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Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 29. August 2002 wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer am 5. Juni 1999 erfolgten Ingewahrsamnahme und Verbringung zu einer Gefangenensammelstelle.
4An diesem Tag fand auf der E. in L. eine nicht angemeldete Demonstration statt. In deren Verlauf versuchte etwa gegen 13.15 Uhr eine Gruppe von Demonstranten eine von Polizeibeamten gebildete Absperrung mit Gewalt zu durchbrechen. Trotz Aufforderung, den Platz zu verlassen, wurden die Beamten getreten und geschlagen; vier Beamte wurden dabei verletzt. Die Personalien der beteiligten Demonstranten konnten zu diesem Zeitpunkt nicht festgestellt werden. Gegen 14.00 Uhr wurde die Klägerin neben weiteren Personen an einer anderen Stelle in der Innenstadt L. (T. gasse /L. gasse ) als mögliche Beteiligte an dem vorangegangenen Angriff erkannt und daraufhin festgehalten. Hierzu heißt es in dem vom Leiter des Polizeieinsatzes noch am selben Tag gefertigten Verlaufsbericht:
5"Durch Aufklärungskräfte konnten später weitere Teile der Personengruppe (ca. 30) auf der T. gasse erkannt und durch andere Polizeikräfte im Bereich L. gasse fixiert werden. Da sich unter ihnen auch Personen befinden mußten, die sich an den gemeinsamen Angriffen auf die polizeiliche Durchlaßstelle am X. platz beteiligt hatten, wurden sie wegen Verdachts der Täterschaft oder Mittäterschaft am Landfriedensbruch festgenommen. Gleichzeitig erfolgte die polizeirechtliche Ingewahrsamnahme, um zu verhindern, daß erneut schwerwiegende Ordnungswidrigkeiten oder sogar Straftaten begangen würden, da sich durch ihr vorheriges Verhalten gezeigt hatte, daß diese Personen nicht bereit waren, sich an bestehende gesetzliche Regelungen zu halten."
6Auf Nachfrage der Klägerin nach dem Grund ihrer Festnahme und Verbringung in die Gefangenensammelstelle erklärte der Beklagte mit Schreiben vom 26. November 1999:
7"Es erfolgte eine polizeirechtliche Ingewahrsamnahme Ihrer Person und der gesamten Personengruppe nach § 35 Absatz 1, Nr. 2, Polizeigesetz NRW, um zu verhindern, daß erneut schwerwiegende Ordnungswidrigkeiten oder sogar Straftaten begangen würden. Durch das vorangegangene Verhalten hatte die Gruppe gezeigt, daß sie nicht bereit war, sich an bestehende gesetzliche Regelungen zu halten. Ferner bestand der Verdacht der Täterschaft oder Mittäterschaft am oben erwähnten Landfriedensbruch auf dem X. platz .
8...
9Da sich bei der Polizei ein unbeteiligter Gastwirt gemeldet hatte, der angeblich Angaben über die Beteiligung einzelner Personen an zu Landfriedensbruchdelikten und Widerstandshandlungen machen konnte, wurden Sie der für diesen polizeilichen Einsatz eingerichteten Gefangenensammelstelle in Brühl zugeführt.
10Nachdem sich aufgrund Befragung des Zeugen durch Mitarbeiter des Abschnittes Strafverfolgung diese Behauptung als unrichtig erwiesen hatte, wurde in der Gefangenensammelstelle darauf verzichtet, Erkennungsdienstliche Behandlungen durchzuführen und Maßnahmen nach der Strafprozessordnung einzuleiten. Sie wurden in der Sammelstelle namentlich erfasst und blieben anschließend aus den oben angeführten Gründen bis zu dem Zeitpunkt in Gewahrsam, an dem zu erwarten stand, daß die Kölner Innenstadt wegen der Schließung der Läden und des geringeren Passanten- und Käuferaufkommens nicht mehr interessant für eine weitere Aktion "Reclaim the city" sein würde und dadurch keine weitere Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten stand."
11Ausweislich eines internen Vermerks des Beklagten vom 28. Oktober 1999 waren die Personalien der Klägerin um 16.38 Uhr erfasst. Aus dem polizeilichen Gewahrsam wurde sie um 19.50 Uhr entlassen.
12Das Verwaltungsgericht hat den Verwaltungsrechtszug für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Amtsgericht L. verwiesen. Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt.
13II.
14Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. §§ 146, 147 VwGO zulässige Beschwerde hat Erfolg. Der Verwaltungsrechtsweg ist zulässig. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Danach ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet für solche Klagen, die sich gegen präventiv- polizeiliche Maßnahmen wenden; die ordentliche Gerichtsbarkeit ist hingegen nach § 23 Abs. 1 EGGVG zuständig, wenn strafverfahrensrechtliche Ermittlungen in Streit stehen. Liegt ein doppelfunktionales Tätigwerden der Polizei sowohl auf dem Gebiet der repressiven Strafrechtspflege als auch auf dem Gebiet der präventiven Gefahrenabwehr vor, entscheidet sich die Rechtswegfrage danach, ob das Schwergewicht der polizeilichen Tätigkeit nach ihrer objektiven Zweckrichtung auf der Strafverfolgung liegt oder auf dem Gebiet der präventiven Gefahrenabwehr.
15Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1974 - BVerwG I C 11.73 -, BVerwGE 47, 255 (264 f.); OVG NRW, Urteil vom 13. September 1979 - IV A 2597/78 -, DÖV 1980, 574.
16Der Sachverhalt muss im Allgemeinen einheitlich betrachtet werden, es sei denn, dass einzelne Teile des Geschehensablaufs objektiv abtrennbar sind. Maßgeblich ist insoweit, wie sich der konkrete Lebenssachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt. In diesem Zusammenhang kommt dem erklärten oder erkennbaren Willen des eingreifenden Sachwalters erhebliche Bedeutung zu.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1974 - BVerwG I C 11.73 -, BVerwGE 47, 255 (264 f.); Lisken/ Denninger, in: Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl., München 2001, K 111.
18Zwar kann die Behörde nicht im Nachhinein den Charakter einer bereits abgeschlossenen Maßnahme durch eine entsprechende Erklärung konstitutiv festlegen. Ist aber für den Betroffenen aus den äußeren Umständen nicht allein ersichtlich, zu welchem vornehmlichen Zweck die Maßnahme ergriffen worden ist, kommt der Kundgabe des intendierten Erfolgs durch die handelnde Behörde entscheidendes Gewicht zu.
19Nach dieser Maßgabe ist davon auszugehen, dass das Schwergewicht der von der Klägerin angegriffenen Ingewahrsamnahme und Verbringung zur Gefangenensammelstelle auf dem Gebiet der präventiven Gefahrenabwehr gelegen hat. Wenngleich Anlass der streitgegenständlichen polizeilichen Maßnahmen die zuvor begangene gewaltsame Aktion der Demonstranten gewesen ist, richtete sich die Ingewahrsamnahme vorrangig auf die Verhinderung weiterer derartiger oder ähnlicher Taten. In diesem Sinne hat sich der Beklagte in seinem oben zitierten Schreiben vom 26. November 1999 auf die Nachfrage der Klägerin nach dem Grund der Polizeimaßnahmen ausdrücklich festgelegt. Ungeachtet des internen Vermerks vom 5. Juni 1999, der für eine andere Gewichtung der mit der polizeilichen Maßnahme verfolgten Ziele sprechen könnte, muss sich der Beklagte an der nach außen gegenüber der Klägerin abgegebenen Erklärung festhalten lassen. Dass Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr im Vordergrund gestanden haben, folgt auch aus dem Umstand, dass die Klägerin nach der Feststellung ihrer Personalien weiterhin festgehalten worden ist und sich noch über drei Stunden in Gewahrsam der Polizei befunden hat. Dieser Teil des Geschehens macht allein in zeitlicher Hinsicht mehr als die Hälfte der gegenüber der Klägerin getroffenen polizeilichen Maßnahme aus.
20Für eine abweichende Bewertung gibt das Protokoll der mündlichen Verhandlung, in der der damalige Einsatzleiter der Polizei informatorisch angehört worden ist, nichts her.
21Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 17a Abs. 4 GVG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten fallen nicht an (Kostenverzeichnis Nr. 2502, Anl. 1 zum GKG). Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 17a Abs. 4 Sätze 4 und 5 GVG).
22Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).