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Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten zu 1) und zu 2) beantragen, im Königreich Thailand ergangene Adoptionsentscheidungen nach dem Adoptionswirkungsgesetz (AdWirkG) in Deutschland anzuerkennen sowie die rechtlichen Wirkungen der Adoptionen festzustellen.
4Die Beteiligte zu 1) ist thailändische Staatsangehörige. Sie ist seit dem 29.12.1995 mit dem Beteiligten zu 2) verheiratet, der deutscher Staatsangehöriger ist. Die Kinder D und O sind Nichte und Neffe der Beteiligten zu 1). Am 28.04.2005 sprach die thailändische Adoptionsbehörde in Bangkok – Department of Social Development and Welfare – die gemeinsame Adoption des Kindes D durch die Beteiligten zu 1) und zu 2) sowie Adoption des Kindes O durch die Beteiligte zu 1) aus. Die Registrierung in dem Adoptionsregister des Distrikts Müang Saraburi der Provinz Saraburi/Thailand erfolgte am 30.05.2005. Etwa seit Anfang 2005 leben die Beteiligten zu 1) und zu 2) zusammen mit den Kindern in einem gemeinsamen Haushalt in F.
5Mit notariellen Urkunden des Notars U in F vom 15.11.2006 – UR-Nr. 573/06 und 574/06 – beantragten die Beteiligten zu 1) und zu 2) bei dem Amtsgericht Hamm die Anerkennung der Adoptionsentscheidungen und die Feststellung der rechtlichen Wirkungen der Adoptionen nach deutschem Recht. Ferner beantragten sie, den Kindern die Namen "N1" und "N2" zu erteilen. Dem beigefügt waren Geburtsurkunden der Kinder in deutscher Übersetzung, Bescheinigungen des thailändischen Department of Development and Welfare von 24.05.2005 in englischer Sprache und deutscher Übersetzung, eine beglaubigte Heiratsurkunde vom 29.12.1995 sowie beglaubigte Kopien der Reisepässe. Ergänzend legten die Beteiligten zu 1) und zu 2) zudem Abschriften des Adoptionsregisters im Original und deutscher Übersetzung vor.
6Nach persönlicher Anhörung am 15.01.2007 holte das Amtsgericht eine Stellungnahme des Beteiligten zu 3) vom 02.04.2007 ein. Durch Beschluss vom 01.02.2008 wies das Amtsgericht die Anträge auf Anerkennung der Adoptionsentscheidungen zurück. Die gegen diese Entscheidung gerichtete sofortige Beschwerde wies das Landgericht durch Beschluss vom 07.12.2009 zurück. Dagegen wenden sich die Beteiligten zu 1) und zu 2) nunmehr mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
7II.
8Auf den vorliegenden Fall ist sowohl in verfahrensrechtlicher wie auch in materiell-rechtlicher Hinsicht gemäß Art. 111 Abs. 1 und 2 FGG-RG das bis zum 31.08.2009 geltende Recht anzuwenden, da das Anerkennungsverfahren vor dem 01.09.2009 eingeleitet worden ist.
9Die sofortige weitere Beschwerde ist mithin gemäß § 5 Abs. 4 S. 2 AdWirkG in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung (a. F.) i. V. m. §§ 27, 29 Abs. 2 FGG statthaft und gemäß §§ 5 Abs. 4 S. 2 AdWirkG a. F., 29 Abs. 1 S. 2, 22 Abs. 1 S. 1 FGG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) und zu 2) folgt bereits daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
10Das zulässige Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
11Das Landgericht ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht zutreffend von einer gemäß §§ 5 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 2 AdWirkG a. F., 19 Abs. 1, 20 Abs. 2, 21, 22 Abs. 1 FGG zulässigen sofortigen Beschwerde der Beteiligten zu 1) und zu 2) ausgegangen. In der Sache hat das Landgericht den verfahrensgegenständlichen Adoptionsentscheidungen in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Amtsgerichts zu Recht die Anerkennung versagt.
12Gemäß § 2 Abs. 1 AdWirkG a. F. stellt das Vormundschaftsgericht auf Antrag fest, ob eine Annahme als Kind, die auf einer ausländischen Entscheidung oder auf ausländischen Sachvorschriften beruht, anzuerkennen ist. Materiell-rechtlich erfolgt die Anerkennung nach § 16a FGG. Im Anwendungsbereich des Haager Übereinkommens (HAÜ) vom 29.05.1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (BGBl. II. 2001, S. 1034) erfolgt die Anerkennung einer in einem Vertragsstaat durchgeführten Adoption demgegenüber kraft Gesetzes. Das setzt voraus, dass die zuständige Behörde des Vertragsstaates, in dem die Adoption durchgeführt wurde, bescheinigt, dass die Adoption gemäß dem Übereinkommen zustande gekommen ist, Art. 23 Abs. 1 S. 1 HAÜ, §§ 8 f. des Ausführungsgesetzes (AdÜbAG) vom 05.11.2001 (BGBl. I S. 2950). Die Anerkennung kann im Anschluss daran gemäß Art. 24 HAÜ in einem Vertragsstaat nur versagt werden, wenn die Adoption seiner öffentlichen Ordnung offensichtlich widerspricht, wobei das Wohl des Kindes zu berücksichtigten ist. Im Übrigen kann das wirksame Zustandekommen einer Adoption im Anwendungsbereich des HAÜ nicht mehr ohne weiteres in Frage gestellt werden (Staudinger/Henrich, BGB, Neub. 2008, Vorbem. zu Art. 22 EGBGB, Rdnr. 46; Keidel/Zimmermann, FG, 15. Aufl., § 16a, Rdnr. 2h).
13Das Übereinkommen ist in Deutschland am 01.03.2002 in Kraft getreten, im Königreich Thailand am 01.08.2004. Es ist vorliegend jedoch nicht zur Anwendung gekommen. Die Bescheinigungen des Department of Social Development and Welfare in Bangkok vom 24.05.2005 enthalten eine Bestätigung im Sinne des Art. 23 Abs. 1 S. 1 HAÜ nicht. Den Bescheinigungen ist lediglich zu entnehmen, dass die Adoptionen nach schriftlicher Zustimmung der Kindeseltern am 28.04.2005 durch die nach thailändischem Recht zuständige Behörde genehmigt wurden und die Rechtsfähigkeit mit der Registrierung eintritt. Dem Inhalt lässt sich nicht entnehmen, ob und aufgrund welcher Ermittlungen die materiellen Adoptionsvoraussetzungen festgestellt wurden, insbesondere die Prüfung des Kindeswohls einschließlich der Frage der Eignung der Annehmenden (Art. 4, 5 HAÜ) Verfahrensgegenstand war. Auch sind die in dem Übereinkommen vorgesehenen verfahrensrechtlichen Vorschrifen (Art. 14 ff. HAÜ) nicht beachtet bzw. nicht angewandt worden.
14Ob die im Anwendungsbereich des Übereinkommens ohne eine Bescheinigung nach Art. 23 Abs. 1 S. 1 HAÜ durchgeführte Adoption einen Rückgriff auf die nationalen Anerkennungsregeln (§ 16a FGG) zulässt, kann vorliegend dahin stehen. Hierzu wird die Auffassung vertreten, dass das Übereinkommen als völkerrechtlicher Vertrag den nationalen Anerkennungsregeln vorgehe und diese ausschließe. Es bleibe den Beteiligten in diesem Fall daher grundsätzlich nur die Möglichkeit, ein neues Verfahren, eine Nachadoption, einzuleiten, das dann den Vorgaben des Übereinkommens entspricht (vgl. dazu Henrich, a. a. O., m. w. N.). Im vorliegenden Fall ist indes die Anerkennung auch nach § 16a Nr. 4 FGG zu versagen.
15Nach dieser Vorschrift ist die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ausgeschlossen, wenn die Anerkennung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Dabei handelt es sich um eine die grundsätzliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen durchbrechende Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen ist. Die Anerkennung ist daher nur dann ausgeschlossen, wenn sie zu einem Ergebnis führt, das zu dem Grundgedanken der entsprechenden deutschen Regelung und den darin enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass das Ergebnis nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (OLG Düsseldorf FamRZ 1996, 699 und Beschl. v. 22.06.2010, 15 Wx 15/10 (juris); OLG Karlsruhe StAZ 2004, 111, 112; KG FamRZ 2006, 1405, 1406). Soweit es – wie hier – um die Anerkennung einer im Ausland erfolgten Adoption geht, müssen die Rechtsfolgen der ausländischen Entscheidung daher in einer besonders schwerwiegenden Weise gegen Sinn und Zweck einer Annahme an Kindes statt nach deutschem Recht verstoßen (vgl. BayObLG StAZ 2000, 300; KG a. a. O.; OLG Köln FamRZ 2009, 1607, 1608; Keidel/Zimmermann, a. a. O., Rdnr. 8; Henrich, a. a. O., Art. 22 EGBGB, Rdnr. 88; MünchKomm/Siehr, BGB, 5. Aufl., Art. 22 EGBGB, Rdnr. 99).
16Nach allgemeiner Ansicht ist die Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung nach diesen Grundsätzen insbesondere dann ausgeschlossen, wenn vor der Entscheidung keine oder nur eine unzureichende Kindeswohlprüfung stattgefunden hat oder eine solche vorgesehene Prüfung von den Beteiligten umgangen wurde. Denn der wesentliche Grundsatz des deutschen Adoptionsrechts schlechthin ist, wie sich aus § 1741 Abs. 1 BGB ergibt, dass eine Adoption dem Wohl des anzunehmenden Kindes entspricht. Für die Anerkennungsfähigkeit einer ausländischen Adoptionsentscheidung ist daher zwingend erforderlich, dass diese sich mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die konkrete Adoption dem Kindeswohl entspricht, ob also ein Adoptionsbedürfnis vorliegt, die Elterneignung der Annehmenden gegeben ist und eine Eltern-Kind-Beziehung bereits entstanden bzw. ihre Entstehung zu erwarten ist (BT-Drs. 14/6011, S. 26, 28 f.; KG, a. a. O.; OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1078 und Beschl. v. 22.06.2010, 15 Wx 15/10 (juris); OLG Köln, a. a. O.; OLG Frankfurt FamRZ 2009, 1605). Im vorliegenden Fall ist mit Händen greifbar, dass die thailändische Adoptionsbehörde eine Kindeswohlprüfung, die den genannten Kriterien auch nur annähernd gerecht wird, nicht durchgeführt hat. Das Unterbleiben einer solchen Kindeswohlprüfung stellt einen so schwerwiegenden Widerspruch zu den Grundsätzen deutschen Rechts dar, dass eine Anerkennung nicht in Betracht kommt (OLG Frankfurt und OLG Düsseldorf sowie KG jeweils a.a.O.).
17Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei von eigenen Feststellungen zum Kindeswohl abgesehen. Zwar ist grundsätzlich für die Beurteilung des Ordre-public-Verstoßes auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Anerkennung abzustellen (BGH FamRZ 1989, 378; BayObLGZ 1987, 439; 2000, 180; Keidel/Zimmermann, a. a. O.). Danach sind zugunsten des Annehmenden auch solche das Kindeswohl betreffende Tatsachen zu berücksichtigen, die sich zeitlich nach der ausländischen Adoptionsentscheidung ergeben haben. Ist jedoch in dem ausländischen Adoptionsverfahren eine Kindeswohlprüfung nicht erfolgt, so stellt dies einen so schwerwiegenden Widerspruch zu den Grundsätzen des deutschen Rechts dar, dass eine Anerkennung nicht in Betracht kommt. Denn das Anerkennungsverfahren dient nicht dazu, erstmals eine an eigenen Wertmaßstäben orientierte vollständige und umfassende Prüfung der Adoptionseignung der Annehmenden und des Kindeswohls durchzuführen (KG, a. a. O.; OLG Frankfurt, a. a. O.; OLG Düsseldorf FamRZ 2009, a. a. O. und Beschl. v. 22.06.2010, a. a. O.; OLG Köln, a. a. O., m. w. N.). Das Landgericht konnte hierzu insbesondere weiter ausführen, dass eine fachliche Begutachtung aufgrund der hier gegebenen besonderen Umstände auch unverzichtbar ist. Denn es war vorneherein beabsichtigt, die Kinder aus ihrem bisherigen familiären, schulischen und sozialen Umfeld heraus nach Deutschland zu bringen. Damit war ein Wechsel in einen fremden Sprach- und Kulturkreis und eine vollständige räumliche Trennung von den in Thailand verbliebenen Eltern, Geschwistern und weiteren Familienangehörigen verbunden. Eine dem deutschen ordre public genügende Kindeswohlprüfung im Herkunftsstaat setzt gerade im Hinblick auf diese weitreichenden Folgen indes voraus, dass der Adoptionsentscheidung eine fachliche Begutachtung voraus geht, welche die maßgeblichen Lebensumstände annähernd vollständig erfassen muss und deshalb in der Regel nur durch eine ausländische Fachstelle geleistet werden kann (vgl. BT-Drs. 14/6011, S. 29). Dem genügt der hier allein vorliegende Adoptionsbericht des Kreises X vom 02.04.2009 nicht, der sich lediglich auf einen Hausbesuch am 02.03.2009 stützt.
18Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten nach § 13a FGG ist nicht veranlasst.
19Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 S. 1 KostO a. F.