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Aufgrund des Hinweisschreibens wurde die Berufung zurückgenommen.
wird die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 08.01.2015 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO, und auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO gegeben sind.
2I.
3Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrages nach erklärtem Widerruf in Anspruch. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands und der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.
4Unter Abweisung der weitergehenden Klage hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 15.613,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2014 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen eine Zahlung des Klägers an die Beklagte von 22.900,00 €. Zur Begründung hat das Landgericht u.a. ausgeführt, der vom Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 29.08.2014 erklärte Widerruf sei wirksam. Der Widerruf sei nicht verfristet. Dem Kläger habe ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht zugestanden, denn die Widerrufsbelehrung der Beklagten genüge nicht dem Deutlichkeitsgebot. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV könne sich die Beklagte nicht berufen, weil ihre Belehrung der seinerzeit gültigen Musterbelehrung nicht vollständig entsprochen habe. Der Kläger habe sein Widerrufsrecht auch weder verwirkt noch stelle sich dessen Ausübung als rechtsmissbräuchlich dar. Schließlich sei der Kläger mit dem Einwand des erklärten Widerrufs nicht präkludiert. Mit der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur dürfe ein verbraucherschützendes Widerrufsrecht nicht durch prozessuale Vorschriften oder Regelungen wie die Rügepräklusion entwertet oder eingeschränkt werden. Daher sei nicht auf die Gestaltungslage abzustellen, sondern auf die Ausübung des Gestaltungsrechts. Vorliegend habe der Kläger den Widerruf erst nach Eintritt der Rechtskraft des Vollstreckungsbescheides erklärt, mit dem die Darlehensforderung zugunsten der Beklagten tituliert sei.
5Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie rügt mit näheren Ausführungen, die Widerrufsbelehrung sei entgegen der Ansicht des Landgerichts wirksam. Im Übrigen sorge der Tenor des landgerichtlichen Urteils hinsichtlich der „Zahlung Zug um Zug gegen Zahlung“ für Verwunderung. Es komme allenfalls eine Aufrechnung in Frage. Vor allem aber sei der Kläger entgegen der Ansicht des Landgerichts mit dem Einwand des wirksamen Widerrufs präkludiert. Nach der Rechtsprechung des BGH sei ein Gestaltungsrecht ausgeschlossen, wenn es bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung objektiv hätte ausgeübt werden können. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sei nicht angezeigt. Das Landgericht habe den Verbraucherschutz fehlerhaft über die Präklusionswirkung rechtskräftiger Titel gestellt. Von Rechtssicherheit nach Eintritt der Rechtskraft könne keine Rede mehr sein.
6II.
7Die Berufung ist unbegründet. Die gegen das landgerichtliche Urteil gerichteten Angriffe bleiben ohne Erfolg:
81.
9Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung aus den bereits vom Landgericht zutreffend dargestellten Gründen nicht ordnungsgemäß und mithin das Widerrufsrecht nicht erloschen, § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. Darüber hinaus ist die Widerrufsbelehrung auch deshalb unzureichend, weil sie entgegen § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. nicht deutlich gestaltet ist. Es fehlt an der erforderlichen drucktechnischen Hervorhebung (vgl. zu den Anforderungen an die äußere Gestaltung etwa (MüKoBGB/Masuch, BGB, 6. Aufl., § 360 Rn. 27/28). Die Belehrung ist in derselben Kleinstschrift gehalten wie der Rest des Vertrages. Sie ist zwar mit einer Umrahmung versehen, vergleichbare Umrahmungen finden sich aber auch unmittelbar über der Widerrufsbelehrung, so dass die Widerrufsbelehrung dem durchschnittlichen Darlehensnehmer nicht besonders ins Auge fällt.
102.
11Die Verurteilung zur Zahlung Zug um Zug gegen Zahlung ist nicht zu beanstanden. Nach § 348 BGB sind die Verpflichtungen der Parteien Zug um Zug zu erfüllen. Im Rückabwicklungsverhältnis stehen sich die beiderseitigen Ansprüche selbständig gegenüber. Auch wenn sich auf beiden Seiten gleichartige Leistungen, insbesondere Geldleistungen gegenüberstehen, richtet sich der Anspruch nicht von vornherein nur auf die Differenz (MüKoBGB/Gaier, BGB, 6. Aufl., § 348 Rn. 4). Die Forderungen können ggf. gegeneinander aufgerechnet werden (vgl. MüKoBGB/Gaier, a.a.O.), der Kläger hat aber die Aufrechnung nicht erklärt.
123.
13Schließlich hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die ganz herrschende Ansicht in der Literatur zutreffend ausgeführt, dass der Kläger mit der Geltendmachung des erst nach Eintritt der Rechtskraft des Vollstreckungsbescheides erklärten Widerrufs nicht präkludiert ist. Auch aus der Rechtsprechung des BGH ergibt sich im vorliegenden Fall nichts anderes. Grundsätzlich kommt es nach der Rechtsprechung des BGH für den Ausschluss einer Einwendung zwar darauf an, ob sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung objektiv hätte erhoben werden können (vgl. BHN NJW-RR 2010, 1598 Tz. 7). Eine Ausnahme gilt jedoch für Rechte, deren Hauptzweck es ist, dem Berechtigten auch die Freiheit der Wahl des Ausübungszeitpunkts einzuräumen (vgl. MüKoZPO/Gottwald, ZPO, 4. Aufl., § 322 Rn. 160). Für den Fall der Ausübung eines vertraglich eingeräumten Optionsrechts hat der BGH dementsprechend entschieden, dass es dem Optionsberechtigten im Gegensatz zum Aufrechnungs- oder Anfechtungsberechtigten nicht anzusinnen ist, von seiner Gestaltungsbefugnis, ungeachtet seiner zeitlichen Wahlfreiheit, immer schon dann Gebrauch zu machen, wenn er dadurch in einem gegen ihn geführten Prozess die Rechtslage zu seinen Gunsten beeinflussen kann (vgl. BGH NJW 1985, 2481, 2482). Hiermit ist die vorliegende Konstellation vergleichbar. Zweck der Regelung des § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. wie auch des § 356 Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB n.F. ist gerade, dem Verbraucher die Entscheidung über die Ausübung seines Widerrufsrechts uneingeschränkt offen zu halten (vgl. zu § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB a.F. BT-Drucksache 14/9266, Seite 36). Ein anderes Verständnis wäre jedenfalls für den vorliegenden Fall eines Verbraucherkreditvertrages auch nicht mit europäischem Recht vereinbar, denn Art 14 der VerbrKr-RL 2008 sieht ein Erlöschen des Widerrufsrechts nicht vor (vgl. BeckOK BGB/Müller-Christmann, BGB, Ed. 29, Stand 01.02.2013, § 355 Rn. 14 m.w.N.).
14Die Beklagte erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis bis zum 08.04.2015 Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung weiter aufrechterhalten oder aus Kostengründen zurückgenommen wird.