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1. Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 22.11.2010 werden die Beschlüsse des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 05.10.2010 und 11.11.2010 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.
2. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
2I.
3Der am 17.02.1965 geborene Antragssteller und die am 07.08.1968 geborene Antragsgegnerin sind die miteinander verheirateten, aber seit April 2004 getrennt lebenden Eltern des am 29.08.2007 geborenen Sohnes D. Darüber hinaus hatte die Antragsgegnerin aus ihrer ersten Ehe den am 11.06.1994 geborenen Sohn G. T. mit in ihre Ehe gebracht. Nachdem sich der Antragsteller von Juli bis Mitte September 2009 wegen psychischer Schwierigkeiten in stationärer Behandlung in der U.-Klinik in V. aufgehalten hatte, war er bis zu seinem endgültigen Auszug im Dezember 2009 erneut in die eheliche Wohnung eingezogen. Anschließend hatte er mit seinem Sohn D. regelmäßigen, fast wöchentlichen Kontakt in L. in einem Umfang von drei bis fünf Stunden, zuletzt am 13.02.2010. Seitdem verweigert die Antragsgegnerin mit der Begründung, die Erkrankung des Antragstellers, die zu einem aggressiven und unberechenbaren Verhalten führe, stehe einem unbegleiteten Umgangsrecht entgegen, dem Antragsgegner den Kontakt mit seinem Sohn.
4Der Antragsteller, der behauptet hat, seine Erkrankung sei nicht persönlichkeits-, sondern situationsbedingt gewesen, so dass er keine Gefahr und kein Risiko für seinen Sohn darstelle, hat mit am 20.05.2010 beim Amtsgericht – Familiengericht – Köln eingegangenen Schriftsatz vom 19.05.2010 die Regelung eines Umgangsrechtes mit seinem Sohn D. insoweit beantragt, dass er den gemeinsamen Sohn D. an jedem zweiten Wochenende von freitags 15.00 Uhr bis sonntagsabends 18.00 Uhr und an jedem zweiten der gesetzlichen hohen Feiertage im Zeitraum von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr zu sich nehmen könne.
5Nachdem das Jugendamt der Stadt L. in seinem Bericht vom 23.07.2010 die Aufnahme der Eltern in das Projekt des begleiteten Umgangs vorgeschlagen hatte, damit die Möglichkeit zur Weiterentwicklung der Eltern im Umgang mit ihrem Sohn D. bestehe, hat am 05.10.2010 vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Köln die mündliche Verhandlung stattgefunden. Hierbei haben die Parteien übereinstimmend den Vorschlag des Jugendamtes aufgegriffen, wonach sie sich zwecks Umgangsbegleitung und Umgangsberatung in das hierfür vorgesehene Programm des begleiteten Umgangs bei der internationalen Familienberatung der Stadt L. begeben wollten. Insoweit sollte das Gericht alles Erforderliche veranlassen. Weiter sind die Parteien überein gekommen, dass bereits jetzt der seit längerer Zeit unterbrochene Kontakt zwischen Kindesvater und dem betroffenen Kind wieder aufgenommen werden sollte. Beide Eltern sind sich darüber einig gewesen, dass dies zur Zeit nur in Anwesenheit einer Begleitperson geschehen sollte. Als Begleitperson ist der frühere Ehemann der Kindesmutter, Herr N. W., bestimmt worden. Die Parteien sind sich darüber einig geworden, dass der erste Umgang zwischen Vater und Sohn am Wochenende des 23. oder 24. Oktober stattfinden sollte. Den genauen Zeitpunkt bzw. den genauen Tag wollten sie im Einvernehmen mit Herrn W. autonom festlegen. Weiter bestand Einigkeit, dass langfristig beide Parteien den Wunsch hatten, Umgangskontakte ohne Einschaltung irgendwelcher Begleitpersonen oder sonstiger Institutionen organisieren zu wollen. Das Amtsgericht – Familiengericht – Köln hat aufgrund dieser mündlichen Verhandlung vom 05.10.2010 daraufhin einen Beschluss mit folgendem Inhalt erlassen:
6"Das Umgangsrecht des Kindesvaters wird wie folgt geregelt:
7Es findet eine Umgangsberatung und Umgangsbegleitung bei einer Beratungsstelle statt. Die Auswahl der Beratungsstelle erfolgt durch
8die Koordinationsstelle für begleiteten Umgang bei der internationalen
9Familienberatung der Caritas, O-Straße 52-54, XXXX L.
10Den Parteien wird aufgegeben, bei der ausgewählten Beratungsstelle zusammenzuarbeiten, insbesondere von der Beratungsstelle anberaumte Termine wahrzunehmen."
11Weiter hat das Amtsgericht am 11.11.2010 unter Hinweis auf § 81 FamFG geregelt, dass von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen werde und jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trage.
12Nach Zustellung dieser beiden Beschlüsse am 29.10.2010 bzw. 17.11.2010 hat der Antragsteller mit einem beim Amtsgericht – Familiengericht – Köln am 23.11.2010 eingegangenen Schriftsatz vom 22.11.2010 Beschwerde eingelegt und gerügt, dass der nicht im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.10.2010 erlassene Beschluss nicht begründet worden sei und auch keine Rechtsmittelbelehrung enthalte. Eine solche Begründung sei nicht entbehrlich, da er nicht auf sein Umgangsrecht mit seinem Sohn verzichtet oder anerkannt habe, dass ein begleiteter Umgang angebracht wäre. Vielmehr widerspreche der Beschluss seinem erklärten Willen und sei gesetzeswidrig, da es keine Kindeswohlgefährdung gebe, die dem von ihm geltend gemachten Umgangsrecht entgegengehalten werden könne. Die durch Herrn W. begleiteten Umgangstermine habe er lediglich als Einstieg für einen normalen Umgangskontakt akzeptiert. Der vom Gericht im Beschluss vom 05.10.2010 geregelte schlichte Hinweis auf die Beratungsstelle sei jedoch nicht die von ihm angestrebte Umgangsregelung.
13Der Senat hat allen Beteiligten Gelegenheit gegeben, zum beabsichtigten Vorgehen Stellung zu nehmen, die Sache nach § 68 Abs. 1 S. 2 FamFG im schriftlichen Verfahren an das Amtsgericht zurückzuverweisen, da der angefochtene Beschluss eine abschließende Entscheidung des Amtsgerichts über den gestellten Umgangsantrag nicht enthalte. Einwendungen sind von den Beteiligten nicht erhoben worden.
14II.
15Die nach den §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Antragsstellers hat vorläufigen Erfolg.
16Unter Aufhebung der beiden Beschlüsse des Amtsgerichts – Familiengericht – Köln vom 05.10.2010 und 11.11.2010 war die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, da dieses noch keine abschließende, die Instanz beendende Entscheidung über den vom Antragsteller begehrten Umgang mit seinem Sohn D. getroffen hat.
17Da aus der unter dem 11.11.2010 vom Amtsgericht – Familiengericht – Köln getroffenen Kostenentscheidung der Schluss zu ziehen ist, dass das Amtsgericht die Ansicht vertreten hat, mit seiner unter dem 05.10.2010 getroffenen Entscheidung das vom Antragsteller eingeleitete Umgangsverfahren beendet zu haben, ist festzustellen, dass über den vom Antragsteller unter dem 19.05.2010 verfahrenseinleitend gestellten Antrag zur Regelung des Umgangsrechtes mit seinem Sohn D. an den Wochenenden bzw. den Feiertagen noch keine Entscheidung stattgefunden hat. Die vom Amtsgericht – Familiengericht – Köln unter dem 05.10.2010 angeordnete Umgangsberatung und Umgangsbegleitung bei einer durch die Koordinationsstelle für begleiteten Umgang bei der internationalen Familienberatung der Caritas auszuwählende Beratungsstelle mag zwar von den Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.10.2010 übereinstimmend für sinnvoll erachtet worden sein, um ebenso wie die vereinbarte Umgangsbegleitung durch den früheren Ehemann der Kindesmutter, Herrn N. W., zeitnah einen Umgangskontakt zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn D. wieder einzuleiten. Da der Antragsteller jedoch nicht zu erkennen gegeben hat, dass er von seinem Ziel, hinreichend konkret geregelten, regelmäßigen und unbegleiteten Umgang mit seinem Sohn zu bekommen, hätte abrücken wollen, hätte ein Verweis der Parteien an die Koordinationsstelle für begleiteten Umgang bei der internationalen Familienberatung allenfalls eine Zwischenlösung auf diesem Weg sein können. Hier hätte sich der Abschluss eines entsprechenden Vergleichs angeboten, in dem in Abstimmung mit den Parteien über das geplante weitere Vorgehen auch klargestellt wird, ob eine derartige Lösung lediglich ein Zwischenvergleich oder eine verfahrensbeendende Regelung darstellen soll.
18Ansonsten kann ein durch einen Elternteil eingeleitetes Umgangsverfahren durch das Familiengericht nur durch eine gerichtliche Entscheidung beendet werden, die den Umgang mit dem Kind oder den Kindern in Bezug auf die Häufigkeit, die Modalitäten des Bringens und Holens und der weiteren Einzelheiten konkret mit einem vollstreckungsfähigen Inhalt regelt und ggf. einen vom Antragssteller darüber hinaus gehenden Umgang mit einer nachvollziehbaren Begründung zurückweist. An einer derartigen zurückweisenden Entscheidung hinsichtlich des Umgangsrechtes des Antragstellers, der eine konkrete Umgangsregelung für die Wochenenden und die Feiertage begehrt hatte, fehlt es von Seiten des Amtsgerichts – Familiengericht - Köln im Beschluss vom 05.10.2010 jedoch ebenso wie an einer entsprechenden Begründung, warum das vom Antragsteller begehrte Umgangsrecht eingeschränkt werden sollte, die einer Überprüfung durch die Beschwerdeinstanz zugänglich wäre.
19Die hiernach angezeigte Aufhebung und Zurückverweisung gibt dem Familiengericht im weiteren Verfahren Gelegenheit, unter Beachtung des Konkretheitsgebots eine Entscheidung über die Gewährung eines Umgangsrechts zu erlassen, die den Umgang nach Tagen, Uhrzeit und Ort, Häufigkeit, Abholung und gegebenenfalls weiterer konkreter Modalitäten präzise und in vollstreckungsfähiger Weise regelt. Dieses Konkretheitsgebot gilt auch für den begleiteten Umgang (OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 2085, 2086; OLG Stuttgart, FamRZ 2007, 1682; OLG Zweibrücken, OLGR 2003, 287 m.w.N.; Palandt/ Diederichsen, BGB, 70. Aufl., § 1684, Rdn. 43). Das Gericht darf daher nicht – auch nicht teilweise – die Regelung des Umgangs in die Hände eines – anders als etwa ein Umgangspfleger (§ 1684 Abs. 3 Sätze 3 und 4 BGB) – nicht mit sorgerechtlichen Befugnissen ausgestatteten Dritten legen, da dieser vom Gesetz keine eigene Entscheidungskompetenz zugewiesen erhalten hat (siehe zum Ganzen OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 2085, 2086 m.w.N.).
20Hierbei weist der Senat im Hinblick auf den von der Antragsgegnerin verweigerten unbegleiteten Umgang darauf hin, dass an die Einschränkung des Umgangsrechts eines Elternteils strenge Maßstäbe anzulegen sind, deren Wahrung das Familiengericht von Amts wegen – und zwar wegen des stets letztentscheidenden Kindeswohls (vgl. BVerfGE 56, 363; BVerfG FuR 2008, 338) unabhängig von einem etwaigen Einvernehmen der Eltern – zu überprüfen hat. Umgang in Anwesenheit eines mitwirkungsbereiten Dritten bedeutet eine erhebliche Einschränkung des Umgangsrechts. Seine Anordnung steht im Gefüge der Eingriffsschwellen des § 1684 Abs. 4 BGB und setzt voraus, dass er zum Wohl des Kindes oder gar – bei einer längerfristigen Einschränkung – zur Abwehr einer anders nicht abwendbaren Gefährdung des Kindeswohls erforderlich ist (§ 1684 Abs. 4 Satz 1 und 2 BGB), weshalb er schwerwiegenden Fällen vorzubehalten ist. Die längerfristige Anordnung begleiteten Umgangs beschränkt nicht nur den umgangsberechtigten Elternteil massiv in seinem Elternrecht und bedeutet im Regelfall für diesen eine erhebliche Zumutung, sondern greift auch intensiv in das Recht des Kindes ein, mit jenem grundsätzlich ohne Beobachtung durch Dritte Umgang zu pflegen (BVerfG FamRZ 2008, 494 m. Anm. Völker in FamRB 2008, 139; vgl. auch BGHZ 51, 219). Beim Streit der Eltern über die Frage, ob lediglich begleiteter Umgang in Betracht kommt , ist dem Kind daher regelmäßig nach § 158 Abs. 2 Nr. 1 und 5 FamFG ein Verfahrensbeistand zu bestellen; sieht das Gericht hiervon ab, so muss es dies nach § 158 Abs. 3 S. 3 FamFG in der Endentscheidung begründen.