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Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Berufungsrechtszug (noch) über die Frage, ob bei der erschließungsbeitragsrechtlichen Abrechnung der C. Straße in L. für das Grundstück des Klägers in Ermangelung einer in der Erschließungsbeitragssatzung der Stadt L. enthaltenen Tiefenbegrenzungsregelung eine im Einzelfall bestehende Tiefenbegrenzung anzunehmen ist.
3Wegen des Sachverhalts und des erstinstanzlichen Vortrags der Beteiligten wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen, mit dem das Verwaltungsgericht unter Abweisung der Klage im Übrigen den angefochtenen Heranziehungsbescheid insoweit aufgehoben hat, als sich für das Grundstück des Klägers unter Berücksichtigung einer Tiefenbegrenzung von 40 m ein niedrigerer Erschließungsbeitrag ergibt. Gegen diese Teilaufhebung wendet sich der Beklagte mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung.
4Der Beklagte macht geltend, dass es sich bei dem Grundstück des Klägers bezogen auf das Abrechnungsgebiet nicht um ein "übertiefes" Grundstück handele. Selbst wenn dies aber anzunehmen wäre, komme eine Verminderung der berücksichtigungsfähigen Grundstücksfläche unter dem Gesichtspunkt einer begrenzten Erschließungswirkung nicht in Betracht. Auf Grund der vorhandenen Umgebungsbebauung, die von einer (grenzständigen) intensiven Hinterlandbebauung geprägt sei, könne von einer begrenzten Erschließungswirkung, der durch eine Tiefenbegrenzung Rechnung zu tragen sei, nicht gesprochen werden.
5Der Beklagte beantragt,
6unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
7Der Kläger beantragt,
8die Berufung zurückzuweisen.
9Er tritt dem Berufungsvorbringen entgegen. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 19. Oktober 2007 Bezug genommen.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
13Das Oberverwaltungsgericht prüft die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nur im Umfang der Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils durch den Beklagten; soweit dieses Urteil durch den Kläger nicht zur berufungsgerichtlichen Überprüfung gestellt wurde, ist es rechtskräftig.
14Die rechtzeitig eingelegte und begründete und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Die teilweise Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 23. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2002 ist nicht im Sinne der Berufung zu beanstanden. Der Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
15Soweit der Heranziehungsbescheid des Beklagten noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, ist er rechtswidrig, weil die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten bisher nicht entstanden sind. Gemäß § 133 Abs. 2 des Baugesetzbuchs (BauGB) entstehen die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Darüber hinaus müssen die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sein, von denen das Gesetz das Entstehen der Beitragspflicht abhängig macht. Hierzu gehören u.a. auch das erschließungsrechtliche Planerfordernis und die planungsrechtliche Bindung nach Maßgabe des § 125 BauGB, woran es vorliegend fehlt.
16Durch Art. 1 Nr. 46 des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 vom 18. August 1997 (BGBl. I S. 2081) wurde das in § 125 Abs. BauGB a.F. geregelte Erfordernis der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde mit Wirkung vom 1. Januar 1998 abgeschafft. Seitdem bestimmt § 125 Abs. 2 BauGB, dass Erschließungsanlagen in Ermangelung eines Bebauungsplans nur hergestellt werden dürfen, wenn sie den in § 1 Abs. 4 bis 6 (nunmehr und im Folgenden Abs. 7) BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts blieb von dieser Rechtsänderung das bereits in § 125 Abs. 2 Satz 3 BauGB a.F. enthalten gewesene und nunmehr in § 125 Abs. 2 BauGB n.F. ausdrücklich normierte materiellrechtliche Erfordernis unberührt, dass die Herstellung von Erschließungsanlagen in Ermangelung eines sie erfassenden Bebauungsplans den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen muss. Schon nach der früheren Rechtslage waren diese Anforderungen an die Bauleitplanung einschließlich der ihnen vorgegebenen planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde maßgebend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der gemeindlichen Entscheidung über die Ausgestaltung einer Anbaustraße im unbeplanten Innenbereich. Die Neufassung des § 125 Abs. 2 BauGB hat an diesem materiellrechtlichen Maßstab nichts geändert, sondern nur das Prüfungsverfahren vor der höheren Verwaltungsbehörde entfallen lassen (vgl. BTDrucks. 13/7589, S. 28). An seine Stelle ist - bei entsprechenden Klagen - die unmittelbare gerichtliche Kontrolle der Planungsentscheidung der Gemeinde getreten. Dies hat allerdings zur Folge, dass eine Beanstandung durch das Gericht - wie früher durch die höhere Verwaltungsbehörde - nur gerechtfertigt ist, wenn ein Bebauungsplan, der die in Rede stehende Erschließungsanlage festgesetzt hätte, wegen Überschreitung der planerischen Gestaltungsfreiheit nichtig wäre. Die wichtigste materiellrechtliche Bindung, in deren Rahmen sich jede planende Gemeinde bei Ausübung jener Gestaltungsfreiheit und damit auch bei der bebauungsplanersetzenden Planung einer Erschließungsanlage nach § 125 Abs. 2 BauGB halten muss, ist das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte Gebot, alle von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Gebot bezieht sich sowohl auf das Abwägen als Vorgang, insbesondere also darauf, dass überhaupt eine Abwägung stattfindet und dass bei dieser Abwägung bestimmte Interessen in Rechnung gestellt werden, als auch auf das Abwägungsergebnis, also auf das, was bei dem Abwägungsvorgang "herauskommt". Im Übrigen - so das Bundesverwaltungsgericht - sei ein Mangel im Abwägungsvorgang nur dann erheblich, wenn in entsprechender Anwendung des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planungsentscheidung ohne den Mangel im Ergebnis anders ausgefallen wäre.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 - 9 C 2.03 -, NWVBl 2004, 187.
18Der vorstehende Fall bietet keinen Anlass zu entscheiden, ob und ggf. inwiefern sich die Neuregelungen des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 BauGB durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau vom 24. Juni 2004 (BGBl. I S. 1359, 1376) auf die gerichtliche Überprüfung des Abwägungsvorgangs nach §§ 125 Abs. 2, 1 Abs. 7 BauGB auswirken, weil die vom Beklagten vorgenommene Abwägung unabhängig hiervon den Anforderungen nicht genügt.
19Vorliegend hat für den Beklagten Frau C1. von der Beitragsabteilung des Bauverwaltungsamtes des Beklagten unter dem 21. März 2005 einen Vermerk darüber aufgenommen, dass und aus welchen Gründen die in § 125 Abs. 2 BauGB in Bezug genommenen Anforderungen erfüllt seien. Etwaige inhaltliche Fehler dieses Vermerks, die auf einen Abwägungsfehler führen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
20Der Vermerk genügt jedoch gleichwohl nicht den an eine Abwägung im Sinne von § 125 Abs. 2 BauGB zu stellenden Anforderungen. Die Abwägung wurde nicht von dem gemeindeintern zuständigen Organ vorgenommen mit der Folge, dass ein Abwägungsvorgang bis heute noch nicht stattgefunden hat. Zuständig ist in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich der Gemeinderat. Hingegen fällt die Abwägung weder unter dem Gesichtspunkt eines Geschäfts der laufenden Verwaltung (§ 41 Abs. 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein- Westfalen - GO NRW -) in die Zuständigkeit des Bürgermeisters noch in kreisfreien Städten als bezirkliche Angelegenheit (§ 37 Abs. 1 Satz 1 GO NRW) in die Zuständigkeit der Bezirksvertretungen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
21§ 125 Abs. 2 BauGB weist die Abwägung der Gemeinde zu und geht (als selbstverständlich) davon aus, dass insoweit das zuständige Organ der Gemeinde tätig wird.
22Vgl. Ernst/Grziwotz, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 125 Rz. 7a.
23Hierzu enthält die Vorschrift aber keine bundesrechtlichen Vorgaben und kann sie aus kompetenziellen Gründen auch nicht enthalten. Diese Frage richtet sich vielmehr ausschließlich nach dem landesrechtlichen Kommunalrecht. Dem zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts lassen sich insoweit für Nordrhein-Westfalen keine Vorgaben entnehmen, wenngleich der ihm zu Grunde liegende Fall aus Nordrhein-Westfalen stammt und das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, dass der Umstand, dass überhaupt eine Abwägung stattgefunden habe, sich aus den im Berufungsurteil in Bezug genommenen Vermerken der Stadtplanungs- und Tiefbauabteilung der Behörde ergebe. Weder hat das Bundesverwaltungsgericht damit die Frage der gemeindeinternen Zuständigkeit thematisiert (sondern allenfalls vorausgesetzt), noch wäre der Senat an einer eigenen Beurteilung dieser landesrechtlichen Frage gehindert.
24Maßgebend sind zunächst die Regelungen des § 41 GO NRW. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 GO NRW ist der Rat für alle Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. § 41 Abs. 1 Satz 2 GO NRW legt diejenigen Angelegenheiten fest, die der Rat nicht übertragen kann; die in Rede stehende Abwägung ist hier nicht aufgeführt. Im Übrigen kann der Rat die Entscheidung über bestimmte Angelegenheiten auf Ausschüsse oder den Bürgermeister übertragen und ferner die Ausschüsse ermächtigen, in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereichs die Entscheidung dem Bürgermeister zu übertragen (§ 41 Abs. 2 GO NRW). Nach § 41 Abs. 3 GO NRW gelten Geschäfte der laufenden Verwaltung im Namen des Rates als auf den Bürgermeister übertragen, soweit nicht der Rat sich, einer Bezirksvertretung oder einem Ausschuss für einen bestimmten Kreis von Geschäften oder für einen Einzelfall die Entscheidung vorbehält.
25Bei der gemäß § 125 Abs. 2 BauGB vorzunehmenden Abwägung handelt es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung im Sinne von § 41 Abs. 3 GO NRW. Diese Geschäfte zeichnen sich gegenüber nicht dieser Kategorie unterfallenden Geschäften durch die Regelmäßigkeit und Häufigkeit des Vorgangs aus, ohne dass bejahendenfalls noch auf Umfang und Schwierigkeit in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht und auf die finanziellen Auswirkungen abzustellen wäre; wesentliches Merkmal ist die Erledigung nach feststehenden Grundsätzen auf eingefahrenen Gleisen.
26Vgl. OVG NRW, Urteile vom 4. April 2006 - 15 A 5081/05 -, NWVBl 2006, 426, vom 27. September 2002 - 3 A 3378/99 -, vom 30. Oktober 2001 - 15 A 5184/99 -, NWVBl 2002, 275, und vom 15. Dezember 1969 - III A 1329/66 -, OVGE 25, 186.
27Durch die Bezugnahme des § 125 Abs. 2 BauGB auf das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene Abwägungsgebot kommt der Gemeinde bezogen auf die Errichtung von Erschließungsanlagen dieselbe planerische Gestaltungsfreiheit zu wie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen.
28Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 1990 - 8 C 77.88 -, NVwZ 1991, 76; Ernst/Grziwotz, a.a.O., § 125 Rz. 6a.
29Danach setzt sich die Gemeinde städtebauliche Ziele und bestimmt hiervon ausgehend, welches Gewicht einzelnen Belangen in der konkreten Situation zukommt. Diese Gestaltungsfreiheit der Gemeinde besteht allerdings nicht unbeschränkt. Die Gemeinde darf sie nicht missbrauchen oder deren sich insbesondere aus dem Willkürverbot ergebenden Grenzen überschreiten.
30Vgl. Gaentzsch, Berliner Kommentar zum BauGB, § 1 Rz. 81.
31Auch in Anbetracht dieser der gemeindlichen Gestaltungsfreiheit gezogenen Grenzen schließt es eben diese Freiheit aus, annehmen zu können, die Abwägung erfolge nach feststehenden Grundsätzen oder mit einer gewissen Regelmäßigkeit, ohne dass es noch auf die Häufigkeit einer Abwägung etwa in einer Großstadt ankommt. Vielmehr wird die Abwägung maßgeblich von den jeweiligen tatsächlichen und rechtlichen örtlichen Verhältnissen sowie vom jeweils für die nähere Umgebung, für das Stadtviertel oder für die gesamte Gemeinde planerisch Gewollten mitbestimmt.
32Da somit die Abwägung nach § 125 Abs. 2 BauGB in Nordrhein-Westfalen nicht zu den laufenden Verwaltungsgeschäften im Sinne von § 41 Abs. 3 GO NRW zählt, fällt sie grundsätzlich in die Zuständigkeit des Rates (§ 41 Abs. 1 Satz 1 GO NRW).
33Vgl. zum jeweiligen Landesrecht: im Ergebnis ebenso VGH Ba-Wü, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 2 S 1657/06 -, juris; a.A. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. Oktober 2004 - 2 L 219/03 -, juris; offengelassen von BayVGH, Beschluss vom 27. März 2007 - 6 ZB 05.2456 -, juris; vgl. ferner Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 7 Rz. 22; ders, in: Berliner Kommentar zum BauGB, § 125 Rz. 17.
34Allerdings sind insoweit grundsätzlich auch Ratsentscheidungen aus der Zeit vor dem 1. Januar 1998 zu berücksichtigen. Denn mit dem Wegfall des Erfordernisses der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde zu diesem Datum sind der Gemeinde keine neuen Kompetenzen hinsichtlich der Abwägung zugefallen. Vielmehr oblag es auch zuvor ausschließlich der Gemeinde, eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Abwägung vorzunehmen.
35Vgl. ausführlich hierzu VG Stuttgart, Urteil vom 26. September 2007 - 2 K 2305/07 -, juris.
36Demnach kann z.B. auch ein vor dem 1. Januar 1998 beschlossener, aber (lediglich) formunwirksamer Bebauungsplan die nach § 125 Abs. 2 BauGB erforderliche Abwägung enthalten.
37Vgl. hierzu etwa BayVGH, Urteil vom 2. Juni 2006 - 6 B 04.1237 -, juris.
38Voraussetzung ist allerdings, dass der Rat seine früheren Abwägungsentscheidungen nicht vor dem für das Entstehen der Beitragspflichten angenommenen Zeitpunkt wieder aufgehoben hat. Ansonsten fehlt es nämlich an einer für das Entstehen der Beitragspflichten erforderlichen Voraussetzung.
39Dem vorstehenden Befund kann nicht entgegengehalten werden, der Bundesgesetzgeber habe mit der Abschaffung des Erfordernisses der Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde keine neuen verfahrensrechtlichen Erfordernisse begründen wollen, die zuvor nicht hätten erfüllt sein müssen. Zum einen fehlt dem Bund- wie ausgeführt - insoweit bereits die Regelungskompetenz, sodass im Sinne der gebotenen verfassungskonformen Auslegung schon nicht davon auszugehen ist, dass sich die bundesrechtliche Regelung überhaupt zur Frage der gemeindeinternen Zuständigkeit verhält, die sich nach den einschlägigen landesrechtlichen Vorgaben beantwortet. Zum anderen begründet die vorstehende Rechtsauffassung keine neuen verfahrensrechtlichen Erfordernisse, sondern zieht lediglich die sich aus dem Kommunalrecht für die innergemeindliche Zuständigkeit ergebenden Konsequenzen. Darüber hinaus hat in Nordrhein-Westfalen der Rat nach § 41 Abs. 2 GO NRW die Möglichkeit, Aufgaben auf einen Ausschuss oder den Bürgermeister zu übertragen, wobei diese Aufgabenübertragung hinreichend bestimmt sein muss.
40Vgl. zu diesem Gesichtspunkt OVG NRW, Urteil vom 19. Februar 2008 - 15 A 2961/07 -, NWVBl 2008, 269.
41Die prinzipielle Zuständigkeit des Rates ist ferner in kreisfreien Städten nicht durch die Zuständigkeit der Bezirksvertretungen eingeschränkt. Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) entscheiden die Bezirksvertretungen unter Beachtung der Belange der gesamten Stadt und im Rahmen der vom Rat erlassenen allgemeinen Richtlinien in allen Angelegenheiten, deren Bedeutung nicht wesentlich über den Stadtbezirk hinausgeht. Damit sind die Bezirksvertretungen in sämtlichen Angelegenheiten mit im Wesentlichen bezirksinterner Bedeutung zuständig (Allzuständigkeit in bezirklichen Angelegenheiten).
42Vgl. bereits OVG NRW, Urteile vom 7. Juli 1992 - 15 A 1905/89 -, NWVBl. 1993, 262, und - 15 A 990/91 -, NWVBl 1993, 265.
43Ausschlaggebend für die Abgrenzung zwischen den Angelegenheiten mit überbezirklicher Bedeutung einerseits und solchen, deren Bedeutung nicht wesentlich über den Stadtbezirk hinausgeht, andererseits, sind Art, Umfang und Bedeutungsgehalt des jeweiligen Entscheidungsgegenstandes.
44Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 14. Februar 1997 - 1 K 833/96 -, NWVBl 1997, 402, unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 7. Juli 1991 - 15 A 990/91 -, a.a.O.
45Danach sind die Bezirksvertretungen nicht anstelle des Rates für die von §§ 125 Abs. 2, 1 Abs. 7 BauGB geforderte Abwägungsentscheidung zuständig. In diesem Zusammenhang ist der erschließungsbeitragsrechtliche Regelungszusammenhang in den Blick zu nehmen, in den hinein die Abwägungsentscheidung gestellt ist. Insoweit geht es um die im Rechtssinne erstmalige endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage, zumeist einer öffentlichen Straße. Diese setzt regelmäßig den in die ausschließliche Zuständigkeit des Rates (vgl. § 10 Abs. 1 BauGB; § 41 Abs. 1 Satz 2 Buchst. g GO NRW) fallenden Erlass eines Bebauungsplan voraus (§ 125 Abs. 1 BauGB). In Ermangelung eines Bebauungsplans reicht es aus, wenn die Erschließungsanlage den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen genügt (§ 125 Abs. 2 BauGB). Im Hinblick auf die planersetzende Funktion der Abwägung und damit wegen der Art der zu treffenden Entscheidung kommt ihr eine bezirksübergreifende Bedeutung zu, und zwar unabhängig etwa von der Verkehrsbedeutung einer öffentlichen Straße. Zudem steht immer zugleich die Frage im Raum, ob der Rat das jeweils betroffene Gebiet nicht doch durch einen Bebauungsplan planerisch gestalten will. Hieran würde er zwar auch durch eine Abwägungsentscheidung der Bezirksvertretung rechtlich nicht gehindert. Erlässt er jedoch einen Bebauungsplan, der gegenüber der Abwägungsentscheidung der Bezirksvertretung etwa eine breitere Straße oder einen abweichenden Straßenverlauf vorsieht, könnten für den plangemäßen Ausbau u.U. keine Erschließungsbeiträge, sondern allenfalls etwa noch Straßenausbaubeiträge erhoben werden, wenn nämlich die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten (§ 133 Abs. 2 BauGB) schon auf Grund des der Entscheidung der Bezirksvertretung entsprechenden Ausbaus entstanden sein sollten.
46Um Missverständnisse zu vermeiden, stellt der Senat klar, dass er die Frage der innergemeindlichen Zuständigkeit für die Abwägung nach § 125 Abs. 2 BauGB bislang nicht selber entschieden hat. Soweit er sich in verschiedenen Beschlüssen über die Nichtzulassung der Berufung,
47vgl. etwa Beschlüsse vom 5. Juni 2008 - 15 A 1921/06 -, vom 25. September 2008 - 15 A 3231/07 - und vom 6. November 2008 - 15 A 113 u. 116/07 -,
48auch mit der Abwägung nach § 125 Abs. 2 BauGB befasst hat, hatte der Senat keine Veranlassung, die Frage der innergemeindlichen Zuständigkeit zu vertiefen, weil das jeweilige Zulassungsvorbringen diese Frage nicht thematisierte (vgl. insoweit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Sofern die Ausführungen des Senats gleichwohl dahingehend verstanden werden könnten, der Abwägungsvorgang nach § 125 Abs. 2 BauGB falle als Geschäft der laufenden Verwaltung in die Zuständigkeit des Bürgermeisters, hält der Senat hieran nicht fest.
49Es bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, der Rat der Stadt L. könnte die erforderliche Abwägung selbst vorgenommen haben. Schließlich ist vorliegend auch für eine den insoweit zu stellenden Anforderungen genügende Aufgabenübertragung auf einen Ausschuss oder den Bürgermeister nichts ersichtlich. Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung das Vorhandensein einer entsprechender Delegation ausdrücklich verneint.
50Nach alldem kommt es auf die von den Beteiligten im Berufungsverfahren in den Vordergrund gestellte Frage einer etwaigen Tiefenbegrenzung nicht an. Gleichwohl merkt der Senat mit Blick auf die noch anstehende weitere erschließungsbeitragsrechtliche Abrechnung der Straße an, dass er auf der Grundlage der in den Akten befindlichen Pläne und Luftbilder dem insoweit vom Verwaltungsgericht eingenommenen Rechtsstandpunkt voraussichtlich nicht hätte beipflichten können.
51Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
52Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
53Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 132 VwGO nicht vorliegen.
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