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1. Im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 249 ff. FamFG) unterfällt die Einwendung, nicht der Vater des betroffenen Kindes zu sein, § 252 Abs. 2 FamFG („andere Einwendungen“) und ist daher im erstinstanzlichen Verfahren geltend zu machen. Andernfalls ist der Antragsgegner mit diesem Vorbringen im Beschwerdeverfahren gem. § 256 Satz 2 FamFG ausgeschlossen (im Anschluss an OLG Köln, Beschluss vom 30.04.2012 – 4 WF 46/12 –, FamRZ 2012, 1822).
2. Das Familiengericht ist im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger (§§ 249 ff. FamFG) nicht gehalten, von Amts wegen die Vaterschaft des Antragsgegners zu überprüfen.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 30.04.2020 erlassenen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gelsenkirchen (Az. 520 FH 1/20) wird auf seine Kosten nach einem Beschwerdewert von 7.294,00 € als unzulässig verworfen.
Gründe:
2I.
3Mit Antrag vom 10.02.2020 hat die antragstellende Behörde im vereinfachten Verfahren nach den §§ 249 ff. FamFG Ansprüche aus übergegangenem Recht gem. § 33 SGB II wegen bereits erbrachter sowie zukünftiger Leistungen nach dem SGB II für das am 00.00.2017 geborene Kind D des Antragsgegners (nachfolgend: das Kind) in Höhe von monatlich 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes geltend gemacht. Der Antrag ist dem Antragsgegner am 03.03.2020 förmlich zugestellt worden. Einwendungen gegen die beantragte Unterhaltsfestsetzung hat er innerhalb der ihm gesetzten Monatsfrist nicht geltend gemacht.
4Daraufhin hat das Familiengericht mit am 30.04.2020 erlassenen Beschluss den vom Antragsgegner ab März 2020 zu zahlenden laufenden Unterhalt auf monatlich 100 % des Mindestunterhalts nach § 1612a BGB abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind sowie den zu zahlenden rückständigen Unterhalt für den Zeitraum von November 2018 bis Februar 2020 auf 4.090,00 € festgesetzt. Der Beschluss ist dem Antragsgegner nach Aktenlage am 06.05.2020 förmlich zugestellt worden.
5Mit seiner am 29.06.2020 beim Familiengericht eingegangenen Beschwerde macht der Antragsgegner geltend, er sei nicht der Vater des Kindes. Weder sei er mit der Kindesmutter verheiratet noch habe er die Vaterschaft anerkannt.
6Mit Verfügung vom 23.07.2020 hat der Berichterstatter des Senats darauf hingewiesen, dass die Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG unzulässig sei.
7Dem ist der Antragsgegner mit der Behauptung entgegengetreten, der angefochtene Beschluss sei ihm entgegen der bei der Akte befindlichen Postzustellungsurkunde tatsächlich erst am 04.06.2020 zugestellt worden. In dieser Woche sei er nicht zu Hause gewesen. Nach seiner Rückkehr habe er den Briefumschlag, auf dem als Zustelldatum der 04.06.2020 vermerkt sei, in seinem Briefkasten vorgefunden.
8Der Senat hat den Beteiligten daraufhin mit Beschluss vom 08.09.2020, auf den Bezug genommen wird, mitgeteilt, wie er zu entscheiden beabsichtigt und ihnen gleichzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben. Außerdem hat der Senat mit dem vorgenannten Beschluss angekündigt, dass er beabsichtigt, nach Ablauf der gesetzten Frist gem. § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
9Dem vorgenannten Beschluss tritt der Antragsgegner entgegen und macht geltend, das Gebot effektiven Rechtsschutzes gebiete es, seine Einwendungen im vorliegenden Verfahren zuzulassen. Es sei unstreitig, dass er (rechtlich) nicht der Vater des Kindes sei, weil er nicht mit der Kindesmutter verheiratet (gewesen) sei und die Vaterschaft auch nicht anerkannt habe. Insofern habe sich die antragstellende Behörde den Titel durch vorsätzlich falsche Behauptungen erschlichen. Er, der Antragsgegner, habe bei dieser Sachlage nicht davon ausgehen müssen, dass der angefochtene Beschluss ohne weitere Prüfung der Vaterschaft erlassen werde.
10Mit der Einwendung, nicht der Kindesvater zu sein, sei er im Beschwerdeverfahren nicht präkludiert, weil es sich hierbei nicht um eine sonstige Einwendung i. S. v. § 252 Abs. 2 FamFG handele, sondern um eine Einwendung i. S. v. § 252 Abs. 1 Satz 1 FamFG betreffend die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens.
11II.
12Die statthafte Beschwerde des Antragsgegners ist ungeachtet der Frage, ob die Monatsfrist des § 63 Abs. 1 BGB gewahrt ist, unzulässig, § 256 Satz 2 FamFG.
13Der Senat hält insofern an seiner bereits im Beschluss vom 08.09.2020 zum Ausdruck gebrachten Auffassung fest. Die Stellungnahme des Antragsgegners aus dem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 23.09.2020 führt zu keiner anderen Beurteilung.
14Gem. § 256 Satz 1 FamFG können mit der Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss nur die dort aufgeführten Einwendungen geltend gemacht werden. Gem. § 256 Satz 2 FamFG ist die Beschwerde unzulässig, wenn sie sich auf Einwendungen nach § 252 Abs. 2 bis 4 FamFG stützt, die nicht erhoben waren, bevor der Festsetzungsbeschluss erlassen war (vgl. auch Keidel/Giers, 20. Aufl. 2020, § 256 FamFG, Rdnrn. 1, 9).
151.
16Nach der vorgenannten Vorschrift ist die Beschwerde des Antragsgegners unzulässig, weil er seine Einwendungen gegen den angefochtenen Beschluss erstmals im Beschwerdeverfahren auf die Behauptung stützt, er sei nicht der Vater des Kindes. Diese Einwendung unterfällt entgegen der Ansicht des Antragsgegners § 252 Abs. 2 FamFG („andere Einwendungen“, vgl. Bömelburg in: Prütting/Helms, 5. Aufl. 2020, § 252 FamFG, Rdnr. 19; OLG Köln, Beschluss vom 30.04.2012 – 4 WF 46/12 –, Tz. 3, FamRZ 2012, 1822, zit. nach juris) und wäre daher nach der am 03.03.2020 erfolgten Zustellung des verfahrenseinleitenden Antrags im erstinstanzlichen Verfahren geltend zu machen gewesen, was indes nicht erfolgt ist. Mit diesem Vorbringen ist der Antragsgegner somit im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen, was aus der strengen Formgebundenheit des vereinfachten Verfahrens folgt, die der Beschleunigung dienen soll (vgl. auch Keidel/Giers, aaO., § 256 Rdnr. 9 mwN.).
17a)
18Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist die vorstehend zitierte Rechtsprechung des OLG Köln auch einschlägig. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der in Anspruch genommene Kindesvater seine Einwendung, er habe Zweifel an seiner Vaterschaft, zwar bereits erstinstanzlich vorgetragen, jedoch nicht in der vorgesehen Form. Er war deshalb so zu behandeln, als habe er erstmals im Beschwerdeverfahren bestritten, Vater des Kindes zu sein und mit diesem Einwand präkludiert. Dem entsprechend ist erst recht der Antragsgegner, der erstinstanzlich überhaupt nicht zu dem Antrag Stellung genommen hat, im Beschwerdeverfahren mit seinem Vorbringen ausgeschlossen.
19b)
20Der Senat verkennt hierbei nicht, dass es nach Aktenlage derzeit unstreitig ist, dass eine rechtliche Vaterschaft des Antragsgegners i. S. v. § 1592 BGB nicht besteht. Das ändert aber nichts daran, dass es Sache des Antragsgegners war, dies erstinstanzlich geltend zu machen. Hierauf ist er mit der Verfügung vom 26.02.2020, welche ihm zusammen mit dem Antrag am 03.03.2020 förmlich zugestellt worden ist, ausdrücklich hingewiesen worden. Das Familiengericht war – zumal im streng formalisierten vereinfachten Verfahren, das systematisch zu den u. a. vom Beibringungsgrundsatz geprägten Familienstreitsachen gehört und geschaffen worden ist, um dem Unterhaltsgläubiger auf schnellem Weg einen Titel zu verschaffen (vgl. Bömelburg in: Prütting/Helms, aaO., § 252 FamFG, Rdnr. 2) – nicht gehalten, etwa von Amts wegen die Vaterschaft des Antragsgegners zu überprüfen.
212.
22Der Antragsgegner ist gleichwohl nicht rechtlos gestellt. Vielmehr steht ihm die Möglichkeit offen, gem. § 240 FamFG ein gesondertes Abänderungsverfahren einzuleiten. Auf die Vorschrift des § 240 Abs. 2 FamFG wird ausdrücklich hingewiesen.
23III.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG, die Wertfestsetzung folgt aus den §§ 40 Abs. 2, 51 FamGKG.