidend, ob der Wahrheitsbeweis gelingt. Bei Werturteilen wird maßgebend darauf abgestellt, ob sie als Schmähung, Formalbeleidigung oder Verletzung der Menschenwürde anzusehen und deshalb zu unterlassen sind, oder wenn dies zu verneinen ist, ob sie im Rahmen einer Abwägung dem Persönlichkeitsschutz vorgehen (vgl. BVerfGE 90, 241, 248 f.; 93, 266, 293 f.).
117In der Regel bringt die Einstufung eines Vorgangs als strafrechtlich relevanten Tatbestand nicht anders als Rechtsmeinungen im außerstrafrechtlichen Bereich zunächst nur die ganz überwiegend auf Wertung beruhende subjektive Beurteilung zum Ausdruck, der zwar eine andere Auffassung entgegengehalten werden, die aber nicht schon aus diesem Grunde eine Tatsachenbehauptung darstellt (vgl. BGH NJW 1982, 2248, 2249 m.w.N.). Es gehört zu den Garantien der Meinungsfreiheit, dass der Kritiker prinzipiell auch seine strafrechtliche Bewertung von Vorgängen als persönliche Rechtsauffassung zum Ausdruck bringen kann, selbst wenn diese einer objektiven Beurteilung nicht stand hält. Als Tatsachenmitteilung ist eine solche Äußerung jedoch dann zu qualifizieren, wenn und soweit das Urteil nicht als Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern es bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Im Rahmen der Abgrenzung ist ferner zu berücksichtigen, ob es sich um eine fachlich-technische oder eine alltagssprachliche Begriffsverwendung handelt. Im Falle einer technischen Begriffsverwendung dient die Äußerung zur Bezeichnung eines Tatbestandes, der darauf überprüft werden kann, ob der Betroffene ihn in der Wirklichkeit erfüllt hat (vgl. BVerfG NJW 1992, 1439, 1441). Dafür, ob und inwieweit mit dem hier in Frage stehenden Vorwurf der Bestechung, Vorteilsnahme und Korruption sich für den Leser in dem Werturteil zugleich ein substantielles Tatsachensubstrat verkörpert, ist der Kontext entscheidend, in dem der Vorwurf erhoben wird.
118Die streitgegenständliche Äußerung steht in unmittelbarem Bezugszusammenhang mit dem Vertrag zwischen der TLKapitalbeteiligungsgesellschaft Köln mbH und der K Q Fonds Projekt GmbH. In Bezug auf diesen Vertrag äußert sich Herr Prof. T wie folgt:
119"Hier wird nach meinem Eindruck ja nichts anderes gemacht, als der Versuch massive politische Einflussnahme zu kaufen in Geld. Man will versuchen, das Ausschreibungsverfahren auf diese Weise zu umgehen. Man will auf die Bebauungsplanung unmittelbar Einfluss nehmen. Man will alles tun, damit das Projekt für den P-Q-Fonds klappt.
120Im Anschluss hieran tätigt Herr Prof. T die streitgegenständliche Äußerung. Vor diesen Hintergrund ist der Vorwurf der Bestechung, Vorteilsgewährung und Korruption nicht als bloße Bewertung des Vertrages zu sehen. Sondern die Nennung der Strafnormen, verbunden mit dem Vorwurf politische Einflussnahme für Geld zu kaufen und der Unterstellung der Absicht Ausschreibungsverfahren mit Hilfe von Geldzahlungen umgehen zu wollen, erweckt beim Durchschnittszuschauer den Eindruck es liege seitens der Verfügungskläger eine bewusste Einwirkung auf einen Amtsträger im Sinne der §§ 333, 334 StGB mit Geldmitteln zur Erreichung einer bestimmten Diensthandlung bzw. einer bestimmten politischen Entscheidung vor. Bei der Äußerung eines Rechtsprofessors geht der Rezipient davon aus, dass dieser die Begriffe nicht im alltagssprachlichen Sinne verwendet, sondern dass dieser die Begriffe technisch zur juristische Einordnung eines Sachverhalts verwendet. Damit werden beim Adressaten konkrete in die Wertung eingekleidete Vorstellungen hervorgerufen, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind.
121Die Kammer hat bei der Einstufung der Äußerung als Tatsachenbehauptung auch berücksichtigt, dass die Formulierung im Konjunktiv erfolgt ist. Allerdings ist die Formulierung einer Äußerung kein entscheidendes Kriterium für ihre Einstufung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung. Auch in die Form eines Urteils gekleidete Äußerungen können als Tatsachenbehauptungen angesehen werden, wenn die Äußerung zu bestimmten einzelnen Vorgängen oder Geschehnissen in äußerlich erkennbarer Weise in Beziehung gesetzt ist (Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 4 Rn. 55 m.w.N.). Dies ist vorliegen, wie zuvor dargelegt, der Fall.
122Für die Wahrheit der behaupteten Tatsache trifft im Rahmen des Unterlassungsanspruchs die Verfügungsbeklagte die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast. Im Ausgangspunkt ist die Unwahrheit einer Behauptung zwar grundsätzlich von demjenigen zu beweisen, der sich gegen die Äußerung wendet. Allerdings tritt eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Wahrheitsbeweises dann ein, wenn Streitgegenstand eine üble Nachrede ist. In diesem Fall trifft nach der über § 823 Abs. 2 BGB in das Deliktsrecht transformierten Beweisregel des § 186 StGB grundsätzlich den Schädiger die Beweislast für die Wahrheit der ehrbeeinträchtigenden Behauptung (vgl. Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 12 Rn. 139). Da die streitgegenständliche Äußerung den Vorwurf der "Bestechung", "Vorteilsgewährung" und "Korruption" enthält, greift die Beweislastregel des § 186 StGB ein.
123Den Beweis der Wahrheit hat die Verfügungsbeklagte nicht erbracht. Die Verfügungsbeklagte trägt nicht hinreichend vor, dass die Vorwürfen der "Bestechung", "Vorteilsgewährung" und "Korruption" in Bezug auf den Vertragsschluss zwischen der TLKapitalbeteiligungsgesellschaft Köln mbH und der K Q Fonds Projekt GmbH gerechtfertigt sind. Insbesondere legt sie nicht dar, dass die einzelnen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen der §§ 333, 334 StGB erfüllt sind.
1244.
125Die streitgegenständliche Berichterstattung ist auch rechtswidrig. Die Verfügungsbeklagte kann sich insbesondere nicht darauf berufen, dass eine zulässige Verdachtsberichterstattung vorliegt. Die grundsätzlich im Rahmen der Rechtfertigung vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Gunsten des Persönlichkeitsrechts der Verfügungskläger aus. Im Rahmen der Interessenabwägung war insbesondere die Schwere der Vorwürfe zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu dem Vorwurf der Schmiergeldzahlung (Lit. a des Verfügungsantrages) wird den Verfügungskläger vorliegend strafrechtlich relevantes Verhalten vorgeworfen. Die Anschuldigung der "Bestechung", "Vorteilsnahme" und "Korruption" ist in den Augen der Öffentlichkeit besonders schwerwiegend und geeignet, dass Ansehen des Betroffenen herabzusetzen.
126Eine zulässige Verdachtsberichterstattung setzt, wie oben bereits näher dargelegt, voraus, dass ein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben ist, die Darstellung des Sachverhalts in einer objektiven Darstellung erfolgt, die sowohl die den Betroffenen belastenden Umstände wiedergibt wie die ihn entlastenden, dass grundsätzlich eine Stellungnahme des Betroffenen zu dem gegen ihn erhobenen Vorwurf eingeholt worden ist, dass ein berechtigtes öffentliches Interesse an dem Gegenstand der Berichterstattung besteht sowie dass eine den Anforderungen an die pressemäßige Sorgfalt genügende Recherche stattgefunden hat (BGH NJW 2000, 1036 ff., 1036 f.).
127Aus Sicht des Durchschnittsrezipienten findet eine Vorverurteilung der Betroffenen statt. Indem ein anerkannter Rechtswissenschaftler einen Sachverhalt als strafrechtlich relevantes Verhalten einstuft und zudem den Vorwurf gegenüber der Staatsanwaltschaft erhebt, diese habe trotz der massiven Vorwürfe nicht hinreichend ermittelt und letztlich sogar den Rechtsstaat in Zweifel zieht, wird der Eindruck vermittelt die Verfügungskläger hätten tatsächlich die in Rede stehenden Straftatbestände erfüllt. Mithin handelt es sich nicht mehr nur um die Mitteilung eines bloßen Verdachts. Vielmehr wird der Sachverhalt so dargestellt, als seien die Straftatbestände seitens der Verfügungskläger tatsächlich erfüllt und eine Überführung durch die Staatsanwaltschaft scheitere letztlich an den "Verflechtungen" und dem "Public Private Partnership auf Jer Art".
128Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass eine hinreichende Beweisgrundlage für derartig schwerwiegende Vorwürfe nicht gegeben ist. Wie sich aus dem Bericht ergibt, liegen keinerlei strafrechtliche Ermittlungen gegen die Verfügungskläger vor. Auch der Vertrag reicht nach Auffassung der Kammer nicht als hinreichende Beweisgrundlage für die streitgegenständlichen Vorwürfe der Bestechung, Vorteilsgewährung und Korruption aus. Aus dem Vertrag ergibt sich lediglich, dass Geldzahlungen zur Beeinflussung eines Entscheidungsprozesses geflossen sind. Die Erfüllung der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale der §§ 333, 334 StGB ergibt sich aus dem Vertrag jedoch nicht.
129Aus dem Vertrag ergibt sich insbesondere nicht, dass einem Amtsträger oder einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten für die Dienstausübung ein Vorteil versprochen bzw. angeboten wurde (§ 333 StGB) oder dass den zuvor genannten Personen ein Vorteil als Gegenleistung dafür angeboten oder versprochen wurde, dass er eine Diensthandlung vornimmt und dadurch seinen Dienstpflicht verletzt (§ 334 StGB).
130Unter Berücksichtigung der Schwere der Vorwürfe, dass vorliegend ein anerkannter Rechtsprofessor einen konkreten Sachverhalt als strafrechtlich relevantes Verhalten einordnet und in diesem Zusammenhang die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft als unzureichend beschreibt und sogar der Rechtsstaat in Zweifel zieht, fällt die Interessenabwägung zu Gunsten der Verfügungskläger aus. Die Darstellung vermittelt dem Zuschauer den Eindruck, als sei die Straftatbestände durch die Verfügungskläger tatsächlich erfüllt, nur eine Überführung sei aufgrund unzureichender Tätigkeit der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt. Es mangelt zudem an hinreichenden Beweistatsachen zur Unterstützung des schwerwiegenden Vorwurfs der Bestechung, Vorteilsgewährung und Korruption. Die Anforderungen an die Einhaltung der presserechtlichen Sorgfaltspflichten sind umso höher anzusetzen, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird. Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Berichterstattung in Bezug auf die in Rede stehende Äußerung nicht gerecht.
131Zudem ist die Wiederholungsgefahr als materielle Anspruchsvoraussetzung des Unterlassungsanspruchs gegeben. Diese wurde bereits durch die Erstbegehung indiziert (Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 12 Rn. 17 m.w.N.). Mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung der Verfügungsbeklagten bestand sie daher weiterhin.
132Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 100 Abs. 1 ZPO. Die in der mündlichen Verhandlung seitens der Verfügungskläger vorgenommene Konkretisierung des Verfügungsantrages zu Ziff. b) stellt kein Minus, sondern lediglich eine Spezifizierung des Antrags dar, so dass sich hieraus keine für die Verfügungskläger negative Kostenentscheidung ergibt. Aus dem Vortrag der Verfügungskläger ergibt sich, dass sie von Anfang an den Antrag zu Ziff. b) auf die Äußerung des Herrn Prof. T beschränken wollten. Insofern handelt es sich bei der Antragsfassung im Rahmen der mündlichen Verhandlung lediglich um eine Klarstellung.
133Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil ist nach der Natur des einstweiligen Rechtsschutzes auch wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 925 Rn. 2). Es wirkt wie die ursprüngliche einstweilige Verfügung und ist daher ohne besonderen Ausspruch mit der Verkündung vorläufig vollstreckbar (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 26. Auflage, § 925 Rn. 9). Soweit die einstweilige Verfügung aufgehoben wurde, ergibt sich die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
134Soweit die Verfügungskläger nach der mündlichen Verhandlung zur Sache weiter schriftsätzlich vorgetragen haben, ist dieser Vortrag als verspätet gemäß § 296 a ZPO zurückzuweisen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO scheidet vorliegend aus, da dies zu einer Verzögerung des einstweiligen Verfügungsverfahrens führen würde. Dies würde dem Charakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens als Eilverfahren widersprechen (vgl. OLG München NJW-RR 1994, 556).
135Streitwert: 25.000 € (2x12.500,- €)