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Fertigt das Gericht von einem nach § 55a Abs. 1 VwGO als elektronisches Dokument bei Gericht eingereichten Schriftsatz für andere Verfahrensbeteiligte Abschriften in Papierform an, entstehen hierfür keine Auslagen nach Nr. 9000 Nr. 1 Buchst. b der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG („Dokumentenpauschale“).
Die Kostenrechnung vom 11. Februar 2022 (Kassenzeichen: X7007 8137 100 7X) wird aufgehoben, soweit in ihr die Position Nr. 01 „9000 Dokumentenpauschale“ i. H. v. 8,50 EUR angesetzt worden ist.
Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Der Senat entscheidet über die Erinnerung der Antragsgegnerin vom 17. März 2022 gegen den Kostenansatz (Kostenrechnung vom 11. Februar 2022) gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 GKG durch die zuständige Berichterstatterin als Einzelrichterin.
2Die zulässige Erinnerung der Antragsgegnerin nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG ist begründet.
3Die in Anwendung von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 GKG ergangene Kostenrechnung ist unrichtig, soweit in ihr eine Dokumentenpauschale nach Nr. 9000 Nr. 1 Buchst. b der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (Kostenverzeichnis) i. H. v. 8,50 EUR für die Fertigung von Abschriften von durch die Antragsgegnerin formwirksam elektronisch eingereichten Schriftsätzen für den nicht anwaltlich vertretenen Beigeladenen angesetzt worden ist.
4Die Voraussetzungen für einen solchen Kostenansatz liegen nicht vor.
5Nach § 81 Abs. 2 VwGO sollen der Klage und allen Schriftsätzen vorbehaltlich des § 55a Abs. 5 Satz 3 VwGO Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Gemäß § 55a Abs. 1 VwGO können vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden. Nach § 55a Abs. 5 Satz 3 VwGO finden die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten keine Anwendung.
6§ 55 Abs. 5 Satz 3 VwGO stellt ebenso wie § 81 Abs. 2 VwGO klar, dass ein Beteiligter, der einen Schriftsatz formwirksam elektronisch übermittelt, nicht gehalten ist, die für die übrigen Verfahrensbeteiligten erforderlichen Abschriften in Papierform nachzureichen. Sofern ein Ausdruck erforderlich ist, weil andere Beteiligte nicht über einen elektronischen Zugang verfügen und ihnen der Schriftsatz nicht als elektronisches Dokument übermittelt werden kann, hat die Geschäftsstelle dafür Sorge zu tragen, dass das elektronische Dokument ausgedruckt und an die anderen Beteiligten in der gesetzlich vorgesehenen Form übermittelt wird. Da keine Verpflichtung besteht, die für die Zustellung erforderliche Anzahl von Abschriften im Falle der elektronischen Übermittlung beizufügen, entfällt auch die Verpflichtung zur Zahlung von Auslagen nach Nr. 9000 Nr 1 Buchst. b Kostenverzeichnis.
7Vgl. BT-Drs. 15/4067, S. 38 (Zu § 55a) und S. 39 (Zu Nummer 7 [§ 81]); ebenso: BT-Drs. 17/12634, S. 37 (Zu Artikel 5 [Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO]).
8Dies vorausgesetzt ist in der Kostenrechnung vom 11. Februar 2022 zu Unrecht eine Dokumentenpauschale nach Nr. 9000 Kostenverzeichnis angesetzt. Die Antragsgegnerin war weder verpflichtet, dem Senat Abschriften des Fristverlängerungsantrags vom 27. Dezember 2021 bzw. der Beschwerdeerwiderung vom 19. Januar 2022 in Papierform für den nicht anwaltlich vertretenen Beigeladenen zu übersenden noch schuldet sie Auslagen nach Nr. 9000 Ziffer 1 Buchst. b Kostenverzeichnis für die Fertigung von entsprechenden Abschriften durch die Serviceeinheit des Senats. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat beide Schriftsätze formwirksam elektronisch auf einem sicheren Übermittlungsweg– jeweils über das besondere Anwaltspostfach (beA) mit einer Namensangabe des Absenders/der Absenderin als Unterzeichner/in des Schriftsatzes – an den Senat übermittelt, vgl. § 55a Abs. 3 Satz 1, 2. Fall, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VwGO.
9Vgl. dazu, dass es für die formwirksame Übermittlung eines elektronischen Dokuments auf einem sicheren Übermittlungsweg keiner qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person bedarf: BVerwG, Beschluss vom 4. Mai 2020 – 1 B 16.20, 1 PKH 7.20 –, juris, Rn. 5; dazu, dass für eine einfache Signatur die bloße Namensangabe im Dokument ausreicht: Schmitz, in: BeckOK, Posser/Wolff, VwGO, Stand: Januar 2022, § 55a Rn. 6 und 11, jeweils m. w. N.
10Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass ein Vertreter der Antragsgegnerin am 14. Januar 2022 gegenüber der Serviceeinheit des Senats telefonisch erklärt hat, Kosten für die Fertigung von Abschriften „in Kauf“ zu nehmen zu wollen. Ungeachtet der Frage, ob der Antragsgegnerin überhaupt Gerichtskosten aufgebürdet werden könnten, für deren Ansatz es an einer Rechtsgrundlage fehlt, hat diese jedenfalls keine vorbehaltlose Kostenübernahme erklärt. Eine solche wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn die Antragsgegnerin eindeutig und zweifelsfrei zu erkennen gegeben hätte, endgültig und abschließend – ohne eine ggf. auf sie als Kostenschuldnerin zukommende Kostenrechnung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen – die entsprechenden gerichtlichen Auslagen übernehmen wollte. Das ist hier nicht der Fall. Der Aussage, Kosten für die Fertigung von Abschriften „in Kauf“ zu nehmen, kommt lediglich der Erklärungsgehalt zu, das Risiko einer späteren Kostentragung einzugehen, nicht aber diese Kosten ohne jeden Vorbehalt übernehmen zu wollen.
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.
12Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).