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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 09.04.2013 – Az.: 5 O 141/12 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin begehrt von der Beklagten Unterlassung, über sie vorhandene Daten ohne angemessene Zugangsbeschränkung in dem Bewertungsportal „j….de“ öffentlich zugänglich zu machen. Ferner beansprucht sie die Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz und die Untersagung der Veröffentlichung bestimmter Bewertungen, wenn der Eindruck entstehe, es handele sich um solche ihrer Patientinnen, sowie den Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten.
4Die Klägerin ist selbständige Hebamme. Die Beklagte ist Betreiber sowie Dienst- und Speicherplatzanbieter der Internetseite www.j....de. Dabei handelt es sich um ein Internetportal, das u.a. zum Bewerten von im Gesundheitswesen tätigen Personen dient: Internetnutzer haben die Möglichkeit, Bewertungen über die Leistungen der Berufsträger abzugeben. Die Abgabe einer Bewertung ist bei gleichzeitiger Angabe einer E-Mail-Adresse möglich. Darüber hinausgehende Angaben wie Name, Anschrift, Patientennachweis oder Ähnliches sind nicht erforderlich. Die Beklagte änderte das Design ihrer Internetseite im Dezember 2011. Zuvor erfolgte bei der Bewertungsabgabe – anders als nunmehr – kein Hinweis auf die Nutzungsrichtlinien. Darüber hinaus können Internetnutzer die im Portal gespeicherten Informationen und Bewertungsergebnisse abrufen. Für das Abrufen dieser Bewertungen und Informationen bedarf es keiner Registrierung im Portal der Beklagten. Die Bewertungsergebnisse und damit die Auswertung der Internetseite werden durch ein Computerprogramm, das automatisch das World Wide Web durchsucht und Webseiten analysiert, vorgenommen. Die Kontaktinformationen der Klägerin, so ihr Name, ihre Adresse und Berufsbezeichnung, sind auch auf anderen Internetseiten frei abrufbar. Zudem hat die Klägerin eine eigene Homepage.
5Die Klägerin widersprach gegenüber der Beklagten vorgerichtlich der Verbreitung ihrer personenbezogenen Daten, nämlich der Bewertungen, und forderte mit zwei Schreiben ihre Prozessbevollmächtigten vom 03.11.2011 und 11.11.2011 die Beklagte zur Unterlassung auf. Dies ließ die Beklagte am 18.11.2011 zurückweisen.
6Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Zuständigkeit der 5. Zivilkammer, insbesondere auch die Zuständigkeit des Einzelrichters, sei nicht begründet. Vielmehr komme die im Geschäftsverteilungsplan geregelte Spezialzuständigkeit der Pressekammer wegen deren besonderer Sach- und Fachkunde zum Tragen, da eine Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte über Massenverbreitungsmedien sowie eine Verletzung des Bundesdatenschutzgesetzes vorliege. Zudem handele es sich um eine Sache von grundsätzlicher Bedeutung, so dass diese jedenfalls der Kammer zur Entscheidung über eine Übernahme vorzulegen sei. In der Sache hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass es sich bei den veröffentlichten Bewertungen nicht ausschließlich um Bewertungen ihrer Patientinnen handele. Die Beklagte verbreite anonyme und auf ihre inhaltliche Richtigkeit ungeprüfte Bewertungen an jedermann ohne Nachweis eines berechtigten Interesses. Dabei prüfe die Beklagte auch nicht, ob die kundgebenden Bewertungen tatsächlich von ihren Patientinnen stammen würden. Die Abgabe einer Beurteilung sei ohne jede Verpflichtung möglich. Sie sei auch zu keinem Zeitpunkt von der Beklagten darüber informiert worden, dass ihr Profil in deren Portal abrufbar sei. Sie habe ferner keine Gelegenheit gehabt, die sie betreffenden Beurteilungen zu kommentieren. Die Beklagte habe keine Vorkehrungen getroffen, um speziell missbräuchliche Bewertungen zu vermeiden. Ihre Bewertungen seien überdies suchmaschinenoptimiert. Dies ergebe sich daraus, dass bei Eingabe ihres Namens in der Suchmaschine Google an zweiter, dritter und vierter Stelle der Trefferliste ein Link zu den Bewertungsseiten der Beklagten erfolge.
7Die Klägerin hat beantragt,
8der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, Patientenbewertungen über ihre Tätigkeit als Hebamme bestehend aus Kommentaren und/oder Bewertungen Dritten ohne ausreichende Zugangsbeschränkung, mit der die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses am Abruf sichergestellt werde, über das Internet öffentlich zugänglich zu machen und/oder zugänglich machen zu lassen, wenn dies ohne ihre Einwilligung erfolge, wie über die nachstehend aufgeführten Internetseiten geschehen:
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10festzustellen, dass die Beklagte ihr zum Ersatz solcher Schäden verpflichtet sei, die ihr aus dem Verhalten gemäß dem vorgenannten Klageantrag bereits entstanden seien oder zukünftig noch entstehen würden.
11der Beklagten zu untersagen, die nachfolgend genannten Bewertungen zu verbreiten, zu veröffentlichen und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder verbreiten zu lassen, veröffentlichen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen, wenn dadurch der Eindruck erweckt werde, es handele sich bei den Bewertungen um solche ihrer Patientinnen:
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13der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei deren Vollstreckung an dem Geschäftsführer zu vollziehen sei, anzudrohen.
14Die Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, eine Bewertung ohne vorherige Registrierung könne nicht abgegeben werden. Dabei müsse jeder Nutzer den Nutzungsrichtlinien sowie ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Setzen eines Hakens ausdrücklich zustimmen und zudem bestätigen, er sei Patient des jeweils bewerteten Arztes. Dabei seien ihre Nutzungsrichtlinien verlinkt und würden bestimmen, dass ausschließlich Patienten über eigene Erfahrungen berichten dürften und vor allem beleidigende Äußerungen zu unterlassen seien. Sie habe Sicherungsmaßnahmen eingebaut, um über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus die Rechte der in dem Portal gelisteten Ärzte zu wahren. In ihrem internen Administrationssystem sei für die Klägerin deren Faxnummer hinterlegt. Darüber hinaus habe der zu bewertende Arzt die Möglichkeit, ihn betreffende Beurteilungen zu kommentieren und einen aus seiner Sicht problematischen Inhalt zu melden. Durch die notwendige Eingabe einer E-Mail-Adresse sei sichergestellt, dass ein Patient, der einen Arzt und dessen Behandlung bewerten wolle, damit rechnen müsse, sein Tun werde zurückverfolgt. Für eine Registrierung sei eine Namensangabe nicht zwingend erforderlich.
17Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Zuständigkeit des Einzelrichters der 5. Zivilkammer bejaht und die Ansicht vertreten, es handele sich nicht um eine Pressesache. Da besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art nicht ersichtlich seien und die Sache auch keine grundsätzliche Bedeutung aufweise, sei eine Vorlage an die Kammer, die die Parteien auch nicht übereinstimmend beantragt hätten, nicht geboten gewesen. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin scheide aus, weil es an einer Rechtsgutsverletzung fehle. Die Übermittlung der Daten sei nach § 29 Abs. 2 S. 1 BDSG zulässig und zwar ohne die von der Klägerin begehrte Zulassungsbeschränkung. Die Zulässigkeit beurteile sich aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt würden. Da die auf der Seite der Beklagten enthaltenen Bewertungen keine beleidigenden Inhalte aufwiesen und eine Stigmatisierung oder Prangerwirkung damit nicht verbunden sei, gebühre dem Grundrecht auf Meinungsäußerung und Kommunikationsfreiheit grundsätzlich der Vorrang. Auch habe es die Klägerin hinzunehmen, dass sie einem öffentlich zugänglichen Portal bewertet und diese Möglichkeit von anderen Personen genutzt werde, da die Meinungsäußerungsfreiheit auch das Recht des Äußernden umfasse, die Art und Weise einer Äußerung und damit das Verbreitungsmedium frei zu bestimmen. Aus der Anonymität der Äußerungen könne die Klägerin zu ihren Gunsten nichts herleiten, weil die Meinungsäußerungsfreiheit nicht auf solche Äußerungen, die einem bestimmten Individuum zugeordnet werden könnten, beschränkt sei. Die gebotene Interessenabwägung falle auch nicht deshalb zugunsten der Klägerin aus, weil auch pauschale Äußerungen veröffentlicht würden oder Bewertungen in Schädigungsabsicht oder durch Nichtpatienten möglich seien. Entsprechendes gelte, soweit die Klägerin auf die Suchmaschinenoptimierung durch die Beklagte hinweise. Es bestehe keine Informationspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin über ihr Profil und die dort abrufbaren Bewertungen oder eine Verpflichtung zur Einholung ihrer Zustimmung. Darüber hinaus habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Unterlassung der drei näher bezeichneten Bewertungen, von denen eine bereits nicht mehr im aktuellen Bestand der Bewertungen enthalten sei. Der Vortrag der Klägerin, dass die weiteren Bewertungen nicht von Patientinnen stammten, sei nicht ausreichend konkret und nicht ordnungsgemäß unter Beweis gestellt.
18Dieses Urteil greift die Klägerin mit der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags an. Sie rügt die Zuständigkeit der 5. Zivilkammer und meint, der Einzelrichter hätte die Sache jedenfalls der Kammer zur Übernahme vorlegen müssen. Das Landgericht habe die Voraussetzungen des § 29 BDSG verkannt. Ferner seien ihre Rechte mit denjenigen der Beklagten – und nicht den der Teilnehmer des Bewertungsportals – abzuwägen. Bei der Beurteilung der Eingriffsintensität sei auch das Verbreitungsmedium zu berücksichtigen; die öffentliche Zugänglichmachung im Internet aufgrund der dauerhaften und gezielten Auffindbarkeit über Suchmaschinen sei besonders einschneidend. Sie sei durch die Veröffentlichung nicht nur in ihrer Sozialsphäre, sondern auch in ihrer Privatsphäre betroffen. Negativbewertungen von Selbständigen und Freiberuflern gefährdeten unmittelbar auch deren wirtschaftliche Existenz. Die Beklagte habe keine tauglichen Zugangsbeschränkungen eingerichtet, so dass eine akute Missbrauchsgefahr bestehe. Hinsichtlich der angegriffenen Einzelbewertungen vertritt die Klägerin die Ansicht, dass die Beklagte sich die darin behauptete Patienteneigenschaft zu Eigen mache. Sie müsse daher dafür Sorge tragen, dass es sich tatsächlich um Bewertungen durch Patienten handele. Die Beklagte habe aber keine tauglichen Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen getroffen, um sich über die Patienteneigenschaftschaft der Teilnehmer ihrer Plattform zu versichern.
19Die Klägerin beantragt,
20der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, Patientenbewertungen über ihre Tätigkeit als Hebamme bestehend aus Kommentaren und/oder Bewertungen Dritten ohne ausreichende Zugangsbeschränkung, mit der die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses am Abruf sichergestellt werde, über das Internet öffentlich zugänglich zu machen und/oder zugänglich machen zu lassen, wenn dies ohne ihre Einwilligung erfolge, wie über die nachstehend aufgeführten Internetseiten geschehen:
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22festzustellen, dass die Beklagte ihr zum Ersatz solcher Schäden verpflichtet sei, die ihr aus dem Verhalten gemäß dem vorgenannten Klageantrag bereits entstanden seien oder zukünftig noch entstehen würden.
23der Beklagten zu untersagen, die nachfolgend genannten Bewertungen zu verbreiten, zu veröffentlichen und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder verbreiten zu lassen, veröffentlichen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen, wenn dadurch der Eindruck erweckt werde, es handele sich bei den Bewertungen um solche ihrer Patientinnen:
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25der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehenden Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei deren Vollstreckung an dem Geschäftsführer zu vollziehen sei, anzudrohen.
26die Beklagte zu verurteilen, vorprozessuale Abmahnkosten für das Schreiben vom 11.11.2011 in Höhe von 1.419,19 € zzgl. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz liegender Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
27Die Beklagte beantragt,
28die Berufung zurückzuweisen.
29Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Die Berufung könne bereits nicht auf eine Unzuständigkeit – wie vorliegend nicht – gestützt werden. Entsprechendes gelte, soweit die Klägerin eine Entscheidung durch den Einzelrichter rüge. Da die Klägerin nur die Verbreitung von Kommentaren und Bewertungen angreife, könne ein Verbot bereits nicht aus § 29 BDSG folgen. Die Vorschrift sei verfassungskonform einschränkend auszulegen. Bei der erforderlichen Abwägung seien auch die grundrechtlich geschützten Positionen der Autoren der Bewertungen und der Nutzer einzubeziehen. Sie, die Beklagte, habe eine Vielzahl von Sicherungsmaßnahmen implementiert, die die Gefahr des Missbrauchs minimiere. Bei den angegriffenen Einzelbewertungen handele es sich um reine Meinungsäußerungen, die sie sich - ebenso wenig wie die Patienteneigenschaft der Bewerter - nicht zu Eigen gemacht habe. Eine Rechtswidrigkeit dieser Beiträge sei nicht substantiiert vorgetragen.
30Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Urkunden und Schriftstücke verwiesen.
31II.
32Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
33Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die zu Grunde zu legenden Tatsachen nach § 529 ZPO eine andere Entscheidung, § 513 ZPO. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
34A.
35Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, erstinstanzlich hätte anstelle des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts die 12. Zivilkammer (Pressekammer) – und zwar in Dreierbesetzung – entscheiden müssen. Hierbei kann dahinstehen, ob nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Düsseldorf für das Jahr 2012 die Zuständigkeit der dortigen 12. Zivilkammer gegeben gewesen wäre.
361.
37Nach § 348 Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet die Zivilkammer erstinstanzlich durch eines ihrer Mitglieder als (originären) Einzelrichter. Nach Satz 2 Nr. 2 lit. a) dieser Vorschrift gilt das nicht, wenn die Zuständigkeit der Kammer nach dem Geschäftsverteilungsplan des betreffenden Gerichts wegen der Zuordnung des Rechtsstreits zu dem Sachgebiet „Streitigkeiten über Ansprüche aus Veröffentlichungen durch Druckerzeugnisse, Bild- und Tonträger jeder Art, insbesondere in Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen“ begründet ist.
382.
39Eine Berufung kann nach § 513 Abs. 2 ZPO nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Dies dient der Verfahrensbeschleunigung und erhält die Sacharbeit der ersten Instanz auch bei fehlerhafter Annahme ihrer Zuständigkeit (Zöller/Heßler, § 513 ZPO Rn. 6). Die genannte Norm betrifft die sachliche, örtliche und funktionelle Zuständigkeit sowie auch die durch Gerichtszuständigkeitsverordnungen (vgl. etwa § 105 UrhG) geschaffenen Zuständigkeiten (Heßler, a. a. O. Rn. 7). § 513 Abs. 2 ZPO ist daher weit zu verstehen. Mit der Berufung kann deshalb auch nicht angegriffen werden, dass ein unzuständiger Spruchkörper entschieden hat (Heßler, a. a. O. Rn. 7): Wenn mit der Berufung bereits nicht gerügt werden kann, dass das erstinstanzlich entscheidende Gericht sachlich, örtlich oder funktionell unzuständig war, kann die Berufung erst recht nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, es hätte ein anderer Spruchkörper innerhalb eines – zuständigen – Gerichts nach dessen Geschäftsverteilungsplan entscheiden müssen. Dies hat, falls anstelle einer nach einem Geschäftsverteilungsplan eines (Land-)Gerichts in den Katalog des § 348 Abs. 1 Satz 2 ZPO fallenden Kammer eine andere Kammer entscheidet, zur Folge, dass auch darauf die Berufung nicht mit Erfolg gestützt werden kann. Dies gilt auch dann, wenn, weil durch Verkennung einer Spezialzuständigkeit eine nicht in den Katalog des § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO fallende Kammer entscheidet, diese Kammer durch den für sie originären Einzelrichter entscheidet (Zöller/Greger § 348 ZPO Rn. 7, 23). Insoweit liegt keine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG) vor, sondern lediglich ein – nach § 513 Abs. 2 ZPO gerade nicht rügbarer – Zuständigkeitsmangel (Greger a. a. O. Rn. 23). Ob etwas anderes ausnahmsweise dann gelten kann, wenn der falsche Spruchkörper – und dort gegebenenfalls der originäre Einzelrichter – im klaren Bewusstsein der Zuständigkeit eines Spruchkörpers des Katalogs des § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO und damit im Bewusstsein seiner eigenen Unzuständigkeit – oder sonst willkürlich – entscheidet, kann dahinstehen. Derartige Umstände sind nicht vorgetragen und angesichts der erstinstanzlichen Auseinandersetzung mit dieser Frage im Urteil auch fernliegend.
403.
41Auch kann die Klägerin die Berufung nicht mit Erfolg darauf stützen, dass der Einzelrichter die Sache nicht der Kammer zur Übernahme vorgelegt habe. Zwar können Urteile, die unter Verstoß gegen die Funktionsverteilung zwischen der Kammer und dem Einzelrichter ergangen sind, wegen eines Verfahrensfehlers mit der Berufung angefochten werden. Insoweit handelt es sich nicht um einen Zuständigkeitsmangel im Sinne des § 513 Abs. 2 ZPO, sondern um die falsche Besetzung, da der Einzelrichter nicht statt der Kammer, sondern als Kammer entscheidet (Greger a.a.O. Rn. 23). Nach § 348 Abs. 4 ZPO kann ein Rechtsmittel jedoch grundsätzlich nicht auf die unterlasse Vorlage gestützt werden. Die Grenze des Rechtmittelausschlusses ist allerdings dort erreicht, wenn der Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) verletzt wird. Dies setzt voraus, dass die Kammer in offenbar unhaltbarer Anwendung von § 348 ZPO fälschlicherweise durch den Einzelrichter oder das Kollegium entscheidet. Die Nichtübertragung auf die vollbesetzte Kammer war vorliegend jedoch nicht objektiv willkürlich: Sie war weder offensichtlich unvertretbar noch lag sie außerhalb der Gesetzlichkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 13.03.2003, IX ZB 134/02, juris); insbesondere ist der Einzelrichter nicht von der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen (vgl. MüKo/Deubner § 348 ZPO Rn. 68). Dem steht auch nicht entgegen, dass das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung vom 08.03.2012 (16 U 125/11, juris) die Revision mit der Begründung zugelassen hat, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.06.2009 (VI ZR 196/08, juris) sich auf ein geschlossenes Internetportal und nicht auf allgemein zugängliche Portale bezogen habe. Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung die grundgesetzlich relevanten Vorgaben und Abwägungskriterien zu dem rechtlichen Problemkreis bei Veröffentlichungen von anonymen Äußerungen in Berufsbewertungsportalen aufgeführt. Unter Beachtung der aufgestellten Grundsätze handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung, da die vorzunehmende Abwägung für jede einzelne Fallkonstellation gesondert vorgenommen werden muss (OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011, 3 U 196/10, juris).
42B.
43Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung von Patientenbewertungen über ihre Tätigkeit als Hebamme bestehend aus Kommentaren und/oder Bewertungen ohne – ausreichende - Zugangsbeschränkung. Anspruchsgrundlage ist § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 BDSG als Schutzgesetz. Da es beim Unterlassungsanspruch um die Übermittlung von Daten geht, ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BDSG die Zulässigkeit zu prüfen.
441.
45Der Anwendungsbereich des § 29 BDSG ist eröffnet. Die Beklagte verfolgt mit der Erhebung der Daten keinen eigenen Geschäftszweck, wie dies § 28 BDSG voraussetzt, sondern sie erhebt und speichert die Daten geschäftsmäßig im Sinne des § 29 BDSG zur Übermittlung an Dritte. Die Tätigkeit der Beklagten ist insoweit auf Wiederholung und eine gewisse Dauer angelegt. Dabei ist Gewerbsmäßigkeit im Sinne einer Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 23.06.2009, VI ZR 196/08, juris). Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht handelt es sich auch bei Bewertungen und Kommentaren um personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG und nicht nur bei der Angabe des Namens, der Anschrift, der Telefonnummer oder anderer Stammdaten. Sie dienen der Darstellung der persönlichen Verhältnisse; dem Gesetz lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass Werturteile generell vom Datenschutz ausgenommen seien sollten (Gola/Schomerus § 3 BDSG, Rn. 2; Simitis/Dammann (6. Aufl.) § 3 BDSG, Rn. 12).
462.
47Nach § 29 Abs. 2 BDSG ist die Datenübermittlung dann zulässig, wenn der Dritte, dem die Daten übermittelt werden, ein berechtigtes Interesse an ihrer Kenntnis glaubhaft darlegt und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hat. Nach dem Wortlaut der Vorschrift könnte eine Datenübermittlung wie die streitgegenständliche unzulässig sein, weil sie anonymisiert erfolgt und es schon deshalb an der erforderlichen Darlegung fehlt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, ist insoweit jedoch eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift geboten, die das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gebührend berücksichtigt (BGH, Urteil vom 23.06.2009, VI ZR 196/08, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.10.2010, I-15 U 80/08, juris; so auch Gounalakis/Klein NJW 2010, S. 566 ff.; Krupbam MMR 2013, S. 556 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen). § 29 BDSG sollte zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens die „klassischen“ Datenverarbeitungen reglementieren, wie etwa den gewerbsmäßigen Handel mit personenbezogenen Daten im Adresshandel oder die Unterhaltung von Wirtschafts- und Auskunftsdateien (BGH, Urteil vom 23.06.2009, VI ZR 196/08, juris mit Verweis auf Simitis/Ehmann, § 29 BDSG, Rn. 1 ff.). Der Datenschutzgesetzgeber hatte bei § 29 BDSG Bewertungsforen nicht im Blick, was bei der Auslegung zu beachten ist. Auch die Novellierungen des § 29 BDSG im Jahr 2009 ändern daran nichts (Kaiser NVwZ 2009, S. 1474, 1475). Für Datenabfragen aus Bewertungsforen führt eine wortgetreue Anwendung der Vorschriften in § 29 Abs. 2 BDSG zu einem Widerspruch zu dem sich aus Art. 5 Abs. 1 GG ergebenden Recht auf uneingeschränkte Kommunikationsfreiheit. Der Hinweis der Klägerin auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Onlinedurchsuchung (BVerfG, Urteil vom 27.02.2008, 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07, juris) führt insoweit zu keinem anderen Ergebnis: Die zitierte Entscheidung befasst sich dort mit der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen es staatlichen Behörden gestattet ist, heimlich Zugriff auf informationstechnische Systeme zu nehmen, und stellt darüber hinaus klar, dass dann, wenn der Staat im Internet öffentlich zugängliche Kommunikationsinhalte wahrnimmt oder sich an öffentlich zugänglichen Kommunikationsvorgängen beteiligt, er grundsätzlich nicht in Grundrechte eingreift. Eine wortgetreue Auslegung ist auch nicht mit dem in § 12 ff. TMG gewährleisteten Recht des Internetnutzers auf Anonymität vereinbar. In diesem Zusammenhang weist die Klägerin zwar zutreffend darauf hin, dass das Telemediengesetz das Rechtsverhältnis zwischen dem Diensteanbieter und dem Nutzer regelt. Eine nach dem Wortlaut des § 29 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BDSG vorgesehene glaubhafte Darlegung eines berechtigten Interesses an den übermittelten Daten wäre aber ohne Preisgabe der Anonymität durch den Nutzer gegenüber dem die Daten übermittelnden Dritten unmöglich. Auch der Hinweis der Klägerin auf die Möglichkeit, sich in allgemeinen Meinungsportalen zu äußern (Twitter, Facebook), verfängt nicht: Allgemeine Meinungsportale dienen dem Meinungsaustausch und können Bewertungsportale, die auch dem Informationsinteresse der Nutzer dienen, daher nicht ersetzen.
483.
49Das Recht der Meinungsfreiheit umfasst das Recht, mit seiner Meinung gehört zu werden und diese zu verbreiten. Der Grundsatz des freien Meinungsaustauschs besteht dabei nicht nur für Themen, die von besonderem Belang für die Öffentlichkeit sind (BGH, Urteil vom 23.06.2009, VI ZR 196/08, juris, m.w.N.). Wäre die verfassungsmäßig geschützte Verbreitung von Beiträgen zur Meinungsbildung in Form der Teilnahme an einem Internetforum nur zulässig, sofern dabei nicht persönliche Daten übermittelt werden, würden Meinungs- und Informationsfreiheit auf Äußerungen ohne datenmäßig geschützten Inhalt beschränkt, es sei denn, es läge die Einwilligung des Betroffenen vor. Bewertungen würden dadurch weitgehend unmöglich gemacht, weil alle negativen Äußerungen aus dem System genommen werden müssten, für deren Weitergabe die Einwilligung des Betroffenen im Allgemeinen fehlt. Bewertungsportale bewegen sich in einem Spannungsfeld, in dem der Betroffene bei negativen Bewertungen ein Interesse an dem Ausschluss der Verwendung seiner Daten hat. Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit sind aber nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig sind. Die Zulässigkeit der Übermittlung der Daten an die abfragenden Nutzer muss deshalb aufgrund einer Gesamtabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse desjenigen, dem die Daten über das Internet übermittelt werden, beurteilt werden. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen - entgegen der Ansicht der Klägerin – sowohl den Interessen des Abrufenden an der Kenntnis der Daten als auch desjenigen, der die Daten übermittelt, an deren Weitergabe gegenüberzustellen. Art, Inhalt und Aussagekraft der beanstandeten Daten sind zu messen an den Aufgaben und Zwecken, denen Speicherung und Übermittlung dienen (BGH Urteil vom 23.06.2009, VI ZR 196/08, juris m.w.N.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.10.2010, I-15 U 80/08, juris).
504.
51Durch die Veröffentlichung der Bewertungen und Kommentare unter Nennung ihres Namens wird die Klägerin in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Dieses Recht stellt sich als Befugnis des Einzelnen dar, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob und wann sowie innerhalb welcher Grenzen seine persönlichen Daten in die Öffentlichkeit gebracht werden. Es erschöpft sich nicht in der Funktion des Abwehrrechts des Bürgers gegen den Staat, sondern entfaltet als Grundrecht Drittwirkung und beeinflusst hierdurch auch die Werteordnung des Privatrechts. Dem entspricht die Regelung in § 27 Abs. 1 BDSG, wonach die Vorschriften des Datenschutzes auch für nicht öffentliche Stellen gelten (BGH a.a.O.).
52a)
53In der Rechtsprechung sind wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts, dessen Reichweite nicht absolut feststeht, Abwägungskriterien nach Maßgabe einer abgestuften Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, herausgearbeitet worden. Danach genießen besonders hohen Schutz die sog. sensitiven Daten, die der Intim- und Geheimsphäre zuzuordnen sind. Geschützt ist aber auch das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung von persönlichen Lebenssachverhalten, die lediglich der Sozial- und Privatsphäre zugeordnet werden. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Einzelne seine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft entfaltet. Er muss angesichts dieser Gemeinschaftsbezogenheit und -gebundenheit grundsätzlich Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls oder überwiegenden Rechtsinteressen Dritter getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren gewahrt ist (BGH a.a.O. mit umfangreichen Nachweisen).
54b)
55Zutreffend hat das Landgericht die von der Beklagten übermittelten Daten der Klägerin als Werturteile, die ihre Sozialsphäre tangieren, bewertet. Die Bewertungen stellen sich als Meinungsäußerungen dar, auch soweit sie einen Tatsachengehalt aufweisen, mit dem sich die Meinungsäußerung vermengt. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG greift unabhängig davon ein, ob die Äußerung zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist, denn der Schutzbereich des Grundrechts erstreckt sich auch auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 08.05.2007, 1 BvR 193/05, juris). Maßgeblich für die Abgrenzung, ob es sich um ein Werturteil oder um eine Tatsachenbehauptung handelt, ist das Verständnis eines durchschnittlichen und verständigen Empfängers der Äußerung. Bei Berufsbewertungsportalen wird dieser davon ausgehen, dass mangels objektiver Nachprüfbarkeit regelmäßig subjektive Werturteile der Bewertenden und keine Tatsachenbehauptungen vorliegen, die die persönliche Sicht auf die bewertete Person und ihre Eigenschaften darlegen (OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011, 3 U 196/10, juris).
56Die Bewertungen betreffen die berufliche Tätigkeit der Klägerin, also einen Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Soweit die in den Bewertungen erfolgten Einschätzungen der Klägerin auch persönliche Eigenschaften betreffen, werden sie ihr erkennbar allein aufgrund ihres Auftretens innerhalb ihres beruflichen Wirkungskreises beigelegt, so dass die Bewertung ausschließlich ihrer Sozialsphäre zuzuordnen ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011, 3 U 196/10, juris). Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre dürfen nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (BGH a.a.O. m.w.N.). Solche Wirkungen der angegriffenen Bewertungen und Kommentare trägt die Klägerin nicht vor und sich auch im Übrigen nicht ersichtlich. Demgegenüber wird den Nutzern eines Ärztebewertungsportals im Allgemeinen nach ihrem Erwartungshorizont bewusst sein, dass die Bewertungen keinen wissenschaftlichen Standard erfüllen, sondern allein die subjektiven Erfahrungen wiedergeben, die einzelne Patienten gemacht haben und die sich stark unterscheiden können (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.03.2012, 16 U 125/11, juris). Auch die Klägerin geht davon aus, dass ein für jedermann frei zugängliches und nutzbares Bewertungsportal nicht dazu geeignet sei, ihre berufliche Kompetenz und die Akzeptanz ihrer Arbeit zu belegen.
575.a)
58Im Hinblick auf die reduzierte Aussagekraft und Eingriffsqualität der Daten sowie den Umstand, dass auch von der Klägerin die Zulässigkeit der Erhebung der Daten zum Zwecke der Übermittlung nicht in Frage gestellt wird, ist deren Übermittlung in Wahrung des Grundrechts der Beklagten auf Informationsgewährung und –beschaffung zulässig. Der Umstand, dass vorliegend – im Unterschied zu dem Lehrerbewertungsportal, das der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde lag – die Bewertungen und Kommentare nicht nur an registrierte Nutzer übermittelt werden, führt zu keiner zugunsten der Klägerin vorzunehmenden Abwägung ihres Persönlichkeitsrechts mit dem Recht auf Meinungsäußerung. Das öffentliche Interesse an bestimmten Informationen variiert je nachdem, welcher Personenkreis überhaupt mit der Berufsausübung der bewerteten Person in Kontakt kommen kann. Bei Personen, wie der Klägerin, die ihre beruflichen Dienstleistungen öffentlich gegenüber jedermann anbieten, wird man im Gegensatz zu Lehrern, deren berufliche Öffentlichkeit auf die Tätigkeit in bestimmten Klassen einer bestimmten Schule beschränkt ist, ein generelles Interesse annehmen können, ihre Bewertung durch Dritte zu erfahren, um eine Markttransparenz zu schaffen, die der Öffentlichkeit bei der Wahl von potentiellen Vertragspartnern hilft (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011, 3 U 196/10, juris; Schröder VerwA 2010, S. 205, 223). Die Klägerin ist insoweit den Marktmechanismen ausgesetzt, zu denen heute auch Bewertungsmöglichkeiten in öffentlich zugänglichen Quellen, wie dem Internet, zählen. Da die Meinungsfreiheit auch das Recht des Äußernden umfasst, die Modalitäten einer Äußerung und damit das Verbreitungsmedium frei zu bestimmen, muss es die Klägerin grundsätzlich hinnehmen, wenn die Möglichkeit besteht, sie einem öffentlich zugänglichen Portal im Internet - mit den von ihr betonten Eigenschaften (Dauerhaftigkeit, Ubiquität, Aufspürbarkeit) – zu bewerten, und diese Möglichkeit genutzt wird (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.03.2012, 16 U 125/11, juris).
59b)
60Auch unter Berücksichtigung der als Abwägungsaspekt zugunsten der Klägerin streitenden Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ergibt sich kein von der Entscheidung des Landgerichts abweichendes Abwägungsergebnis. Zwar kann es nicht ausgeschlossen werden, dass bei Freiberuflern ein wirtschaftliches Risiko mit negativen Bewertungen verbunden ist (OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011, 3 U 196/10, juris). Vorliegend hat die Klägerin allerdings weder hinreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass ihr ein relevanter Schaden entstanden ist.
61c)
62Sofern die Klägerin schließlich die Gefahr von Missbrauch und Falschbewertungen thematisiert, betrifft dies die Abgabe von Bewertungen. Die von ihr insoweit eingeforderten Zugangsbeschränkungen betreffen also nicht die Übermittlung bereits abgegebener (missbräuchlicher oder falscher) Bewertungen, die aber Gegenstand ihrer Klage ist: Die Manipulation von Bewertungen kann durch eine nur eingeschränkte Übermittlung vorgenommener Bewertungen nicht verhindert werden.
63C.
64Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die Beklagte ihr zum Ersatz solcher Schäden verpflichtet ist, die ihr aus dem Verhalten gemäß dem ersten Klageantrag bereits entstanden ist oder zukünftig noch entstehen werden. Die Übermittlung der Bewertungen an Dritte ohne Zugangsbeschränkung ist, wie dargelegt, zulässig. Im Übrigen können dem Vortrag der Klägerin Schäden, die ihr durch die Übermittlung entstanden sind oder noch entstehen werden, nicht entnommen werden.
65D.
66Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Untersagung der Veröffentlichung der drei konkret beanstandeten Äußerungen aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 StGB, 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 4 BDSG.
671.
68Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Bewertungen vom 07.01.2011 und 24.12.2011 nicht weiter veröffentlicht, sofern dadurch der Eindruck erweckt wird, es handele sich um Bewertungen von Patientinnen der Klägerin. Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf die Behauptung einer unwahren Tatsache, nämlich der Patienteneigenschaft.
69a)
70Die Beklagte trifft hinsichtlich der von der Klägerin beanstandeten Einträge nur eine eingeschränkte Verantwortlichkeit, nämlich als Störerin. Als Störer ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10, juris). Indem die Beklagte eine Bewertungsplattform im Internet zum Abruf bereitstellt, trägt sie willentlich und kausal zur Verbreitung der eingestellten, nach Behauptung der Klägerin unwahren, Tatsachen bei. Entgegen der von der Klägerin in der Berufungsbegründung vertretenen Ansicht hat die Beklagte sich die Patienteneigenschaft der Bewerterinnen nicht zu Eigen gemacht. Zwar sind eigene Inhalte nicht nur selbst geschaffene, sondern auch solche, die sich der Anbieter zu Eigen gemacht hat. Maßgeblich ist dafür eine objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände (BGH, Urteil vom 12.11.2009, I ZR 166/07, juris). Zu berücksichtigen sind dabei die Art der Datenübernahme, ihr Zweck sowie die konkrete Präsentation der übernommenen Daten durch den Übernehmenden. Erhält der Nutzer den Eindruck, der Anbieter identifiziere sich mit einer Äußerung, liegt ein Zueigenmachen vor. Daran fehlt es demgegenüber, wenn sich aus der Art der Präsentation ergibt, dass der Provider Fremdäußerungen nur in gleicher Weise verbreitet, wie das bei Interviews und Leserbriefen in Printmedien der Fall ist. Die Klägerin stellt insoweit im Kern darauf ab, dass derjenige, der ein Patientenbewertungsportal betreibe, sich originär und zwingend die Tatsache zu Eigen mache, dass es sich bei den Bewertungen um Patientenbewertungen handele. Das Bewertungsportal nehme für sich in Anspruch, ein zutreffendes und damit echtes Meinungsbild zu vorgegebenen Personenkreisen abzubilden und ziehe die aus der Verbreitung folgenden wirtschaftlichen Früchte, nämlich Werbeeinnahmen durch Bannerwerbung. Unter Berücksichtigung der von der Klägerin zur Akte gereichten Screenshots trägt diese Argumentation nicht. Die Bewertungen werden von der Beklagten nicht als eigener Inhalt öffentlich zugänglich gemacht, sondern explizit als Bewertung „durch eine Patientin“. Dass die Beklagte diese zuvor redaktionell kontrolliert, ist weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 26.06.2013, 4 U 28/13, juris (Ärztebewertungsportal), offengelassen für ein Lehrerbewertungsportal: BGH, Urteil vom 23.06.2009, VI ZR 196/08; bejaht für ein Rezepteportal: BGH, Urteil vom 12.11.2009, I ZR 166/07, juris). Aus dem Hinweis der Klägerin auf die Werbeeinnahmen, die die Beklagte durch das Internetforum erzielt, ergibt sich nichts Gegenteiliges: Das Betreiben des Forums dürfte zwar deshalb in ihrem unternehmerischen Interesse liegen, weshalb sie jedoch nicht notwendigerweise die inhaltliche Verantwortung für die entsprechenden Informationen übernimmt.
71b)
72Allerdings umfasst die Haftungsprivilegierung nach § 10 TMG für fremde Informationen nicht die Störerhaftung. § 10 TMG betrifft lediglich die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung des Diensteanbieters. Das ergibt sich aus der Regelung in § 7 Abs. 2 S. 2 TMG, wonach die Verpflichtungen zur Entfernung und Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 TMG unberührt bleiben (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10, juris). Wird ein rechtswidriger Beitrag eingestellt, ist der Betreiber als Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB zur Unterlassung und, wenn nur über die Beseitigung der Daten die Unterlassung durchgesetzt werden kann, zur Löschung verpflichtet. Der Betreiber eines Internetforums ist Herr des Angebots; deshalb kann der Verletzte Löschungs- und Unterlassungsansprüche auch gegen ihn richten (BGH, Urteil vom 27.03.2007, VI ZR 101/06, juris; BGH, Urteil vom 23.06.2009, VI ZR 196/08, juris).
73c)
74Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Störerhaftung die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang richtet sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10, juris). Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen gelten für die Inanspruchnahme des Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung für das Persönlichkeitsrecht verletzende Foren die folgenden Maßstäbe: Der Betreiber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, eingestellte Beiträge vorab auf etwaige Rechtsverletzungen hin zu überprüfen. Ihn trifft erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Der Host Provider ist zu einem Tätigwerden aufgerufen, wenn die Rechtsverletzung so konkret vorgetragen wird, dass sie unschwer, d.h. ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Prüfung bejaht werden kann. Dazu muss der Provider die Beanstandung an den für den Eintrag Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterleiten. Erfolgt innerhalb einer angemessenen Frist keine Stellungnahme des Verantwortlichen, muss der Provider von der Berechtigung der Beanstandung ausgehen und den Eintrag löschen. Stellt der Verantwortliche jedoch die Rechtsverletzung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, muss der Provider sich erneut an den Betroffenen wenden und ihn zu einer weiteren Darlegung und gegebenenfalls auch Vorlage von Nachweisen für die Rechtsverletzung auffordern. Bleibt dann die Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung des Providers nicht erforderlich; der Eintrag kann online bleiben. Ergibt sich hingegen aus der ergänzenden Stellungnahme des Betroffenen auch unter Berücksichtigung einer möglichen erneuten Stellungnahme des für den Eintrag Verantwortlichen eine Rechtsverletzung, ist der Eintrag zu löschen (BGH, Urteil vom 25.10.2011, VI ZR 93/10, juris).
75d)
76Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, gilt Folgendes: Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.11.2011 griff die Klägerin die nunmehr beanstandeten Bewertungen auf, in der sie jedoch nur die Bewertung vom 07.01.2011 als durch eine „vermeintliche Patientin“ abgegeben bezeichnete. Die Beklagte kontaktierte die Bewerterinnen, die sie als Patientenbewertungen bestätigten. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.11.2011 beanstandete die Klägerin erneut die Bewertung vom 07.01.2011, ohne allerdings den Vorwurf der Abgabe durch eine Nicht-Patientin zu erheben oder zu vertiefen. Mit Schriftsatz der Beklagten vom 17.12.2012 erhielt die Klägerin – spätestens – die Stellungnahmen der beiden Bewerterinnen. Mit Schriftsatz vom 21.02.2013 trug die Klägerin vor, dass sie von ihr in den angegebenen Behandlungszeiträumen keine Patientinnen unter 30 Jahren, wie in den Bewerterprofilen angegeben, entbunden wurden. Mit dieser ergänzenden Stellungnahme hat sich die Beklagte nicht mehr an die Bewerterinnen gewandt; allerdings hatten bereits beide Bewerterinnen in ihren ersten Stellungnahmen ihre Patienteneigenschaft bestätigt, so dass sich auch ohne eine weitere Stellungnahme der Eintragenden eine Rechtsverletzung für die Beklagte nicht ergab.
77Die Darlegungs- und Beweislast für die Unwahrheit der Tatsache trägt die Klägerin (BGH, Urteil vom 22.04.2008, VI ZR 83/07, juris; Soehring in: ders./Höhne § 30 Rn. 23). Allerdings trifft die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast; sie muss Belegtatsachen für ihre Behauptungen angeben; andernfalls ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO von der Unwahrheit auszugehen (Palandt/Sprau Einf. vor § 823 BGB, Rn. 32; Soehring a.a.O. Rn. 24). Unter Berücksichtigung der jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Auskunftsanspruch über Anmeldedaten gegen den Betreiber eines Internetportals (Urteil vom 01.07.2014, VI ZR 345/13) hat die Beklagte ihrer Darlegungslast entsprochen, ohne dass sie dazu die Identität der Bewerterinnen hätte offenlegen müssen. Der Betreiber eines Internetportals ist nämlich in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage i.S.d. § 12 Abs. 2 TMG grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen herauszugeben. Eine andere Beurteilung im vorliegenden Zusammenhang würde im Übrigen die oben dargestellten Grundsätze zur anonymen Meinungsäußerung konterkarieren.
78Die Klägerin hat ihre eigene Vernehmung angeboten, deren Voraussetzungen jedoch das Landgericht zu Recht verneint hat (§§ 447, 448 ZPO) Das Landgericht war nicht gehalten, die Klägerin nach § 447 ZPO oder nach § 448 ZPO als Partei zur Frage der Unwahrheit der behaupteten Tatsache zu vernehmen oder sie nach § 141 ZPO informatorisch anzuhören. Das Gericht muss Beweise nur insoweit erheben, als der Beweisaufnahme keine Rechtsgründe entgegenstehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.01.1985, 1 BvR 876/84, NJW 1985, 1150 f.; BGH, Urteil vom 17.02.1970, III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 949 f. = BGHZ 53, 245 ff.). So liegt der Fall aber hier. Eine Parteivernehmung nach § 447 ZPO scheidet aus, weil ein Einverständnis der Beklagten nicht vorliegt. Die Vernehmung war auch nicht nach § 448 ZPO von Amts wegen anzuordnen. Die Anordnung von Amts wegen setzt voraus, dass die Beweisaufnahme nach Ausschöpfung aller Beweismittel eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der umstrittenen Behauptung erbracht hat und das Gericht durch die Parteivernehmung die Ausräumung restlicher Zweifel erwartet (BGH, Urteil vom 08.11.1993, II ZR 26/93, NJW 1994, 320, 321; Musielak/Huber§ 448 ZPO Rn. 3, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die Entscheidung über die Vernehmung einer Partei nach § 448 ZPO liegt im Ermessen des Tatrichters, wobei im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen ist, dass der einen Partei ein Zeuge zur Seite steht, während die Gegenseite sich auf keinen Zeugen stützen kann (BGH, Urteil vom 14.05.2013, VI ZR 325/11; ablehnend Zöller/Greger § 448 ZPO Rn. 4). Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs folgt jedoch nicht, dass die Nichtvernehmung der Partei nach § 448 ZPO in Fällen der Beweisnot automatisch als Ermessens- und damit Verfahrensfehler zu bewerten ist, der die erneute Tatsachenfeststellung nach § 529 ZPO gebietet. Die Beweisnot ist ein Aspekt innerhalb der zu treffenden Ermessensentscheidung. Fehlen, wie hier sonstige Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Parteibehauptung, so liegen die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung von Amts wegen nicht vor; für eine Ermessensausübung bleibt kein Raum. Ein diesbezüglicher Fehler scheidet damit aus.
79Eine informatorische Anhörung der Klägerin nach § 141 ZPO war zur Aufklärung des Sachverhalts ebenfalls nicht geboten. Die Beweisnot einer Partei kann das Ermessen des Gerichts bezüglich einer Anhörung der beweisbelasteten Partei, der kein Zeuge zur Verfügung steht, insoweit reduzieren, dass die Nichtanhörung unter Berücksichtigung des Prinzips der Waffengleichheit als Ermessens- und Verfahrensfehler zu bewerten ist. Wenn das Gericht seine Entscheidung allein auf die Aussage des gegnerischen Zeugen stützen will, ist die informatorische Anhörung der Partei bzw. deren Anwesenheit im Termin mit der Möglichkeit der Fragestellung (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 27.02.2008, I BvR 2588/06, NJW 2008, 2170; BGH Urteil vom 08.07.2010, III ZR 249/09, NJW 2010, 3292, 3293) unabhängig von der Wahrscheinlichkeit des Parteivorbringens durch Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 103 GG sowie Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG geboten (BVerfG, Beschluss vom 21.2.2001, 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531; BGH, Urteil vom 27.09.2005, XI ZR 216/04, NJW-RR 2006, 61). Allerdings bietet die Beklagte die Bewerterinnen nicht als Zeuginnen an. Sie wären auch nur gegenbeweislich zu hören, so dass für ihre Vernehmung ohne weiteren Beweisantritt der Klägerin kein Anlass besteht.
802.
81Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen bußgeldbewehrten Anspruch, die Einzelbewertung vom 28.05.2011 nicht – erneut - zu veröffentlichen. Unstreitig befindet sich diese Bewertung seit dem 17.12.2012 nicht mehr im Bewertungsportal der Beklagten. Materielle Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist die Wiederholungsgefahr; sie setzt voraus, dass es in der Vergangenheit bereits zu einer Verletzungshandlung gekommen ist. Wie dargelegt, ist der Betreiber eines Internetforums nicht gehalten, jeden Beitrag vorab auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Wird er allerdings auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss es das konkrete Angebot sperren und grundsätzlich Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt. Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des Betreibers, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann. Damit kann in derjenigen Rechtsverletzung, die Gegenstand der Mitteilung war, mit der der Betreiber des Forums erstmalig Kenntnis davon erlangte, keine Verletzungshandlung gesehen werden, die eine Wiederholungsgefahr im Sinne eines Unterlassungsanspruchs begründet. Für die Annahme von Wiederholungsgefahr ist vielmehr eine vollendete Verletzung nach Begründung der Pflicht zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen erforderlich (BGH, Urteil vom 17.08.2011, I ZR 57/09, juris).
82E.1.
83Erstmals in zweiter Instanz macht die Klägerin die außergerichtlichen Abmahnkosten geltend. Die Klageerweiterung ist sachdienlich (§ 533 Nr. 1 Alt. 2 ZPO). Maßgeblicher Gesichtspunkt für die Sachdienlichkeit, die nur ausnahmsweise zu verneinen ist, ist die Prozessökonomie. Es kommt insoweit allein darauf an, ob und inwieweit die Zulassung geeignet ist, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen (Zöller/Heßler § 533 ZPO Rn. 6). Die Klageerweiterung betrifft die Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung der Verletzungshandlungen, die bereits Gegenstand der übrigen Klageanträge sind.
842.
85Die Klägerin hat gegen die Beklagte mangels Pflichtverletzung keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Schreiben vom 11.11.2011. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Im Übrigen steht einem Schadensersatzanspruch auch die Haftungsprivilegierung des § 10 Nr. 1 TMG entgegen.
86F.
87Der Schriftsatz der Klägerin vom 11.07.2014 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Die darin enthaltenen Überlegungen hat der Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
88G.
89Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 10 S. 1 und 2, 709, 711, 713 ZPO.
90Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 35.000,00 €.
91Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.
92D… Dr. W… Dr. P…