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Auf die Beschwerde der Annehmenden und auf deren geänderten Antrag vom 13.8.2012 hin wird der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 24.2.2012 abgeändert und wie folgt neugefasst :
Das Kind L, geboren am 00.00.2010 in L2, wird von der Annehmenden als Kind angenommen. Der Name der Angenommenen bleibt unverändert.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben - im Übrigen trägt die Annehmende die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Der Verfahrenswert für beide Rechtszüge wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
2Auf die gemäß §§ 58, 59 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Annehmenden hin war in Abänderung des angegriffenen Beschlusses die Annahme als Kind auszusprechen.
3Der Ausspruch beruht auf den §§ 9 Abs. 7 LPartG, 1754 Abs. 1 u.3, 1755 Abs. 2 BGB.
4Danach steht dem Lebenspartner eines leiblichen Elternteils das Recht zur Adoption entsprechend den Regelungen zur Stiefkindadoption zu, wobei der Gesetzgeber insoweit eine Trennlinie zur Ehe zieht, als dass nicht auf § 1742 BGB verwiesen wird und demgemäß den Lebenspartnern eine Annahme als gemeinsames Kind nicht möglich ist (OLG Hamm MDR 2010, 449) - dem trug die Annehmende im Beschwerdeverfahren dadurch Rechnung, dass sie ihren Antrag von der ursprünglich begehrten Annahme als gemeinsames Kind auf die bloße Annahme durch sie umgestellt hat.
5Diesem geänderten Antrag war zu entsprechen, weil auch die nach § 1741 BGB stets zu überprüfende Voraussetzung der Kindeswohldienlichkeit der beantragten Adoption vorliegend erfüllt ist. Für die Kindeswohlprüfung ist darauf abzustellen, ob der Ausspruch der Adoption die Lebensbedingungen des Kindes so ändert, dass eine merklich bessere Entwicklung seiner Persönlichkeit zu erwarten ist (BayObLG FamRZ 1997, 839, 840; Maurer in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 1741 Rn. 16).
6Abzuwägen sind hiernach die für den Fall des Ausspruchs der Adoption zu erwartenden Vor- und Nachteile für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes gegenüber den bei Nichtausspruch der Adoption zu erwartenden Vor- und Nachteilen.
7Vorliegend überwiegen die bei Ausspruch der Adoption zu erwartenden Vorteile für die Kindesentwicklung.
8Bei Ausspruch der Adoption erlangt die Anzunehmende gemäß § 1754 Abs. 2 BGB die Stellung eines Kindes der Annehmenden, welche damit über die jetzt schon nach § 9 Abs. 1 LPartG bestehende Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens hinaus sorgeberechtigt nach §§ 1626 ff. BGB wird. Hiervon sind positive Auswirkungen für die Entwicklung des Kindes zu erwarten, weil damit die Rechtslage dem bestehenden sozialen Beziehungswerk angeglichen wird, zumal neben der Mutter die Annehmende seit der Geburt Hauptbezugsperson des Kindes ist. Auchsind positive Auswirkungen für die Persönlichkeitsentwicklung dadurch zu erwarten, dass durch die Adoption das Selbstverständnis der Annehmenden in ihrer Erziehungsaufgabe und das Selbstverständnis der Lebenspartnerinnen in ihrer Verantwortung als Erziehungsteam gestärkt wird. Vom Eintritt derartiger Effekte kann insbesondere deshalb ausgegangen werden, weil ausweislich der Berichte des Jugendamtes der Stadt L2 vom 18.07.2011 (Bl. 21 f. d.A.) und vom 10.7.2012 (Bl. 136 d.A.) sowie der Verfahrensbeiständerin vom 31.5.2012 (Bl. 128-130) Bedenken gegen die Stabilität der Beziehung zwischen der Annehmenden und der Kindesmutter nicht bestehen und das Kind bei ihnen in gesunden Wohnverhältnissen lebt, wobei auch soziale Kontakte zu in der Nachbarschaft lebenden Kindern und Eltern sowie im Rahmen des Besuchs von Mutter-Kind-Gruppen und des Musikgartens gepflegt werden.
9Als nachteilige Folge der Adoption verliert die Anzunehmende Erb- und Unterhaltsansprüche gegen den leiblichen Vater, wobei auf der anderen Seite Erb- und Unterhaltsansprüche gegen die Annehmende begründet werden.
10Gravierender ist demgegenüber der Verlust der von § 1684 BGB geschützten Rechtsposition hinsichtlich des Umgangs zwischen Kind und leiblichem Vater, der nach Adoptionsausspruch nur noch über § 1685 BGB unter der Voraussetzung der Kindeswohldienlichkeit ein Umgangsrecht geltend machen kann. Diesem Gesichtspunkt widmet das Amtsgericht zutreffend besondere Aufmerksamkeit, zumal im vorliegenden Fall derzeit eine intakte und durch regelmäßige Umgangskontakte gepflegte Vater-Tochter- Beziehung besteht, was nach dem erklärten Willen aller Beteiligter so auch fortgeführt werden soll. Der Schwächung der rechtlichen Relevanz des Umgangs zwischen Vater und Tochter steht allerdings eine Stärkung des rechtlichen Schutzes des Umgangs zwischen Anzunehmender und Annehmender gegenüber. Zutreffend verweist das Amtsgericht auch darauf, dass im Falle eines Konfliktes zwischen den Lebenspartnerinnen einerseits und dem Kindesvater andererseits die weitere Pflege der für das Kind sicherlich wichtigen Beziehung zum Vater ungewiss ist, und dass dies einen gravierenden Nachteil beinhaltet. Allerdings wäre ohne Ausspruch der Adoption in dem denkbaren Fall eines ernsthaften Konfliktes zwischen den Lebenspartnerinnen die Fortsetzung der Pflege des zu der Annehmenden aufgebauten Verhältnisses gefährdet. Dies wäre jedenfalls in der vorliegenden Konstellation, wo das Kind seit seiner Geburt im Haushalt der Lebenspartnerinnen lebt und die Annehmende neben der Kindesmutter Hauptbezugsperson ist, wogegen zum Vater lediglich Umgangskontakte gepflegt werden, gravierender und würde potentiell eine stärkere Gefährdung des Kindeswohls hervorrufen können als eine sicherlich ebenfalls kindeswohlrelevante Unterbindung der Umgangskontakte zum leiblichen Vater.
11Bei Nichtausspruch der Adoption würde die vorstehend als vorteilhaft dargelegte, infolge Begründung der Sorgeberechtigung der Annehmenden zu erwartende Bestärkung der Lebenspartnerinnen in ihrer Erzieherverantwortung ausbleiben. Demgegenüber bliebe die rechtliche Relevanz der Beziehung zum Vater erhalten. Anders als bei Stärkung der Rechtsposition der Annehmenden durch Ausspruch der Adoption können von dem Erhalt der Rechtsposition des Vaters indes keine positiven Effekte für die Kindesentwicklung erwartet werden. Das ergibt sich daraus, dass dieser seiner Elternverantwortung nicht nachzukommen wünscht, wie er durch Zustimmung zur Adoption zum Ausdruck gebracht und bei seiner gerichtlichen Anhörung vom 31.1.2012 noch einmal bestätigt hat, indem er klarstellte, dass er zwar weiterhin Umgangskontakte pflegen möchte und zu freiwilligen Unterstützungsleistungen bereit ist, in verbindlicher Weise aber elterliche Verantwortung und elterliche Sorge nicht wahrnehmen will.
12Zutreffend hat das Amtsgericht nicht darauf abgestellt, dass allein aufgrund der Tatsache, dass das Kind nach dem Willen der Beteiligten bei einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft aufwachsen soll, Gefahren für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes bestünden. Trotz der gesetzgeberischen Zulassung der Adoption nach § 9 Abs. 7 LPartG wäre solchen Bedenken zwar nachzugehen, wenn insoweit wissenschaftliche Erkenntnisse vorlägen. Dies ist jedoch, worauf die Beschwerdeführerin zutreffend verweist, derzeit nicht der Fall. Vielmehr ist aufgrund der hierzu bislang vorliegenden Erkenntnisse davon auszugehen, dass eine Beeinträchtigung der Kindesentwicklung allein aufgrund der Tatsache, dass es von gleichgeschlechtlichen Partnern erzogen wird, nicht anzunehmen ist (vgl. Rupp (Hsg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, Köln 2009, Zusammenfassung Zif. V, S. 281 ff.), wobei freilich angesichts der Tatsache, dass das Rechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft erst seit 2001 existiert, nicht nur die Zahl der wissenschaftlichen Untersuchungen sondern auch die untersuchbaren Datenmengen und -zeiträume bislang begrenzt sind (Rupp, a.a.O. Zif. V.1, S. 281-283; V.2.3, S. 288-291; V.3.1 und 2, S. 304-306).
13Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG, die Festsetzung des Verfahrenswertes auf den §§ 55 Abs. 3, 40, 42 Abs. 2 u.3 FamGKG.