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Der Antrag festzustellen, dass die Klage 8 D 38/08.AK des Beigeladenen, soweit sie aufgrund der Klageerweiterung vom 14. September 2009 gegen die der Antragstellerin erteilte 5. Teilgenehmigung vom 17. Oktober 2008 gerichtet ist, keine aufschie-bende Wirkung hat, wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
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G r ü n d e
2I.
3Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Feststellung, dass die Klage des Beigeladenen gegen die 5. Teilgenehmigung betreffend die Errichtung des Steinkohlekraftwerks Datteln keine aufschiebende Wirkung hat.
4Nachdem der Rat der Stadt Datteln den Bebauungsplan Nr. 105 - E.ON Kraftwerk -, der einen ca. 76,5 ha großen Bereich im Südosten des Stadtgebiets erfasst und der die planungsrechtlichen Voraussetzungen für das Kraftwerk schaffen sollte, am 19. Januar 2007 bekannt gemacht hatte, erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin am 31. Januar 2007 den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb eines Steinkohlekraftwerkes mit einer Feuerungswärmeleistung von 2.400 MW mit Nebenanlagen "auf dem geplanten Kraftwerksgrundstück in der Gemarkung Datteln". Zugleich ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung des Vorbescheides an.
5Auf Widerspruch der Antragstellerin änderte die Antragsgegnerin durch Widerspruchsbescheid vom 13. März 2007 den Tenor des Vorbescheides zur Klarstellung ab. Ziffer 4 Satz 1 des neu gefassten Tenors des Vorbescheides lautet nun: "Dieser Vorbescheid umfasst die vorläufige positive Gesamtbeurteilung des Vorhabens dahingehend, dass der Errichtung und dem Betrieb des Steinkohlekraftwerkes keine unüberwindlichen Hindernisse im Hinblick auf die Genehmigungsvoraussetzungen entgegenstehen."
6Im Februar 2007 begann die Antragstellerin aufgrund der für sofort vollziehbar erklärten 1. Teilgenehmigung vom 7. Februar 2007, die die bauvorbereitenden Maßnahmen umfasst, mit den Bauarbeiten. Der Beigeladene, ein anerkannter Umwelt- und Naturschutzverein, nahm einen am 14. Februar 2007 gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines am 9. Februar 2007 gegen den Vorbescheid und die 1. Teilgenehmigung erhobenen Widerspruchs (8 B 265/07.AK) später zurück. Zuvor hatten die Vertreter der Antragstellerin in einem Erörterungstermin vor dem Senat am 21. Februar 2007 erklärt, "dass sie sich für den Fall, dass eine Realisierung des Kraftwerkvorhabens aus genehmigungsrechtlichen Gründen endgültig scheitern sollte, gegenüber der Bezirksregierung Münster verpflichten, das in Rede stehende Baugelände wiederherzustellen und zu rekultivieren und für die beseitigten Gehölze mindestens in gleicher Größenordnung auf dem Gelände selbst (4 ha) und insgesamt in doppelter Größenordnung (also ggf. auch auf anderen Flächen) eine Kompensierung durch entsprechende Aufforstung zu schaffen, sofern die bereits vorbereitete Fläche nicht für ein anderes genehmigungsfähiges Projekt genutzt wird."
7Mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2008 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch des Beigeladenen mangels Widerspruchsbefugnis als unzulässig zurück. Darüber hinaus sei der (unzulässige) Widerspruch unbegründet.
8Während des Widerspruchsverfahrens setzte die Antragstellerin aufgrund weiterer Teilgenehmigungen (2. Teilgenehmigung vom 2. April 2007, die u.a. den Kühlturm erfasst; 3. Teilgenehmigung vom 12. Dezember 2007, die verschiedene größere Errichtungsmaßnahmen wie die Dampfkesselanlage, die Rauchgasentschwefelung mit Kalksteinmehlsilo und das Schaltanlagengebäude zum Gegenstand hat) die Errichtung des Kraftwerkes fort.
9Der Beigeladene erhob am 25. April 2008 gegen den Vorbescheid und die 1. Teilgenehmigung Klage (8 D 38/08.AK).
10Während des Klageverfahrens wurden der Antragstellerin die 4. und 5. Teilgenehmigung erteilt: Die 4. Teilgenehmigung datiert vom 16. Juli 2008 und beinhaltet verschiedene Errichtungsmaßnahmen, u.a. den Gleisanschluss für die Ammoniak- und die Brennstoffanlieferung einschließlich Werksbahnhof, verschiedene bauliche Änderungen sowie brandschutztechnische Einrichtungen. Die 5. Teilgenehmigung vom 17. Oktober 2008 betrifft weitere Errichtungsmaßnahmen wie Hilfsdampferzeuger mit Kesselhaus und Rauchgasleitung, Kohle- und Ammoniaklager, Grobaschelager und Heizöltank.
11Eine 6. Teilgenehmigung (betreffend ein 110-kV-Erdkabel und Erstellung einer Abwasserleitung) beantragte die Antragstellerin unter dem 21. Januar 2009. Das Genehmigungsverfahren, das mit Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden hat, ist weitgehend abgeschlossen.
12Der 10. Senat des beschließenden Gerichts erklärte mit Urteil vom 3. September 2009 den Bebauungsplan Nr. 105 - E.ON Kraftwerk - der Stadt Datteln auf Antrag eines Landwirtes, dessen Hofstelle ca. 1,3 km vom Plangebiet entfernt liegt, für unwirksam (10 D 121/07.NE).
13Unter Bezugnahme auf dieses Urteil hat der Beigeladene am 14. September 2009 seine Klage im Verfahren 8 D 38/08.AK auf die 3., 4. und 5. Teilgenehmigung erstreckt, von denen er erstmals durch die Klageerwiderung vom 27. Februar 2009 Kenntnis erlangt habe; der vollständige Text sei ihm erst am 11. September 2009 im Parallelverfahren 8 D 114/07.AK - übermittelt worden. Zur Begründung der Klageerweiterung hat der Beigeladene geltend gemacht: Die nunmehr zusätzlich angefochtenen Teilgenehmigungen beträfen jeweils Gegenstände, gegen welche er sich bereits mit der gegen den Vorbescheid gerichteten Klage gewandt habe. Die 5. Teilgenehmigung umfasse die Errichtung des Ammoniak- und Kohlelagers und damit sicherheitsrelevante Aspekte. Dies hätte eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung erfordert.
14Die Antragsgegnerin hat die Klageerweiterung zum Anlass genommen, der Antragstellerin mit Schreiben vom 16. September 2009 mitzuteilen, dass zumindest für die 5. Teilgenehmigung von der aufschiebenden Wirkung der Klage des Beigeladenen auszugehen sei. Die Antragstellerin könne deshalb die mit dieser Teilgenehmigung zugelassenen Errichtungsarbeiten nicht weiter fortführen.
15Am 17. September 2009 hat die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und zur Begründung ausgeführt:
16Die Klage gegen die 5. Teilgenehmigung habe keine aufschiebende Wirkung. Sie sei offensichtlich unzulässig, da dem Beigeladenen die Klagebefugnis fehle und er zudem sein Klagerecht verwirkt habe.
17Nach § 2 UmwRG bestehe kein Klagerecht, weil der Beigeladene in dem Genehmigungsverfahren zur 5. Teilgenehmigung, das ohne Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden sei, nicht beteiligungsberechtigt gewesen sei. Darüber hinaus fehle es an der Klagebefugnis, weil der Beigeladene nicht die Verletzung von Rechten im Sinne dieser Vorschriften - drittschützende Nomen - gerügt habe. Bei der 5. Teilgenehmigung handele es sich zudem um eine bloße Errichtungsgenehmigung, welche nicht zu einer Beeinträchtigung von Nachbarrechten führen könne.
18Selbst wenn man ein Klagerecht annehme, sei dieses verwirkt. Der Beigeladene habe - nicht zuletzt durch den angefochtenen Vorbescheid, gegen den er sich anwaltlich vertreten gewandt habe - gewusst, dass von der Antragsgegnerin in gewissen Zeitabständen Teilgenehmigungen erlassen werden würden. Hieraus folge, dass er die Vorgänge auf der Baustelle mit besonderer Aufmerksamkeit habe beobachten müssen. Dies sei ihm - nicht zuletzt über die Webcam der Antragstellerin - auch möglich gewesen; dies zeigten diverse Meldungen des Beigeladenen über den Kraftwerksbau, die mit Bildern der Webcam unterlegt seien. Zudem habe der Beigeladene sich über die genehmigungsrechtlichen Abläufe informieren müssen, weil er - neben dem Vorbescheidsverfahren - in die verschiedensten Genehmigungsverfahren im Zusammenhang mit dem Kraftwerksbau eingebunden gewesen sei. Insoweit verweist die Antragstellerin auf die Verfahren 20 D 123/07.AK (wasserrechtlicher Planfeststellungsbeschluss) und 11 D 26/08.AK (energiewirtschaftsrechtlicher Planfeststellungsbeschluss).
19Aufgrund des deutlichen Baufortschritts habe der Beigeladene von der 5. Teilgenehmigung bereits im Oktober 2008 Kenntnis erlangen müssen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits am 12. August 2008 die Zulassung des vorzeitigen Beginns für die Baumaßnahmen erfolgt sei. Der Beigeladene habe - bei lebensnaher Betrachtung - zudem Ende November 2008 von dem Erlass der 5. Teilgenehmigung dadurch Kenntnis erlangt, dass eines seiner Mitglieder am 20. November 2008 an der 11. Sitzung des Kraftwerksforums Datteln teilgenommen habe, bei der wie stets üblich - über den Baufortschritt berichtet worden sei. Jedenfalls habe der Beigeladene spätestens Ende Januar 2009 durch die Beteiligung an dem Genehmigungsverfahren zur 6. Teilgenehmigung von der 5. Teilgenehmigung Kenntnis erlangt; denn die 5. Teilgenehmigung sei Bestandteil der Unterlagen gewesen.
20Der Beigeladene habe im Übrigen sein Klagerecht verwirkt. Die Antragstellerin habe auf das Verhalten des Beigeladenen vertrauen dürfen. Hierbei müsse auch die immense Investitionssumme beachtet werden. Von den insgesamt ca. 1,3 Milliarden Euro entfalle allein auf die 5. Teilgenehmigung ein Volumen von 600 Millionen Euro; in einem vergleichbaren Fall habe das OVG Berlin-Brandenburg bei einer getätigten Investition in Höhe von 2,5 Millionen Euro eine Verwirkung bereits nach einer Untätigkeit von sechs Monaten ab Baubeginn angenommen.
21Die Antragstellerin beantragt,
22festzustellen, dass die Klage 8 D 38/08.AK des Beigeladenen, soweit sie aufgrund der Klageerweiterung vom 14. September 2009 gegen die der Antragstellerin erteilte 5. Teilgenehmigung vom 17. Oktober 2008 gerichtet ist, keine aufschiebende Wirkung hat,
23Die Antragsgegnerin beantragt,
24den Antrag abzulehnen.
25Dem Beigeladenen sei die 5. Teilgenehmigung nicht formell bekannt gemacht worden. Gleiches gelte für die Zulassung des vorzeitigen Baubeginns. Die mithin geltende Jahresfrist sei noch nicht verstrichen. Von einer Verwirkung könne nicht ausgegangen werden. Auch eine Klagebefugnis sei nicht offensichtlich zu verneinen.
26Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er sei nach § 2 UmwRG klagebefugt. Von einer Verwirkung des Klagerechts könne keine Rede sein.
27II.
281. Der Antrag ist in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 Sätze 1 und 3 sowie § 80 a Abs. 1 und 3 VwGO zulässig. Die Statthaftigkeit eines solchen Feststellungsantrags ist für die umgekehrte Fallgestaltung, dass der Rechtsbehelfsführer eine Entscheidung über die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs begehrt, anerkannt.
29Vgl. nur Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 80 Rn. 164 und § 80a Rn. 36; Kopp/Schen-ke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 80 Rn. 181; jeweils m.w.N.
30Für den hier vorliegenden Fall, dass die Antragstellerin eine Entscheidung über die ihrer Auffassung nach nicht eingetretene aufschiebende Wirkung des von einem Dritten eingelegten Rechtsbehelfs begehrt, kann nichts anderes gelten. Da die Antragstellerin als Vorhabenträgerin davon ausgeht, dass sie von der ihr erteilten, nach ihrer Auffassung bestandskräftigen Genehmigung weiterhin Gebrauch machen darf, kann sie nicht darauf verwiesen werden, die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 a VwGO bei der Antragsgegnerin zu beantragen. Ein rechtlich erhebliches Feststellungsinteresse ergibt sich für sie daraus, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Erklärung vom 16. September 2009 die Auffassung vertreten hat, dass die Klage gegen die 5. Teilgenehmigung aufschiebende Wirkung habe. Es kann der Antragstellerin nicht zugemutet werden, auf eine gerichtliche Erklärung zu verzichten und den Erlass einer behördlichen Stilllegungsverfügung zu riskieren.
312. Der Feststellungsantrag ist aber unbegründet.
32a) Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Anfechtungsklagen aufschiebende Wirkung. Das gilt nach § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch für Verwaltungsakte mit Doppelwirkung (§ 80 a VwGO). Ein Fall, in dem die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO) entfällt, liegt hier nicht vor. Von der ihr durch § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO eingeräumten Befugnis, die sofortige Vollziehbarkeit im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden privaten Interesse eines Beteiligten anzuordnen, hat die Antragsgegnerin in Bezug auf die 5. Teilgenehmigung keinen Gebrauch gemacht.
33Die aufschiebende Wirkung tritt unabhängig davon ein, ob der Rechtsbehelf begründet ist. Entsprechendes gilt grundsätzlich - vorbehaltlich gewisser, eng umgrenzter Ausnahmen - auch für einen unzulässigen Rechtsbehelf. Für eine aufschiebende Wirkung ist allerdings nach herrschender Auffassung, der sich der Senat anschließt, dann kein Raum, wenn der eingelegte Rechtsbehelf offensichtlich unzulässig ist, etwa weil der angefochtene Verwaltungsakt dem Kläger gegenüber - zweifelsfrei - unanfechtbar geworden ist.
34Vgl. VGH Bad-Württ., Beschluss vom 3. Juni 2004 6 S 30/04 -, NJW 2004, 2690; Puttler, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 80 Rn. 32; Kopp/ Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 80 Rn. 50; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann, VwGO, Stand: Okt. 2008, § 80 Rn. 62 ff.; jeweils m.w.N.
35Gleiches gilt, wenn es sich um einen Popularrechtsbehelf handelt, wenn also unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Rechtsverletzung des Klägers in Betracht kommt. Die aufschiebende Wirkung soll die Schaffung irreparabler Tatsachen verhindern, die sich aus der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ergeben können; dadurch soll die Möglichkeit offengehalten werden, dass dem Rechtsschutzsuchenden durch die beantragte Aufhebung des Verwaltungsakts wirksamer Rechtsschutz zuteil wird. Kommt die Gewährung von Rechtsschutz nicht in Betracht, weil der Rechtsschutzsuchende als Nichtadressat des Verwaltungsakts nicht geltend machen kann, durch ihn in eigenen Rechten verletzt zu sein, so besteht auch für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung kein hinreichender Anlass.
36BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1992 - 7 C 24.92 -, NJW 1993, 1610 (1611).
37b) Hiervon ausgehend ist der Feststellungsantrag nicht begründet. Die am 14. September 2009 erhobene Klage hat nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Eine offensichtliche Unzulässigkeit der Klage kann auf der Grundlage des gegenwärtigen Sach- und Streitstands weder wegen fehlender Klagebefugnis des Beigeladenen (dazu aa) noch wegen verspäteter Klageerhebung (dazu bb) oder wegen Verwirkung (dazu cc) festgestellt werden.
38aa) Die von der Antragstellerin dargelegten Bedenken wegen einer möglicherweise fehlenden Klagebefugnis des Beigeladenen führen jedenfalls nicht dazu, dass sich die Klage mit der für die Annahme einer Offensichtlichkeit erforderlichen Gewissheit als unzulässig erweist.
39Allerdings ist eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 2 VwGO, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein.
40Nach § 2 Abs. 1 UmwRG kann der Beigeladene als nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung aber, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, berechtigt sein, gegen Entscheidungen, auf die das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz Anwendung findet, Rechtsbehelfe einzulegen. Dieses Klagerecht einer anerkannten Umweltvereinigung setzt - neben weiteren, hier nicht erörterungsbedürftigen Anforderungen - voraus, dass die Vereinigung zur Beteiligung in dem Verfahren berechtigt war und sich hierbei gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG).
41Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass hier jedenfalls die Voraussetzungen der 2. Alternative vorliegen. Nach Auffassung des Beigeladenen hätte er an dem Verfahren der 5. Teilgenehmigung beteiligt werden müssen. Es bedarf näherer Prüfung, ob die Antragstellerin zu Recht davon ausgegangen ist, dass die 5. Teilgenehmigung nach § 13 Abs. 2 UVPG keiner weiteren - über die bereits im Zusammenhang mit dem Vorbescheid und der 1. Teilgenehmigung durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung hinausgehenden - Umweltverträglichkeitsprüfung bedurfte, und dass eine öffentliche Bekanntmachung und Auslegung der maßgeblichen Antragsunterlagen nach § 22 i.V.m. § 8 Abs. 1 und 2 der 9. BImSchV nicht erforderlich war. Letzteres ist nach § 8 Abs. 2 Satz 3 der 9. BImSchV bei UVP-pflichtigen Anlagen nur dann der Fall, wenn keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Auswirkungen auf die in § 1 a der 9. BImSchV genannten Schutzgüter (Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Schutzgütern) zu besorgen sind.
42Davon ausgehend bedarf es - da die grundsätzliche UVP-Pflichtigkeit des Gesamtvorhabens nicht in Frage steht - zur Beurteilung der Klageberechtigung des Beigeladenen einer Beurteilung der möglichen Auswirkungen gerade der 5. Teilgenehmigung auf die bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung in den Blick zu nehmenden Schutzgüter. Der Regelungsinhalt der 5. Teilgenehmigung betrifft Errichtungsmaßnahmen wie das Kohle- und Ammoniaklager, deren mögliche Umweltrelevanz sich nicht offensichtlich verneinen lässt. Dazu bedürfte es einer näheren Prüfung der von den genannten Betriebseinheiten in der geplanten Form ausgehenden Auswirkungen. Dafür ist im vorliegenden, lediglich auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichteten Verfahren kein Raum.
43bb) Die Klage des Beigeladenen gegen die 5. Teilgenehmigung ist auch nicht verspätet erhoben.
44Die Klagefrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheids (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) gilt hier nicht; denn eine mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Ausfertigung der 5. Teilgenehmigung wurde dem Beigeladenen nicht bekannt gegeben. Das hat aber nicht zur Folge, dass die Teilgenehmigung zeitlich unbegrenzt anfechtbar wäre.
45Die Klagefrist richtet sich vielmehr nach § 2 Abs. 4 UmwRG, weil sich der Beigeladene als nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung unter Berufung auf sein Klagerecht nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gegen die immissionsschutzrechtlichen Teilgenehmigungen wendet. Nach Satz 1 dieser Vorschrift müssen Widerspruch oder Klage, wenn die Entscheidung - wie hier - weder öffentlich bekannt gemacht noch der nach diesem Gesetz klagebefugten Vereinigung bekannt gegeben worden ist, binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte Kenntnis erlangen können.
46§ 2 Abs. 4 UmwRG ist der gleichlautenden Fristbestimmung in § 61 BNatSchG nachgebildet, die für naturschutzrechtliche Verbandsklagen gilt.
47Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, BT-Drs. 16/2495, S. 12.
48Die bundesrechtliche Regelung der Verbandsklage in § 61 BNatSchG folgt wiederum dem Vorbild landesrechtlicher Vereinsklageregelungen.
49Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs zum BNatSchGNeuregG, BT-Drs. 14/6378, S. 61.
50Die in § 61 Abs. 4 BNatSchG geregelte Jahresfrist soll der Schaffung von Rechtssicherheit dienen und orientiert sich an den in der Rechtsprechung in Anlehnung an § 58 Abs. 2 VwGO entwickelten Regeln für die Verwirkung des Klagerechts. Der Gesetzgeber sah die Frist von einem Jahr auch mit Blick darauf als geboten an, dass das Klagerecht von gemeinnützigen Vereinen wahrzunehmen sei und diese bei der fachlichen wie vielfach auch bei der finanziellen Vorbereitung in besonderem Maße auf die Mitwirkung von ehrenamtlich tätigen Mitgliedern angewiesen seien.
51Vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs zum BNatSchGNeuregG, BT-Drs. 14/6378, S. 62.
52Von der Möglichkeit einer Kenntnisnahme kann von vornherein frühestens zu dem Zeitpunkt die Rede sein, zu dem die streitbefangene Genehmigung erlassen worden ist. Bis zu dem Zeitpunkt kann es sich allenfalls um einen nicht anfechtbaren Entwurf handeln. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beigeladene die Klagefrist von einem Jahr in Bezug auf die 5. Teilgenehmigung vom 17. Oktober 2008 mit der am 14. September 2009 erhobenen Klage nicht versäumt.
53cc) Eine offensichtliche Unzulässigkeit wegen Verwirkung des Klagerechts lässt sich ebenfalls nicht feststellen.
54Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob eine Verwirkung des Klagerechts, durch die die Jahresfrist der Sache nach verkürzt wird, in Ansehung der speziellen Regelung in § 2 Abs. 4 UmwRG überhaupt in Betracht kommt.
55Vgl. für das Baunachbarrecht im Hinblick auf die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. April 2009 10 S 5.09 -, BauR 2009, 1427.
56Eindeutige Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene sein Klagerecht - ausgehend von der Annahme, dass er die 5. Teilgenehmigung im Februar 2009 kennen konnte - schon im September 2009 verwirkt hätte, sind nicht ersichtlich.
57Die Annahme einer Verwirkung setzt nach den im Baurecht entwickelten Grundsätzen neben dem Verstreichen eines längeren Zeitraums seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts besondere Umstände voraus, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Diese besonderen Umstände können sich insbesondere aus einem aktiven Tun des Nachbarn ergeben, beispielsweise Erklärungen, die der Bauherr als Einverständnis werten kann. Sie können aber auch aus einem bloßen Nichtstun des Nachbarn begründet sein, wenn der Nachbar aufgrund des bestehenden "nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses" nach Treu und Glauben verpflichtet ist, durch ein zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst gering zu halten. Derartige "besondere Umstände" können vorliegen, wenn der Nachbar seine Pflicht zum Handeln verletzt hat, indem er nach Erkennen der Beeinträchtigung durch die Baumaßnahme nicht ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend macht und seine Rechte erst wahrgenommen hat, als der Bauherr die - kostenaufwändigen - Bauarbeiten bereits beendet hatte.
58Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2002 4 B 8.02 -, BauR 2003, 1031.
59Ein etwaiges Vertrauen der Antragstellerin darauf, dass der Beigeladene von einer Klageerhebung absehen würde, wäre im vorliegenden Fall nicht schutzwürdig. Der Beigeladene hat weder durch aktives Tun noch dadurch, dass er von einer Klageerhebung bislang abgesehen hat, Anlass zu der Annahme gegeben, er würde von seinem Klagerecht keinen Gebrauch machen. Die Antragstellerin war bereits aufgrund der anhängigen Klage 8 D 38/08.AK darüber informiert, dass der Beigeladene das Kraftwerksprojekt als solches und auch an diesem konkreten Standort ablehnt. Die gegen den Standortvorbescheid und die 1. Teilgenehmigung gerichtete Klage hat er trotz des für ihn erkennbaren Baufortschritts fortgeführt. Ebenso hat er an den parallel geführten weiteren Klageverfahren 11 D 26/08.AK und 20 D 123/07.AK (Neubau einer 380-kV-Hochspannungsfreileitung; Errichtung eines Parallelkanals am Dortmund-Ems-Kanal sowie Umlegung und Umgestaltung des Ölmühlenbachs) festgehalten. Vor diesem Hintergrund konnten bei objektiver Betrachtung durchaus Kostengründe dafür sprechen, nicht jede einzelne Teilgenehmigung anzufechten. Darüber, dass er das Gesamtprojekt mit rechtlichen Mitteln verhindern möchte, hat der Beigeladene die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt im Unklaren gelassen.
60Der Beigeladene muss sich auch nicht entgegen halten lassen, dass er der Antragstellerin mit der späten Klageerhebung einen anderenfalls nicht drohenden wirtschaftlichen Schaden zugefügt hätte. Die Beteiligten sind sich vielmehr darüber einig, dass die Verwirklichung des Gesamtvorhabens - jedenfalls in der jetzt genehmigten Form - maßgeblich davon abhängt, ob der Vorbescheid und die 1. Teilgenehmigung, die Gegenstand des anhängigen Verfahrens 8 D 38/08.AK sind, einer rechtlichen Überprüfung standhalten. Beide Entscheidungen der Genehmigungsbehörde setzen ein vorläufiges positives Gesamturteil (vgl. §§ 8 und 9 BImSchG) voraus, das der Beigeladene mit seiner Klage in Frage stellt.
61Bei dieser Sachlage wäre es der Antragstellerin, wenn sie zeitnah an Rechtsklarheit über den Eintritt der Bestandskraft der 5. Teilgenehmigung interessiert war, möglich und zumutbar gewesen, gemäß § 21a der 9. BImSchV die öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung zu beantragen, durch die die einmonatige Klagefrist in Gang gesetzt worden wäre.
62Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind billigerweise nicht erstattungsfähig, weil dieser keinen Antrag gestellt und sich damit nicht einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
63Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).