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Kollidiert der Fahrer eines auf der bevorrechtigten Straße fahrenden Motorrades, dessen Fahrzeug aufgrund eines bei Dunkelheit durchgeführten Wheelies für den Fahrer eines wartepflichten Pkw schlecht zu erkennen ist, mit dem einbiegenden wartepflichtigen Pkw, kann eine hälftige Quote zur Regulierung der bei dem Unfall entstandenen Schäden angemessen sein.
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 04.02.2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die A Aktiengesellschaft in ##### B zur Schadensnummer XY01 einen Betrag in Höhe von 4.248,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22.12.2020 zu zahlen.
Darüber hinaus werden die Beklagten verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 227,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22.12.2020 sowie weitere 492,54 € für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 22.12.2020 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Gründe
2I.
3(ohne Tatbestand gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)
4II.
5Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg und führt zur teilweisen Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
6Der Verkehrsunfall vom 05.07.2020 wurde in gleichem Maße von dem Zeugen C und dem Beklagten zu 1.) verursacht, so dass der Klägerin aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 4.476,11 € nebst Rechtshängigkeitszinsen zusteht. Dabei hat die Schadensersatzleistung der Beklagten in Höhe eines Teilbetrages von 4.276,11 € an die von der Klägerin als Kaskoversicherung in Anspruch genommene A in B zu erfolgen. Im Einzelnen:
71.
8Unstreitig wurde der zum Unfallzeitpunkt vom Zeugen C gefahrene Pkw VW Golf mit dem amtlichen Kennzeichen ##-## 0004 bei der Kollision mit dem vom Beklagten zu 1.) gefahrenen Leichtkraftrad Yamaha mit dem amtlichen Kennzeichen ##-# 002, dessen Halter ebenfalls der Beklagten zu 1.) ist und das bei der Beklagten zu 2.) haftpflichtversichert ist, beschädigt.
9Die Klägerin hat mit der von ihr in erster Instanz vorgelegten Rechnung des Autohauses D vom 13.10.2011 den Nachweis dafür erbracht, Eigentümerin des beschädigten Pkw Golf und damit vorliegend Anspruchsberechtigte im Sinne der §§ 7 Abs. 1 und 18 Abs. 1 StVG sein. Die Aktivlegitimation der Klägerin ist nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auch nicht dadurch ganz oder teilweise entfallen, dass die Klägerin einen Teil ihres Unfallschadens, nämlich den Fahrzeugschaden von 7.582,10 € und die Kosten für das Schadensgutachten des Sachverständigenbüros E von 915,12 € abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung von 300,- €, mithin 8.197,22 €, von ihrer Kaskoversicherung, der A in B, ersetzt bekommen hat. Zwar ist es infolge dieser Zahlung gemäß § 86 VVG in dieser Höhe zu einem Übergang des der Klägerin wegen dieser Schadenspositionen zustehenden Schadensersatzanspruchs auf die Kaskoversicherung gekommen. Jedoch tritt der Anspruchsübergang erst mit der tatsächlichen Erbringung der Versicherungsleistung ein (Reichel in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Auflage, § 86 VVG, Stand: 24.06.2019, Rn. 25). Diese ist hier ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Abrechnungsschreibens der A aber nicht vor dem 29.01.2021 und damit erst nach Klageerhebung erfolgt. Dementsprechend war die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung hinsichtlich des von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruchs noch in vollem Umfang aktivlegitimiert und es ist erst nach Klageerhebung zu dem in § 86 VVG geregelten gesetzlichen Forderungsübergang auf die Kaskoversicherung gekommen. In diesem Fall greift aber die Vorschrift des § 265 Abs. 2 ZPO ein, nach der die nach Eintritt der Rechtshängigkeit vorgenommene Veräußerung oder Abtretung der streitbefangenen Sache auf den Prozess keinen Einfluss hat. Die Vorschrift gilt nicht nur für Sachen, sondern auch für Forderungen sowie für jede Rechtsnachfolge eines Dritten, gleichgültig ob gewillkürt, kraft Hoheitsakts oder kraft Gesetzes (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 265 Veräußerung oder Abtretung der Streitsache, Rn. 5), und damit auch für den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 86 VVG. Der (zusätzlichen) Zustimmung des Rechtsnachfolgers zur weiteren Prozessführung bedarf die klagende Partei hier anders als in Fällen, in denen der Ersatzanspruch bereits vor Klageerhebung auf den Rechtsnachfolger übergangen ist, nicht. Die Aktivlegitimation ergibt sich unmittelbar aus § 265 Abs. 2 ZPO. Die klagende Partei muss der nach Klageerhebung eingetretenen Rechtsnachfolge allein dadurch Rechnung tragen, dass sie ihren Antrag auf Zahlung an den Rechtsnachfolger umstellt (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage, 2022, § 265 Rn. 6a mit weiteren Nachweisen). Dem hat die Klägerin mit ihrer mit Schriftsatz vom 09.02.2021 vorgenommenen Antragsumstellung Rechnung getragen.
102.
11Auf einen Haftungsausschluss nach den §§ 7 Abs. 2, 17 Abs. 3, 18 Abs. 1 S. 2 StVG können sich die Beklagten nicht berufen. Der Verkehrsunfall stellte für den Beklagten zu 1.) weder einen Fall höherer Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 2 StVO, noch ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG dar. Dies gilt schon deshalb, weil dem Beklagten zu 1.) ein schuldhafter und für den Verkehrsunfall mitursächlich gewordener schuldhafter Verstoß gegen die Verkehrsvorschrift des § 17 Abs. 1 und 2a StVO zur Last fällt. Aus dem gleichen Grunde kommt auch ein Haftungsausschluss nach § 18 Abs. 1 S. 2 StVG nicht in Betracht.
12Nach § 17 Abs. 1 S. 1 StVO sind bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es erfordern, die vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen zu benutzen, wobei diese nach § 17 Abs. 1 S. 2 StVO nicht verdeckt oder verschmutzt sein dürfen. Darüber hinaus ordnet § 17 Abs. 2a StVO für das Führen von Krafträdern an, dass diese auch am Tag mit Abblendlicht oder eingeschaltetem Tagfahrleuchten zu fahren sind und während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst erfordern, an ihnen das Abblendlicht einzuschalten ist.
13Der Beklagte zu 1.) hat in schuldhafter Weise gegen die in § 17 Abs. 1 und 2a StVO normierte Beleuchtungspflicht verstoßen, weil wegen des von ihm unmittelbar vor dem Unfallgeschehen durchgeführten sog. Wheelies die Wahrnehmbarkeit des an seinem Leichtkraftrad eingeschalteten Abblendlichts für die anderen Verkehrsteilnehmer, namentlich den Zeugen C, deutlich herabgesetzt gewesen ist. Der Sachverständige F hat insoweit bei seiner ergänzenden mündlichen Befragung durch den Senat am 09.11.2022 nochmals erläutert, dass bei der Durchführung eines Wheelies, bei dem das Motorrad nur auf dem Hinterrad gefahren wird, das Fahrzeug vorne mit einem Winkel von ca. 45 ° in die Höhe ragt, so dass das Abblendlicht nicht auf die Fahrbahn fällt. Darüber hinaus wird die Erkennbarkeit des Abblendlichts für die anderen Verkehrsteilnehmer weiter dadurch erschwert, dass das für sie noch zu erkennende Streulicht des Scheinwerfers teilweise durch das Schutzblech des Vorderrades verdeckt wird. Dies führt nach den Darlegungen des Sachverständigen im Ergebnis dazu, dass die Abblendlicht des Kraftrades nicht wie bei normaler Fahrweise im Dunkeln für die anderen Verkehrsteilnehmer deutlich als heller Lichtpunkt, sondern nur noch bei genauem Hinsehen zu erkennen ist, wodurch die optische Wahrnehmbarkeit des Kraftrades deutlich herabgesetzt wird.
14Damit ist ein schuldhafter Verstoß des Beklagten zu 1.) gegen die in § 17 Abs. 1 und 2a StVO normierte Beleuchtungspflicht gegeben. Denn aufgrund des Wheelies war zum einen das Abblendlicht des Kraftrades durch das Schutzblech des Vorderrades teilweise verdeckt. Zum anderen macht es aus Sicht des Senats auch wertungsmäßig keinen Unterschied, ob das Abblendlicht eines Motorrads wegen auf dem Frontscheinwerfer anhaftenden Schmutz für die anderen Verkehrsteilnehmer nicht mehr richtig zu erkennen ist oder weil das Abblendlicht des Motorrades wegen eines mit ihm durchgeführten Wheelies nicht auf die Fahrbahn, sondern in einem Winkel von ca. 45 ° in die Höhe scheint.
15Der Senat hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch keinen Zweifel daran, dass der vom Beklagten zu 1.) durchgeführte Wheelie für das Zustandekommen des Verkehrsunfalls zumindest mitursächlich gewesen ist. Der Senat ist aufgrund der Aussage des Zeugen C davon überzeugt, dass der Zeuge C das Kraftrad gerade wegen des vom Beklagten zu 1.) durchgeführten Wheelie zu spät erkannt hat.
16Der Zeuge C hat bei seiner erneuten Vernehmung durch den Senat bekundet, dass er zum Unfallzeitpunkt mit dem Fahrzeug der Klägerin von der G-Straße nach links auf die H-Straße abbiegen wollte. Er habe deshalb bei Erreichen der H-Straße sein Fahrzeug zunächst angehalten und sodann nach links, dann nach rechts und sodann beim Anfahren in die H-Straße noch einmal nach links gesehen. Erst bei seinem zweiten Blick nach links habe er das sich nähernde Kraftrad des Beklagten zu 1.) erkannt, als es sich nur noch 5 bis 10 Meter von ihm entfernt befunden habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sich das Vorderrad des Kraftrades noch in der Luft befunden, auch wenn nach seinem Eindruck der Beklagte zu 1.) bereits darum bemüht gewesen sei, das Vorderrad wieder auf die Straße herunterzubringen. Als er nach seinem Anhalten an der Einmündung das erste Mal nach links gesehen habe, habe er das Kraftrad noch nicht wahrgenommen, obgleich er meine, auch da schon richtig hingesehen zu haben.
17Der Senat hat keinen Anlass, der Aussage des Zeugen C nicht zu glauben. Zwar wäre nach den Ausführungen des Sachverständigen F das von Beklagten zu 1.) geführte Kraftrad für den Zeugen C trotz des Wheelies bei genauer Beobachtung der H-Straße aufgrund der an ihr stehenden Straßenbeleuchtung und des Streulichts des Frontscheinwerfers und Rücklichtes des Motorrads zu erkennen gewesen. Zum Unfallzeitpunkt sei die H-Straße noch nass gewesen und hätten die über der Straße hinausragenden Straßenlampen Glanzstreifen auf der Fahrbahn erzeugt, auf denen das sich bewegende Motorrad bei genauen Hinsehen zu erkennen gewesen wäre, zumal auch von dem Rücklicht des Motorrads ein roter Lichtpunkt auf der nassen Straße erzeugt worden sei. Gleichwohl ist aber nach den Ausführungen des Sachverständigen die optische Wahrnehmbarkeit des Kraftrades aufgrund des Wheelies deutlich herabgesetzt gewesen, weil bei normaler Fahrweise das Scheinwerferlicht des Kraftrades für den Zeugen C in der Dunkelheit schon aus weiter Entfernung als heller Lichtpunkt zu sehen gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat aber keinen vernünftigen Zweifel daran zu haben, dass der streitgegenständliche Unfall dadurch zustande gekommen ist, dass der Zeuge C bei seinem ersten Blick nach links den von dort kommenden Verkehr nur flüchtig beobachtet und dabei das vom Beklagten zu 1.) geführte Kraftrad wegen des mit ihm durchgeführten Wheelies und seiner damit einhergehenden deutlich herabgesetzten optischen Wahrnehmbarkeit schlicht übersehen hat. Dass der Zeuge C ohne Durchführung des Wheelies bei seinem ersten Blick nach links auch das helle Scheinwerferlicht des Kraftrades übersehen bzw. gleichwohl mit seinem Abbiegevorgang begonnen hätten, erscheint dem Senat demgegenüber ausgeschlossen.
183.
19Aber auch für die Klägerin stellte der streitgegenständliche Verkehrsunfall kein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVO dar. Denn auch dem Zeugen C fällt ein schuldhafter und für den Verkehrsunfall mitursächlich gewordenen Verkehrsverstoß zur Last, den sich die Klägerin anrechnen lassen muss. Der Zeuge C hat in schuldhafter Weise gegen die Verkehrsvorschrift des § 8 Abs. 2 Satz StVO verstoßen, nach der der Wartepflichtige nur weiterfahren darf, wenn er übersehen kann, dass kein Vorfahrtsberechtigter gefährdet oder wesentlich behindert wird. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob – wie es das Landgericht angenommen hat – vorliegend bereits Anscheinsbeweis für eine dahingehende Vorfahrtsverletzung des Beklagen spricht oder nicht die tatsächlichen Grundlagen für einen dahingehenden Anscheinsbeweis allein schon wegen des vom Beklagten zu 1.) durchgeführten Wheelies erschüttert sind. Denn nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten ergänzenden Beweisaufnahme ist jedenfalls ein schuldhafter Verstoß des Zeugen C gegen § 8 Abs. 2 S. 2 StVO als von den Beklagten bewiesen anzusehen.
20Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine schuldhafte Vorfahrtsverletzung des Wartepflichtigen dann gegeben, wenn das Vorfahrt des anderen Verkehrsteilnehmers für ihn in zumutbaren Grenzen erkennbar und seine Verletzung vermeidbar ist (BGH, Urteil vom 11.01.2005, VI ZR 352/03 – Rz. 15 zitiert nach juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen F hätte der Zeuge C das Leichtkraftrad des Beklagten 1.) aufgrund der vorhandenen Straßenlampen, der durch sie auf der Fahrbahn erzeugten Glanzlichter sowie des restlichen Streulichts des Frontscheinwerfers und des vom Rücklicht auf die Fahrbahn erzeugten roten Lichtpunktes bereits bei seinem ersten Blick nach links bei genauem Hinsehen als sich bewegendes Fahrzeug erkennen können und noch rechtzeitig von seinem Abbiegevorgang Abstand nehmen können.
214.
22Bei der damit gemäß § 17 Abs. 1 und 2 StVG vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile am Zustandekommen des Verkehrsunfalls ist danach auf Seiten der Beklagten außer der Betriebsgefahr des Leichtkraftrades der schuldhaften Verstoß des Beklagten zu 1.) gegen § 17 Abs. 1 und 2a StVO zu berücksichtigen, auf Seiten der Klägerin hingegen die von ihrem Pkw ausgehende Betriebsgefahr sowie der schuldhafte Verstoß des Zeugen C gegen § 8 Abs. 2 S. 2 StVO. Nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts ist in einer schuldhaften Vorfahrtsverletzung regelmäßig ein schwerwiegender Verkehrsverstoß zu sehen, der oftmals zur überwiegenden oder gar zur Alleinhaftung des Wartepflichtigen führt. Allerdings gehört auch die ordnungsgemäße Beleuchtung von Kraftfahrzeugen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den wesentlichen Pflichten der dafür verantwortlichen Verkehrsteilnehmer. Denn wegen der Wichtigkeit einer ordnungsgemäßen Fahrzeugbeleuchtung für die Erkennbarkeit durch andere Verkehrsteilnehmer kann sich der Verkehr grundsätzlich darauf verlassen, dass Fahrzeuge unter den in § 17 Abs. 1 Satz 1 StVO genannten Umständen ordnungsgemäß beleuchtet sind. Entsprechend wird auch bei Unfällen, die auf einem Verstoß eines Verkehrsteilnehmers gegen die Beleuchtungspflicht beruhen, vielfach dessen alleinige oder doch überwiegende Haftung angenommen (BGH, Urteil vom 11.01.2005, VI ZR 352/03 – Rz. 18). Vorliegend war das vom Beklagten zu 1.) geführte Leichtkraftrad zwar zum Unfallzeitpunkt nicht unbeleuchtet, aber seine optische Wahrnehmbarkeit wegen des mit ihm durchgeführten Wheelies deutlich herabgesetzt. Zudem wurde der Wheelie vom Beklagten zu 1.) nachts innerhalb geschlossener Ortschaft in einem Wohngebiet durchgeführt, in dem er trotz der späten Abendstunde mit Abbiegern aus den auf die H-Straße einmündenden Straßen rechnen musste. In Anbetracht dessen wiegen vorliegend bei umfassender Bewertung aller vorgenannten Umstände aus Sicht des Senats der schuldhafte Verstoß des Beklagten zu 1.) gegen die Beleuchtungspflicht und die dem Zeugen C anzulastende Vorfahrtsverletzung annähernd gleich schwer, weshalb dem Senat eine beiderseitige Haftungsverteilung von 50 % zu Lasten der Klägerin und 50 % zu Lasten der Beklagten als sachgerecht und angemessen erscheint.
235.
24Ausgehend von dieser Haftungsquote steht der Klägerin aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG und § 115 VVG gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 4.476,11 € zu.
25Der der Klägerin unfallbedingt entstandene Schadens beläuft sich auf insgesamt 8.952,22 € und setzt sich aus folgenden, von den Beklagten nicht bestrittenen Einzelpositionen zusammen: Reparaturkosten gemäß Rechnung des Autohauses D vom 17.07.2020 in Höhe von 7.582,10 € brutto, Kosten für das Schadensgutachten des Sachverständigenbüro E von 915,12 € und Nutzungsausfall für 10 Tage á 43,- € = 430,- €. Darüber hinaus kann die Klägerin zur Abgeltung der ihr im Zusammenhang mit Schadensfall entstandenen Auslagen für Telefonate, Briefwechsel und Fahrtkosten von den Beklagten die Zahlung einer Kostenpauschale verlangen, deren Höhe der Senat aber in ständiger Rechtsprechung auf 25,- € schätzt. Von ihrem damit sich auf 8.952,22 € belaufenden, erstattungsfähigen Gesamtschaden kann die Klägerin von den Beklagten entsprechend deren Haftungsquote 50 % ersetzt verlangen, was einer Schadensersatzforderung in Höhe von 4.476,11 € entspricht. Diese ist wegen der von der A erbrachten Versicherungsleistung gemäß § 86 VVG in Höhe von 4.248,61 € auf die A übergegangen. Von dem Anspruchsübergang werden diejenigen Schadenspositionen erfasst, auf die die A auch Versicherungsleistungen erbracht hat. Das waren hier der Fahrzeugschaden sowie die Kosten für das Schadensgutachten des Sachverständigenbüros E. Der hierauf entfallende Anteil des Schadensersatzanspruchs der Klägerin beläuft sich auf 4.248,61 €. Hinsichtlich dieses Betrages waren die Beklagten auf den von der Klägerin umgestellten Klageantrag hin zur Zahlung an die A zu verurteilen, wohingegen der verbleibende Restbetrag des Schadensanspruchs von 227,50 € von den Beklagten an die Klägerin zu leisten ist.
266.
27Weiter kann die Klägerin gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 VVG von den Beklagten anteilige Erstattung ihrer vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € verlangen. Die Klägerin ist hinsichtlich dieser Kosten aktivlegitimiert. Zwar wurden die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten unstreitig von der Rechtsschutzversicherung des Ehemannes der Klägerin, der I GmbH übernommen, so dass der der Klägerin insoweit zustehende Schadensersatzanspruch gemäß § 86 VVG auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen ist. Allerdings hat die I GmbH den auf sie übergegangenen Schadensersatzanspruch mit Schreiben vom 17.11.2020 an den Ehemann der Klägerin abgetreten, der seinerseits den Anspruch wiederum die Klägerin abgetreten hat. Dieses wurde im Hinblick auf das vom Klägervertreter am 09.11.2022 vorgelegte Abtretungsschreiben der I vom 17.11.2020 auch vom Beklagtenvertreter im Senatstermin unstreitig gestellt.
28Die Klägerin kann Ersatz ihrer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten allerdings nur in der Höhe beanspruchen, wie sich diese nach einem Gegenstandswert von bis zu 5.000,- € berechnen würden, da sich die von ihr vorprozessual geltend gemachten Schadenspositionen letztlich allein in Höhe von 4.476,11 € als begründet erwiesen haben. Für den Gegenstandswert von bis zu 5.000,- € belief sich nach der hier maßgeblichen, bis zum 31.12.2020 gültigen Gebührentabelle zu § 13 Abs. 1 RVG eine volle Geschäftsgebühr auf 303,- € und entsprechend die den Prozessbevollmächtigten der Klägerin für ihre vorgerichtliche Tätigkeit zustehende 1,3-fache Mittelgebühr auf 393,90 €. Zuzüglich der nach Nr. 7002 VV zum RVG in Ansatz zu bringenden Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistung von 20,- € sowie der nach Nr. 7008 VV zum RVG zu berechnenden Mehrwertsteuer von 19 % errechnen sich danach von den Beklagten zu erstattende vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 492,54 €.
297.
30Die mit dem vorliegenden Urteil zuerkannten Zinsansprüche rechtfertigen sich aus §§ 291, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Ausweislich der Postzustellungsurkunde Blatt 84 der landgerichtlichen Akten wurde die Klage der Beklagten zu 2.) am 22.12.2020 zugestellt mit der Folge, dass die Beklagte zu 2.) der Klägerin und deren Rechtsnachfolgerin seit diesem Tag gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB zur Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen in der zuerkannten Höhe verpflichtet ist. Der gemäß § 286 Abs. 1 S. 2 BGB mit der Klagezustellung zugleich eingetretene Schuldnerverzug der Beklagten zu 2.) wirkt wegen der in lit. A.1.1.4 AKB vereinbarten Regulierungsvollmacht auch gegenüber dem Beklagten zu 1.) (Looschelders in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2022, § 425 Rn. 27 mit weiteren Nachweisen), so dass auch dieser gemäß § 286 Abs.1 S. 2, 288 Abs. 1 S. 2 BGB der Klägerin und ihrer Rechtsnachfolgerin ab dem 22.12.2020 zur Zahlung von Zinsen in der zuerkannten Höhe verpflichtet ist.
31II.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711, 713 ZPO.