Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,- Euro festgesetzt.
Gründe:
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Antragstellern zur Begründung der Beschwerde vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der angegriffenen Entscheidung.
3Das Verwaltungsgericht hat den mit der Beschwerde weiterverfolgten Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage 25 K 4166/20 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. April 2020 betreffend die Nutzungsänderung und den Umbau eines 2-Familienhauses in ein 5-Familienhaus auf dem Grundstück I. 34/36 in E. (Gemarkung I1. , Flur 105, Flurstück 300) anzuordnen,
5im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, das mit der angefochtenen Baugenehmigung zugelassene Vorhaben, welches die Abstandflächen einhalte, verletze nachbarliche Abwehrrechte der Antragsteller insbesondere unter bauplanungsrechtlichen Aspekten voraussichtlich nicht. Hierbei könne offenbleiben, ob der Bebauungsplan Nr. 229 "betr. Gebiet zwischen N. -, A. -, Q. -, G. Straße und I2. " Anwendung finde, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein reines Wohngebiet festsetze, oder ob das Vorhaben nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 3 BauNVO zu beurteilen sei; das Mehrfamilienhaus als Wohngebäude sei nämlich in beiden Fällen zulässig. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten der Antragsteller sei ebenfalls nicht erkennbar. Ein etwaiger Wertverlust ihres Grundstücks sei in diesem Zusammenhang kein städtebaulich-bodenrechtlich erhebliches Kriterium. Das Vorhaben sei den Antragstellern auch weder aufgrund der wegen der zusätzlichen Dachflächenfenster in Kombination mit der Dachterrasse sowie dem genehmigten Balkon befürchteten Einblicke auf ihr Grundstück und in ihr Privatleben noch wegen der Anzahl der genehmigten Wohnungen unter Einbeziehung der vier ebenerdigen Terrassen sowie der genehmigten Stellplätze unzumutbar.
6Das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen greift nicht durch.
7Ohne Erfolg trägt die Beschwerdebegründung vor, das Verwaltungsgericht habe nicht offenlassen dürfen, ob der Bebauungsplan Nr. 229 anzuwenden sei, weil dessen Bestimmungen "den Betroffenen Vertrauensschutz vermitteln", z. B. in der Form, dass "im Falle von Befreiungen …. auf Seiten der Nachbarschaft eines Bauvorhabens Zustimmungserfordernisse zu wahren" seien. Damit werden die ohne Weiteres nachvollziehbaren Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass das Wohnen in einem Mehrfamilienhaus [hier: 5- Familien-Haus] bauplanungsrechtlich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht anders zu werten sei als das Wohnen in Ein- oder Zweifamilienhäusern, nicht in Frage gestellt. Denn in beiden Fällen handelt es sich um in einem - entweder festgesetzten oder faktischen - reinen Wohngebiet zulässiges "Wohnen".
8Vgl. z. B. OVG NRW, Beschluss vom 4. November 2015 - 7 B 744/15 -, juris Rn. 6 f., sowie Hess. VGH, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - 3B 1876/12 -, BRS 79 Nr. 77 = juris Rn. 8 f.
9Damit kommt es auf die Frage, ob der Bebauungsplan Nr. 229 in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anzuwenden ist, hier nicht entscheidungserheblich an.
10Die Beschwerdebegründung trägt ohne Erfolg weiter vor, bei Anwendung eines Bebauungsplanes seien nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO Belästigungen und Störungen unzulässig, die der Eigenart des Baugebietes in nicht zumutbarer Weise widersprechen. Welche Auswirkungen (zu Gunsten der Antragsteller) die Anwendung des genannten Bebauungsplans für die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO indessen haben soll, legt die Beschwerdebegründung nicht dar; solche sind auch sonst nicht erkennbar.
11Ebenfalls fehl geht die Annahme der Beschwerdebegründung, das Plangebiet und insbesondere die direkte Umgebung des Grundstücks der Antragsteller seien durch Ein- und Zweifamilienhäuser geprägt, und in diesen Rahmen füge sich das Vorhaben nicht ein. Vielmehr werde mit einer deutlich nach oben abweichenden Zahl neuer Wohneinheiten ein Fremdkörper in eine dafür nicht vorgesehene Baustruktur "gepresst", der die Privatsphäre der umliegenden Grundstücksnachbarn nicht berücksichtige und weiteren Bebauungen mit 10 oder mehr Wohneinheiten Tür und Tor öffne. Das Verwaltungsgericht hat hierzu unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des beschließenden Gerichts zutreffend darauf verwiesen, dass in bebauten innerstädtischen Gebieten Nachbarn regelmäßig hinnehmen müssten, dass Grundstücke innerhalb des baurechtlich vorgegebenen Rahmen genutzt werden, auch wenn es dadurch zu Einsichtsmöglichkeiten (selbst in Wohnräume) kommt, wie sie in einem bebauten Gebiet üblich seien. Ein Ausnahmefall von dieser Regel sei in der konkreten Situation offenkundig nicht gegeben (S. 5 des angegriffenen Beschlusses). Hierauf wird Bezug genommen.
12Vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2020 - 10 A 361/20 -, juris Rn. 31 ff., und Urteil vom 8. April 2020 - 10 A 352/19 -, juris Rn. 34 ff.
13Soweit die Beschwerdebegründung sich darauf beruft, die ausweislich der Bauvorlagen genehmigten Terrassen im Erdgeschoss mit beachtlichen Größen von 40,06, 46,37, 31,70 und 33,72 qm erlaubten zusätzlich zu der Dachterrasse mit einer Fläche von 56,62 qm den dort lebenden Personen "Einblicke und großzügige Bewegungsmuster", die u. a. ein beträchtliches Störpotenzial allein durch die zunehmende Menge der sich dort dann aufhaltenden Personen mit sich brächten, vermag dies eine bauplanungsrechtliche Rücksichtslosigkeit ebenfalls nicht zu begründen. Denn die im Rahmen einer genehmigten Nutzung einer Terrasse bzw. Dachterrasse typischerweise entstehenden Lebensäußerungen haben die Nachbarn – regelmäßig und so auch hier – zu dulden.
14Vgl. hierzu z. B. OVG NRW, Beschluss vom 4. November 2015 - 7 B 744/15 -, juris Rn. 16.
15Vor diesem Hintergrund kann die Beschwerdebegründung auch nicht mit Erfolg ein von ihr aus den geplanten Dachöffnungen für die Dachflächenfenster an mindestens 14 Stellen, den bodennahen Fenstern sowie dem neuen Eingang auf dem Dach des Anbaus abgeleitetes Störpotential geltend machen. Im Übrigen mag es sein, dass sich mit dem Vorhaben gegenüber der bisherigen bzw. der Situation, die die Antragsteller beim Kauf ihrer Immobilie im Jahre 2005 vorgefunden haben, die konkrete örtliche Situation (graduell) verändert, doch ist das Vertrauen der Antragsteller auf den (Fort-)Bestand der bauplanungsrechtlichen Situation als solches - entgegen ihrer Auffassung - nicht schutzwürdig.
16Soweit die Antragsteller schließlich geltend machen, im Bereich der beiden Terrassen „1" und „2" im "südöstlichen Teil des Baukörpers" gehe der Abstand der Terrassengrenze zu den nachbarlichen Grundstücken von 9 m auf bis zu 2 m zurück, bleibt der Vortrag ohne Erläuterung schon unverständlich und folgt im Übrigen aus einem Abstand einer Terrasse von 2 Metern zur Nachbargrenze nicht schon deren Nachbarrechtswidrigkeit. Die Befürchtung der Antragsteller, dass die Terrassen der Wohneinheiten 1 und 2 bis auf 2 Meter an ihre Grundstücksgrenze heranrücken könnten, beruht im Übrigen wohl auf einem Missverständnis der Aussagekraft der zur Baugenehmigung gehörenden Grundrisszeichnung des Erdgeschossbereichs. Die in dem Plan in jenem Bereich eingezeichnete Gartengrenze entspricht gerade nicht der Grundstücksgrenze, wie sich unmittelbar aus der Lage der Terrasse im Verhältnis zur Ausdehnung des südlichen Teils des Gebäudes selbst und aus dem Lageplan ablesen lässt. Der vorhandene nördlichste Teil des Baukörpers, auf dem auch die Dachterrasse ausgebildet werden soll, liegt danach über 18 m von der Grenze des Grundstücks der Antragsteller entfernt. Auch hinsichtlich der zwei Terrassen der dritten Wohneinheit sind unzumutbare Beeinträchtigungen nicht ersichtlich; die Terrasse 2 der 3. Wohneinheit grenzt schon nicht an das Grundstück der Antragsteller, sondern an dessen Nachbargrundstück, und die Terrasse 1 dieser Wohneinheit ist nur mit einer schmalen Seite zum Grundstück der Antragsteller ausgerichtet.
17Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn diese haben in ihrem Schriftsatz vom 21. Januar 2021 einen Sachantrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
18Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 GKG.
19Dieser Beschluss ist unanfechtbar.