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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage um Auskunft und Schadensersatz.
3Der Kläger ist Künstler und Urheber des Gemäldes „P“, Mischtechnik auf Leinwand. Er ist Mitglied der W. Die Beklagte ist Büromöbelherstellerin.
4Der Kläger überließ im Jahre 2009 das besagte Gemälde für eine Ausstellung seiner Werke an die Beklagte. Die Absprachen zu der Ausstellung wurden im Schreiben vom 06.05.2008 zwischen den Parteien festgehalten (Anlage B 2, Bl. 45 d. A.). Bei den überlassenen Werken handelte es sich ausweislich der Anlage K 1 (Bl. 10 d. A.) um die folgenden:
5Bilddatei entfernt
6Später, nach dem Ende der Ausstellung, stellte der Kläger fest, dass die Beklagte Abbildungen des Gemäldes „P“, welches sich als erstes auf der Anlage K 1 findet, auf ihrer Internetseite www.entfernt.de öffentlich zugänglich gemacht und in einem Printprospekt abgebildet hatte, wie in der Anlage K 2 und später in Farbe als Anlage zum Protokoll verdeutlicht (Bl. 11 f sowie 58 d. A.). Der Kläger wurde nicht als Urheber genannt. Die Abbildung des Gemäldes ist bildlich wie nachstehend wiedergegeben erfolgt:
7Bilddatei entfernt
8In der Folgezeit forderte der Kläger die Beklagte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie zur Auskunft und Lizenzzahlung auf. Während die Beklagte eine Unterlassungserklärung – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich abgab – verweigerte sie die Auskunft und die Zahlung einer fiktiven Lizenz.
9Der Kläger behauptet, der Beklagten die Nutzung seines Gemäldes in der in Rede stehenden Art und Weise nicht gestattet zu haben. Dass dies auch der Beklagten bewusst sei, ergäbe sich aus einer Email seines Förderers, X (Anlage K 7, Bl. 52 d. A.), nach welcher sich der Geschäftsführer der Beklagten diesem gegenüber dahingehend eingelassen habe, dass „die Aktion nicht bewusst geschehen sei“.
10Der Kläger beantragt,
111. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen, über den Zeitraum, während der das nachfolgend wiedergegebene Werk des Klägers P, Mischtechnik auf Leinwand; Archiv Nr. XXXXX; Masse 2XX cm x 1XX cm auf der Website der Beklagten www.entfernt.de öffentlich zugänglich gemacht wurde:
Bilddatei entfernt
142. Auskunft zu erteilen, an welcher sonstigen Stelle im Internet einschließlich sozialer Netzwerke und/oder offline, etwas in Katalogen das unter 1 näher beschriebene Werk des Klägers noch vervielfältigt und/oder öffentlich zugänglich gemacht wurde, und zwar ganz oder teilweise, selbst oder durch Dritte, jeweils mit dem jeweiligen Veröffentlichungszeitraum.
3. Nach erfolgter Auskunft werden wird beantragen, an den Kläger eine fiktive Lizenzgebühr nebst Zinsen iHv 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Sie behauptet, die besagte Nutzung des Werkes sei mit Zustimmung des Klägers erfolgt. Dieser habe damals den Wunsch geäußert, zumindest eines seiner Werke als Einrichtungsfotomotiv zur Verfügung stellen zu dürfen, jedoch ohne dass sein Name genannt würde, weil anderenfalls der Verdacht eines Direktvertriebs entstehen könnte, wodurch er Schwierigkeiten mit seiner Galerie in C bekäme. Hierüber sei seinerzeit ein Aktenvermerk gefertigt worden (Anlage B 1, Bl. 44 d. A.). Während der Ausstellung der Werke des Klägers sei ein neuer Verkaufskatalog erstellt und wie auch sonst üblich in den Ausstellungsräumen der Beklagten das Mobiliar abgelichtet worden und so auch das besagte Werk im Hintergrund.
20Die Beklagte ist im Übrigen der Auffassung, bei der Ablichtung des Werkes des Klägers im Hintergrund der Büromöbel handele es sich lediglich um ein unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Die Klage ist unbegründet. Die von dem Kläger im Wege der Stufenklage verfolgten Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz bestehen schon deshalb nicht, weil es an einer Rechtsverletzung des Klägers fehlt. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob das öffentliche Zugänglichmachen und Vervielfältigen des Werkes des Klägers im Online- und Printprospekt der Beklagten mit Zustimmung des Klägers geschah kam es daher nicht mehr an.
241. Ein Auskunftsanspruch des Klägers aus § 242 i.V.m. §§ 259, 260 BGB ist mangels Rechtsverletzung nicht gegeben.
25Ein solcher Auskunftsanspruch besteht neben – dem hier nicht streitgegenständlichen - Unterlassungsanspruch als allgemeiner Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung über alle zur Schadensberechnung erforderlichen Angaben gemäß §§ 242, 259,260 BGB.
26a. Zwar sind Aktiv- und Passivlegitimation unproblematisch. Denn der Kläger ist Urheber des im Internet der Beklagten abgebildeten Gemäldes. Auch ist die Beklagte passivlegitimiert. Denn unstreitig hat die Beklagte das in Rede stehende Gemälde in ihrem Internetauftritt und im Printprospekt im Hintergrund einer Büromöbelpräsentation abgebildet. Weiterhin handelt es sich bei dem Gemälde des Klägers um ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG geschütztes Werk.
27b. Zwischen den Parteien besteht indes keine rechtliche Sonderverbindung, nur weil bei der Beklagten seinerzeit die Ausstellung des Klägers stattfand und im Rahmen dieser das in Rede stehende Abbild des Gemäldes des Klägers gefertigt und Eingang auf die Internetseite der Beklagten, § 19 a UrhG und ihren Printkatalog fand, § 16 UrhG. Denn der Kläger ist auf die Auskunftserteilung durch die Beklagte schon deshalb nicht angewiesen, weil es durch die besagte Handlung zu keiner Rechtsverletzung durch die Beklagte kam. Denn das öffentliche Zugänglichmachen des Werks im Internet bzw. die Vervielfältigung im Printkatalog ist vorliegend von § 57 UrhG gedeckt.
28§ 57 UrhG bestimmt, dass die Vervielfältigung und die öffentliche Wiedergabe von Werken zulässig ist, wenn diese als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung anzusehen sind. Vorliegend ist das Gemälde des Klägers unwesentliches Beiwerk im Sinne der Vorschrift. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass § 57 UrhG als Ausnahmebestimmung tendenziell eng ausgelegt werden soll (Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auflage 2008, § 57 RN 2). Demnach sind bei allen Arten zufälliger Erscheinung des Werks die Grenzen des § 57 UrhG überschritten, wenn das geschützte Werk erkennbar in das eigentliche Bildgeschehen einbezogen ist oder gar absichtlich die Einbeziehung erfolgte (Dreier/Schulze, a. a. O., m. w. N.). Unwesentliches Beiwerk liegt also nur dann vor, wenn das Werk keine - auch unbedeutende - inhaltliche Beziehung zum Hauptgegenstand aufweist und durch seine Zufälligkeit und Beliebigkeit für ihn ohne jede Bedeutung ist. Der eigentliche Gegenstand muss derart beherrschend sein, dass das neben ihm erscheinende Beiwerk ohne Beeinträchtigung der Gesamtwirkung des Hauptgegenstandes und unmerklich ausgetauscht werden könnte (OLG München, 13.03.2008 – 29 U 5826/07, ZUM-RD 2008, 554 f m. w. N. aus der Lit.). Für das Erscheinen von geschützten Werken in Möbelprospekten hat das Oberlandesgericht München (09.06.1988 – 6 U 4132/87, NJW 1989, 404) entschieden, dass dies von § 57 UrhG nicht mehr gedeckt ist, wenn das Werk deutliche Akzente setzt. Für die Beurteilung der Frage des unwesentlichen Beiwerks hat dabei immer eine Einzelfallbetrachtung nach objektivem Maßstab aus Sicht des angesprochenen Betrachters zu erfolgen.
29Nach den aufgezeigten Grundsätzen setzt das Gemälde des Klägers keine so deutlichen Akzente in dem Einrichtungsfoto, dass es nicht mehr als unwesentliches Beiwerk zu betrachten wäre. Im Vordergrund des Einrichtungsfotos steht die von der Klägerin angebotene Büromöbelkollektion bestehend aus einer minimalistischen weißen Sitzecke nebst Tisch und Sideboard mit Projektionspaneel als auch – perspektivisch nach hinten versetzt - ein schwarzer minimalistischer Schreibtisch nebst schwarzem, recht hohen Sideboard. Der Blick des Betrachters – des Kaufinteressentens der Büromöbel der Klägerin - verfängt sich durch die gewählte Farbkombination der Büromöbel sowie die gewählte Perspektive zunächst nicht im Gemälde des Klägers. Der Blick des Betrachters gerät hierauf eher zufällig und nachfolgend. Das Gemälde selbst enthält zwar Formelemente und hängt beim Schreibtischbereich des Einrichtungsfotos, dennoch hebt es den Schreibtisch weder hervor noch setzt es ihn von der im Vordergrund zu sehenden Sitzgruppe ab. Diese Abhebung der beiden Büromöbelelemente voneinander geschieht vielmehr alleine durch die gewählte schwarz-weiß Kombination der Büromöbelelemente und die gewählte Ausstellungsperspektive; wobei die Abhebung auch vorrangig eine Ergänzung der Büromöbelelemente beinhaltet und zwar dadurch, dass sie allesamt minimalistisch gestaltet sind.
30Es sind also die Büromöbelelemente selbst, die sich von Farbe, Stil und Design her ergänzen und harmonieren sowie ihre Wirkung gegenseitig durch die gewählte Kombination und Perspektive unterstreichen. Dies insbesondere deshalb, weil die Möbelflächen selbst schwarz-weiß und damit unbunt gehalten sind. Eine durch schwarz-weiß erfolgte Kontrastsetzung verleiht einem Bild bzw. hier der Büromöbelkollektion eine besondere Dramaturgie in Aufbau und Darstellung. Ästhetische Möbelformen verbinden sich vorliegend mit hell-dunkel-Kontrasten nicht zuletzt durch die gewählte Perspektive bzw. den gewählten Elementeaufbau im Ausstellungsraum zu einer anmutig kraftvollen Möbelpräsentation.
31Dahingegen passt das bunte, vorrangig aus den Primärfarben rot, gelb und blau bestehende Gemälde des Klägers allenfalls von seinen Formelementen her zu diesen Büromöbelelementen, denn die Farbwahl und das Design, welches wenig minimalistisch ausgeprägt ist, ergänzt die Büromöbelelementkombination der Beklagten gerade nicht. Insbesondere harmoniert es farblich mit dieser nicht dergestalt, dass deren Wirkung unterstrichen würde. Die Assoziationen, die ein Betrachter mit den von dem Kläger gewählten Farben hat, ist eine andere, als diejenige, die durch die schwarz-weiße-Büromöbelelementkombination hervorgerufen wird. Die verwendeten Primärfarben lassen das Gemälde bunt und heiter erscheinen im Gegensatz zu der schlichten Dramaturgie der Farbgestaltung der Büromöbelelemente der Beklagten. Die fehlende Aktzentsetzung des Gemäldes des Klägers wird dadurch verdeutlicht, dass jedwedes Gemälde des Klägers aus der Anlage K 1 hätte nach Auffassung der Kammer dort aufgehängt werden können, da diese durch die Verwendung von Formen gekennzeichnet sind. Gleiches gilt für sämtliche andere abstrakte Gemälde. Diese „passten“ in die moderne minimalistisch geprägte Büromöbellandschaft genauso gut hinein, ohne dass sich am Gesamteindruck irgendeine Änderung ergäbe.
322. Da sich der Auskunftsanspruch aufgrund von Überlegungen als unbegründet erweist, die auch den weiteren, im Rahmen der Stufenklage geltend gemachten Lizenzansprüchen die Grundlage entziehen, war die Stufenklage bereits mit Entscheidung über die 1. Stufe in vollem Umfang abweisen (BGH, 08.05.1985 - IV a ZR 138/83, NJW 1985, 2405 f m. w. N.).
33Die Nebenentscheidungen folgen für die Kosten aus § 91 ZPO und für die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
34Streitwert:
35Anträge zu 1) und zu 2) insgesamt 1.800,00 €
36Antrag zu 3): 18.000,00 €.