Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Berufung des Beklagten gegen das am 25.10.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2I.
3Der Kläger verlangt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter auf Basis von Außenhaftungsansprüchen die Rückzahlung gewinnunabhängiger Ausschüttungen, die der Rechtsvorgänger des Beklagten von der Insolvenzschuldnerin, einer Publikums-Kommanditgesellschaft, erhalten hat.
4Die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, auf die gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO Bezug genommen wird. Abweichend von den erstinstanzlichen Feststellungen sind inzwischen Forderungen i.H.v. 684.241,- € festgestellt und i.H.v. 1.708.225,- € für den Ausfall festgestellt. Die Einzelheiten ergeben sich aus der Insolvenztabelle in der im Berufungsverfahren eingereichten Fassung (Stand v. 25.04.2018, Anl. K 17, Bl. 511-514). Die ursprünglich unter lfd. Nr. 5 geltend gemachte Gewerbesteuerforderung für das Jahr 2013 wird nunmehr als Masseforderung geltend gemacht, und zwar in einer reduzierten Höhe von 1.064.667,10 €. Das in US-Dollar geführte Insolvenzanderkonto ist inzwischen aufgelöst. Der Kontostand des verbliebenen Insolvenzanderkontos betrug zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat 3.610.239,46 €. Der Kläger hat erklären lassen, mit einer Festsetzung von Verfahrenskosten in einer Größenordnung von etwa200.000,- € bis 250.000,- € zu rechnen.
5Das Landgericht hat der auf Zahlung restlicher 16.500,- € nebst Rechtshängigkeitszinsen gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der abändernd die Abweisung der Klage anstrebt.
6Von der Darstellung der weiteren Einzelheiten wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
7II.
8Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von 16.500 € nebst Zinsen verurteilt.
91.
10Die Zulässigkeit der Klage begegnet keinen Bedenken. Der Kläger begehrt unter Anrechnung des im Jahr 2010 zurückgezahlten Teilbetrags die Erstattung der gesamten Restsumme der an den Rechtsvorgänger des Beklagten geflossenen Ausschüttungen. Damit stützt er seine Klage auf einen eindeutig definierten Streitgegenstand. Anders als bei der Geltendmachung von Außenhaftungsansprüchen gegen einen unbegrenzt haftenden Gesellschafter (vgl. dazu BGH, Urt. v. 09.10.2006, II ZR 193/05, juris) stellt die Inanspruchnahme eines – lediglich begrenzt haftenden – Kommanditisten durch den Insolvenzverwalter gemäß § 171 Abs. 2 HGB keine Teilklage dar, wenn die Haftsumme insgesamt geltend gemacht wird. Denn diese hat der Insolvenzverwalter nicht an einzelne Gläubiger weiter zu reichen, sondern zur anteiligen Befriedigung aller berechtigten Gläubiger zu verwenden. Folglich definieren in diesem Fall nicht einzelne Gläubigerforderungen, sondern die Geltendmachung der Haftsumme als solche den Streitgegenstand (vgl. BGH, Urt. v. 20.02.2018, II ZR 272/16, Rn. 17-18, juris).
11Die Frage, ob das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit zu Recht bejaht hat, ist im Berufungsrechtszug gemäß § 513 Abs. 2 ZPO nicht zu prüfen.
12Hinsichtlich der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges entfällt die grundsätzlich gemäß § 17a Abs. 5 GVG bestehende Bindung an das erstinstanzliche gefundene Ergebnis zwar dann, wenn die Vorinstanz – wie hier – nicht vorab durch Beschluss, sondern erst im angefochtenen Urteil darüber entschieden hat (vgl. Musielak/Voit/Wittschier GVG § 17a Rn. 19-22, beck-online). Jedoch hat das Landgericht seine Zuständigkeit auch insoweit zu Recht bejaht. Der Umstand, dass die gemäß § 171 Abs. 2 HGB geltend gemachte Haftung eines Kommanditisten materiell auch anteilig durch Steuerforderungen ausgefüllt wird, begründet nicht die Zuständigkeit der Finanzgerichte. Unabhängig davon ist inzwischen auch keine Steuerforderung mehr als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet.
132.
14Die Klage ist begründet. Die geltend gemachte Hauptforderung ergibt sich aus §§ 171, 172 Abs. 4 HGB in Verbindung mit den berechtigten Insolvenzforderungen; die darauf entfallende Zinsforderung ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 S. 2; 288 Abs. 1 BGB.
15Der Beklagte schuldet als Kommanditist die Zahlung des Betrages zur Masse, mit dem er haftet und der zur Befriedigung der Gläubiger benötigt wird (vgl. Baumbach/Hopt/Roth, HGB 38. Aufl., § 171 Rn. 12, beck-online; OLG Hamm, Urt. v. 07.07.2010, 8 U 106/09, Rn. 27, juris).
16a)
17Aufgrund der Ausschüttungen, die die Insolvenzschuldnerin in den Jahren 2002 bis 2007 in Höhe von insgesamt 31.500,- € an den Rechtsvorgänger des Beklagten geleistet hat, lebt die gemäß § 171 Abs. 1 Hs. 2 HGB erloschene Haftung gemäß § 172 Abs. 4 S. 1, 2 HGB wieder auf.
18Eine Rückzahlung der Einlage im Sinne v. S. 1 dieser Bestimmung ist jede Zuwendung an einen Kommanditisten, durch die dem Gesellschaftsvermögen ein Wert ohne entsprechende Gegenleistung entzogen wird. Darunter fallen auch (im Gesellschaftsvertrag vorgesehene) Ausschüttungen, wenn die Zahlung nicht aus dem Gewinn geleistet werden kann und das Kapitalkonto unter die bedungene Einlage herabmindert oder eine bestehende Belastung vertieft. Aber auch die Entnahme von Gewinnanteilen ist nach S. 2 haftungsschädlich, wenn der Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist oder soweit er durch die Entnahme unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird (vgl. Baumbach/Hopt/Roth HGB § 172 Rn. 4-12, beck-online). Im Prozess hat der Gläubiger bzw. Insolvenzverwalter nur die Tatsache geschehener Zuwendungen an den Kommanditisten zu belegen, während Letzterer die Voraussetzungen ihrer Haftungsunschädlichkeit nachzuweisen hat (vgl. Haas/Mock in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. 2014, § 172 HGB, Rn. 45; Baumbach/Hopt/Roth, HGB 38. Aufl., § 172 Rn. 12, beck-online). Insoweit kann der Insolvenzverwalter zwar im Rahmen sekundärer Darlegungslast gehalten sein, zu Geschäftsergebnissen vorzutragen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Kommanditist wenigstens geltend macht, es seien Gewinne in einer relevanten Größenordnung erzielt worden (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1989 – II ZR 78/89 –, BGHZ 109, 334-344, Rn. 14).
19Vorliegend hat der Kläger durch Vorlage der Bilanzen der Geschäftsjahre 2002 bis 2012 aufgezeigt, dass das tatsächliche Kommanditkapital aufgrund von Verlusten und Entnahmen stets unterhalb des Festkapitals lag. Dem ist der Beklagte weder substantiiert entgegengetreten noch hat er aufgezeigt, dass die streitgegenständlichen Ausschüttungen jeweils durch Gewinnanteile gedeckt waren und sein Kapitalanteil zu den Zahlungszeitpunkten auch nicht unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert war.
20b)
21Den Beklagten trifft gemäß § 173 HGB die zu Lasten seines Rechtsvorgängers begründete Haftung. Für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist Voraussetzung, dass der Eintritt als Kommanditist mit Zustimmung des Eintretenden äußerlich vollzogen wurde (vgl. Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 38. Aufl., § 173 Rn. 6, beck-online). Hierzu ist es unstreitig gekommen, was sich insbesondere aus der am 04.06.2009 erfolgten Eintragung des Beklagten als Kommanditist in das Handelsregister ergibt.
22c)
23Soweit die Haftung aus §§ 171, 172 Abs. 4 HGB voraussetzt, dass zur Insolvenztabelle angemeldete Forderungen von Gläubigern mindestens in Höhe des geltend gemachten Haftungsbetrages bestehen, ist auch diese Voraussetzung erfüllt.
24aa)
25Der Kläger hat durch Vorlage der Insolvenztabelle hinreichend dargetan, dass und in welcher Höhe Forderungsanmeldungen erfolgt sind. Der Umstand, dass die in der vorgelegten Insolvenztabelle enthaltenen Einträge auf Forderungsanmeldungen zurückgehen, ist als solcher unstreitig. Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt, die Wirksamkeit dieser Forderungsanmeldungen stehe in rechtlicher Hinsicht nicht fest, liegt diesem Einwand kein hinreichender Tatsachenvortrag zu Grunde. Die von seinem Prozessbevollmächtigten in anderen Verfahren gemachte Beobachtung, wonach Forderungsanmeldungen nicht von dem dazu befugten gesetzlichen oder wirksam bevollmächtigten Vertreter unterzeichnet, nicht in deutscher Sprache abgefasst und nicht unter Beifügung der erforderlichen Anlagen eingereicht waren, begründet keine dahingehende Vermutung, dass derartige Mängel auch im streitgegenständlichen Verfahren vorliegen könnten.
26bb)
27Im Umfang der jeweils widerspruchslos festgestellten (684.241,- €) bzw. für den Ausfall festgestellten (1.708.225,- €) Insolvenzforderungen steht auch deren tatsächliches Bestehen fest. Denn der widerspruchslosen Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle kommt auch im Verhältnis zu dem auf seine Haftsumme in Anspruch genommenen Kommanditisten die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils zu.
28Ausgangspunkt hierfür ist die Überlegung, dass eine § 178 Abs. 3 InsO entsprechende Rechtskraftwirkung gegenüber der Insolvenzschuldnerin mittelbar aus § 201 Abs. 2 InsO folgt. Diese Wirkung tritt auch außerhalb des Insolvenzverfahrens ein, und zwar schon vor Aufhebung des Verfahrens, sobald die Feststellung zur Tabelle erfolgt ist. Die der Gesellschaft damit abgesprochenen Einwendungen kann auch der persönlich haftende Gesellschafter gemäß § 129 Abs. 1 HGB nicht mehr erheben (vgl. BGH, Urt. v. 20.02.2018, II ZR 272/16, Rn. 23, juris). Entsprechendes gilt gemäß §§ 161 Abs. 2, 129 Abs. 1 HGB auch im Hinblick auf die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB. Eine einschränkende Auslegung der vorgenannten Bestimmungen ist im Hinblick auf die Möglichkeit des Kommanditisten nicht veranlasst, sich im Insolvenzverfahren über die gegen die Gesellschaft bestehenden Forderungen zu informieren und sich im Hinblick auf die Feststellung zur Insolvenztabelle bzw. wegen der Erhebung eines Widerspruchs an den Insolvenzverwalter bzw. den vertretungsberechtigten Gesellschafter der aufgelösten Gesellschaft zu wenden. Da er dessen Geschäftsführungsmaßnahmen und Prozessführung auch im regulären Geschäftsbetrieb gemäß § 164 Abs. 1 HGB hinnehmen muss und für die dadurch begründeten Verbindlichkeiten gleichwohl mit seiner Einlage haftet, gilt im Insolvenzverfahren nichts anderes. Auch dort ist seine Rechtsstellung anders ausgestaltet als die der persönlich haftenden Gesellschafter. Seinem Anspruch auf rechtliches Gehör wird durch die öffentlichen Bekanntmachungen im Insolvenzverfahren Rechnung getragen (vgl. BGH, Urt. v. 20.02.2018, II ZR 272/16, Rn. 24, 28, 32ff., juris).
29Die danach in Höhe der festgestellten bzw. für den Ausfall festgestellten Beträge bestehende Rechtskraftwirkung entfällt entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht wegen mangelnder Spezifizierung des jeweiligen Schuldgrundes in der Insolvenztabelle. Zwar beschränkt sich die Urteilskraft nach § 178 Abs. 3 InsO ebenso wie diejenige nach § 183 Abs. 1 InsO auf den „erhobenen Anspruch“ i.S.d. § 322 Abs. 1 ZPO (Gerhardt in: Jaeger, Insolvenzordnung, 5. Aufl. 2010, § 178, Rn. 34), so dass zur Bestimmung der Rechtskraft die Zuordnenbarkeit zu einem bestimmten Schuldgrund bzw. Lebenssachverhalt erforderlich ist. Jedoch wird diesem Erfordernis dadurch Rechnung getragen, dass die genannten Angaben in der Forderungsanmeldung enthalten sein müssen, welche zur Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft dient (vgl. BGH, Urt. v. 22.01.2009, IX ZR 3/08, WM 2009, 468, Rn. 10). Diese Angaben müssen in der Insolvenztabelle nicht notwendigerweise wiederholt werden. Auch ein gerichtliches Urteil, aus dem ohne weitere Unterlagen die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann, kann ohne nähere Spezifizierung auf einen bestimmten Zahlbetrag lauten, wie es etwa bei einem Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil oder einem gem. § 313 a Abs. 1 ZPO ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe abgefassten Urteil der Fall ist.
30cc)
31Da bereits die festgestellten Insolvenzforderungen den klagegegenständlichen Haftungsbetrag ausfüllen, kommt es nicht darauf an, ob der Insolvenzverwalter gehalten gewesen wäre, auch die übrigen – noch nicht festgestellten – Forderungen zu substantiieren, um die geltend gemachte Haftung materiell-rechtlich zu begründen.
32d)
33Die Geltendmachung der danach grundsätzlich bestehenden Haftung durch den Insolvenzverwalter hängt auch nicht von einem Rückforderungsbeschluss der Gesellschafterversammlung ab. Denn der Insolvenzverwalter macht gemäß § 171 Abs. 2 HGB auf gesetzlicher Grundlage Außenhaftungsansprüche der Gesellschaftsgläubiger geltend. Aus dem gleichen Grund spielen auch Einwände, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder aus Treuepflichten im Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern ergeben können, keine Rolle.
34e)
35Die Zahlung des Haftbetrages durch den Beklagten ist zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger erforderlich. Hierfür begründet bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine tatsächliche Vermutung, so dass die Darlegungs- und Beweislast einer fehlenden Erforderlichkeit den in Anspruch genommenen Kommanditisten trifft, während dem klagenden Insolvenzverwalter lediglich eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich des Bestandes der Masse zukommt (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1989 – II ZR 78/89 –, BGHZ 109, 334-344, Rn. 15).
36Der in Anspruch genommene Kommanditist muss belegen, dass der vorhandene Bestand der Masse genügt, um nach Abzug der Masseverbindlichkeiten sämtliche angemeldeten Insolvenzforderungen zu befriedigen. Bei dieser Betrachtung sind nicht nur die festgestellten, sondern sämtliche angemeldeten Insolvenzforderungen zu berücksichtigen, auch die bestrittenen. Denn auch auf Letztere bezieht sich die Einziehungsermächtigung des Insolvenzverwalters (BGH, Urt. v. 17.12.2015, IX ZR 143/13, BGHZ 208, 227-242), zumal dieser im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens auch insoweit noch auf Feststellung zur Tabelle gerichtlich in Anspruch genommen werden kann. Ob – wie der Beklagte meint – eine Ausnahme hinsichtlich derjenigen Insolvenzforderungen zu machen ist, mit deren gerichtlicher Geltendmachung nicht mehr ernsthaft gerechnet werden muss, kann dahinstehen. Denn vorliegend ergibt sich die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Beklagten sogar unter ausschließlicher Berücksichtigung nur der festgestellten Forderungen.
37Nach den Darlegungen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die unstreitig sind bzw. denen der Beklagte jedenfalls nicht durch Darlegung abweichender Beträge entgegengetreten ist, beträgt der Kontostand des einzigen verbliebenen Insolvenzanderkontos derzeit
383.610.239,46 €.
39Darin sind die bislang von weiteren Kommanditisten eingezahlten Haftungsbeträge bereits enthalten.
40Von diesem Massebestand werden vorab die als Masseforderung geltend gemachte Gewerbesteuer für das Jahr 2013 in Höhe von
411.064.667,10 €
42sowie Verfahrenskosten in Höhe von prognostisch etwa
43200.000,00 €
44zu begleichen sein, so dass ein Guthaben in Höhe von
452.345.572,36 €
46zur Verteilung an die Gläubiger zur Verfügung stehen wird.
47Unter – zu Gunsten des Beklagten – ausschließlicher Berücksichtigung der festgestellten Forderungen in Höhe von
48684.241,00 €
49sowie der für den Ausfall festgestellten Forderungen in Höhe von
501.708.225,00 €
51verbleibt somit ein Fehlbetrag von
5246.893,64 €.
53Dieser Fehlbetrag ist auch nicht im Hinblick darauf zu vermindern, dass nach Auffassung des Beklagten Schadensersatzansprüche der Insolvenzschuldnerin gegen die finanzierende Bank bestehen sollen. Aufgrund der ungewissen Erfolgsaussichten einer etwaigen gerichtlichen Geltendmachung solcher Ansprüche beseitigt die bloße Möglichkeit ihres Bestehens die derzeit gegebene Erforderlichkeit seiner Inanspruchnahme nicht.
54Auch der Umstand, dass die prognostisch zu schätzenden Verfahrenskosten der Höhe nach abweichend festgesetzt werden könnten, genügt nicht, um die – vom Beklagten zu belegende – Nichterforderlichkeit seiner Inanspruchnahme mit hinreichender Gewissheit annehmen zu können.
55f)
56Die Geltendmachung der Haftsumme ist auch nicht aufgrund der angezeigten Masseunzulänglichkeit ausgeschlossen.
57Zwar kann ein auf § 171 Abs. 2 HGB gestützter Forderungseinzug unzulässig sein, wenn klar ist, dass die eingezogenen Beträge vollständig für Verfahrenskosten verbraucht und die Insolvenzgläubiger von der Einziehung nicht einmal anteilig profitieren würden (vgl. Haas/Mock in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. 2014, § 171 HGB, Rn. 62). Denn die Gesellschafter haften grundsätzlich nicht persönlich für die Kosten des Insolvenzverfahrens und die vom Verwalter in diesem Verfahren begründeten Masseverbindlichkeiten (vgl. BGH, Teilurt. v. 24.09.2009, IX ZR 234/07, juris, zur OHG betr. § 93 InsO, dort Leitsatz u. Rn.10-13, 19-20). Jedoch schließt die Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht aus, dass der Insolvenzverwalter darlegen kann, bei Einziehung der Haftsummen der Kommanditisten sei eine Rückkehr zur Regelinsolvenz zu erwarten (vgl. LG Traunstein, Urt. v. 16.03.2018, 5 O 589/17, juris).
58Hier steht aufgrund der unstreitigen Entwicklung der Insolvenzmasse fest, dass – trotz derzeit noch angezeigter Masseunzulänglichkeit – eine Rückkehr zur Regelinsolvenz sicher zu erwarten ist. Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, decken die auf dem Insolvenzanderkonto vorhanden liquiden Mittel die Verfahrenskosten und die sonstigen Masseverbindlichkeiten mehr als ab. Nach deren Bereinigung aus der Insolvenzmasse wird absehbar ein nicht unerheblicher Betrag verbleiben, der ungeachtet der zunächst angezeigten Masseunzulänglichkeit an die Insolvenzgläubiger zu verteilen sein wird. Somit wird die vom Kläger im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Haftsumme vollständig den Insolvenzgläubigern zugutekommen.
59g)
60Die Klageforderung ist nicht verjährt. Ansprüche aus §§ 171, 172 Abs. 4 HGB unterliegen der fünfjährigen Verjährung der §§ 159, 161 Abs. 2 HGB (vgl. Münch-KommHGB/K. Schmidt, § 159 Rn. 20; Ebenroth/Boujong/Joost/Hillmann, HGB, 3. Aufl. 2014, § 159 Rn. 7), sofern nicht der Anspruch gegen die Gesellschaft einer kürzeren Verjährung unterliegt. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt mit der Auflösung der Gesellschaft zu laufen, vorliegend durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB) am 06.09.2013. Somit war die Verjährungsfrist bei Klageerhebung nicht abgelaufen. Für eine vorherige Verjährung der Ansprüche gegen die Gesellschaft ist nichts ersichtlich.
61III.
62Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
63Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung hat noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die entscheidungserheblichen Fragen sind solche des Einzelfalls oder höchstrichterlich geklärt; eine Divergenz zu anderer obergerichtlicher Rechtsprechung ist nicht ersichtlich. Insbesondere stellt sich aufgrund des vorliegend zugrundezulegenden Zahlenwerks die Frage nicht, ob ein Insolvenzverwalter Außenhaftungsansprüche ggf. auch zur anteiligen Deckung von Verfahrenskosten und sonstigen Masseverbindlichkeiten geltend machen könnte.
64