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Goldsparen, Abschlusskosten, Ratenlieferungsvertrag, Widerrufsrecht, Schicksalsteilungsgrundsatz, Sittenwidrigkeit
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Velbert, 13 C 303/15, vom 1.6.2016 abgeändert:Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreites werden der Klägerin auferlegt.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.Die Revision wird zugelassen.
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung sogenannter Abschlusskosten i.H.v. restlichen 3.915 € in Anspruch. Sie trägt vor, sie sei als Produkt- und Vertriebskoordinator für die XX Bank tätig. Zu ihren Aufgaben zähle die Auszahlung der Provision an freie Vermittler hinsichtlich der von der Bank angebotenen Anlageprodukte.Unter im einzelnen streitigen Umständen unterzeichnete der damals 20-jährige Beklagte am 09.06.2012 in der Privatwohnung einer Frau L2 einen ihm vermittelten „Antrag auf Abschluss eines SutorEdelmetallDepots plus“, der einen „Sparplan mit monatlichen Raten“ von 150 € zum Erwerb von Gold mit einer Laufzeit von 35 Jahren vorsah. Die Abschlusskosten sollten 4.395 € betragen. Sie sollten entweder vorab gezahlt oder in Raten von den monatlichen Beiträgen i.H.v. 80 % bezahlt werden. Ziff. VIII AGB sah einen „Vertrag zugunsten Dritter“ bezüglich dieser Kosten und die rechtliche Unabhängigkeit des Anspruches auf die Abschlusskosten von der tatsächlichen Durchführung des Sparplanes vor (Bl. 147 d.A.). Seite 1 des Antragsformulars (Bl. 146 – 154 d.A.) sah eine Widerrufsbelehrung vor, wegen deren Inhalt und grafischer Gestaltung auf den Inhalt der Hülle, Bl. 194 d.A. verwiesen wird.Mit Schreiben vom 19.06.2012 erklärte die Bank die Annahme des Angebotes (Bl. 14 d.A.). Unter dem 08.01.2013 erklärte der Beklagte gegenüber der Bank die Kündigung (Bl. 24 d.A.). Mit Anwaltsschreiben vom 26.04.2013 wurde ausdrücklich der Widerruf gegenüber der Klägerin erklärt (Bl. 25f d.A.).Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 3.915 € nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.08.2015 zu zahlen. Die Vertragsbedingungen würden einer AGB-Kontrolle standhalten. Weder werde gegen das Transparenzgebot verstoßen, noch liege eine unangemessene Benachteiligung vor. Die Kündigung sei nicht innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt und gegen die Richtigkeit der Widerrufsbelehrung bestünden keine Bedenken. Das Zustandekommen eines Beratungsvertrages sei nicht dargelegt. Jedenfalls fehle es an einer Pflichtverletzung. Ob der Beklagte in der Lage sei, monatlich 150 € aufzubringen, obliege seiner eigenen Prüfungspflicht.Hiergegen richtet sich der Beklagte, dem das Urteil am 06.06.2016 zugestellt worden ist, mit seiner Berufung. Mit Schriftsatz vom 28.07.2016 hat er beantragt, die Frist für die Berufungsbegründung um einen Monat, bis zum 06.08.2016 einschließlich, zu verlängern. Dies ist „nach Antrag“ bewilligt worden (Bl. 74). Auf den Hinweis vom 15.08.2016, dass die Berufungsbegründungsfrist abgelaufen sei, hat der Beklagte die Auffassung vertreten, wegen der vorzunehmenden Auslegung liege keine Fristversäumnis vor. Jedenfalls sei Wiedereinsetzung zu gewähren. In der Sache sei das Amtsgericht seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen. Auf Einladung seiner ehemaligen Mitschülerin habe er sich zu deren Wohnräumlichkeiten begeben, wo er noch auf eine weitere Freundin von dieser getroffen sei. Die beiden hätten sich als Beraterinnen vorgestellt. Er habe seinerzeit 255 € monatlich zur freien Verfügung gehabt, was seine Mitschülerin gewusst habe. Wenige Tage später habe man sich dort wieder getroffen. Die ehemalige Mitschülerin habe Anträge für eine Krankenversicherung, für eine Lebensversicherung, für eine Berufsunfähigkeitsversicherung sowie für eine Privathaftpflichtversicherung und den Goldsparplan mitgebracht. Es sei keine Rede davon gewesen, dass für den Fall der Beendigung des Sparvertrages die Provision nach wie vor zu zahlen wäre. Er, der Beklagte, habe aufgrund des Hinweises, diese Versicherungen seien nötig, die Verträge unterzeichnet, ohne dass ihm Alternativen angeboten worden seien. Die Regelung in Ziff. VIII der AGB sei überraschend und nicht transparent genug. Die Widerrufsbelehrung entspreche nicht dem Deutlichkeitsgebot. Bei dem Sparvertrag handele es sich um einen Ratenlieferungsvertrag nach § 510 II 1 BGB alte Fassung, so dass der Zusatz für schriftlich abzuschließende Verträge in die Widerrufsbelehrung hätte eingefügt werden müssen. Der Abschluss des Vertrages zu Gunsten Dritter habe eine gesonderte Widerrufsbelehrung erforderlich gemacht. Der Maklerlohn sei verwirkt, da eine den konkreten Bedürfnissen entsprechende Beratung nicht stattgefunden habe. Jedenfalls könne er, der Beklagte, der Forderung einen eigenen Schadensersatzanspruch im Wege der Arglisteinrede entgegenhalten. Soweit die Klägerin ausführe, dass für jeden Kauf ein gesonderter Vertrag geschlossen werde, könne Vertragssumme im Sinne der Abschlusskosten Vereinbarung nur die Summe der einzelnen geschlossenen Verträge und nicht die Laufzeit des Sparplan sein. Danach wären hier vier Einzelverträge mit einer Summe von 600 € abgeschlossen worden. 6,5 % hiervon seien 39 €. Zuzüglich zweier Monatsbeiträge ergäbe sich ein Betrag von 339 €, so dass der Beklagte mit 480 € die Klägerin bereits über bezahlt habe.
4Der Beklagte beantragt:
5Das Urteil des Amtsgerichts Velbert vom 1. Juni 2016, 13 C 303/15, wird abgeändert.
6Die Klage wird abgewiesen.
7Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
8Sie trägt vor:
9Der Beklagte sei seinerzeit selbst als Vermittler bei der Firma Q tätig gewesen und habe im Rahmen dieser Tätigkeit auch an Schulungen teilgenommen, in denen der streitgegenständliche Goldsparvertrag vorgestellt und erläutert worden sei. Im Rahmen der Vermittlung habe er sein monatliches Einkommen mit 1.500 € brutto beziffert und sich als Einzelhandelskaufmann bezeichnet. Etwaige Schadensersatzansprüche seien verjährt.
10II.
11Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
121.
13Die Berufung ist zulässig. Die Frist für die Berufungsbegründung ist gewahrt worden. Ob und inwieweit der Antrag des Beklagten auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auslegungsfähig war, ist nicht entscheidend. Abzustellen ist insoweit auf den Inhalt der Fristverlängerung. Insoweit gelten §§ 133, 157 BGB entsprechend. Beantragt ein Rechtsanwalt für seine Partei die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat und nennt dazu ein konkretes Datum für den Fristablauf, das innerhalb der Frist von einem Monat nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist liegt, ist das Verlängerungsgesuch dahin auszulegen, dass eine Fristverlängerung nur bis zum konkret benannten Datum begehrt wird (OLG Stuttgart, 10 U 81/14, bei juris). Da die Fristverlängerung antragsgemäß gewährt wurde, gilt in diesem Falle das - fehlerhaft - angegebene Datum.So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Fristverlängerungsantrag gab als Verlängerungszeitpunkt das Datum des ursprünglichen Fristablaufes an und nicht etwa eine falsch berechnete Monatsfrist. Da nach der Rechtsprechung des BGH (VII ZB 62/14, bei juris) für den Umfang einer gerichtlichen Fristverlängerung der objektive Inhalt der Mitteilung maßgeblich ist, die an die die Fristverlängerung beantragende Partei gerichtet ist, war hier hinreichend klar, dass es sich bei dem im Verlegungsantrag angegebenen Monat um einen bloßen Schreibfehler handelte, tatsächlich ein Monat später gemeint war, weshalb die Verlängerungsentscheidung auch in diesem Sinne auszulegen ist.Auf eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die im Zweifel nicht hätte gewährt werden können (vergleiche OLG Stuttgart, a.a.O.), kommt es mithin nicht an.
14II.
15Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg, weil der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht. Das ergibt sich aus mehreren voneinander unabhängigen Erwägungen, wobei der Gesichtspunkt der Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.11.2016 - versehentlich nicht protokolliert - erörtert worden ist.
161.
17Ein Vertrag zu Gunsten Dritter, der Klägerin, ist schon nicht wirksam geschlossen worden.Ziff. VIII Abs. 1 „Vertragsbedingungen für Edelmetallsparpläne“ lautet: Erfolgt die Antragstellung über eine(n) Anlage Vermittlungsgesellschaft/Anlagevermittler (im folgenden „Anlagevermittler“), so entsteht mit Zustandekommen des Edelmetallsparplans zwischen dem Kunden und der Bank dem Produktkoordinator, der Multi-Invest Gesellschaft für Vermögensbildung mbH, Frankfurt, ein Anspruch gegen den Kunden auf bis zu 100 % der im Antrag ausgewiesenen Abschlusskosten (Vertrag zu Gunsten Dritter bezüglich der Abschlusskosten).Es handelt sich hierbei um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von §§ 305ff BGB. Die Klausel ist überraschend im Sinne von § 305c BGB und ohne eindeutig zu bestimmenden Sinn.Der streitgegenständliche Antrag besteht aus neun Seiten. Insbesondere die Vertragsbedingungen sind derart klein gedruckt, dass sie nur mit Mühe gelesen werden können. Ein normaler Kunde muss nicht damit rechnen, dass in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verborgen ein Vertrag zu Gunsten einer Rechtsperson abgeschlossen wird, die er im Zweifel bis dahin nicht einmal kannte. Dass der Beklagte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits selbst als Vermittler angeheuert hatte und wie von der Klägerin behauptet geschult worden war, lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen. Sie hat behauptet, er sei seinerzeit Vermittler gewesen. Der Beklagte hat daraufhin erwidert, dies sei zeitlich nachfolgend gewesen, weshalb die Klägerin die Angabe „seinerzeit“ hätte konkretisieren müssen.Sie beruft sich hinsichtlich § 305c BGB ohne Erfolg auf die Entscheidung des BGH (III ZR 34/95, bei juris). Diese Entscheidung betraf den nicht vergleichbaren Fall einer Maklerklausel in einem notariellen Grundstückskaufvertrag. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Notar eine solche Klausel nur auf Wunsch der Beteiligten aufnehmen darf und während des Beurkundungsverfahrens vorlesen muss (vergleiche zu den Amtspflichten des Notars in diesem Zusammenhang: BGH, NotSt (Brfg) 1/14, bei juris). Sprau, auf den sich die Klägerin beruft, vertritt darüber hinaus die Auffassung, gegebenenfalls sei § 305c BGB zu beachten (in: Palandt, BGB, 75. Aufl., § 652, Rn. 23). Entsprechend und zutreffend hat das Kammergericht (KG, 10 U 9612/99, bei juris) ausgeführt: „Enthält ein notarieller Grundstückskaufvertrag zwischen den Vereinbarungen über das Rücktrittsrecht "versteckt" ein Versprechen des Käufers, die Maklerprovision zu übernehmen, ist diese Klausel sowohl unklar als auch überraschend. Ein Provisionsanspruch des Maklers wird durch diese Klausel nicht begründet“. Die Klägerin weist ohne Erfolg auf OLG Dresden, 5 U 376/16, hin, denn das OLG hatte zum einen kein Verbrauchergeschäft zu entscheiden und hat zum anderen im Wesentlichen Stellung dazu genommen, ob die Ausnahme vom Schicksalsteilungsgrundsatz überraschend sei. Die weitere Frage, ob i.S.v. § 307 BGB von wesentlichen Gedanken des Maklerrechts abweicht, hat es zwar verneint. Darum geht es an dieser Stelle aber auch nicht.Davon abgesehen hat die Klausel keinen eindeutig zu bestimmenden Sinn. Denn dem so genannten Produktkoordinator soll im Wege des Vertrages zu Gunsten Dritter ein Anspruch „auf bis zu 100 % … der Abschlusskosten“ entstehen. Mithin bleibt offen, in welcher Höhe der Anspruch tatsächlich im Einzelfall in der Person des Produktkoordinators entsteht.
182.
19Selbst wenn ein Vertrag zu Gunsten Dritter grundsätzlich wirksam geschlossen worden wäre, wäre dieser gemäß § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Es liegt ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Leistung (Zahlung der Abschlusskosten von 4.395 €) und der Gegenleistung (Vermittlung des Goldsparplans) vor.Zwar hat der Bundesgerichtshof (III ZR 207/04, bei juris) eine Provision i.H.v. 7,8 % unbeanstandet gelassen. Doch handelte es sich wiederum nicht um einen vergleichbaren Sachverhalt. Im vorgenannten Fall ging es um eine Lebensversicherung und dort war ausdrücklich ein Maklervertrag mit dem Kunden geschlossen worden. Dagegen handelt es sich hier um im Vertrag eingepreiste Abschlusskosten, die über einen Vertrag zu Gunsten Dritter einem Dritten zukommen sollten, zu dem der Kunde keinen Kontakt hatte. Maßgeblich ist, dass nach dem Vortrag der Klägerin für jeden Goldkauf ein gesonderter Vertrag geschlossen werden sollte. Sie bezieht sich insoweit auf Ziff. II Abs. 4 der Vertragsbedingungen. Dort heißt es: „Die Bank entscheidet nach Eingang der Einzahlung auf dem Verrechnungskonto … über die Annahme des jeweiligen Kaufantrags des Kunden“. Der Kunde des Goldsparplans soll mithin im vorliegenden Fall 4.395 € Abschlusskosten bezahlen und erhält nach den Vertragsbedingungen im Gegenzug lediglich die Möglichkeit, dass die Bank sein einzelnes Kaufangebot annimmt. Eine rechtssichere Gegenleistung wird ihm also nach den Vertragsbedingungen nicht verschafft. Ein Wert der vermittelten Anlage ist damit nicht feststellbar. Ob die betreffende Vertragsklausel wirksam ist, ist zweifelhaft. Das kann aber dahinstehen, da sich die Klägerin aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben und dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) jedenfalls daran festhalten lassen muss.Aus dem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung, der objektiven Sittenwidrigkeit des Geschäfts, folgt die tatsächliche Vermutung, dass auch der subjektive Tatbestand, also die vorsätzliche oder grob fahrlässige Ausnutzung der schwächeren Lage des Kunden, erfüllt ist (vergleiche BGHZ 98, Seite 178).
203.
21Der Beklagte hat sein Angebot vom 09.06.2012 wirksam widerrufen. Hierfür maßgeblich sind die §§ 360, 355, 510 II 1, 312 I 1 Nr. 1 BGB in der im Jahr 2012 geltenden Fassung.Der Beklagte hatte ein Widerrufsrecht. Es handelte sich um einen Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher im Bereich einer Privatwohnung bestimmt worden ist (§ 312 I 1 Nr. 1 BGB alte Fassung).Aufgrund des dem Beklagten danach eingeräumten Widerrufsrechts ist er an seine auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn und weil er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform zu erklären. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage, wenn dem Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss eine den Anforderungen des § 360 I BGB entsprechende Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt worden ist. Die Frist beginnt mit der Mitteilung, das Widerrufsrecht erlischt jedoch spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss (§ 355 BGB).Der Beklagte hat gegenüber der Bank mit Schreiben vom 08.01.2013 die Kündigung mit sofortiger Wirkung ausgesprochen, worin die erforderliche Widerrufserklärung gesehen werden kann. Zu diesem Zeitpunkt war die Widerrufsfrist auch noch nicht abgelaufen.Die Widerrufsbelehrung entsprach nämlich nicht den sich aus § 360 I Nr. 4 BGB ergebenden Anforderungen. Denn der Beklagte ist nicht darüber belehrt worden, dass die Widerrufsfrist gemäß § 355 III 2 BGB alte Fassung bei schriftlich abzuschließenden Vertrag nicht beginnt, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Der Vertrag war schriftlich abzuschließen, weil es sich um einen Ratenlieferungsvertrag im Sinne von § 510 I 1 Nr. 2 BGB a.F. handelte. Der Goldsparplan hatte die regelmäßige Lieferung von Sachen gleicher Art zum Gegenstand, nämlich von körperlichem Gold. Entgegen der Auffassung der Klägerin und des LG Coburg (33 S 30/16, Bl. 185ff d.A.) ist es insoweit unerheblich, dass der Beklagte den Vertrag mit der Bank nach Ziff. IX Abs. 1 und 2 der Vertragsbedingungen jederzeit kündigen und die laufenden Einzahlungen unterbrechen konnte. Abgesehen davon, dass diese Regelungen wiederum versteckt aufgeführt worden sind, beginnt die betreffende Vertragsbedingung damit, dass der Kunde verpflichtet sei, für die Dauer der vereinbarten Laufzeit monatliche Sparbeiträge in der vereinbarten Höhe einzuzahlen. Mithin war die Schutzbedürftigkeit des Beklagten aufgrund der vorerwähnten Möglichkeiten gemindert, aber nicht aufgehoben (vgl. Saenger in Erman, BGB, 14. Aufl., § 510, Rn. 12, unter Hinweis auf BGH-Rechtsprechung; Kessal-Wulf in: Staudinger, BGB, 2012, § 510, Rn. 18; im Ergebnis ebenso: Amtsgericht Frankfurt/Main, 29 C 2036/14, anscheinend nicht veröffentlicht).Davon abgesehen ist fraglich, ob dem auch bei Verwendung der Musterbelehrung einzuhaltenden Deutlichkeitsgebot Genüge getan worden ist (BGH, VIII ZR 82/10, bei juris; Masuch in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 360, Rn. 38). Die vom Gesetz geforderte deutliche Gestaltung der Widerrufsbelehrung setzt ein auffälliges Druckbild, eine räumliche Trennung vom übrigen Vertragstext und eine deutliche Heraushebung voraus. Die Rechtslage muss unübersehbar zum Ausdruck gebracht werden (Masuch, a.a.O., Rn. 27f, mit weiteren Nachweisen). Dass diesen Anforderungen hier entsprochen worden ist, ist auch nachdem in der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2016 endlich das Original des Antrags vorgelegt worden ist, nicht ohne jeden Zweifel zu bejahen. Zwar ist die Widerrufsbelehrung in dem Antragsformular mittels einer doppelten durchgezogenen Linie umschlossen worden und sind die Begriffe Haustürwiderrufsrecht und Widerrufsbelehrung in größerer Schrifttype und in Fettdruck aufgeführt worden. Im Vergleich zum übrigen Text auf der betreffenden Seite handelte es sich jedoch nicht um eine außergewöhnlich große Schrifttype. Es finden sich auch auf derselben Seite diverse, teils doppelte, durchgezogene Linien. Die Mehrfachverwendung der zur Hervorhebung der Belehrung eingesetzten Gestaltungsmittel auch für andere Textteile führt dazu, dass die Belehrung eben nicht mehr, wie sie es sein müsste, unübersehbar ist (vergleiche BGH, X ZR 139/94, bei juris). Davon abgesehen ist die Belehrung auch deswegen nicht hinreichend deutlich gestaltet, weil sie nicht ohne Mühe überhaupt lesbar ist. Die kleinen Buchstaben sind lediglich ca. 1 mm groß. Ob vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um ein neunseitiges Vertragswerk gehandelt hat, die farbliche Unterlegung des Textes zur Bejahung der Wahrung des Deutlichkeitsgebotes führt, kann letztlich dahinstehen. Denn, wie oben ausgeführt, war die Belehrung ohnehin inhaltlich unzureichend.
224.S
23chließlich und unbeschadet der vorstehenden Ausführungen kann die Klägerin auch deshalb die verlangte Zahlung nicht beanspruchen, weil sie das Geld sofort zurückgewähren müsste (Arglisteinrede gemäß § 242 BGB). Denn dem Beklagten steht ein Schadensersatzanspruch wegen Schlechterfüllung eines Beratungsvertrages zu.Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (XI ZR 320/06, bei juris) ist hier wenigstens konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Denn ein solcher Vertrag wird regelmäßig dann geschlossen, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich eine Beratung stattfindet. Die jungen Damen hatten sich als Mitarbeiterinnen der Firma Q vorgestellt und Visitenkarten ausgehändigt, auf denen sie als Analysespezialistinnen ausgegeben waren. Es ist davon auszugehen, dass sie den Beklagten nicht über die Gefahren der streitgegenständlichen Klausel, welche die rechtliche Unabhängigkeit der Abschlusskosten von der tatsächlichen Durchführung des Edelmetallsparplans vorsah (VIII Abs. 3 der Vertragsbedingungen) unterrichtet haben. Das Bestreiten der Klägerin, dass von den Abschlusskosten keine Rede gewesen sei, ist unzureichend. Damit genügt sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht. Es entschuldigt sie auch nicht, dass die jungen Damen nicht mehr für Q arbeiten. Denn das heißt nicht, dass es nicht möglich gewesen wäre, Kontakt zu ihnen herzustellen und sich bei ihnen zu erkundigen, um der prozessualen Erklärungspflicht Genüge tun zu können. Auf die prozessuale Erkundigungspflicht hat die Kammer hingewiesen (Bl. 122 d.A.). Das über die Gefahren der Ausnahme vom Schicksalsteilungsgrundsatz aufzuklären ist, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (III ZR 440/13, bei juris). Die von der Klägerin zitierte Entscheidung BGH, III ZR 269/06, ist insoweit überholt.Die Klägerin beruft sich wegen § 215 BGB ohne Erfolg auf Verjährung.
24III.
25Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 ZPO einerseits und §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO andererseits.Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 4.000 € (§§ 43 I, 48 I GKG, 6 S. 1 ZPO)Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 I Nr. 1, II ZPO), bestand. Die Wirksamkeit solcher Edelmetallsparpläne mit rechtlich unabhängigen Verträgen zu Gunsten Dritter bezüglich Abschlusskosten ist höchstrichterlich ungeklärt.