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Oberlandesgericht Düsseldorf, 5 U 4/22

Datum:
21.09.2023
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
5. Kartellsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 4/22
ECLI:
ECLI:DE:OLGD:2023:0921.5U4.22.00
 
Leitsätze:

§ 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG, § 8 Abs. 1 UWG, § 41 Abs. 5 S. 3 EnWG, § 41b Abs. 3 S. 1 EnWG, § 65 Abs. 1 EnWG

1. Die im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs aus § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG oder § 8 Abs. 1 S. 1 UWG gegenüber einem Dritten bestehende Wiederholungsgefahr entfällt, wenn die Bundesnetzagentur in einem energierechtlichen Aufsichtsverfahren eine bestandskräftige Untersagungsverfügung erlassen hat, und das Energieversorgungsunternehmen erklärt, dass es sich an diese Verfügung halten wird. 

2. Eine Energiepreiserhöhung, die lediglich mit „operativen Gründen“ oder „außergewöhnlich stark angestiegenen Großhandelspreisen an den Energiemärkten“ begründet wird, verstößt gegen das Transparenzgebot von § 41 Abs. 5 S. 3 EnWG.

3. Ein Folgenbeseitigungsantrag gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UKlaG gerichtet auf Rückzahlung des auf unzulässige Preiserhöhungen entfallenden Anteils der Zahlung an die jeweiligen Verbraucher ist nicht hinreichend bestimmt.

4. Ein Anspruch auf die Versendung von Berichtigungsschreiben kommt als Folgenbeseitigungsanspruch aus § 2 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UKlaG in Betracht.

5. Ein Verbraucherverband kann von dem zur Versendung eines Berichtigungsschreibens verpflichteten Unternehmer als vorbereitendem Hilfsanspruch gem. § 242 BGB Auskunft über Namen und Anschrift der von einem Verstoß gegen ein Verbraucherschutzgesetz betroffenen Verbraucher verlangen. Eine bestimmte Sortierung der Angaben schuldet der Unternehmer nicht.

 
Tenor:

Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 20.10.2022 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, Ordnungshaft zu vollstrecken an den Mitgliedern der Geschäftsführung der Beklagten, es im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern zu unterlassen,

a) Verbrauchern, denen E-Mails oder Schreiben mit gleichem Inhalt wie in den nachstehend abgebildeten E-Mails vom 22.10.2021, beim jeweiligen Empfänger eingegangen um 19:10 Uhr hinsichtlich eines Strom- sowie um 19:45 Uhr hinsichtlich eines Gasliefervertrages, übermittelt wurden, ohne dass den Verbrauchern vor Mitteilung über die Erhöhung der Abschläge fristgerecht eine Preiserhöhung zugegangen ist, zukünftig Abschläge entsprechend der angekündigten Höhe in Rechnung zu stellen und/oder einzuziehen, wenn dies ohne deren vorherige Zustimmung für die Belieferung mit Strom und Gas erfolgt ist und soweit die Abschläge über die bisherige Höhe der Abschlagszahlungen der Verbraucher hinausgehen:

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

              Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

b) Verbrauchern, denen Abschlagserhöhungen, ohne dass den Verbrauchern vor Mitteilung über deren Erhöhung fristgerecht eine Preiserhöhung zugegangen ist, mit gleichem Inhalt wie im Tenor zu 1. a) dargestellt angekündigt wurden, und die der Beklagten, wie in der nachstehend abgebildeten E-Mail vom 23.10.2021 dargestellt:

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unmittelbar auf diese Ankündigung Bezug nehmend geantwortet haben, ohne dabei die Beendigung des Vertragsverhältnisses zu erklären, mitzuteilen, dass die Beklagte die Sonderkündigung ihres Energieliefervertrags zum frühestmöglichen Zeitpunkt bestätigt und/oder zu erklären, die Beklagte werde die Netzabmeldung für die betroffenen Verbraucher in Auftrag geben, insbesondere, wenn dies wie in der nachstehend eingeblendeten E-Mail wiedergegeben geschieht:

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

c) betreffend diejenigen Verbraucher, denen seitens der Beklagten E-Mails oder Schreiben mit gleichem Inhalt wie in dem Tenor zu 1. b) wiedergegeben übermittelt wurden, für diese ohne deren vorherige Zustimmung die Netzabmeldung zu einem Zeitpunkt, der vor dem vereinbarten Vertragsende liegt, in Auftrag zu geben,

d) beabsichtigte Strompreisänderungen per E-Mail anzukündigen, ohne in der Betreffzeile deutlich hervorgehoben auf die beabsichtigte Änderung des Strompreises hinzuweisen, wenn im Betreff auch andere Informationen enthalten sind, wie geschehen mit E-Mail vom 19. August 2021 und nachfolgend abgebildet:

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

e) beabsichtigte Strom- und Gaspreisänderungen mit einem Schreiben anzukündigen, ohne dabei transparent und auf verständliche, nicht pauschalisierte Weise den Anlass der Preiserhöhung mitzuteilen, wie geschehen mit E-Mail vom 19. August 2021 und nachfolgend abgebildet:

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und im Schreiben vom 23.09.2021:

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

und im Schreiben vom 08.10.2021:

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f) auf beabsichtigte Strompreisänderungen mit einem Schreiben hinzuweisen, das sich nur im Online-Kundenpostfach befindet, wenn nicht zusätzlich auf transparente und verständliche Weise angekündigt wird, dass sich im Kundenpostfach eine Mitteilung befindet, die sich gerade auch auf eine Preisänderung bezieht, wie in der

nachstehend abgebildeten E-Mail vom 14. Oktober 2021 erfolgt:

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g) Verbrauchern, denen eine E-Mail oder ein Schreiben mit gleichen Inhalten übermittelt wurde, wie in den Tenören zu 1. d) bis f) angeführt, für die Belieferung mit Strom und Gas Preise zu berechnen und in Rechnung zu stellen, die als Preisbestandteil die in vorgenannten E-Mails und Schreiben angekündigte Preiserhöhung enthalten, soweit keine andere Ankündigung der Preiserhöhung erfolgte.

2. Die Beklagte wird verurteilt,

a) Verbrauchern, die eine Zuschrift der Beklagten mit gleichem Inhalt wie im Tenor zu 1. d), e) oder f) dargestellt erhalten haben, ein individualisiertes Berichtigungsschreiben zu übermitteln, in dem die Beklagte Verbraucher darüber informiert, dass die zuvor mit Verbrauchern getroffene Preisvereinbarung nicht durch das Preiserhöhungsschreiben beeinträchtigt wurde, wenn Verbraucher lediglich weiter von der Beklagten Strom oder Gas (wie zutreffend) beziehen. Der Beklagten bleibt vorbehalten, dem Berichtigungsschreiben anzufügen, dass sie zu dieser Erklärung verurteilt worden ist, wobei sie das Urteil im Einzelnen bezeichnen kann;

b) der Klägerin Auskunft über Namen und Anschrift derjenigen Verbraucher zu erteilen, die eine Zuschrift der Beklagten mit gleichem Inhalt wie im Tenor zu 1. d), e) oder f) dargestellt erhalten haben. Die Auskunft hat nach Wahl der Beklagten entweder gegenüber dem Kläger oder gegenüber einem Angehörigen der zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufe zu erfolgen, der im Falle einer Nichteinigung der Parteien vom Präsidenten des Landgerichts Köln bestimmt wird;

c) an den Kläger 520,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.04.2022 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Rechtsmittel beider Parteien werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt der Kläger 31 % und die Beklagte 69 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung hinsichtlich des Tenors zu 1. und 2. a) und b) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 53.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Wegen des Tenors zu 2. c) und des auf die Beklagte entfallenden Anteils aus der Kostenentscheidung darf die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 
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