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I. Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen wird das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 21.10.2010 – 31 O 232/10 – teilweise abgeändert:
1. Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, verurteilt, es zu unterlassen,
a) wie nachfolgend wiedergegeben mit der Aussage
„Es sind nur noch wenige Restplätze verfügbar. Zu Ihrer Sicherheit schnell buchen!“
zu werben und/oder werben zu lassen, wenn für das betroffene Hotel nicht erweislich tatsächlich weniger Plätze verfügbar sind als die Hälfte des Durchschnitts für dieses Hotel und für die konkrete Art der Buchungsanfrage (gleicher Zeitraum zwischen Buchungsanfrage und gewünschtem Übernachtungszeitraum; Anzahl der Übernachtungen):
(Kopie/Datei nur in Originalentscheidung ersichtlich)
b) für die Reservierung von Hotels wie nachfolgend wiedergegeben mit einem Gutschein zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dieser nicht für reine Hotelbuchungen verwendet werden kann und/oder der Gutschein erst ab einem Buchungsvolumen von 800,000 € eingelöst werden kann:
(Kopie/Datei nur in Originalentscheidung ersichtlich)
c) wie nachfolgend wiedergegeben mit Preisen zu werben und/oder werben zu lassen, die die an die Beklagte oder Dritte zu zahlenden Steuern und Gebühren nicht ausweisen:
(Kopie/Datei nur in Originalentscheidung ersichtlich)
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über Art und Umfang der Handlungen gemäß Ziff. 1 zu erteilen, und zwar aufgeschlüsselt nach Monaten und unter Angabe der Zugriffe sowie Buchungen auf der Internetseite der Beklagten.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser aus den Handlungen gemäß Ziff. 1 entstanden ist oder noch entstehen wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 25 % und die Beklagte zu 75 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung der Unterlassungsansprüche durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 25.000 € und des Auskunftsanspruchs in Höhe von 5.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Vollstreckung des Kostenerstattungsanpruchs können die Parteien jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
G R Ü N D E :
2I.
3Die Parteien bieten die Vermittlung von Hotelzimmern im Internet an, die Beklagte darüber hinaus die Vermittlung weiterer Reisedienstleistungen. Ob die Beklagte ihre Angebote auch über Internetseiten Dritter anbietet, ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin beanstandet mehrere Aussagen im Hotelbuchungsvorgang der Beklagten:
4 Dort wurde regelmäßig ursprünglich der in I. 1. a) des Tenors wiedergegebene Hinweis („Es sind nur noch wenige Restplätze verfügbar. Zu Ihrer Sicherheit bitte schnell buchen!“) eingeblendet. Inzwischen lautet der Hinweis – wie im Antrag wiedergegeben – „Achtung! Begrenztes Angebot. Zu Ihrer Sicherheit schnell buchen!“.
5 Die Beklagte warb zudem mit der Aussage: „50 € Reisegutschein geschenkt zu jeder Buchung dazu“ wie in I.1.b) des Tenors wiedergegeben. Der Gutschein kann nur bei der Buchung einer Pauschal-, Last-Minute-Reise oder einer Kreuzfahrt eingelöst werden. Außerdem muss der Reisepreis mindestens 800 € betragen. Diese Bedingungen sind über den neben der Auslobung plazierten Link „>> mehr Infos hier“ einsehbar.
6 Nach einer Buchungsanfrage wurden die Preise wie in der in I.1.c) des Tenors wiedergegebenen Trefferliste angezeigt. Diese Preise enthielten anfallende Steuern und Gebühren nicht; diese wurden erst zum Ende des Buchungsvorgangs mitgeteilt.
7Die Klägerin meint, die genannten Werbeaussagen seien irreführend; der Hinweis auf „wenige Restplätze“ bzw. ein „begrenztes Angebot“ diene zudem dazu, Kunden zu einer Buchung ohne einen vorherigen Preisvergleich zu veranlassen; die Preisangaben ohne Steuern und Gebühren verstießen gegen § 1 PAngV.
8Das Landgericht hat die Beklagte in vollem Umfang zur Unterlassung der Werbeaussagen unter Einblendung konkreter Verletzungsformen sowie zur Auskunftserteilung verurteilt sowie die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz festgestellt. Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie hält die angegriffene Werbung für lauter und meint außerdem für eine Verurteilung es zu unterlassen, werben zu lassen, fehle es an der Begehungsgefahr. Zu Unrecht habe das Landgericht ihre Schadensersatzpflicht festgestellt, denn es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Klägerin durch die beanstandete Werbung ein Schaden entstanden sei. Schließlich sei die Auskunft in dem ausgeurteilten Umfang nicht als Grundlage für eine Schadensberechnung erforderlich und geeignet. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, wobei sie ihre Klageanträge modifiziert hat, wie dies aus dem Tenor ersichtlich ist, allerdings unter Aufrechterhaltung des Antrags, die Aussage „Achtung! Begrenztes Angebot! Zu Ihrer Sicherheit schnell buchen!“ zu verbieten wie nachstehend wiedergeben:
9(Kopie/Datei nur in Originalentscheidung ersichtlich)
10Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
11II.
12Die Berufung hat nur teilweise Erfolg. Sie führt zur Abweisung der Klage hinsichtlich des Verbots der Aussage „Achtung! Begrenztes Angebot! Zu Ihrer Sicherheit schnell buchen!“; im Übrigen ist die Berufung unbegründet und es waren lediglich redaktionelle Modifikationen des Tenors vorzunehmen.
131. a) (1) Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Aussage
14„Es sind nur noch wenige Restplätze verfügbar. Zu Ihrer Sicherheit bitte schnell buchen!“
15im Rahmen des Hotelbuchungsvorgangs auf der Internetseite der Beklagten in der aus dem Tenor ersichtlichen Form für irreführend gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG gehalten. Der Verkehr wird diesen Hinweis nicht dahin verstehen, dass die Beklagte nur über ein beschränktes Kontingent an Hotelzimmern verfügt, sondern dahin, dass – mindestens in dem Umfang wie aus dem Tenor ersichtlich – zahlreiche der ursprünglich vorhandenen Plätze nun belegt sind und daher jetzt (wie es dort ausdrücklich heißt:) „nur noch wenige Restplätze“ verfügbar sind.
16Soweit sich die Beklagte auf ähnliche Angaben auf anderen Buchungsportalen beruft, ist nicht ersichtlich, dass hierdurch ein abweichendes Verkehrsverständnis begründet worden ist. Dies gilt auch deshalb, weil nicht dargelegt ist, dass auf diesen Seiten der Hinweis ebenfalls bei jeder Buchungsanfrage erfolgt und inhaltlich unrichtig ist.
17(2) Dagegen hat die Berufung im Hinblick auf die später von der Beklagten verwendete Aussage
18„Achtung! Begrenztes Angebot! Zu Ihrer Sicherheit schnell buchen!“
19Erfolg. Anders als bei der unter (1) behandelten Aussage wird hier die Begrenztheit des Angebots nicht (fälschlich) als Ergebnis eines großen Kundeninteresses dargestellt; sondern es wird (zutreffend) darauf hingewiesen, dass die Zahl verfügbarer Zimmer begrenzt ist. Eine Irreführung könnte daher nur darin liegen, dass durch die werbliche Herausstellung einer Selbstverständlichkeit dem Kunden suggeriert wird, es handele sich um ein besonderes, namentlich – wie das Landgericht angenommen hat – ein besonders günstiges Angebot. Davon kann allerdings nicht ausgegangen werden. Der Kunde wird vielmehr die Aussage als werbliche Anpreisung und als Hinweis darauf verstehen, dass – generell – nicht garantiert werden kann, dass das Angebot auf unabsehbare Zeit verfügbar ist. Ein Verständnis dahin, dass das Angebot wegen seiner Begrenztheit besonders günstig wäre, liegt dagegen deshalb fern, weil in der Aussage jeder Hinweis auf eine besondere Preisgünstigkeit des Angebots fehlt, was anderenfalls zu erwarten gewesen wäre. Dies kann auch nicht aus dem Begriff „Angebot“ hergeleitet werden, das der Verkehr nicht im Sinne von „Sonderangebot“ verstehen wird, weil durch das Attribut „begrenzt“ dem Verkehr deutlich gemacht ist, dass dieser Hinweis auf die Verfügbarkeit der Hotelzimmer abzielt.
20b) Die gegen das Verbot der Werbung mit dem Gutschein wegen Irreführung (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG) gerichtete Berufung hat keinen Erfolg. Allerdings ist der Beklagten zuzugeben, dass die Plazierung des aufklärenden Links dann nicht zu beanstanden wäre, wenn die Werbung lediglich zweideutig wäre (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 5 Rdn. 2.98). Dies ist indes nicht der Fall. Der ausgelobte „Gutschein“ ist nach den Einlösebedingungen kein „Geschenk“, sondern lediglich eine Preisreduzierung von bis zu 6,25 % (= 50/800). Zudem wird diese Preisreduzierung nur auf eine Pauschal- oder Last-Minute-Reise oder eine Kreuzfahrt gewährt und ist damit für diejenigen Kunden, die (nur) an Hotelreservierungen interessiert sind, wertlos. Mit derartigen Einschränkungen wird der Verkehr nicht rechnen. Der Kunde wird vielmehr aufgrund der angegriffenen Werbung annehmen, dass der Gutschein bei irgendeiner nachfolgenden Buchung eingelöst werden kann. Insbesondere wird er annehmen, dass dies – wie das Landgericht ausgeführt hat – bei einer solchen Buchung möglich ist, die der gerade vorzunehmenden entspricht. Da der Kunde, um den Gutschein zu erhalten, eine Buchung vornehmen und also Geld ausgeben muss, besteht kein Anlass für die Annahme, er müsse noch weitere Gegenleistungen erbringen, um den Gutschein einlösen zu können. Dies liegt besonders deshalb fern, weil ihm der Gutschein zu der Buchung ausdrücklich „geschenkt“ werden soll. Als einzige Bedingung für die Nutzung des Gutscheins wird der Verkehr daher erwarten, dass der Gutschein nur im Rahmen einer weiteren Buchung bei der Beklagten eingelöst werden kann.
21Die angegriffene Aussage lässt nicht erkennen, dass hinsichtlich der Einlösebedingungen weiterer Aufklärungsbedarf bestünde, wie dies bei zweideutigen Werbeaussagen oder solchen Angeboten der Fall ist, deren Bedingungen erkennbar nur teilweise blickfangartig herausgestellt sind. Denn die Aussage „50 € … geschenkt“ erscheint insoweit klar und der Verkehr erwartet hinter dem Link „mehr Infos hier“ lediglich organisatorische Informationen; keinesfalls wird der Verkehr annehmen, dort erfahren zu müssen, dass der Gutschein durch die jeweiligen Bedingungen der Inanspruchnahme derart in seinem Nutzen und Wert beschränkt wird.
22c) Mit den beanstandeten Preisangaben verstößt die Beklagte gegen § 1 PAngV, so dass sie auch insoweit gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG zur Unterlassung verpflichtet ist und die Berufung keinen Erfolg hat. Auch insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug. Die pauschale Behauptung der Beklagten, die Steuern und ihre Gebühren zu diesem Zeitpunkt im Rahmen des Buchungsvorgangs noch nicht angeben zu können, weil der Kunde noch keine individuelle Angaben zu seiner Buchung gemacht habe (vgl. Seite 9 der Berufungsbegründung – Bl. 337), steht im Widerspruch zu den im Tenor wiedergegebenen Screenshots aus dem Buchungsvorgang und begründet daher keine Zweifel an den gegenteiligen Feststellungen des Landgerichts. Soweit die Beklagte zwischen der Hotelreservierung und der von ihr angebotenen Vermittlung unterscheidet, verkennt sie, dass aus Sicht des Verkehrs Hotelbuchung und Vermittlung eine einheitliche Leistung darstellt, die nur gleichzeitig und gemeinsam in Anspruch genommen werden kann (vgl. das die gleichen Parteien betreffende Urteil des Senats vom 2.2.2011 – 6 U 151/10).
23Zugleich sind diese Preisangaben – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – irreführend, weil der Verkehr erwartet, dass der Gesamtpreis ausgewiesen wird.
242. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, in der angegriffenen Form „werben zu lassen“. Die Beklagte hat auf den Vortrag der Klägerin, die Inhalte der Beklagten würden auch von Betreibern anderer Portale vertrieben (Seite 13/14 der Berufungserwiderung – Bl. 381 f.), in der Sache lediglich erwidert, dieser Vortrag lasse es offen, ob die Beklagte unter diesen Adressen selbst ein Reiseportal betreibt oder aber betreiben lässt (Schriftsatz vom 29.4.2011 - Bl. 390 ff.). Dies genügt als Bestreiten nicht. Dem Vortrag der Klägerin war jedenfalls die Behauptung zu entnehmen, dass die Beklagte auf einem der fraglichen Portale ihre Inhalte vertreiben lässt. Darauf hätte die Beklagte, die insoweit eine sekundäre Darlegungslast trifft, jedenfalls konkret behaupten müssen – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert –, dass die von der Klägerin angeführten Seiten von ihr selbst betrieben werden oder aber ihre Inhalte dort nicht vertreten sind. Auch im Hinblick auf das „werben lassen“ besteht daher eine Wiederholungsgefahr.
253. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte ferner gegen die Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz. Dass die Verstöße schuldhaft geschehen sind, hat die Beklagte zu Recht nicht angezweifelt. Es ist zudem davon auszugehen, dass der Klägerin ein Schaden entstanden ist. Die angegriffenen Maßnahmen zielten darauf ab und waren geeignet, der Beklagten zusätzliche Kunden zuzuführen, und wirkten sich damit zum wirtschaftlichen Nachteil (auch) der Klägerin aus. Es ist daher für die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten hinreichend wahrscheinlich, dass der Klägerin durch diese Maßnahmen ein finanzieller Schaden entstanden ist.
264. Die Berufung hat schließlich auch insoweit keinen Erfolg, als die Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Auskunft wendet. Zunächst ist – angesichts des Berufungsvorbringens der Beklagten – klarzustellen, dass sich die Auskunft nur auf die unter Ziff. I.1 genannten Handlungen und damit namentlich nur auf Hotelbuchungen bezieht. Im Übrigen greifen die Bedenken der Beklagten jedoch nicht durch. Zwar ist ihr zuzugeben, dass auch auf der Grundlage einer Auskunft in dem ausgeurteilten Umfang der durch die Handlungen gemäß Ziff. I.1 des Tenors verursachte Schaden nicht präzise beziffert werden kann. Die verlangten Daten können jedoch als Grundlage einer gemäß § 287 ZPO zulässigen Schätzung dienen. Das Auskunftsverlangen der Klägerin erscheint insofern allenfalls als zu zurückhaltend. Auch im Hinblick auf die Geheimhaltungsinteressen der Beklagten ist es jedoch gerechtfertigt, (zunächst) eine Schadensermittlung auf der Grundlage dieser Daten vorzunehmen.
27III.
281. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
292 . Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht im Wesentlichen auf tatrichterlicher Würdigung und der Anwendung der hinreichend geklärten Grundsätze zu § 5 UWG und § 1 PAngV.
303. Streitwert (für beiden Instanzen): 110.000 €.