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1.
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft am Geschäftsführer zu vollstrecken ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf,
zu unterlassen,
im Geschäftsverkehr Nutzern ihrer App „Y“ für Fahrten, die in Köln beginnen, eine Reduktion des Bruttofahrpreises von 50 % zu gewähren, indem sie diesen bei der Abrechnung von Taxifahrten nur den nach Abzug des gewährten Bonus verbleibenden Teil des tatsächlich geschuldeten Beförderungsentgelts berechnet und/oder mit der Gewährung einer solchen Preisreduzierung zu werben,
wenn dies geschieht wie nachstehend in den Aktionsbedingungen von Y für die „50%-Bonusaktion vom 01.11.-15.11.2015 in ausgewählten Regionen Deutschlands“ wiedergegeben:
2.
an die Klägerin 1.259,40 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz
- aus 629,70 € seit dem 28.10.2015
- aus 629,70 € seit dem 01.03.2017
an vorprozessualen Anwaltskosten zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; hinsichtlich des Unterlassungstenors zu 1.) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 38.500,00 €; im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer Rabattaktion im Bereich der Personenbeförderung mit Kraftdroschken sowie um die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
3Die Klägerin betreibt u.a. einen Taxivermittlungsdienst in Köln, dem 1.200 Taxen angeschlossen sind. Die Beklagte ist Betreiberin des Internetangebots www.anonym.com.
4In der Zeit vom 01.11. bis 15.11.2015 führte die Beklagte sog. „50 %- Bonusaktionen“ durch, wie aus dem Tenor zu 1.) ersichtlich. Bei dieser Rabattaktion wurde dem Fahrgast bei bargeldloser Zahlung die Hälfte des Fahrpreises von der Rechnung abgeschlagen. Die Abwicklung der vermittelten Taxifahrten während der Bonusaktion erfolgte so, daß der Taxifahrer, der die Beförderungsleistung im Rahmen der Aktion erbrachte, seinen Zahlungsanspruch gegen den Fahrgast vorab an die Beklagte abtrat und im Gegenzug einen Betrag in Höhe des vollständigen tariflich festgeschriebenen Entgelts erhielt. Auf diesen Betrag wurde eine prozentuale Gebühr für die von der Beklagten erbrachte Vermittlungsleistung angerechnet. Im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Fahrgast wurden 50% von der Rechnung abgeschlagen.
5Die Klägerin ließ die Beklagte deshalb mit anwaltlichem Schreiben vom 23.10.2015 abmahnen (Anlage K 6, Bl. 40 ff. d.A.).
6Die erkennende Kammer wies einen Verfügungsantrag der Klägerin mangels Dringlichkeit mit Beschluß vom 16.11.2015 zurück, Az.: 33 O 220/15. Das OLG Köln erließ im Beschwerdeverfahren eine einstweilige Verfügung mit Beschluß vom 17.12.2015, Az.: 6 W 134/15. Auf Widerspruch wurde diese einstweilige Verfügung mit Urteil der Kammer vom 22.03.2016 bestätigt. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten wurde am 20.01.2017 zurückgenommen. Die Klägerin versandte am 17.02.1017 ein Abschlußschreiben an die Beklagte. Diese gab keine Abschlußerklärung ab.
7Die Klägerin macht die Ansprüche nunmehr im Hauptsachverfahren geltend.
8Die Klägerin ist der Auffassung, die streitgegenständliche Rabattaktion verstoße gegen das Lauterkeitsrecht. Die Beklagte sei selbst Unternehmer im Sinne von § 3 PBefG. Die Beklagte intendiere die Verdrängung lokaler Vermittlungszentralen vom Markt.
9Die Klägerin beantragt,
10wie erkannt.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte ist der Auffassung, der Klägerin stehe der begehrte Unterlassungsanspruch unter keiner denkbaren Anspruchsgrundlage zu. Weder sei ein Verstoß gegen §§ 39 Abs. 3, 51 Abs. 5 PBefG noch gegen § 4 Nr. 4 UWG gegeben. Die streitgegenständliche Bonusaktion stelle keinen Verstoß gegen das Personenbeförderungsgesetz dar. Die Tarifpflicht der §§ 39 Abs. 3 und 51 Abs. 5 PBefG gelte weder unmittelbar noch mittelbar für die Beklagte. Ferner liege schon keine Unterschreitung des festgesetzten Beförderungsentgeltes und damit kein Verstoß gegen die geltende Tarifpflicht vor. Die Beklagte sei keine Normadressatin des PBefG. Die Regelungen des PBefG seien ausschließlich auf die Personenbeförderungsunternehmen im Sinne des § 3 Abs. 2 PBefG anwendbar. Die Beklagte sei indes kein Personenbeförderungsunternehmen in diesem Sinne. Die Beklagte trete am Markt als Taxivermittlerin auf und betreibe kein Geschäftsmodell als Taxiunternehmen. Die Beklagte besitze nicht einmal ein einziges Taxi, ebenso wenig Einrichtungen oder Personal für Personenbeförderung. Sie führe auch keine Beförderungsleistungen in eigener Verantwortung durch und habe keinerlei Einfluss darauf, ob und wann sich ein Fahrer eine Taxifahrt vermitteln lassen. Sie machte keinerlei Vorgaben zu den eingesetzten Fahrzeugen oder der geschäftlichen Organisation der selbstständigen und unabhängigen Taxiunternehmer. Die Beklagte lasse sich lediglich – wie jede Taxizentrale – für ihre erfolgreiche Vermittlungsleistung eine Vermittlungsprovision vergüten. Weder werde die Beklagte Vertragspartnerin der Beförderungsleistung, noch gebe sie sich diesen Anschein. Die streitgegenständliche Bonusaktion der Beklagten unterschreite nicht die behördlich festgesetzten Beförderungsentgelte im Sinne der §§ 51 Abs. 5, 39 Abs. 3 PBefG. Die Beklagte zahle vielmehr das volle tarifliche Beförderungsentgelt an die Taxiunternehmer. In der streitgegenständlichen Bonussaktion liege auch kein Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 4 UWG. Die Bonusaktion sei objektiv nicht dazu geeignet, Wettbewerber vom Markt zu verdrängen, da es bereits an der hierfür erforderlichen Marktmacht der Beklagten fehle. Es mangele auch an der notwendigen Verdrängungsabsicht, da die streitgegenständliche Aktion lediglich die Bewerbung der Vermittlungsleistung der Beklagten zur Finanzierung ihres Markteintritts sowie zur Förderung der von ihr angebotenen Funktionalität „Y-Payment“ diene. Nach Auffassung der Beklagten müsse es zulässig sein, zur Förderung des Absatzes eigener Produkte oder Dienstleistungen die Taxikosten des Kunden sogar vollständig zu übernehmen oder einen kostenlosen Taxiservice anzubieten. Nichts anderes tue die Beklagte, wenn sie zur Bewerbung ihrer kostenlosen Vermittlungsleistungen als Zugabe einen Teil der bei den vermittelten Taxifahrten entstehenden Taxikosten übernehme, um als junges Unternehmen den Markteintritt in den bisher von der Klägerin als Monopolisten allein beherrschten Markt zu erreichen und neue Marktanteile zu gewinnen. Die teilweise Übernahme von Fahrkosten begründe nicht die ernsthafte Gefahr, einen oder mehrere Mitbewerber dauerhaft vom Markt zu verdrängen. Die vorübergehende und zeitlich jeweils befristete Durchführung von Marketingaktionen für die Beklagte sei ein sinnvolles und zulässiges Mittel. Allein schon wegen der lediglich vorübergehenden Natur der streitgegenständlichen Bonusaktion sei eine objektive Eignung zur Verdrängung nicht gegeben. Die Aktion habe auch keine Auswirkungen im Sinne einer erhöhten Nachfrage gehabt. Die Beklagte verfüge nur über eine viel zu geringe Marktmacht, um überhaupt eine objektive Eignung zur Verdrängung von Mitbewerbern bewirken zu können. Daran ändere sich auch nichts durch eine etwaige finanzstarke Muttergesellschaft. Die Klägerin hingegen verfüge über einen Marktanteil von ca. 99 % im Kölner Taximarkt.
14Die Akten des einstweiligen Verfügungsverfahrens, Az.: 33 O 220/15, sowie OLG Köln, Az.: 6 W 134/15, lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Klage ist zulässig und begründet.
18I.
19Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung im tenorierten Umfang aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 3 a UWG bzw. § 4 Nr. 11 UWG a.F. in Verbindung mit §§ 39 Abs. 1, 3, 51 Abs. 5 PBefG zu.
201. Die Klägerin ist aktivlegitimiert nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, da die Parteien Mitbewerber sind.
21Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist Mitbewerber jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Dabei sind im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes an das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses keine hohen Anforderungen zu stellen (BGH‚ GRUR 2006, 1042, Rn. 16 - Kontaktanzeigen). Anzuknüpfen ist an die konkrete geschäftliche Handlung, die im vorliegenden Fall in der Vermittlung von Taxibeförderungsleistungen besteht.
22Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist dann anzunehmen, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen mit der Folge, daß das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann (BGH, GRUR 2007, 978 Rn. 16 - Rechtsberatung durch Haftpflichtversicherer).
23Da vorliegend beide Parteien Taxibeförderungsdienstleistungen mittels einer App erbringen, sind ihre Dienstleistungen aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise - der Fahrgäste - als austauschbar anzusehen. Das Wettbewerbsverhalten der Beklagten kann mithin die Klägerin im Absatz beeinträchtigen.
242. Die streitgegenständliche Bonusaktion in Form der Gewährung eines Preisnachlasses auf den Taxifahrpreis ist nach §§ 3, 3 a UWG bzw. § 4 Nr. 11 UWG a.F., §§ 39 Abs. 1, Abs. 3, 51 Abs. 5 PBefG unlauter.
25Die Vorschrift des § 39 PBefG stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3 a UWG bzw. § 4 Nr. 11 UWG a.F. dar. Da die Klägerin ihren Anspruch auf Wiederholungsgefahr stützt, ist ihre Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Entscheidungszeitpunkt. Bei §§ 39 Abs. 1, Abs. 3, 51 Abs. 5 PBefG handelt es sich um Vorschriften, die den Preiswettbewerb zwischen den Taxidienstleistern regeln. Zweck des Verbots ist es, daß von den im Tarif ausgeglichenen Interessen aller Beteiligten bzgl. der Höhe des Entgelts nicht abgewichen werden soll. Damit ist eine Marktverhaltensregelung sowohl zum Schutz der Verbraucher als auch sonstiger Marktteilnehmer gegeben.
263. Mit der Gewährung von Preisnachlässen auf den Taxifahrpreis hat die Beklagte gegen §§ 39 Abs. 1, 3, 51 Abs. 5 PBefG verstoßen. Die Beklagte ist Normadressat der genannten Regelungen. Nach § 39 Abs. 3 PBefG dürfen die nach Absatz 1 festgestellten Beförderungsentgelte - hier die durch Taxentarif gemäß § 51 PBefG festgesetzten Preise - nicht über- oder unterschritten werden.
27Zwar ist die Beklagte kein Unternehmer im Sinne der §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 2 PBefG, da sie keine eigene Beförderungsleistung durchführt, sondern Beförderungsleistungen der angeschlossenen Taxiunternehmen vermittelt. Eine eigene Beförderungsleistung im Sinne des PBefG läge nur dann vor, wenn die Beklagte den Verkehr im eigenen Namen, auf eigene Verantwortung und eigene Rechnung betreiben würde (§ 3 Abs. 2 PBefG). Diese Voraussetzungen liegen zumindest kumulativ hier nicht vor.
28Gleichwohl unterfällt die Beklagte der Preisbindung nach § 39 Abs. 3 S. 1 PBefG. Die Beklagte ist unmittelbarer Normadressat der Regelung des § 39 PBefG. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Norm, als auch aus deren systematischem Zusammenhang innerhalb des PBefG sowie aus dem Telos der Vorschrift. Ziel der tariflichen Preisbindung ist es, einen ruinösen Preiswettbewerb im Kraftdroschkengewerbe zu verhindern und so das für die allgemeine Daseinsvorsorge wichtige Funktionieren des örtlichen Taxenverkehrs zu sichern. Würde man die Regelung so eng auslegen, daß nur die Taxiunternehmen im Sinne von § 3 Abs. 2 PBefG der Preisbindung unterliegen, könnte dieser Zweck faktisch nicht erreicht werden. Der Preiswettbewerb würde auf diese Weise nur auf die Ebene der Taxivermittler verlagert werden. Dies hätte aber wie ein Preiswettbewerb auf Taxiunternehmerebene genau die Folgen, die das Gesetz ausweislich der amtlichen Begründung gerade verhindern will. Ein Preiswettbewerb der Vermittler würde sich zumindest über die Anhebung von Provisionen bzw. Mitgliedsbeiträgen unmittelbar auf die angeschlossenen Taxiunternehmen auswirken. Dies folgt schon aus dem Umstand, daß es nur die Taxiunternehmer sind, welche die Vermittler finanzieren. Die Vermittlungsleistung an sich ist für den Endkunden kostenfrei. Die Unternehmer müssten daher den Preiswettbewerb finanzieren, könnten aber gleichzeitig ihre erhöhten Kosten aufgrund der Regelung des § 39 Abs. 3 PBefG nicht an den Endkunden weitergeben. Ein ruinöser Verdrängungswettbewerb wäre die Folge. Diesen will die Regelung aber ausdrücklich verhindern. Ihr Regelungszweck würde demnach bei einer engen Auslegung vollkommen leerlaufen. Eine enge Auslegung würde außerdem der wirtschaftlichen Realität des Taxigewerbes, die gerade auf einem engen Zusammenspiel von ausführenden Taxiunternehmern und vorgeschalteten Vermittlern beruht, nicht gerecht werden, da die einzelnen Taxiunternehmen auf die Vermittlung größerer Zentralen angewiesen sind.
29Auch der Wortlaut des § 39 Abs. 3 PBefG lässt eine solche Auslegung der Norm zu. Im Gegensatz zu anderen Normen des PBefG - wie beispielsweise §§ 6, 21 Abs. 1, 22, 23 PBefG - die ausdrücklich schon nach ihrem Wortlaut nur Unternehmer im Sinne von § 3 Abs. 2 PBefG verpflichten bzw. ansprechen, ist § 39 Abs. 3 S. 1 PBefG offen formuliert. Er enthält keine ausdrückliche Beschränkung auf Unternehmer, sondern vielmehr eine allgemeine Verpflichtung, daß die behördlich vorgeschrieben Tarife nicht über-/unterschritten werden dürfen. Daraus folgt auch, daß die hier zugrunde gelegte Auslegung des § 39 Abs. 3 S.1 PBefG entgegen der Auffassung der Beklagten keinen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz oder das Analogieverbot darstellt. Vielmehr hält sich dieses Vorgehen gerade innerhalb der vom Gesetzgeber gesteckten Grenzen, wie sowohl die Betrachtung des Wortlauts, als auch die Systematik des PBefG und der Sinn und Zweck der Norm zeigen.
30Hinzu kommt, daß die Situation im vorliegenden Fall weitere Besonderheiten aufweist. Die Beklagte wird im Rahmen der Rabattaktion sehr viel intensiver in die konkrete Abwicklung des einzelnen Beförderungsverhältnisses eingebunden, als dies bei der „klassischen" Vermittlertätigkeit der Fall wäre. Die Aufgabe des klassischen Vermittlers endet normalerweise in dem Moment, in dem der Fahrgast die konkrete Taxe besteigt. Die Beklagte hingegen hat zumindest im Hinblick auf die Fahrten, für die eine Rabattierung angeboten wird, einen sehr viel weitgehenderen Aufgabenbereich, der in die eigentlich dem konkreten Taxiunternehmer obliegenden Aufgaben hineinreicht. So wird die Entgeltforderung des Taxiunternehmers schon im Vorhinein an die Beklagte abgetreten. Der Taxiunternehmer erhält seine Bezahlung nicht unmittelbar vom Fahrgast, sondern von der Beklagten. Die konkrete Abrechnung der Fahrt vollzieht sich nicht wie üblich im Verhältnis Taxiunternehmer - Fahrgast, sondern im Verhältnis Fahrgast - Fahrtvermittlerin. Es bestehen somit im Verhältnis der beteiligten Parteien und vor allem im Verhältnis zwischen der Beklagten und den jeweiligen Taxiunternehmern weitreichende vertragliche Verflechtungen. Der Beklagten kommt eine sehr viel zentralere Rolle zu, als einer reinen Vermittlerin. Sie ist zumindest aus Sicht des Fahrgasts die Zentralgestalt des Geschehens.
31Durch die 50%-Bonusaktion der Beklagten, bei der der Fahrgast einen um die Hälfte reduzierten Beförderungspreis bezahlt, wird der Tatbestand des § 3 a UWG bzw. § 4 Nr. 11 UWG a.F. verwirklicht. Die Beklagte als Normadressatin unterschreitet mit ihrer Aktion die nach dem Taxentarif festgesetzten Beförderungsentgelte entgegen dem Verbot nach § 39 Abs. 3 PBefG. Der vom Fahrgast verlangte Preis für die Taxifahrt entspricht nicht dem festgesetzten Beförderungsentgelt, sondern ist um die Hälfte reduziert.
32Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie sich auch nicht darauf berufen, daß der Taxifahrer ja das volle tarifliche Beförderungsentgelt erhalte. Nach der amtlichen Begründung (BT-Drucks 3/255, 30) ist der Festpreischarakter der Beförderungsentgelte bei den betroffenen Verkehrsarten bzw. Verkehrsformen im Interesse der Gesamtwirtschaft und der Ordnung im Verkehr sowie zur Koordinierung der Beförderungsentgelte der einzelnen Verkehrsträger untereinander und im Verhältnis zum Schienenverkehr unerlässlich. Der Festtarif soll unbilligen und ruinösen Wettbewerb unter den Unternehmen verhindern. Diesem Zweck würde das Modell der Beklagten zuwiderlaufen. Der Endkunde zahlt hier für seine Fahrt nur den halben Betrag und nicht die volle Summe. Dabei unterscheidet der Endkunde, selbst wenn er in den AGB der Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen wird, tatsächlich nicht danach, daß der Taxiunternehmer den vollen Betrag erhält und er selbst dann an den Vermittler nur einen verminderten Betrag bezahlen muß. Vielmehr stellt sich aus Sicht des Kunden die Fahrt und Bezahlung als einheitlicher Vorgang dar, der um 50 % günstiger ist als bei solchen Taxiunternehmen, die nicht mit der Beklagten zusammenarbeiten.
33Es fehlt vorliegend an einer Sondervereinbarung der Beklagten im Sinne von § 51 Abs. 2 PBefG, die eine Abweichung von den festgeschriebenen Beförderungsentgelten ausnahmsweise erlauben würde. Die von der Beklagten in Bezug genommene Stellungnahme der Hamburger Aufsichtsbehörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation führt nicht zu einer anderen Bewertung. Eine Bindungswirkung der Stellungnahme für das erkennende Gericht ist nicht gegeben. Die Stellungnahme beachtet die zuvor erörterten Gesetzesintentionen zudem nicht hinreichend.
34Die Rabattaktion der Beklagten ist im Übrigen auch nicht mit dem Fall eines Gutscheins für eine Taxifahrt zu vergleichen, da in diesem Fall der volle Preis für die Beförderung entrichtet wird. Die Bezahlung erfolgt hier durch einen Gutschein und nicht in bar oder mittels Kreditkarte. Damit ist keine Rabattierung verbunden.
35Diese Bewertung steht im Einklang mit der Beurteilung durch den EuGH in der Rechtssache C-434/15 – Asociación Profesional Elite Taxi / Uber Systems Spain SL. Mit Urteil vom 20.12.2017 stellt der Gerichtshof fest, daß ein Vermittlungsdienst wie die dort in Rede stehende elektronische Plattform Uber, der es mittels einer Smartphone-Applikation ermöglichen soll, gegen Entgelt eine Verbindung zwischen nicht berufsmäßigen Fahrern, die das eigene Fahrzeug benutzen, und Personen herzustellen, die im innerstädtischen Bereich eine Fahrt unternehmen möchten, als mit einer Verkehrsdienstleistung untrennbar verbunden anzusehen und daher als Verkehrsdienstleistung im Sinne des Unionsrechts einzustufen ist. Eine solche Dienstleistung ist daher vom Anwendungsbereich des freien Dienstleistungsverkehrs im Allgemeinen sowie der Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt und der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr auszuschließen. Diese Wertung ist entsprechend auf den vorliegenden Fall einer Smartphone-Applikation zur Ermöglichung einer Verbindung mit berufsmäßigen Taxifahrern zu übertragen. Auch die Beklagte erbringt demnach eine Verkehrsdienstleistung in diesem Sinne und ist mithin als Normadressatin von § 39 Abs. 3 PBefG anzusehen.
364. Aufgrund des dargelegten Wettbewerbsverstoßes streitet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr. Diese Wiederholungsgefahr bezieht sich auch auf das Stadtgebiet Köln, da die Beklagte ihre Bonusaktion u.a. dort durchführte.
37II.
38Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung vom 23.10.2015 in Höhe von 629,70 € gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
39Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten für das Abschlußschreiben vom 17.02.2017 in Höhe von weiteren 629,70 € nach §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300, Nr. 7002 VV RVG gemäß §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB.
40Der Zinsansprüche ergeben sich aus §§ 286, 288 BGB.
41III.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
43Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.
44Der Streitwert wird auf 35.000,00 EUR festgesetzt.