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1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 19.04.2018, Az.: 148 C 498/17, abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.495,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2014 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits in 1. und 2. Instanz tragen der Beklagte.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
G R Ü N D E :
2I.
3Die Klägerin macht wegen der von ihr behaupteten Verletzung ausschließlicher Nutzungsrechte an dem Computerspiel „Metro Last Light“ gegen den Beklagten Ansprüche auf Zahlung von Lizenzschadensersatz i.H.v. 750,00 € und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 745,40 € geltend.
4Das streitgegenständliche Computerspiel wurde erstmals im Mai 2013 veröffentlicht. Im Anschluss wurde es ohne Zustimmung der Rechteinhaber in Peer-to-Peer-Netzwerken, so genannten Filesharing-Tauschbörsen, anderen Nutzern zum kostenlosen Download angeboten.
5Im Rahmen von der Klägerin hierzu veranlassten Ermittlungen teilte die von der Klägerin beauftragte Firma U GmbH (ehemals F GmbH bzw. F UG) der Klägerin mit, dass sie mittels der von ihr eingesetzten Software „Network Activity Recording and Supervision“ („NARS“) und einer Überprüfung der jeweiligen Daten festgestellt habe, dass das streitgegenständliche Spiel am 07.09.2013 um 18:08:47 Uhr unter der IP-Adresse ###### von Nutzern eines Filesharing-Netzwerkes anderen Nutzern zum Download angeboten worden war (BI. 13 d. A.).
6Der zuständige Provider erteilte der Klägerin aufgrund eines von dieser bei dem Landgericht Köln gemäß § 101 Abs. 9 UrhG erwirkten Gestattungsbeschlusses (Anlage K 4) die Auskunft, dass die festgestellte IP-Adresse zu dem angegebenen Tatzeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen war (Anlage K 5, Bl. 13 d. A.).
7Der Beklagte war im Jahr 2013 Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Verbindung, welches mittels individuellen Passwortes gesichert war. Er wohnte damals mit seiner Ehefrau sowie seinen drei Kindern zusammen.
8Die Klägerin ließ den Beklagten mit rechtsanwaltlichem Schreiben vom 21.01.2014 wegen der streitgegenständlichen Rechtsverletzung abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung eines Pauschalbetrages von 800,- € bis zum 31.01.2014 auffordern, diesbezüglich wird auf die als Anlage K 8 eingereichte Abmahnung (Bl. 148 ff. d.A.) verwiesen. Der Beklagte leistete keine Zahlung, gab jedoch die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab.
9Mit Urteil vom 19.04.2018 (Bl. 168 d.A.), dessen Rubrum mit Beschluss vom 15.06.2018 berichtigt worden ist (BI. 190 d.A.), hat das Amtsgericht Köln die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte nicht passivlegitimiert sei, da es an einer tatsächlichen Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers fehle, da es bereits an einer zuverlässigen Zuordnung der angeblich ermittelten IP-Adresse zum Anschluss des Beklagten fehle. Es sei nämlich nur ein einziger angeblicher Verletzungszeitpunkt ermittelt worden, so dass, anders als bei Ermittlung einer Vielzahl von Rechtsverletzungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlichen IP-Adressen, ein Fehler bei der Zuordnung nicht ausgeschlossen werden könne. Hinsichtlich der Zuordnung der IP-Adresse fehle ein taugliches Beweisangebot der Klägerseite, die somit beweisfällig geblieben sei.
10Wegen der erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen und der Einzelheiten der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil vom 19.04.2018 (Bl. 168 ff. d.A.) Bezug genommen, § 540 ZPO.
11Gegen das ihr am 27.04.2018 zugestellte Urteil des Amtsgerichts vom 19.04.2018 hat die Klägerin Berufung eingelegt, und zwar mit am 28.05.2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz; die Berufung hat sie – nach Fristverlängerung bis 27.07.2018– begründet mit am 27.07.2018 eingegangenem Schriftsatz.
12Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt insbesondere die Auffassung, dass das Amtsgericht sich verfahrens- und rechtsfehlerhaft über den durch den Klägervortrag samt Beweisantritt begründeten Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der Providerauskunft hinweggesetzt habe. Jedenfalls sei sie hierfür nicht beweisfällig geblieben sondern habe in der mündlichen Verhandlung Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten (siehe S. 2 des Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.03.2018, Bl. 165R d.A.).
13Sie hat bereits erstinstanzlich behauptet, dass die entsprechende IP-Adresse und das Angebot zum Herunterladen des streitgegenständlichen Computerspiels korrekt ermittelt worden seien und die IP-Adresse dem Beklagten zugeordnet gewesen sei. Eine zuverlässige Ermittlung sei auch ohne vollständigen Download und anhand nur eines Ermittlungsergebnisses möglich.
14In der Berufungsbegründung hat sie ergänzend und vertiefend zu der Ermittlung durch die U GmbH vorgetragen, für die Einzelheiten wird auf 12-19 der Berufungsbegründung vom 25.07.2018 (Bl. 215R-219 d.A.) verwiesen. Des Weiteren hat sie mit Schriftsatz vom 18.01.2019 die vollständigen Ermittlungsprotokolle (Anlagenkonvolut K13, Bl. 246ff. d.A.) vorgelegt und behauptet hierzu, diese dokumentierten den jeweiligen Kommunikations- und Datentransfer zwischen dem Tatrechner und dem Server der U GmbH.
15Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich behauptet, sie sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Computerspiel „Metro Last Light“. Dies gehe ihrer Ansicht nach zum einen daraus hervor, dass sie die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte im Zuge eines Asset Purchase Agreements vom 23.01.2013 von der U1 , Inc. im Zuge eines Insolvenzverfahrens der U1 , Inc. nach D 11 erworben habe (Bl. 12R d. A., ausführlich Bl. 94R f. d. A., Anlagen K1 und 2, Bl. 107 ff. und 114 ff. d.A.), und sie zum anderen daher auch auf der Umverpackung des Computerspiels und der DVD namentlich genannt werde (Anlage K 3, Bl. 127 f. d.A.).
16Sie hat ebenfalls bereits erstinstanzlich behauptet, dass die für das Computerspiel aufgewandte Lizenz- und Entwicklungsgebühr mehr als 5 Millionen US-Dollar (Anlage K9) und der durchschnittliche Verkaufspreis jedenfalls zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung 36,52 € (Bl. 104 d.A.) betragen habe, wohingegen der Beklagte einen Preis von 21,99 € behauptet (Bl. 162 d.A.). Tatsächlich betrage eine Lizenz zum Bereitstellen des Spiels zum kostenlosen Download mindestens 5.000,- €/Woche (im Einzelnen: Bl. 14R d.A.).
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 19.04.2018, Az. 148 C 498/17, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,
191. an die Klägerin einen Betrag von 745,40 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2014 zu zahlen;
202. an die Klägerin einen weiteren Betrag von 750,- € nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2014 zu zahlen.
21Der Beklagte beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen;
23hilfsweise: die Revision gegen das Berufungsurteil zuzulassen.
24Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er rügt den neuen Vortrag der Klägerin zur Ermittlung als verspätet.
25Der Beklagte hat bereits erstinstanzlich behauptet, dass er die vorgeworfene Rechtsverletzung nicht begangen habe. Der Titel des Computerspiels „Metro Last Light" sei ihm bis heute unbekannt. Zur angeblichen Tatzeit (07.09.2013, 18:08:47 Uhr) hätten neben ihm auch seine Ehefrau N, sein Sohn O (geb. 7.02.1998), seine Tochter O1 (geb. 9.12.1995) sowie sein Sohn U2 (geb. 13.09.1991) Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt (BI. 36 d.A.). Die Familie habe zur streitgegenständlichen Zeit über einen Computer verfügt, auf den alle Familienmitglieder hätten zugreifen können. Des Weiteren hätten sein Sohn U2 sowie seine Tochter 01 jeweils zusätzlich über eigene Laptops verfügt. Jedes Familienmitglied habe darüber hinaus über ein eigenes internetfähiges Smartphone verfügt, mit welchem jeweils auf den Internetanschluss des Beklagten hätte zugegriffen werden können (Bl. 37 d.A.). Er schätze seine Kenntnisse sowie die Kenntnisse seiner Ehefrau in Bezug auf Computer und Internet als Grundkenntnisse ein. Sie beide nutzten den Internetanschluss vorwiegend zur Kommunikation via E-Mail, zur Informationsbeschaffung sowie zum allgemeinen Surfen. Die Kinder des Beklagten verfügten allesamt über weitergehende Kenntnisse als der Beklagte und dessen Ehefrau; sie nutzten ihre Geräte bzw. den Internetanschlusses vorwiegend zu schulischen Zwecken sowie für Social Media und zur allgemeinen Informationsbeschaffung; die Tochter des Beklagten ferner zur Bildbearbeitung. Er hat weiter behauptet, er und seine Ehefrau hätten die Kinder bereits vor Erhalt der Abmahnung über die ordnungsgemäße Nutzung des Internets belehrt und ihnen die Nutzung von Tauschbörsensoftware untersagt. Nach Erhalt der Abmahnung habe er zunächst vergeblich selbst versucht, auf seinem Computer Filesharing-Software zu finden und sodann seine übrigen Familienmitglieder befragt. Diese hätten die Rechtsverletzung ihm gegenüber nicht eingeräumt, er meint jedoch, sie alle kämen dennoch als Täter in Betracht. Den zur Zeit der Rechtsverletzung genutzten Router habe er mit seinen Kindern installiert und hierbei die WPA2-Verschlüsselung sowie die Passwortsicherung des WLAN aktiviert. Vor Erhalt der Abmahnung habe er keinerlei Anhaltspunkte für Urheberrechtsverletzungen über seinen Internetanschluss gehabt. Da zwischen der angeblichen Rechtsverletzung und dem Zugang der Mahnung ca. 4,5 Monate vergangen seien, seien ihm als Inhaber eines privaten Internetanschlusses weitergehende Angaben zur konkreten Internetnutzung durch seine Familienmitglieder nicht zumutbar.
26Schließlich hat er in der Klageerwiderung die Einrede der Verjährung erhoben.
27Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
28Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 19.09.2019 (Bl. 276 d.A.) durch Einvernahme des Zeugen U3 . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2020 (Bl. 307 d.A.) verwiesen.
29II.
30Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
31Die Berufung ist statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4, 517, 519, 522 ZPO.
321.
33Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 750,- Euro gemäß § 97 Abs. 2 UrhG i.V.m. §§ 69c Nr. 4, 15, 19 a UrhG zu.
34a)
35Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Rechte an dem streitgegenständlichen Computerspiel.
36Die Klägerin hat im Detail und unter Bezeichnung der einzelnen Verträge die Rechtekette bis zum Entwickler des Computerspiels, der Fa. U1 , vorgetragen. Dieses Vorbringen hat der Beklagte nicht in erheblicher Weise bestritten, insbesondere nicht vorgetragen, wer, wenn nicht die Klägerin, für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die hier relevanten Rechte an dem streitgegenständlichen Computerspiel halte. Er hat lediglich, insoweit richtig, bemängelt, dass die Verträge nicht vollständig vorgelegt wurden. Hinzukommt jedoch, dass für die hier relevanten Rechte das Cover und die Umverpackung des streitgegenständlichen Spiels vorgelegt wurden, auf denen die Klägerin als Rechteinhaberin genannt ist (Anlage K 3, Bl. 127 d.A.). Die in der Praxis nicht selten bestehenden Schwierigkeiten des Nachweises der Urheberschaft und der Inhaberschaft von ausschließlichen Nutzungsrechten haben den Gesetzgeber dazu bewogen, deren effektive Durchsetzung durch die Vermutungsregelungen gemäß § 10 UrhG, die die Vorgaben gemäß Art. 5 Buchst. a und b der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzen, zu gewährleisten. Soweit die Vermutungswirkungen des § 10 Abs. 3 UrhG – wie im Streitfall – nicht greifen, ist in jedem Fall ein Indizienbeweis zulässig, bei dem mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I mit weiteren Nachweisen). Dieser Indizienbeweis ist hier durch die Verträge, soweit vorgelegt, und die Vorlage des Covers und der Umverpackung in der Zusammenschau geführt und nicht durch das Vorbringen des Beklagten eingeschränkt oder gar erschüttert.
37b)
38Es ist davon auszugehen, dass der Beklagte passivlegitimiert ist.
39aa)
40Die Kammer hat keine Bedenken, dass die Zuordnung der IP-Adresse zu dem fraglichen Zeitpunkt zutreffend zu dem Anschluss des Beklagten erfolgt ist.
41Die Zuordnung der IP-Adresse zu der Benutzerkennung als solche erfolgt beim Internetprovider in einem automatisierten Verfahren (vgl. Urteil der erkennenden Kammer vom 18.10.2013 - 14 O 306/13; Urteil vom 02.06.2016 - 14 S 1/14; Urteil vom 08.06.2017 - 14 S 16/16). Irrtümliche Zuweisungen seitens eines Mitarbeiters sind damit ausgeschlossen (Urteil der Kammer vom 11.06.2018 – 14 S 8/17). Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I) gilt selbst im Falle der händischen Zuordnung der IP-Adresse zum Anschluss des Kunden:
42„Der Beweis, dass eine durch das mit den Nachforschungen beauftragte Unternehmen ermittelte IP-Adresse zum Tatzeitpunkt einem konkreten Internetanschluss zugeordnet war, kann regelmäßig durch die vom Internetprovider im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zur Aufklärung von Urheberrechtsverletzungen im Wege des Filesharing durchgeführte Zuordnung geführt werden. Fehlt es an konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlzuordnung, ist es nicht erforderlich, dass ein Tonträgerhersteller nachweist, dass die durch den Internetprovider vorgenommenen Zuordnungen stets absolut fehlerfrei sind.“
43Es bestehen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass es im Rahmen der in einem automatisierten Verfahren erfolgenden Beauskunftung zu Fehlfunktionen der Software gekommen sein könnte. Im Rahmen von Beweiserhebungen zur automatisierten Zuordnung von IP-Adressen vor der im Schwerpunkt mit Urheberrechtsstreitsachen befassten Kammer haben Zeugen zudem mehrfach glaubhaft bekundet, dass bei etwaigen Software-Fehlern oder -Störungen gerade kein Ergebnis ausgeworfen werde. Anhaltspunkte dafür, dass von Seiten eines Mitarbeiters des Internet-Providers durch Manipulationen in die automatisierte Zuordnung eingegriffen worden wäre, sind nicht erkennbar und von Beklagtenseite auch nicht vorgetragen.
44bb)
45Das streitgegenständliche Computerspiel ist von dem Internetanschluss des Beklagten aus über eine Internettauschbörse im Sinne von §§ 69 c Nr. 4, 15, 19 a UrhG öffentlich zugänglich worden.
46Für die Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses hatte die Klägerin bereits in der Anspruchsbegründung die Einvernahme des Zeugen Herrn U3 zum Beweis der Behauptung angeboten, dass das streitgegenständliche Computerspiel von dem Anschluss des Beklagten im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse zum Download angeboten worden sei (Bl. 11ff. d.A.).
47Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass am 07.09.2013 um 18:08:47 Uhr von einem Internetanschluss aus, dem zu diesem Zeitpunkt die IP-Adresse ###### zugeordnet war, eine Datei oder Teile einer Datei mit dem Infohashwert 6EA65D9BFF59088E87EBCDCD61E7229900C4876F im Bittorrent-Netzwerk anderen Nutzern zum Herunterladen angeboten wurde und die Datei mit diesem Infohashwert das Computerspiel „Metro Last Light“ enthält.
48Dabei steht zunächst zur Überzeugung der Kammer fest, dass die von der U GmbH durchgeführten Ermittlungen zutreffend waren. Insofern stützt sich die Kammer maßgeblich auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, d.h. die Aussage des Zeugen U3 . Dieser hat in einer ausführlichen Beweisaufnahme Schritt für Schritt die Ermittlungen gut nachvollziehbar und im Detail erläutert.
49Der Zeuge hat zu Beginn anhand der als Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2020 genommenen Screenshots, die insoweit ausreichend nachvollziehbar sind, erläutert, dass er die hier relevante Torrent-Datei, die genutzt wurde, um im Bittorrent-Netzwerk nach Angeboten zum Herunterladen des streitgegenständlichen Spiels zu suchen, am Tag vor der Beweisaufnahme restaurierte und feststellte, dass das zugehörige Spiel lauffähig ist.
50Die Kammer ist überzeugt davon, dass bereits zuvor beim Ermittlungsvorgang verifiziert wurde, dass das streitgegenständliche Spiel enthalten ist, auch wenn der Zeuge hierzu nicht aus eigener Wahrnehmung hinsichtlich der Verifizierung selbst berichten konnte. Seine eigene Wahrnehmung bezog sich aber auf die durchgeführten Abläufe bei der U GmbH. Danach gleichen sowohl das Ermittlungssystem selbst als auch Mitarbeiter manuell die heruntergeladene Datei mit dem streitgegenständlichen Spiel ab, das sie von der Auftraggeberin erhalten, und zwei Mitarbeiter überprüfen dann die gefundenen Ergebnisse des Ermittlungssystems/der Mitarbeiter, indem sie das Spiel anspielen, nachdem ihr Rechner in den Urzustand versetzt wurde, d.h. zuvor vollständig gereinigt und eine Vorkonfiguration ohne eventuelle auf dem Rechner vorhandene Datei(fragmente) einer vorangegangenen Verifizierungsvorgangs hergestellt wurde. Dass dieser Routineablauf stattfindet, liegt im Wahrnehmungsbereich des Zeugen. Das streitgegenständliche Spiel wurde hierbei nicht nur für die hier streitgegenständliche Einmalerfassung verifiziert, sondern mit dem zu der heruntergeladenen Datei gehörenden Hashwert, der das Spiels abbildet, wird im Bittorrent-Netzwerk insgesamt nach Dateien mit diesem Hashwert gesucht, die zum Download angeboten werden. Die Kammer geht davon aus, dass die Verifizierung für das streitgegenständliche Spiel ausreichend stattfand, da der Routineablauf selbst so angelegt ist, dass bei jeder Routine anzunehmende irreguläre Ausfälle hinreichend aufgefangen werden. Wenn das Ermittlungssystem fehlerhaft abgleicht, wird dieser Ausfall von zumindest einem Mitarbeiter aufgefangen werden. Wenn ein Mitarbeiter etwas versäumt, wird dieser Ausfall durch den zweiten Mitarbeiter aufgefangen. Dass alle Beteiligten– Ermittlungssystem/manuelle Ermittlung und die beiden Mitarbeiter – gleichzeitig fehlerhaft arbeiten, ist dabei so unwahrscheinlich, dass die Kammer dies als vernachlässigbar betrachtet. Denn zum einen ist das Ermittlungssystem so programmiert, dass es bei Unsicherheiten die gefundene Datei auf eine separate Liste setzt, welche dann manuell von Mitarbeitern überprüft wird – was die Fehleranfälligkeit des Systems von vornherein reduziert – und vor allem ist zum anderen das zuletzt stattfindende Anspielen des Spiels kein komplexer Vorgang, bei dem häufig Fehler passieren können. Nicht zuletzt konnte der Zeuge selbst das Spiel noch am Tag vor der Beweisaufnahme anspielen. Dabei handelt es sich um die Daten und Dateien, die auch während des Ermittlungsvorgangs verwendet wurden. Diese werden fortdauernd nach der glaubhaften Aussage des Zeugen auf sog. Wrong-Tapes, d.h. nur einmal beschreibbaren Tapes, sichergestellt, so dass eine nachträgliche Änderung der Daten ausgeschlossen ist.
51Mithin geht die Kammer also davon aus, dass mittels der ermittelten Torrent-Datei und dem zugehörigen, das streitgegenständliche Spiel abbildenden Hashwert 6EA65D9BFF59088E87EBCDCD61E7229900C4876F im Bittorrent-Netzwerk tatsächlich nach Angeboten zum Herunterladen des streitgegenständlichen Spiels, d.h. nach Dateien mit diesem Hashwert, gesucht wurde.
52Dabei geht die Kammer nicht davon aus, dass der genannte Hashwert die Torrent-Datei selbst abbildet. Selbst wenn – der Beklagtenseite folgend – in einer Torrent-Datei noch keinerlei Inhalte auf die entsprechende Zieldatei enthalten sind und so nicht sichergestellt sei, dass über den aufgefundenen Anschluss auch die entsprechende Zieldatei vorgehalten und/oder angeboten worden sei, so beziehen sich – entgegen ihrer Ansicht – die Ermittlungen der U GmbH nicht isoliert auf die Torrent-Datei, sondern auf die Zieldatei, die von mehreren Dritten heruntergeladen werden kann. Durch das Ermittlungsziel und Anfrage über den Hashwert ist klar, dass die Anfrage in diesem Fall dem streitgegenständlichen Computerspiel, also der Zieldatei mit diesem Hashwert galt. Nichts anderes hat auch der Zeuge gemeint. Denn – selbst wenn im Protokoll missverständliche Formulierungen enthalten sein sollten – aus seiner Aussage im Übrigen geht eindeutig hervor, dass es auf das „in der Torrent-Datei enthaltene Spiel“, also die mittels der Torrent-Datei heruntergeladene Zieldatei ankommt und nach dieser gesucht wird. So wurde ausdrücklich protokolliert, das nach Internetanschlüssen gesucht wird, „die Dateien mit diesem Hash-Wert zum Download anbieten“. Damit ist erkennbar das Ziel-Download gemeint. Denn auf diese Zieldatei, d.h. das Spiel, das dann angespielt wird, bezieht sich der gesamte Verifizierungsvorgang. Etwas anderes würde auch keinen Sinn machen.
53Gut nachvollziehbar und überzeugend hat der Zeuge U3 dann den weiteren Ablauf bekundet, bei dem konkrete Informationen durch die aufgezeichnete Netzwerkkommunikation zwischen dem Ermittlungscomputer der U GmbH und dem anbietenden Computern ermittelt und festgehalten wurden. Dazu hat der Zeuge gut nachvollziehbar und plausibel erläutert, dass zunächst einmal der so genannte Handshake zwischen den betroffenen Rechnern erfolgt, wenn eine Datei mit dem o.g. Hashwert gefunden wird. Mit dieser "Begrüßung" klären die Rechner, welche Datei gesucht und heruntergeladen werden soll. Dazu hat der Zeuge U3 überzeugend erläutert, dass dann ein Verbindungsaufbau über mehrere Sekunden oder Minuten stattfindet und dann auf die Anfrage hin Teilstücke der gefundenen Datei von dem anderen Anschluss auf den Rechner der U GmbH übertragen werden. Dass nicht nur ganze Dateien an einem Stück in Filesharing-Netzwerken geladen werden, entspricht nach Kenntnis der Kammer aus zahlreichen anderen Verfahren, die Rechtsverletzungen im Hinblick auf Filesharing-Netzwerke betreffen, den technischen Gegebenheiten beim Filesharing.
54Auch wenn der Handshake und die Verbindung „nur“ zwischen diesen zwei Rechnern und nicht weiteren fremden Rechnern zustande kam, so steht aufgrund dessen fest, dass jedenfalls ein beliebiger Rechner – hier der Rechner der U GmbH – die Verbindung aufbauen und die gefundene Datei herunterladen konnte. Dies war also jedem fremden Rechner ebenso möglich.
55Die Kammer ist überzeugt, dass es sich bei den Teilstücken, die von dem Internetanschluss mit der IP-Adresse ######## heruntergeladen wurde, um Teile des streitgegenständlichen Computerspiels handelt.
56Dies gilt zunächst im Hinblick darauf, dass der Zeuge glaubhaft bekundet hat, noch am Tag vor der Beweisaufnahme nicht nur die verifizierte Torrent-Datei überprüft zu haben, sondern auch die Daten der Kontaktaufnahme mit dem anderen Computer, von dem die Teilstücke der gefundenen Datei heruntergeladen wurden, d.h. insbesondere die IP-Adresse des anderen Rechners, das Datum und die Uhrzeit. Dass es sich um die hier relevanten Daten (IP-Adresse ########, 07.09.2013 um 18:08:47 Uhr) handelt, geht daraus hervor, dass der Zeuge von der Kanzlei der Klägerin das Ermittlungsprotokoll zugesandt bekommen hat, weil er sich auf den Termin vorbereiten wollte und eine entsprechende Anfrage an die Kanzlei stellte. Der Beklagtenseite ist nicht zu folgen, wenn diese davon ausgeht, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Zeuge die richtigen, hier relevanten Daten überprüft habe, weil er nicht auswendig sagen konnte, ob genau das vorgehaltene Anlagenkonvolut K 13 ihm übersandt worden sei. Denn der Zeuge hat nach seiner Aussage die maßgebliche IP-Adresse, das Datum und den maßgeblichen Hashwert wiedererkannt und ging so abschließend selbst davon aus, dass ihm das hier relevante Ermittlungsprotokoll übersandt wurde. Zudem hat der Zeuge glaubhaft bekundet, dass bereits bevor das Ermittlungsergebnis und die Ermittlungsdatei überhaupt an die Auftraggeberin weitergeleitet wird, nochmals überprüft wird, ob die beiden Systeme fehlerfrei miteinander gearbeitet haben, indem die Ermittlungsdaten aus dem System mit den Daten aus dem Ermittlungsprotokoll abgeglichen werden. Die Daten werden fortdauernd nach der Aussage des Zeugen auf sog. Wrong-Tapes, d.h. nur einmal beschreibbare Tapes, sichergestellt, so dass eine nachträgliche Änderung der Daten ausgeschlossen ist.
57Erhebliche Zweifel daran, dass die Zieldatei das streitgegenständliche Spiel beinhaltete, bestehen – entgegen der Ansicht der Beklagtenseite – auch nicht, weil der Zeuge den Ablauf des sog. Finger-Print-Verfahren nicht im Detail erläutern konnte, mit welchem laut seiner Aussage sichergestellt wird, dass tatsächlich die betroffene Datei mit dem streitgegenständlichen Spiel heruntergeladen wird und es nicht zu Hashwert-Kollisionen kommt.
58Mit dem Finger-Print-Verfahren werden Daten der verifizierten Torrent-Datei mit den Daten der gefundenen Datei technisch abgeglichen, indem die untersuchten Datenpakete verglichen werden. Ob die Beklagtenseite den von dem Zeugen zur Veranschaulichung herangezogenen Vergleich mit der DNA dabei für hundertprozentig passend hält, ist nicht entscheidend, da klar aus der Aussage des Zeugen hervorging, dass mit dem Verfahren kleinteilig, Sequenz für Sequenz verglichen wird, ob eine Übereinstimmung vorliegt.
59Jedenfalls ist auch unabhängig davon, ob das Verfahren fehlerfrei funktionierte, hier davon auszugehen, dass das streitgegenständliche Spiel in der gefundenen Datei enthalten war. Denn der Beklagte trägt nicht vor, dass zu dem Zeitpunkt eine Datei mit anderem Inhalt angeboten wurde, die zwischen dem Ermittlungsrechner einerseits und dem Rechner des Anbieters, der hinter der IP-Adresse ###### vorhanden war, andererseits ausgetauscht wurde. Auch wenn der Zeuge U3 also nicht aus eigener Kenntnis zu einer Übereinstimmung des angebotenen Werkes mit dem Hashwert, welcher den Ermittlungen zu Grunde lag, bekunden konnte, war der Zeuge sich jedoch sicher, dass ein inhaltliches Download-Angebot zu dem Hashwert 6EA65D9BFF59088E87EBCDCD61E7229900C4876F erfolgt ist. Ist aber davon auszugehen, dass von dem Internetanschluss des Beklagten am 07.09.2013 um 18:08.47 Uhr im Rahmen einer Filesharing-Tauschbörse Inhalte zum Download angeboten wurden und sprechen die Umstände dafür, dass es sich dabei unter dem vorgenannten Hashwert um das streitgegenständliche Werk handelte, konnte sich der Beklagte nicht auf einfaches Bestreiten beschränken. Vielmehr hätte der Beklagte vortragen müssen, welche Inhalte, wenn nicht das streitgegenständlichen Werk, von seinem Internetanschluss zu dem hier relevanten Zeitpunkt zum Download angeboten wurden. Denn gemäß § 138 Abs. 2 ZPO hat sich jede Partei über die von dem Gegner behauptete Tat zu erklären. Dabei ist die Erklärungslast des Gegners in Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei vorgetragen hat (Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl. 2020 § 138 Rn. 8ff. m.w.N.). Wurden alle zur Begründung des behaupteten Rechts erforderlichen Tatsachen vorgetragen und konkretisiert, d.h. hat der Antragsteller seine Substantiierungslast genügt, muss der Gegner seinerseits eine substantiierte Sachverhaltsdarstellung abgeben (BGH NJW 2015,468 (469); Zöller/Greger a.a.O., § 138 Rn. 8a). Dies ist hier nicht geschehen.
60Schließlich ist es nicht ausschlaggebend bzw. dient nur der weiteren Konkretisierung, dass in diesem Fall noch nicht – wie es in moderneren Versionen der Ermittlungsprotokolle der U GmbH der Fall ist – auch der Umfang des Spiels bzw. der Datei, in der das Spiel enthalten ist, angegeben wurde und von dem Zeugen nicht angegeben werden konnte. Der Beklagte hat so nicht entsprechend seiner Erklärungslast behauptet, das Spiel nur in Teilen oder nicht vollständig zum Herunterladen angeboten zu haben.
61Aufgrund dieser Umstände hat die Kammer keine Zweifel, dass der Ermittlungsvorgang vorliegend zutreffend war. Damit steht fest, dass die Datei auf dem Computer, dem zu dem Zeitpunkt am 07.09.2013 um 18:08:47 Uhr die IP-Adresse ####### zugeordnet war, vollständig vorhanden war und zum Herunterladen im Bittorrent-Netzwerk bereitgehalten wurde.
62Auf die vollständigen Ermittlungsprotokolle (Anlagenkonvolut K13, Bl. 246 d. A.), die erst im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 18.01.2019 vorgelegt wurden und deren Vorbringen der Beklagte im Hinblick auf § 531 ZPO als verspätet gerügt hat, kommt es insofern nicht an.
63cc)
64Es ist des Weiteren davon auszugehen, dass der Beklagte täterschaftlich dafür verantwortlich war, dass das streitgegenständliche Computerspiel zu dem hier fraglichen Zeitpunkt über seinen Internetanschluss öffentlich zugänglich gemacht worden ist.
65Grundsätzlich trägt die Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf (Lizenz-)Schadensersatz erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 – Morpheus; Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare, Urteil vom 11.06.2015 – I 75/14 – Tauschbörse III; Urteil am 12.05.2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch; Urteil vom 06.10.2016 – I ZR 154/15 – Afterlife; BGH, Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 – Loud). Auch besteht keine generelle Vermutung, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist. Hierfür fehlt es an einer hinreichenden Typizität des Geschehensablaufs. Angesichts der naheliegenden Möglichkeit, dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss einräumt, besteht für die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine hinreichend große Wahrscheinlichkeit (BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15 – Afterlife). Eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers greift aber ein, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss – wie bei einem Familienanschluss – regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I 75/14 – Tauschbörse III; Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch; Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 – Loud).
66Eine diese tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I 75/14 – Tauschbörse III; Urteil am 12.05.2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch; Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15 – Afterlife; Urteil vom 30.03.2017, I ZR 19/16 – Loud).
67Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Beklagte seiner Darlegungslast nicht genügt. Der Beklagte hat zwar grundsätzlich angegeben, welche anderen Personen – seine Familienmitglieder – selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als alleinige Täter in Betracht kamen. Ihr Leugnen der Tathandlung hat er jedoch nicht weiter hinterfragt und auch nicht vorgetragen, wer konkret zur fraglichen Zeit den Internetzugang nutzte, sondern sich pauschal darauf berufen, dies sei ihm nicht zumutbar, da zwischen der Rechtsverletzung und dem Zugang der Abmahnung ca. 4,5 Monate vergangen seien. Auch hat er nichts dazu vorgetragen, ob er außer des Familiencomputers die weiteren von der Familie genutzten internetfähigen Geräte, die zwei Laptops sowie die Smartphones, auf Filesharing-Software hin untersucht habe. Das Verteidigungsvorbringen des Beklagten ist somit nicht ausreichend, der dem Beklagten obliegenden sekundären Darlegungslast zu genügen.
68Denn zum Umfang der Darlegungslast hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Everytime we touch" (Urteil vom 12.05.2016, I ZR 48/15, juris Rn. 34) weiter ausgeführt:
69„Entgegen der Auffassung der Revision kommt ein Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss – wie bei einem Familienanschluss – regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird. Für die Frage, wer als Täter eines urheberrechtsverletzenden Downloadangebotes haftet, kommt es nicht auf die Zugriffsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern auf die Situation im Verletzungszeitpunkt an (BGH, GRUR 2016, 91 Rn. 39 – Tauschbörse III). Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen."
70Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof zwar in der Entscheidung „Afterlife" (Urteil vom 06.10.2016 – I ZR 154/15, juris Rn. 26) im Fall der Nutzung eines Internetanschlusses durch ein Ehepaar ausgeführt:
71„Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte vorgetragen, seine Ehefrau habe über einen Computer Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch seine Ehefrau mitzuteilen. Dies war allerdings auch nicht erforderlich. Weitergehende Nachprüfungen dahingehend, ob die Ehefrau hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Zugriffszeiten oder wegen der Art der Internetnutzung als Täterin der geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommt, waren dem Beklagten nicht zumutbar [...] auch unter Berücksichtigung des für die Klägerin sprechenden Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 GG) [steht] der zugunsten des Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG) der Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten entgegen [...]."
72Der Bundesgerichtshof wollte damit nicht von seiner ständigen Rechtsprechung zum Umfang der Darlegungslast des Anschlussinhabers abrücken, wie von dem Landgericht München (EuGH-Vorlage vom 17.03.2017 – 21 0 24454/14, juris) angenommen. Im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.03.2017 (Az.: I ZR 19/16 – Loud) hat er die aufgestellten Grundsätze weiterhin angewandt und sogar darüber hinaus angenommen, dass der Anschlussinhaber zur Vermeidung eigener Haftung gehalten ist, das ihm als Täter bekannte Familienmitglied zu benennen.
73Vorliegend genügt der Vortrag des Beklagten nicht einmal den Anforderungen an die Darlegungslast, die auch in dem Urteil des Bundesgerichtshofs „Afterlife" (Urteil vom 06.10.2016 – I ZR 154/15, juris Rn. 15, 27) aufgestellt werden. Auch in der vorgenannten Entscheidung führt der Bundesgerichtshof aus, dass die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht genügt, des Weiteren der Anschlussinhaber zu den Umständen seiner eigenen Internetnutzung vorzutragen hat und dabei auch zur Angabe verpflichtet sein kann, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist (BGH, a.a.0., Afterlife juris Rn. 15, 27).
74Diesen Grundsätzen ist Beklagte nicht nachgekommen, sodass die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Beklagten als Anschlussinhaber eingreift (vgl. BGH, Urteil vom 30.03.2017 – I ZR 19/16, Rn. 29 – Loud).
75c)
76Der Beklagte handelte auch widerrechtlich, da er von der Klägerin keine Lizenz zur Nutzung des streitgegenständlichen Spiels erworben hatte. Das dem Beklagten zur Last fallende Verschulden im Sinne von § 276 BGB liegt darin, dass der Beklagte zumindest fahrlässig verkannt hat, zum Anbieten von Computerspielen über seinen Internetanschluss im Rahmen von Filesharing-Tauschbörsen nicht berechtigt zu sein, weil er dafür keine Lizenzrechte von der Klägerin erworben hatte.
77d)
78Der Höhe nach steht Klägerin wegen der rechtswidrigen und schuldhaften Verletzung ihrer Urheberrechte durch den Beklagte nach der von ihr gewählten Schadensberechnungsart der sogenannten Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG wie beantragt ein Zahlungsanspruch in Höhe von 750,- € zu.
79Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 68/08 – Restwertbörse I; Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I). Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte überhaupt beabsichtigte, eine Lizenzierung vorzunehmen; die Zuerkennung einer angemessenen Lizenzgebühr kommt selbst dann in Betracht, wenn die vorherige Erteilung der Zustimmung als schlechthin undenkbar erscheint (vgl. BGH GRUR 1993, 55 – Tchibo/Rolex II) oder ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321). Zur Ermittlung der angemessenen Lizenzgebühr ist zu fragen, was ein vernünftiger Lizenzgeber und ein vernünftiger Lizenznehmer anstelle der Parteien für die Übertragung des Rechts auf den Beklagten zu 2) vereinbart hätten, infolge dessen dieser das streitgegenständliche Computerspiel im Internet im Rahmen eines Netzwerks für eine Vielzahl von Teilnehmern zum Download bereit halten durfte.
80Für den Schadensersatzanspruch entspricht es unter Anwendung dieser Grundsätze der Rechtsprechung der Kammer, als Anhaltspunkt für die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO auf die Beträge abzustellen, die für vergleichbare Nutzungsarten vereinbart werden. Der Kammer ist aus einer Reihe von Fällen gerichtsbekannt, dass bereits für die zeitlich und räumlich beschränkte Lizenz zum Anbieten einer Single im Internet Lizenzgebühren im vierstelligen Euro-Bereich vereinbart werden. Auch aus diesem Grund setzt die Kammer in ständiger Rechtsprechung für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharingnetzwerke im Internet für den Regelfall jeweils 200,00 EUR pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz an. Dies entspricht der obergerichtlichen (vgl. etwa OLG Köln, Urteil vom 06.02.2015 – 6 U 209/13; OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2013 – 5 U 222/10; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.07.2014 – 11 U 115/13; Urteil vom 16.12.2014 – 11 U/14) und auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 11.06.2015 zu I ZR 7/14, I ZR 19/14 und I ZR 75/14 – Tauschbörse I-III; Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch).
81Vor diesem Hintergrund hält die Kammer ebenfalls in ständiger Rechtsprechung Schadensersatzverlangen im Bereich von 400,00 EUR bis 600,00 EUR für das rechtswidrige Download-Angebot im Internet im Rahmen eines Filesharingnetzwerks für einen kompletten Film und auch ein Computerspiel nicht für übersetzt. So hat die Kammer in vergleichbaren Fällen Schadensersatzbeträge von 500,00 EUR bezüglich eines Computerspiels als angemessen angesehen (Urteil vom 11.02.2016 – 14 S 23/14; vgl. zu einem Schadensersatzbegehren in Höhe von 510,00 EUR auch den Rechtstreit vor der Kammer 14 O 277/13, bestätigt durch Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 24.01.2016 – 6 W 7/14). ). Die geltend gemachten 750,00 € für ein im Vergleich dazu ebenfalls aufwendiges Computerspiel liegen zwar etwas über diesem Rahmen und werden aber im vorliegenden Fall von der Kammer als noch angemessen erachtet.
82Dabei kann offen bleiben, ob für das streitgegenständliche Computerspiel zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung im Einzelhandel durchschnittlich ein Preis von 36,52 € (so die Klägerin, BL. 104 d.A.) oder 21,99 € (so der Beklagte, Bl. 162 d.A.) für eine einzelne Kopie des Werkes aufgerufen wurde. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass die aktuelle Verwertungsphase des Spieles noch nicht abgeschlossen war. Die Verwertungsphase ist grundsätzlich mit 6 Monaten anzusetzen (vergleiche dazu für Musikstücke und Filme schon Beschluss des OLG Köln vom 27.12.2010 – 6 W 155/10; Beschluss vom 30.09.2011 – 6 W 213/11, jeweils mit weiteren Nachweisen). So ist ein Schadensersatz in Höhe von 750,00 € bei Zugrundelegung eines Faktors von nur ca. 21 bei einem Preis von 36,52 € oder ca. 34 bei einem Preis von 21,99 € (auch unter Berücksichtigung der Einzelermittlung) nicht übersetzt.
83Zu berücksichtigen ist dabei, dass, anders als beim regulären Kauf einer Einzelkopie, im Rahmen der Nutzung in einer Filesharing-Tauschbörse die unbegrenzte Vervielfältigung jedes Download-Angebotes droht. Denn streitgegenständlich ist nicht der Erwerb einer einzelnen Kopie, für die zum damaligen Zeitpunkt der Beklagte schon 21,99 € (nach dem Vortrag des Beklagten) bzw. 36,52 € (nach dem Vortrag der Klägerin) hätte aufwenden müssen, sondern das Download-Angebot an eine unbegrenzte Vielzahl von Nutzern. Im Hinblick auf den wesentlichen größeren Umfang der rechtswidrig in Anspruch genommenen Nutzungsrechte ist davon auszugehen, dass vernünftige Vertragspartner anstelle der Parteien hierfür auch ein Vielfaches der Lizenzgebühr vereinbart hätten, die für den nur einmaligen Erwerb einer körperlich fixierten Werkkopie zu zahlen wäre.
842.
85Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom 21.01.2015 in Höhe von 745,50 € ergibt sich aus § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG.
86Das auf das vorsorgliche Bestreiten des Beklagten erfolgte Vorbringen, dass die Berechnung der bezifferten Abmahnkosten im Innenverhältnis zwischen der Klägerin und dem Prozessbevollmächtigten nach dem RVG und im vollen geltend gemachten Umfang erfolgt, hat der Beklagte nachfolgend nicht mehr hinreichend bestritten.
87Es besteht auch ein Zahlungs- und nicht nur Freistellungsanspruch. Dies folgt, unabhängig davon, ob die Klägerin die Kosten bereits bezahlt hat, aus § 250 BGB. Danach ging der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch über; eine Fristsetzung war entbehrlich, da der Beklagte die Zahlung ernsthaft und endgültig verweigerte (vgl. Grüneberg, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Auflage 2020, § 250 Rn. 2 m.w.N.).
88Entgegen der Ansicht des Beklagten beschränkt sich der Erstattungsanspruch der Klägerin nicht gemäß § 97 a Abs. 3 S. 2 UrhG auf einen Gegenstandswert von 1.000,00 € für die Abmahnung. Eine Deckelung auf 1.000,00 € ist hier nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig (§ 97 a Abs. 3 S. 4 UrhG)..
89Der Abmahnung kommt die Funktion eines nachdrücklichen Auskunftsverlangens zu (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2018, I ZR 275/16, Riptide, juris Rn. 23f). Bei den Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung handelt es sich um Kosten, die unmittelbar und eng mit dem betreffenden Gerichtsverfahren zusammenhängen, für Dienstleistungen, die erforderlich sind, um sinnvoll eine Klage zur Durchsetzung eines solchen Rechts im konkreten Fall erheben zu können, mithin um sonstige Kosten im Sinne von Art. 14 Enforcement-Richtlinie (RL 2004/48/EG) (vgl. hierzu auch Landgericht Stuttgart, Urteil vom 09.05.2018, 24 O 28/18, juris Rn. 40ff mit umfassender Begründung). Nach dem Urteil des europäischen Gerichtshofs vom 28.07.2016 (C-57/15 – United Video Properties, juris) zur Auslegung des Artikel 14 RL 2004/48/EG ist im Wege richtlinienkonformer Auslegung des § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG eine besondere Unbilligkeit, welche einer Begrenzung des Gegenstandswertes auf 1.000,00 € entgegensteht, bereits dann anzunehmen, wenn die Begrenzung des Gegenstandswertes gemäß § 97 a Abs. 3 S. 2 UrhG (n.F.) auf 1.000,00 € dazu führen würde, dass der Verletzer nur zur Erstattung eines geringen Teils der zumutbaren Anwaltskosten, die dem Inhaber des verletzten Rechtes entstanden sind, verpflichtet wäre, obwohl Billigkeitsgründe einer Erstattung eines erheblichen und angemessen Teils der dem Rechteinhaber entstandenen zumutbaren Anwaltskosten nicht entgegenstehen würden.
90So liegt der Fall auch hier.
91Die 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG nach einem Gegenstandswert von 10.000 € beträgt 725,40 €. Zuzüglich einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7300 VV RVG i.H.v. 20,00 steht der Klägerin mithin ein Gesamtbetrag von 745,50 € zu.
923.
93Die der Klägerin zustehenden Ansprüche sind nicht verjährt.
94a)
95Der von der Klägerin erhobene Schadensersatzanspruch wegen der Rechtsverletzung aus dem Jahr 2013 war im Zeitpunkt seiner Geltendmachung durch die Klägerin im Jahr 2017 nach der Regelung der § 102 S. 2 UrhG, § 852 BGB nicht verjährt.
96Gemäß § 102 S. 2 UrhG findet § 852 BGB entsprechende Anwendung, wenn der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt hat. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 S. 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 852 S. 2 BGB). Die Verweisung in § 852 BGB auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung bezieht sich nicht auf die Voraussetzungen, sondern auf dem Umfang der Bereicherungshaftung. Bei § 852 BGB handelt es sich nicht um einen Bereicherungsanspruch, sondern um einen so genannten Restschadensersatzanspruch, also einen Anspruch aus unerlaubter Handlung, der in Höhe der Bereicherung nicht verjährt ist (BGH, Urteil vom 15.01.2015, I ZR 148/13, Motorradteile, zitiert nach juris Rn. 29 m.w.N.).
97Vorliegend hat der Beklagte durch die Verletzung des Rechts der Klägerin zum öffentlichen Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Filmes etwas im Sinne von § 102 S. 2 UrhG erlangt. Er hat in den Zuweisungsgehalt des der Klägerin zustehenden Rechts zum öffentlichen Zugänglichmachen eingegriffen und sich damit auf deren Kosten den Gebrauch dieses Rechts ohne rechtlichen Grund verschafft.
98Indem der Beklagte das Computerspiels „Metro Last Light“ öffentlich zugänglich gemachte, hat er es zum Download an eine unbegrenzte Anzahl von Benutzern der Filesharing-Tauschbörse, die, wie gerichtsbekannt ist, häufig im sechsstelligen Bereich liegt, angeboten. Dabei ist die Bereitstellung der heruntergeladenen Dateien oder Dateifragmente im Netzwerk nicht nur ein Reflex des eigentlich interessierenden Downloads aus Sicht des Nutzers, sondern eine notwendige Begleiterscheinung des Herunterladens auf den eigenen Computer (vgl. BGH, Urteil vom 06.12.2017, I ZR 186/16 - Konferenz der Tiere, juris Rn. 27), welche der Nutzer als Folge seines Handelns mindestens billigend in Kauf nimmt (BGH a.a.O). Den Gebrauch dieses Rechtes hat sich der Beklagte ohne rechtlichen Grund verschafft.
99Da die Herausgabe des Erlangten wegen seiner Beschaffenheit nicht möglich ist, weil der Gebrauch eines Rechts seiner Natur nach nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB der Wert zu ersetzen. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechts besteht in der angemessenen Lizenzgebühr. Wer durch die Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts etwas erlangt hat, kann sich im Regelfall auch nicht mit Erfolg nach § 818 Abs. 3 BGB auf den Wegfall seiner Bereicherung berufen, da das Erlangte, also der Gebrauch des Schutzgegenstandes, nicht mehr entfallen kann (vgl. BGH, Urteil vom 02.07.1971, I ZR 58/70, BGHZ 56, 317 (322) - Gasparone II; BGH, GRUR 2012, 715 - Bochumer Weihnachtsmarkt, juris Rn. 41; BGH, Urteil vom 15.01.2015, I ZR 148/13 - NJW 2015, 3165 - Motorradteile, juris Rn. 32). Mit dem Restschadensersatzanspruch aus § 852 BGB kann daher die Herausgabe des durch die Verletzung eines Schutzrechts erlangten Gebrauchsvorteils im Wege der Zahlung einer fiktive Lizenzgebühr verlangt werden (BGH – Motorradteile – a.a.O. Rn 34). Diese Grundsätze gelten auch für das widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines urheberrechtlich geschützten Werkes durch Bereitstellen zum Herunterladen über eine Internettauschbörse (BGH, Urteil am 12.05.2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch).
100Mithin kann die Klägerin die geforderte Lizenzgebühr gemäß § 102 S. 2 UrhG, § 852 S. 1 BGB auch noch nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch herausverlangen.
101b)
102Der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Zahlung der Kosten für die Abmahnung vom 21.01.2014 war im Zeitpunkt seiner Geltendmachung durch die Klägerin im Jahr 2017 nach der Regelung der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB nicht verjährt.
103Danach beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Entstanden ist der Anspruch, sobald er erstmals vom Gläubiger geltend gemacht und mit einer Klage durchgesetzt werden kann (vgl. Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Auflage 2020, § 199 Rn. 3). Erst im Jahr 2014 ist die Abmahnung erfolgt und Kosten hierfür sind entstanden, so dass die Verjährung nicht vor Ende des Jahres 2014 zu laufen begann und mithin der Anspruch in 2017 noch nicht verjährt war. Es ist nicht geboten den Beginn der Verjährungsfrist auf den Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung vorzuverlegen (siehe dazu ausführlich LG Frankfurt/M., MMR 2015, 746, 748).
1044.
105Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB.
1065.
107Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
108Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
1096.
110Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Die Kammer weicht mit dieser Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab, noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung oder ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
111Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.495,40 € festgesetzt.