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Der Gefahrenabwehrplan des Hafenbetreibers nach § 16 HaSiG NRW muss der hafensicherheitsbehördlichen Risikobewertung gemäß § 13 HaSiG NRW nur soweit genügen, wie die Risikobewertung rechtmäßige Anforderungen stellt.
Die Risikobewertung stellt mangels eigenständigen Regelungsgehalts keinen Verwaltungsakt dar.
Die Abwehr von terroristischen Gefahren obliegt grundsätzlich den staatlichen Organen als Ausfluss des an den Staat gerichteten grundrechtlichen Schutzauftrages und als Kehrseite des staatlichen Gewaltmonopols. Gleichwohl können Private, insbesondere Betreiber besonderes gefährdeter Anlagen, im Wege der Eigensicherung zur ergänzenden Gefahrenvorsorge herangezogen werden. Dies gilt auch für Hafenbetreiber. Entsprechende behördliche Vorgaben auf der Grundlage des Hafensicherheitsgesetzes NRW genügen insoweit den Vorgaben des Europarechts und des Verfassungsrechts (Bestätigung und Fortführung der Rechtsprechung zum Atomrecht und zum Luftsicherheitsrecht).
Die hoheitliche Verpflichtung zur Eigensicherung findet aber ihren Grund und ihre Grenze in der privatrechtlichen Eigentümerstellung bzw. unbeschränkten Besitzposition des Hafenbetreibers. Fehlt eine bereichsspezifische Ermächtigungsnorm, können dem Hafenbetreiber nur solche Eigensicherungsmaßnahmen auferlegt werden, die von seinem aus Eigentum und Besitz abgeleiteten Hausrecht gedeckt sind (hier: Hausrecht an öffentlichen Straßen im Hafengebiet verneint).
Der Bescheid der Bezirksregierung E vom 14. Dezember 2010 wird aufgehoben. Das beklagte Land wird verpflichtet, den An¬trag der Klägerin vom 12. November 2010 auf Genehmigung ihres Plans zur Gefahrenabwehr für den Hafen O unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts erneut zu bescheiden.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet werden kann, als Betreiberin des O Stadthafens bei bestimmten Gefahrenlagen auf eigene Kosten den Zugang zum Hafengebiet auf den dortigen öffentlichen Straßen zu kontrollieren oder gar zu sperren. Hiervon hängt ab, ob die Bezirksregierung E (nachfolgend: Bezirksregierung) als zuständige Hafensicherheitsbehörde die Genehmigung des von der Klägerin zu erstellenden Gefahrenabwehrplans verweigern darf, wenn dieser solche Kontrollen und Absperrmaßnahmen nicht vorsieht.
2Im Stadthafen O befinden sich Anlagen zur Abfertigung von Seeschiffen (Frachtschiffen mit einer Bruttoraumzahl 500 und mehr), die in der Auslandsfahrt eingesetzt und in O abgefertigt werden. Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, an der die O1 Häfen Verwaltungs-GmbH als Komplementärin sowie die Stadthafen O2 GmbH & Co. KG und die Stadtwerke E AG als Kommanditistinnen beteiligt sind. Die Klägerin ist Eigentümerin sämtlicher Hafenbecken und eines Großteils der Uferbereiche. Sie erhebt Ufergelder, Hafengelder und Entgelte für Fischereierlaubnisscheine. Zudem vergibt sie Liegeplätze und koordiniert den Einsatz der Hafenkräne. Fünfzehn Umschlagsanlagen gehören der Klägerin und werden allein von Kranführern der Klägerin bedient. Die landseitigen Hafenflächen stehen mehrheitlich im Eigentum der Klägerin und sind vielfach verpachtet. Die übrigen Grundstücke stehen im Eigentum Dritter. Im Hafen verlaufen zahlreiche Verkehrswege, darunter die Schienenstränge der von der Klägerin betriebenen O Eisenbahn sowie die Zufahrtstraßen zu den Hafenanlagen. Insgesamt existieren zehn Zufahrten ins Hafengebiet, von denen acht dem unbeschränkten Gemeingebrauch i.S.d. StrWG NRW gewidmet sind ("B", "Kstraße", "Istraße", "N Straße", "E1 Straße", "L Straße", "U Straße", "Gstraße"). Von diesen acht Zufahrten stehen sieben im Eigentum der Stadt O; die Straße "B" wurde – bereits öffentlich gewidmet – von der Stadt O an die Stadthafen O2 GmbH & Co. KG übereignet. Die übrigen zwei Zufahrten befinden sich auf Privatstraßen, die im Eigentum der Klägerin bzw. der Stadthafen O2 GmbH & Co. KG stehen.
3Am 17. November 2007 trat das Gesetz über die Sicherheit in Häfen und Hafenanlagen im Land Nordrhein-Westfalen vom 30. Oktober 2007 (Hafensicherheitsgesetz - HaSiG NRW) in Kraft. Es dient als Gefahrenabwehrgesetz dem Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit von Häfen und Hafenanlagen, insbesondere vor Sabotageakten und terroristischen Anschlägen. Das Gesetz beruht auf Vorgaben des Gemeinschaftsrechts und setzt insbesondere die Richtlinie 2005/65/EG vom 26. Oktober 2005 um. Es verpflichtet unter anderem die Hafensicherheitsbehörde und den Hafenbetreiber zur Entwicklung eines mehrstufigen Sicherheitskonzeptes (§ 13 ff. HaSiG NRW). Demnach nimmt die Hafensicherheitsbehörde eine Risikobewertung vor und erstellt hierüber einen Risikobericht, den sie dem Hafenbetreiber bekannt macht. Dieser erarbeitet auf der Grundlage des Risikoberichts einen Gefahrenabwehrplan, den er seinerseits der Hafensicherheitsbehörde zur Genehmigung vorlegt.
4Ausgehend hiervon erstellte die Bezirksregierung am 27. Januar 2009 einen Risikobericht für den Stadthafen O. Gegenstand des Berichts ist zunächst eine Risikoanalyse, die eingangs das Untersuchungsgebiet ermittelt (II.2), welches als Grundlage für die spätere Festlegung des Hafengebietes (II.3) dient. Anschließend werden die Hafenbetreibereigenschaft bestimmt (II.4) sowie die im Hafen belegenen Infrastruktureinrichtungen und andere Objekte erhoben. Darüber hinaus enthält der Bericht eine detaillierte Risikobewertung (III.). Hierzu heißt es auf S. 22 des Berichts einleitend:
5"Folgende Behörden sind für die Gefahrenabwehr und / oder die Strafverfolgung zuständig: PP E2, LR KPB O, Ordnungsamt, Feuerwehr der Stadt O, Sonderordnungsbehörden der Umweltverwaltung. Durch regelmäßige Überwachungs- und Streifentätigkeit ist das Gebiet des Hafens […] in die Gefahrenvorsorge einbezogen. Über diese vorhandene staatliche Gefahrenvorsorge hinaus soll der Hafenbetreiber gemäß dem HaSiG und der entsprechenden EU-Richtlinie im Rahmen seiner Eigensicherungspflicht präventiv Gefahrenabwehrmaßnahmen im Hafen in dem Gefahrenabwehrplan niederlegen und tatsächlich ausführen bzw. koordinieren".
6Kernstück der Risikobewertung ist ein Konzept zur Gefahrenabwehr, das aus vier Säulen besteht: 1. Grundsicherung (d.h. flächendeckende Überwachungsmaßnahmen wie Streifenfahrten, Einsetzung eines Beauftragten für Gefahrenabwehr, Übungen, Kommunikation), 2. Zufahrtskontrolle, 3. Objektsicherung, 4. Infrastruktursicherung. Unter "Zufahrtskontrolle" versteht der Risikobericht "das Vorhalten von Sicherheitsmechanismen zur systemischen Zufahrtskontrolle zum Hafengebiet, die der Hafenbetreiber im Rahmen seiner Eigensicherungspflicht durchführt" (S. 23 des Berichts). Art und Umfang der daraus im Einzelnen abgeleiteten Gefahrenabwehrmaßnahmen richten sich wiederum nach den Gefahrenstufen 1 bis 3, die in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2005/65/EG und der dort in Bezug genommenen Verordnung (EG) Nr. 725/2004 vom 31. März 2004 – dort Art. 2 Nr. 3 i.V.m. dem in Anhang II inkorporierten ISPS-Code (Teil A Nr. 2.9 – 2.11) – wie folgt festgelegt sind: Die Gefahrenstufe 1 ist die Stufe, bei der zu jeder Zeit ein Mindestmaß an zweckmäßigen Schutzmaßnahmen zur Gefahrenabwehr aufrechtzuerhalten ist. Gefahrenstufe 2 ist gegeben, wenn aufgrund eines erhöhten Risikos eines sicherheitsrelevanten Ereignisses für einen bestimmten Zeitraum zusätzliche zweckmäßige Schutzmaßnahmen zur Gefahrenabwehr aufrechtzuerhalten sind. Gefahrenstufe 3 bezeichnet die Stufe, bei der für einen begrenzten Zeitraum weitere spezielle Schutzmaßnahmen zur Gefahrenabwehr aufrechtzuerhalten sind; diese Stufe gilt, wenn ein sicherheitsrelevantes Ereignis wahrscheinlich ist oder unmittelbar bevorsteht, auch wenn das genaue Ziel unter Umständen nicht bekannt ist.
7Gemäß diesen Vorgaben werden in der Risikobewertung die Gefahrenlage für jedes Objekt bzw. für jede Infrastruktureinrichtung (Schienen, Wege, Rohrleitungen etc.) im Einzelnen untersucht, Schwachstellen ermittelt und Gegenmaßnahmen empfohlen. Zum straßenseitigen Zugang wird festgestellt, dass noch keinerlei Kontrollsystem bestehe, dieses also noch zu erarbeiten sei. In der Gefahrenstufe 1 könne dies durch eine deutlich sichtbare, qualifizierte Beschilderung an allen verkehrlichen Zufahrtspunkten erfolgen (S. 63 des Berichts). In höheren Gefahrenstufen bedürfe es an den Zufahrten einer Kontrollsystematik, um unberechtigten Zutritt zu verhindern. Denkbar sei in Gefahrenstufe 2 eine Postierung von Überwachungspersonal, das auf Verdacht die Berechtigung zur Einfahrt in den Hafen erfragen und bei Verdachtsmomenten umgehend die zuständigen Behörden einschalten soll. In der Gefahrenstufe 3 sei ein System zur Sperrung vorzusehen, um gegebenenfalls den Zutritt über die Verkehrswege vollständig unterbinden zu können (S. 64, 113 f. des Berichts).
8Der Risikobericht wurde der Klägerin mit Schreiben vom 10. Februar 2009 übersandt. Zugleich wurde die Klägerin aufgefordert, auf der Grundlage des Risikoberichts einen Gefahrenabwehrplan gemäß § 16 HaSiG NRW zu erarbeiten. Mit Schreiben vom 18. Februar 2009 trug die Klägerin unter Bezugnahme auf frühere Erörterungen zur rechtlichen Umsetzbarkeit des Risikoberichts unter anderem vor: Für die geforderten Zugangskontrollen fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage. Diese könne auch nicht in einer etwaigen Eigensicherungspflicht oder einem Hausrecht begründet sein, da diese nur soweit reichten, wie dem Hafenbetreiber Eingriffsmöglichkeiten in Rechtspositionen Dritter tatsächlich zustünden. Außerdem sei nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/65/EG die Behörde für die Gefahrenabwehr verantwortlich und nicht ein etwaiger Hafenbetreiber. Da es sich zudem bei den Zufahrten ausnahmslos um öffentliche Straßen handele, würden Zufahrtskontrollen den Gemeingebrauch unzulässig beschneiden. Auch in tatsächlicher Hinsicht seien die Zufahrtskontrollen unverhältnismäßig. Bei zehn Straßenzufahrten müssten – bei drei Schichten – je nach Personal dreißig bis sechzig geschulte Kräfte abgestellt werden. Über solches Personal verfüge die Klägerin nicht. Außerdem unterfalle die Zufahrtskontrolle der Gefahrenabwehr und sei damit obligatorische Staatsaufgabe. Dies folge auch aus § 4 Abs. 2 Satz 2 der Allgemeinen Hafenverordnung - AHVO -.
9Am 15. Juni 2009 reichte die Klägerin den Entwurf eines Gefahrenabwehrplans gemäß § 16 HaSiG NRW – Port Security Plan (PSP) – ein. Der Entwurf sah eine Kontrolle öffentlicher Zugangsstraßen ausschließlich durch die jeweils zuständigen Behörden vor. Zusätzliche Kontrollen der Klägerin waren demnach allenfalls im Einvernehmen mit den Betroffenen oder an den Einfahrten zu den jeweiligen Betriebsgrundstücken der Klägerin denkbar. Für die Gefahrenstufen 2 und 3 waren ausschließlich polizeiliche Kontrollen und Sperrungen geplant. Zuvor hatte die Bezirksregierung am 19. März 2009 das Hafengebiet auf der Grundlage von § 14 HaSiG NRW durch öffentliche Bekanntmachung in ihrem Amtsblatt (ABl. Nr. 00 vom 00.0. 2009, S. 000) förmlich festgesetzt.
10Die Bezirksregierung trat dem Rechtsstandpunkt der Klägerin entgegen. Sie begründete im Anschluss an mehrere rechtliche Erörterungen die im Risikobericht dargestellte Ausgestaltung der Zutrittskontrollen als Eigensicherungsmaßnahmen unter dem 22. Juni 2009 wie folgt: Ziel des Landesgesetzgebers sei gewesen, den Betreiber eines Hafens in seiner Funktion und Verantwortung als "überwiegenden Eigentümer" und Organisationsverantwortlichen zur Vornahme von sicherheitsrelevanten Maßnahmen der Eigensicherung im Hafengebiet zu verpflichten. Diese Eigensicherung finde im Vorfeld der staatlichen – insbesondere polizeilichen – Gefahrenabwehr statt und ergänze jene präventiv. Die Pflichten seien dem Hafenbetreiber daher nicht im Rahmen einer Beleihung mit hoheitlichen Befugnissen oder als Verwaltungshelfer auferlegt. Die Entscheidung, ob und inwieweit der Gesetzgeber die Sicherung gefährdeter Anlagen oder betrieblicher Flächen zu einer öffentlichen, durch den Staat wahrzunehmenden Aufgabe mache oder sie dem jeweiligen privaten Verantwortlichen mit dessen zivilrechtlichen Positionen überlasse, stehe im weiten Ermessen des Gesetzgebers. Staatliche und demokratische Strukturprinzipien der Verfassung, insbesondere das Demokratie- und Sozialstaatsprinzip sowie die Grundrechte stünden einer Privatisierung einzelner Sicherheitsaufgaben nicht entgegen. Auch werde das Gewaltmonopol des Staates nicht unzulässig beschnitten. Dieses sei weder ein Gewaltausübungsmonopol noch ein Sicherheitsmonopol. Vielmehr könne die Legislative eine Privatisierung ("Gewaltgestattung", "Gewaltübertragung" oder "Gewaltermächtigung") zulassen, wenn dadurch die Funktionsfähigkeit des Staates nicht beeinträchtigt, sondern optimiert werde. Der Gesetzgeber verfüge insoweit über einen Gestaltungsspielraum, der ihm die Verteilung der Verantwortung gestatte. Dagegen sei der Staat nicht zur Übernahme jeglicher Sicherheitsaufgaben verpflichtet. Ausreichend sei die flächendeckende und qualitativ angemessene Sicherheitsversorgung. Dies sei auch in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Atom- und Luftsicherheitsrecht anerkannt. Dass die Maßnahmen nicht ausschließlich dem Schutz eigener, sondern auch allgemeiner Rechtsgüter dienten, sei jedenfalls bei ergänzenden Vorfeldmaßnahmen unschädlich. Die mit der Eigensicherung verbundene Nutzungsbeschränkung öffentlich gewidmeter Verkehrsflächen sei auch straßenrechtlich unbedenklich. Zwar gehe die Inpflichtnahme der Klägerin über die in ihrem Eigentum stehenden Flächen hinaus. Die entsprechende Widmung der öffentlichen Straßen sei jedoch durch behördliche Einzelfallentscheidung wie z.B. Sondernutzungserlaubnisse einschränkbar. Hierfür gebe es im Alltag vielfältige Beispiele wie Märkte, Außengastronomie an Straßencafes, Radrennen, Karnevalsumzüge, City-Läufe, Konzerte, "Public-Viewing-Veranstaltungen" und ähnliche kulturelle oder sportliche Großveranstaltungen. Hier fielen dem Veranstalter regelmäßig auch verkehrstechnische und ordnungsrechtliche Aufgaben zu. Eine Grenze sei erst erreicht, wo die Verkehrsfläche der Öffentlichkeit vollständig und dauerhaft entzogen werde. Dann sei eine behördliche Einzelfallentscheidung nicht ausreichend. Stattdessen bedürfe es einer Umwidmung oder eines Einzugs der Verkehrsfläche durch den Straßenbaulastträger, die Aufsichtsbehörde oder durch höherrangiges Recht. Letzteres sei beim Hafensicherheitsgesetz der Fall. Vorliegend folge eine solche Widmungseinschränkung aus der formalen Bekanntgabe des Hafengebiets. Dadurch werde im Wege der Allgemeinverfügung gemäß § 14 HaSiG NRW generell ein Gebiet mit erhöhter Gefährdung bzw. Schutzbedürftigkeit festgelegt. Damit handele es sich um ein "besonders qualifiziertes Gebiet" bzw. "Sondergebiet", in dem generell und dauerhaft bestimmte Nutzungseinschränkungen für den Hafenbetrieb und alle dort aufhältigen Personen gälten und es daher aus "gebietscharakteristischen" Gründen nicht mehr vollumfänglich zugänglich sei. Im Übrigen bestehe auf die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs kein Anspruch (§ 14 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW). Die geforderten Zugangskontrollen schränkten den Gemeingebrauch auch nicht unzulässig ein, sondern seien als "bloße Belästigungen" hinnehmbar. Dies gelte um so mehr, als § 28 HaSiG NRW die Einschränkung von Grundrechten vorsehe und ein Anhalten und Befragen nur in erhöhten Gefahrenstufen geboten sei, in denen eine verdichtete, allgemeine Gefährdungssituation vorliege. Die entsprechende Verpflichtung des Hafenbetreibers fuße auf der ihm zustehenden Sachherrschaft und Organisationsgewalt. Vor diesem Hintergrund bürde ihm der Gesetzgeber in § 15 HaSiG NRW eine besondere Verantwortung für die Sicherheit im Hafengebiet auf.
11Mit Schreiben vom 1. Februar 2010 teilte die Klägerin der Bezirksregierung mit, sie sehe sich zu den geforderten Zugangskontrollen auf öffentlichen Straßen weder berechtigt noch verpflichtet: Es fehle an einer Ermächtigungsgrundlage, der es aber mit Blick auf die damit verbundenen Eingriffe in Freiheitsgrundrechte bedürfe. Darüber helfe auch keine "Sachherrschaft" und "Organisationsgewalt" hinweg; diese habe die Klägerin nur auf ihren Grundstücken, aber eben nicht auf öffentlichen Straßen. Vor dem Hintergrund sei die Rechtsprechung zur Inpflichtnahme der Betreiber von Kernkraftwerken und Flughäfen, deren Kontrollaufgaben sich auf den vom Hausrecht umfassten innerbetrieblichen Bereich beschränkten, nicht übertragbar. Die Bemühung, "hausrechtsähnliche Befugnisse" für öffentliche Verkehrsflächen aus straßenrechtlichen Sondernutzungen herzuleiten, gehe schon wegen der hier fehlenden Sondernutzungserlaubnis fehl. Die Frage nach einer ordnungsrechtlichen "Annexkompetenz" im Rahmen der Sondernutzung stelle sich daher nicht. Zur Lösung der Problematik müsse man infolgedessen entweder die öffentlichen Straßen aus dem Hafengebiet ausklammern oder im Gefahrenabwehrplan eine Übertragung der Zugangskontrollen auf die Gefahrenabwehrbehörden vorsehen.
12Die Klägerin reichte hierauf einen weiteren, im Wesentlichen unveränderten Planentwurf ein, den die Bezirksregierung ihrerseits unter dem 3. Mai 2010 mit der Übersendung einer aus ihrer Sicht genehmigungsfähigen Fassung des Port Security Plans beantwortete. Darin legte sie der Klägerin eine Regelung der "Zutrittsbedingungen" (insbesondere der Personen-, Gepäck- und Frachtkontrollen) dergestalt nahe, dass in Gefahrenstufe 2 eine Personenkontrolle des straßenseitigen Zutritts durch die Klägerin oder ein beauftragtes Unternehmen an festgelegten Kontrollpunkten notwendig sei. Die Kontrolle umfasse das verdachtsabhängige und -unabhängige Befragen von Fahrzeugführern nach Ziel und Grund des Hafenzugangs. Bei Zweifeln an der Berechtigung oder an einem legitimen Zweck des Zugangs erfolge ein Hinweis auf die Unzulässigkeit des Zugangs. Verschaffe sich der Betreffende dennoch Zutritt, sei sofort die Polizei zu verständigen. In Gefahrenstufe 3 seien nach Entscheidung der Hafensicherheitsbehörde einzelne oder alle Zufahrten zu sperren. Die Funktionsfähigkeit der Absperrungen sei zu kontrollieren. Bei Feststellung von Manipulationen an den Absperrungen oder einer unberechtigten Zufahrt oder eines unberechtigten Zutritts sei sofort die Polizei zu benachrichtigen (S. 20 des Entwurfs). Bei "verdächtiger Ladung, verdächtigem Gepäck, verdächtigen Betriebsstoffen" etc. greife die Dienstanweisung (Anlage 4a) ein. Diese sieht eine Überprüfung der Gegenstände durch Mitarbeiter der Klägerin insbesondere auf mögliche Explosionsgefahren sowie weitere Sicherungspflichten vor (S. 21, 52 des Entwurfs).
13Die Klägerin übernahm die Änderungswünsche der Bezirksregierung nicht. Die Endfassung des am 12. November 2010 zur Genehmigung vorgelegten Gefahrenabwehrplans vom 11. November 2010 sieht stattdessen Folgendes vor: Zum Schutz des Hafens heißt es unter Ziffer III. zunächst allgemein, dass "Eigensicherungsmaßnahmen […] durch den Hafenbetreiber ausschließlich im Rahmen der rechtlichen Befugnisse durchgeführt werden. Soweit über Eigensicherungsmaßnahmen hinausgehende staatliche Gefahrenabwehrmaßnahmen zu treffen sind, obliegt die Umsetzung den jeweilig zuständigen staatlichen Behörden. Daher sind Kontrollen und andere Eingriffe in Rechte Dritter durch den Hafenbetreiber und die sonstigen Verantwortlichen von Anlagen, Objekten und Einrichtungen allein im Rahmen ihres jeweiligen Hausrechts möglich, nicht aber darüber hinaus, insbesondere nicht auf den dem Hafen vorgelagerten öffentlichen Straßen" (S. 16). Die Kontrolle des straßenseitigen Zugangs zum Hafen (Ziff. III.2.1) ist wie folgt ausgestaltet: Sie "[…] obliegt, soweit es sich um die Kontrolle von öffentlichen Zugangsstraßen handelt, ausschließlich den jeweiligen Behörden. Der Hafenbetreiber hat dort keine Kontrollbefugnisse und wird daher Zugangskontrollen nur auf seinem Grundstück durchführen. Soweit diese Grundstücke an Dritte verpachtet oder vermietet sind, liegen Hausrecht und Zugangskontrollrecht bei den jeweiligen Pächtern bzw. Mietern. Auch insoweit verfügt der Hafenbetreiber nicht über eigene Kontrollbefugnisse" (S. 21). Zum Unterpunkt "Zutrittsbedingungen" sieht der PSP für öffentliche straßenseitige Zufahrten in Gefahrenstufe 2 nur "Kontrollen durch die jeweils zuständige Behörde im Rahmen ihres Ermessens" vor. Für Gefahrenstufe 3 gilt eine "behördliche Sperrung der öffentlichen Hafenzufahrten" (S. 22). Für den Umgang mit verdächtiger Ladung etc. wird auf die entsprechende Dienstanweisung verwiesen, allerdings ergänzt um den Hinweis, dass in Gefahrenstufe 2 und 3 erforderliche Maßnahmen zur Kontrolle straßenseitiger Zugänge "im Ermessen der kontrollierenden Behörde" stünden (S. 22, 58 f.).
14Mit Bescheid vom 14. Dezember 2010 lehnte die Bezirksregierung die Genehmigung des Planes zur Gefahrenabwehr (Port Security Plan – PSP) ab und ordnete an, innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides einen hinsichtlich der Zugangskontrolle zum Hafengebiet genehmigungsfähigen PSP vorzulegen. Rechtsgrundlage für die Durchführung von Sicherungsmaßnahmen durch die Klägerin sei § 16 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 HaSiG NRW. Demnach sei die Durchführung der Sicherungsmaßnahmen Sache des Hafenbetreibers. Diese Regelung knüpfe an die in § 2 Nr. 7 HaSiG NRW legaldefinierte Stellung als Inhaber der Sachherrschaft und Organisationsgewalt an, außerdem an § 15 HaSiG NRW, der die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Hafenbetreibers zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Hafens festlege. Hafenbetreiber sei, wer die Kompetenz über die strukturelle und planerische Entwicklung der Hafenbetriebswirtschaft sowie das wirtschaftliche Nutzungs- und Ertragsrecht aus der Hafenbewirtschaftung besitze. Beides komme der Klägerin zu. Zwar sei ihre Verantwortlichkeit durch Verpflichtungen anderer Eigentümer begrenzt (§ 15 Satz 2 a.E. HaSiG NRW); folglich sei zu prüfen, inwieweit die Verpflichtung des jeweiligen Eigentümers zur Durchführung von Kontrollen auf "seiner" Straße zulässig sei. Man komme jedoch im Rahmen der Ermessensausübung zu dem Ergebnis, dass es im Hinblick auf die Sachherrschaft bzw. Organisationsgewalt der Klägerin zweckmäßiger und erforderlich sei, allein sie zu Zugangskontrollen heranzuziehen. Dies gelte nicht zuletzt mit Blick auf ihre fundierten Kenntnisse der örtlichen und strukturellen Gegebenheiten. Der Hinweis auf das fehlende Hausrecht auf öffentlichen Straßen gehe fehl. § 15 HaSiG NRW lege dem Hafenbetreiber eine besondere Verantwortung für das festgesetzte Hafengebiet auf. Dieser Verantwortung bzw. Verpflichtung könne die Klägerin aber nur nachkommen, wenn sie auch das Recht habe, diese Aufgaben wahrzunehmen. Innerhalb des Hafengebiets sei es der Klägerin daher mittels eines besonderen "Haus-", "Sicherungs"- bzw. "Organisationsrechts" möglich, präventive Organisations- und Sicherungsmaßnahmen durchzuführen. Rechte Dritter stünden dem nicht entgegen. Verdachtsbezogenes bzw. stichprobenartiges Anhalten von Fahrzeugen und anschließende Befragungen seien als bloße Belästigung zu dulden. Im Übrigen stellten Hafenbetreiber, Hafennutzer und Verkehrsteilnehmer eine Schicksalsgemeinschaft mit wechselseitigem Schutzinteresse dar. Hinzu komme, dass aufgrund der Beschilderung die Berechtigung zu Maßnahmen auf öffentlichen Flächen ohne Weiteres erkennbar sei. Außerdem sei in der Bekanntmachung des Hafengebiets auf die hafensicherheitsrechtliche Regelung explizit hingewiesen worden. Vor diesem Hintergrund sei die Genehmigung des PSP zu versagen. Ein milderes Mittel sei nicht gegeben, da die Zutrittskontrolle einen wesentlichen Kern der Gefahrenabwehrplanung ausmache.
15Die Klägerin hat am 14. Januar 2011 Klage erhoben. Sie trägt unter Bezugnahme auf das zur Gerichtsakte gereichte Gemeinsame Positionspapier der Hafenwirtschaftsverbände vom 29. Juli 2009 ergänzend und vertiefend vor: Personenkontrollen stellten stets grundrechtsrelevante Eingriffe – und keine bloßen Belästigungen – dar, die ausnahmslos einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürften. § 15 HaSiG NRW enthalte eine solche Ermächtigung nicht, die Vorschrift sei allenfalls eine Aufgabenzuweisungnorm. Außerdem lege die Klägerin den Inhalt des Gefahrenabwehrplanes gemäß § 16 HaSiG NRW selbst fest und sei dabei einzig durch den von § 15 HaSiG NRW vorgegebenen Zweck der "Eigensicherung" beschränkt. Dies allein könne die Klägerin jedoch nicht dazu berechtigen, durch Maßnahmen, die sie selbst in den Gefahrenabwehrplan aufnehme, in Rechte Dritter einzugreifen, zumal außerhalb ihres Hausrechts. Dort sehe sich die Klägerin allenfalls zu einem "beobachtenden Streifendienst" befugt, nicht jedoch zu Kontroll- und Sperrmaßnahmen. Der Hinweis der Bezirksregierung auf ein "besonderes Hausrecht" oder "Sicherungs- und Organisationsrecht" beantworte nicht die Frage, ob sich ein solches Recht auch auf den vorgelagerten Bereich einer öffentlichen Straße erstrecken könne. Vielmehr setze die Rechtfertigung von Kontrollmaßnahmen mit dem Hausrecht voraus, dass der zu kontrollierende Bereich nicht weiter reiche als das Hausrecht. Woraus sich dieses – letztlich aus § 903 BGB abzuleitende – "Hausrecht" des Hafenbetreibers an öffentlichen Straßen ergebe, lege die Bezirksregierung nicht dar. Auch die Rechtsfigur der "Sondernutzung" gebe hierfür nichts her. Der Hafenbetreiber erhalte nämlich kein materielles Sondernutzungsrecht an den Straßen im Hafengebiet. Daher entfalle auch eine Annex-Verpflichtung als Gegenleistung zur Sondernutzung. Außerdem könne eine solche Verpflichtung dem Hafenbetreiber nicht gegen seinen Willen auferlegt werden, wenn er im Gegensatz zu den von der Bezirksregierung genannten Beispielen (Straßencafés etc.) keinen Antrag auf Sondernutzung gestellt habe. Ob als Folge der behördlichen Festlegung des Hafengebiets dieses zu einem "besonders qualifizierten Gebiet" werde, könne dahinstehen, da hieraus allenfalls eine Beschränkung des Gemeingebrauchs an Straßen im Hafengebiet für die Nutzer folge, nicht aber zugleich eine Kontrollbefugnis oder gar Kontrollpflicht des Hafenbetreibers. Selbst eine Beschränkung des Gemeingebrauchs führe nicht dazu, dass dem Hafenbetreiber die Sachherrschaft oder Organisationsgewalt an diesen öffentlichen Straßen zustünde; letztere würden gerade nicht zugleich zum "innerbetrieblichen Verantwortungsbereich" des Hafenbetreibers. Eine "Sach-/bzw. Organisationsherrschaft" werde auch nicht durch § 2 Nr. 7 HaSiG NRW begründet, sondern von der Vorschrift vorausgesetzt. Die Zutrittskontrollen seien auch unter Effizienzgesichtspunkten bedenklich. Eine Kontrollpflicht ohne Eingriffsbefugnisse zur Zutrittsverweigerung ergebe nämlich keinen Sinn. Eine Kontrolle von Passanten unterhalb der Grundrechtseingriffsschwelle sei allenfalls eine gekünstelte und praktisch unnütze Fiktion. Dies gelte erst recht im Hinblick auf den mit dem HaSiG NRW bezweckten Schutz vor Terrorismus. Wenn man schon eine "Eigensicherungspflicht" für praktikabel halte – und nicht wie in den meisten anderen Bundesländern eine originär staatliche Aufgabe –, müsse man den Hafenbetreibern zumindest die für eine effektive Durchführung notwendigen Eingriffsbefugnisse mitgeben. Hieran fehle es aber. Die rein formale Festlegung des Hafengebietes berechtige weder zu Grundrechtseingriffen ohne gesonderte Eingriffsnorm noch verändere sie den straßenrechtlichen Status der erfassten Verkehrswege.
16Die Klägerin beantragt,
17Das beklagte Land beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Es nimmt Bezug auf das Vorbringen der Bezirksregierung im Verwaltungsverfahren sowie auf die Schreiben vom 8. und 10. März 2011, mit denen die Stadt O und der Stadthafen O2 GmbH & Co. KG als Straßeneigentümer und -baulastträger den Kontroll- und Absperrmaßnahmen der Klägerin auf den betroffenen Straßen zugestimmt haben.
21Ergänzend und vertiefend trägt die Bezirksregierung vor: Die Ermächtigungsgrundlage für die der Klägerin auferlegte Eigensicherung ergebe sich aus § 15 i.V.m. § 16 Abs. 3 und § 14 HaSiG NRW sowie Anhang II der europäischen Hafensicherheitsrichtlinie. Die Verpflichtung des Hafenbetreibers gehe über einzelne Betriebsgrundstücke hinaus und stelle einen Flächenbezug her. Sie knüpfe ausdrücklich an eine Gesamtverantwortung an, nicht lediglich an eine vollständige, ausnahmslos alle Grundstücke, Flächen und Wege umfassende Eigentumsposition. Dies sei auch vor dem Hintergrund des Zwecks von Richtlinie und Gesetz geboten: Zugangskontrollen seien für die Funktionsfähigkeit eines präventiven flächenbezogenen Gefahrenabwehrkonzeptes von elementarer Bedeutung bzw. dessen "Wesenskern". Folgerichtig obliege diese Aufgabe der Klägerin als Gesamtverantwortlicher für den Hafen. Die entsprechende Verpflichtung des Hafenbetreibers folge aus seiner besonderen Pflichtenstellung als für die Hafensicherheit Verantwortlicher (§ 15 HaSiG NRW). Zwar erstrecke sich dessen Hausrecht grundsätzlich nicht auf eine öffentlich gewidmete Verkehrsfläche. Als Hafenbetreiberin habe die Klägerin aber Sachherrschaft und Organisationsgewalt über den Hafen. Der Hafenbetreiber betreibe "charakteristischerweise" eben nicht alleine die in seinem Eigentum stehenden Betriebsflächen, sondern er betreibe den Hafen und damit im Wesentlichen die Warenumschlags- und diesbezüglichen Dispositions- und Verkehrsfunktionen. Der Hafen sei strukturell gekennzeichnet von seiner spezifischen Funktion als wassergebundenes Gewerbe-, Warenumschlags- und Infrastrukturzentrum. Öffentliche Verkehrsflächen seien elementarer Bestandteil eines Hafens und seiner Nutzung. Ohne wasser-, schienen- und straßenseitige Flächen, Wege und Einrichtungen könne es keinen Hafenbetrieb geben. Gestärkt werde die Hausrechtsposition durch die Gebietsqualifizierung des Hafens und die dem Gericht am 14. März 2011 vorgelegten Duldungen der Straßeneigentümer zur Ausübung der Rechte aus dem Eigentum vom 8. und 10. März 2011. Insoweit werde der Klägerin die Rechtsposition des legitimierten Besitzes nochmals ausdrücklich eingeräumt. Zwar seien der Klägerin die Sachherrschaft und Organisationsgewalt in Bezug auf die öffentlichen Straßen niemals konkret zugesprochen worden. Dessen bedürfe es auch nicht. Sachherrschaft und Organisationsgewalt seien maßgeblich für die Bestimmung des Gesamtverantwortlichen, hier der Klägerin. Aus dieser Verpflichtung folge auch ein Recht, Schutzmaßnahmen im Gesamthafengebiet zu ergreifen. Eine ausdrückliche Ermächtigung sei daher – zumal bei reinen Vorfeldmaßnahmen – entbehrlich.
22Im Übrigen gehe es der Klägerin nicht um die Zulässigkeit der Kontrollmaßnahmen an sich, sondern offenbar allein um den Ort. Dies zeige der Umstand, dass sie für den ebenfalls von ihr betriebenen Stromhafen E3 in einem Entwurf zum Gefahrenabwehrplan Zutrittskontrollen von derselben Art und Güte akzeptiert habe, wie sie im Stadthafen O gefordert worden seien. Einziger Unterschied sei, dass die betroffene Zufahrt über eine Privatstraße führe, die im Eigentum der Klägerin stehe. Eine (Mit-) Verpflichtung der anderen Hafengrundstückseigentümer im Hinblick auf § 15 HaSiG NRW sei bezüglich der Zugangskontrollen nicht effektiv. Zwar seien im Rahmen der Risikobewertung auch andere Eigentümer – die Betreiber einzelner Objekte und Infrastruktureinrichtungen mit erhöhtem Schutzbedürfnis – zur Vornahme ergänzender Schutzmaßnahmen verpflichtet worden. Bezüglich der Zugangskontrollen sei aber unter den Aspekten der Zweckmäßigkeit und Erforderlichkeit ein einheitliches Zutrittsmanagement durch die gesamtverantwortliche Klägerin geboten. Eine Verantwortungsteilung auf mehrere Eigentümer würde eine koordinierte, mit späteren staatlichen Maßnahmen eng verzahnte Vorgehensweise erschweren oder gar unmöglich machen. Das "Ausschneiden" aller Straßen aus dem Hafengebiet sei keine Alternative. Der Schutz des Hafens sei so nicht zu erreichen. Im Übrigen habe man bei der Festsetzung des Hafengebietes bereits Straßen außen vor gelassen, soweit dies verhältnis- und zweckmäßig gewesen sei.
23Hiergegen hat die Klägerin eingewandt: Eigensicherung müsse auf einen Bereich beschränkt bleiben, über den der Hafenbetreiber "als eigenen" verfügen könne; er müsse zwar nicht Eigentümer, wohl aber tatsächlich und rechtlich verfügungsbefugt sein. Dies sei bei öffentlichen Straßen nicht der Fall. Bei sondernutzungserlaubnispflichtigen Veranstaltungen würden dem die Erlaubnis beantragenden Veranstalter als "Kehrseite" bestimmte Ordnungspflichten auferlegt. Dies sei bei der Klägerin nicht gegeben. Eine Kontrollpflicht könne ihr nicht gegen ihren Willen aufgedrängt werden. Aus dem Beispiel des Stromhafens Reisholz folge lediglich, dass öffentliche Straßen keineswegs zwangsläufig notwendiger Bestandteil eines Hafens seien; sie müssten lediglich zu ihm hinführen. Aus der Duldung der Zutrittskontrollen durch die Eigentümer folge für die Klägerin keine Rechtspflicht zu deren Vornahme. Die Duldung rechtfertige insbesondere keine Grundrechtseingriffe, zu denen Kontrollen auf öffentlichen Straßen aber stets führten, und zwar auch unterhalb der Schwelle physischen Zwangs. Die Grenzen der Eigensicherungspflicht würden nicht durch das Gewaltmonopol gezogen, sondern durch die Grenzen des räumlichen Bereichs, innerhalb dessen der Eigensicherungspflichtige über Sachherrschaft und Organisationsgewalt verfüge. Kontrollen auf öffentlichen Straßen seien damit allein dem Staat und seinen Behörden vorbehalten. Das Land könne sich seiner Verantwortung nicht dadurch entziehen, dass es vermeintliche Eigensicherungspflichten zur eigenen Entlastung auch dorthin erstrecke und somit die Verantwortung für einen öffentlichen – und damit grundsätzlich jedermann zugänglichen – Bereich einem Privaten als Eigensicherungsaufgabe zuweise.
24Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bezirksregierung und des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen – MWEBWV – (vormals: Ministerium für Bauen und Verkehr – MBV –) ergänzend Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die zulässige Klage auf Neubescheidung ist begründet. Der Versagungsbescheid der Bezirksregierung E vom 14. Dezember 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (I.). Die Klägerin hat einen Anspruch auf die beantragte Neubescheidung ihres Antrags auf Genehmigung des von ihr am 12. November 2010 vorgelegten Plans zur Gefahrenabwehr – Port Security Plan (PSP) – (II.), § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO.
27I. Der Bescheid vom 14. Dezember 2010 ist sowohl bezüglich der Genehmigungsversagung (1.) als auch der Anordnung zur Vorlage eines erneuten Gefahrenabwehrplans (2.) rechtswidrig.
281. Die Voraussetzungen, die § 16 Abs. 4 des Gesetzes über die Sicherheit in Häfen und Hafenanlagen im Land Nordrhein-Westfalen vom 30. Oktober 2007 (GV.NRW. S. 470) in der Fassung vom 9. Februar 2010 (GV.NRW. S. 135) – HaSiG NRW – i.V.m. Anhang II der Richtlinie 2005/65/EG für die Genehmigung des von der Klägerin vorgelegten Gefahrenabwehrplans vorsieht, sind erfüllt.
29Das Hafensicherheitsgesetz NRW setzt die Richtlinie 2005/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in Häfen (ABl. EG Nr. L 310 vom 25. November 2005, S. 28) um. Die Richtlinie ergänzt ihrerseits ein umfangreiches internationales Regelwerk mit vergleichbarer Schutzrichtung: Ausgehend von einer zunehmenden Bedrohung des Seeverkehrs durch terroristische Handlungen erweiterte die Internationale Seeschifffahrts-Organisation der Vereinten Nationen (International Maritime Organization – IMO –) am 12. Dezember 2002 das bestehende Internationale Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (International Convention for the Safety of Life at Sea, BGBl. II 1979, S. 141 – SOLAS –) um das Kapitel XI-2 mit dem Titel "Besondere Maßnahmen zur Erhöhung der maritimen Sicherheit". Es enthält Regelungen für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen sowie als Anhang den Internationalen Code für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (International Ship and Port Facility Code, BGBl. II 2003, S. 2018 – ISPS Code –). Hieran anknüpfend verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat der EU am 31. März 2004 die Verordnung (EG) Nr. 725/2004 zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (ABl. EG Nr. L 129 vom 29. April 2004, S. 6). Der Anwendungsbereich der Verordnung beschränkt sich auf Maßnahmen zur Gefahrenabwehr an Bord von Schiffen einer bestimmten Größe sowie im unmittelbaren Bereich des Zusammenwirkens von Schiff und Hafen und damit lediglich auf einen Ausschnitt der gefährdeten Infrastruktureinrichtungen des Schiffsverkehrs. Um diese Lücke zu schließen und einen möglichst umfassenden Schutz für das Seeverkehrsgewerbe und die Hafenwirtschaft zu erreichen, erfasst die Richtlinie 2005/65/EG den Hafen in Gänze als Schutzobjekt. Erklärtes Hauptziel der Richtlinie ist die Einführung gemeinschaftsweiter Maßnahmen zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in Häfen – und nicht lediglich in Hafenanlagen (vgl. Art. 1 Abs. 1). Die Richtlinie sucht die genannten Anliegen im Wesentlichen durch folgendes Regelungsprogramm, das an die Verordnung (EG) Nr. 725/2004 angelehnt ist, zu verwirklichen: Die Mitgliedstaaten benennen zunächst für jeden betroffenen Hafen eine Gefahrenabwehrbehörde (Art. 5). Sie stellen ferner sicher, dass für den Hafen eine Risikobewertung erstellt wird, die von dem Mitgliedstaat zu genehmigen ist (Art. 6). Auf der Grundlage der Risikobewertung ist für den Hafen ein Gefahrenabwehrplan zu erarbeiten, fortzuschreiben und zu aktualisieren (Art. 7); darin sind – abhängig von der jeweils geltenden Gefahrenstufe (vgl. Art. 8) – "anzuwendende Verfahren, zu ergreifende Maßnahmen und einzuleitende Aktionen" festzulegen. Auch die Gefahrenabwehrpläne bedürfen der mitgliedstaatlichen Genehmigung. Die Vorgaben werden in Anhang II der Richtlinie konkretisiert. Die Bundesländer, die für die Richtlinienumsetzung zuständig sind (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG), haben von dem ihnen gemäß Art. 249 EGV a.F. (nunmehr: Art. 288 AEUV) zustehenden Umsetzungsspielraum in unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht. Während die Mehrzahl der Länder die Erstellung des Gefahrenabwehrplans für den Hafen den zuständigen Behörden auferlegt, weisen die Hafensicherheitsgesetze von Nordrhein-Westfalen und – dem folgend – Rheinland-Pfalz die Gefahrenabwehrplanung den Hafenbetreibern zu.
30Vgl. Jacobshagen/Solterbeck (Hrsg.), Das neue Hafensicherheitsrecht, Berlin 2011, S. 16 ff.; Lagoni/Wallrabenstein, Sicherheit in Seehäfen – Einführung und Überblick, in: Lagoni/Stober (Hrsg.), Sicherheit in Seehäfen, Köln u.a. 2007, S. 1 ff.; Erbguth, LKV 2007, 533.
31Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 HaSiG NRW erstellt der Hafenbetreiber unter Berücksichtigung der Ergebnisse der von der Hafensicherheitsbehörde erstellten Risikobewertung einen Plan zur Gefahrenabwehr für den Hafen. Der Plan muss entsprechend der Größe und der Bedeutung des Hafens den allgemeinen Aspekten des Anhangs II der Richtlinie 2005/65/EG entsprechen und insbesondere die Aufgaben der Zutrittsbedingungen, der Personen-, Gepäck- und Frachtkontrollen, des Umgangs mit verdächtiger Ladung sowie weitere Aufgaben enthalten, die als Aufgabenzuweisung im Anhang II der Richtlinie aufgeführt sind (§ 16 Abs. 3 HaSiG NRW). Der Plan zur Gefahrenabwehr ist der Hafensicherheitsbehörde zur Genehmigung vorzulegen (§ 16 Abs. 4 Satz 1 HaSiG NRW), die ihrerseits mit Nebenbestimmungen (Satz 2) und nachträglichen Auflagen (Satz 3) versehen werden kann. § 16 Abs. 5 HaSiG NRW bestimmt, dass die im genehmigten Plan zur Gefahrenabwehr genannten Sicherungsmaßnahmen vom Hafenbetreiber und den sonstigen Eigentümern der Hafenflächen innerhalb einer von der Hafensicherheitsbehörde festgelegten Frist umzusetzen sind.
32Ausdrücklich benannte Genehmigungsvoraussetzungen enthält § 16 HaSiG NRW nicht. Aus dem Regelungszusammenhang folgt aber, dass der vom Hafenbetreiber vorzulegende Gefahrenabwehrplan in formeller Hinsicht im Sinne des in § 16 Abs. 3 HaSiG NRW i.V.m. Anhang II der Richtlinie 2005/65/EG aufgestellten Regelungs- und Aufgabenzuweisungs-katalogs vollständig ist, d.h. sämtliche dort vorgesehenen Aspekte aufgreift und behandelt. In materieller Hinsicht ist der Plan "unter Berücksichtigung" bzw. "anhand" der Ergebnisse der Risikobewertung für den Hafen zu erstellen, denen er "angemessen Rechnung" zu tragen hat (§ 16 Abs. 1 Satz 1 HaSiG NRW, Anhang II der Richtlinie 2005/65/EG).
33§ 16 Abs. 4 HaSiG NRW ist eine Anspruchsgrundlage, da er auch den Interessen des Hafenbetreibers zu dienen bestimmt ist; um seinen Hafen dauerhaft und gesichert betreiben zu können, bedarf der Hafenbetreiber eines genehmigten Gefahrenabwehrplans. Nur so ist er hinreichend geschützt. Nur wenn er einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Genehmigung hat, kann er sich gegen eine Ordnungsverfügung der Hafensicherheitsbehörde nach § 5 Abs. 2 HaSiG NRW, die sich auf einen fehlenden oder fehlerhaften Gefahrenabwehrplan stützt, erfolgreich zur Wehr setzen. Im Übrigen wäre nicht erklärlich, warum der Hafenanlagenbetreiber nach § 11 Abs. 3 Satz 2 HaSiG NRW einen Genehmigungsanspruch besitzen sollte, der trotz ansonsten paralleler Regelungsstruktur dem Hafenbetreiber verwehrt würde.
34Vgl. insoweit deutlicher § 17 Abs. 4 Satz 2 HaSiG Rh.-Pf.: "Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Plan den sich aus dem Bericht zur Risikobewertung […] ergebenden Anforderungen an die Gefahrenabwehr für den Hafen entspricht".
35Ausgehend hiervon liegen die Genehmigungsvoraussetzungen vor. Die Klägerin hat als Betreiberin des Stadthafens O (a) am 12. November 2010 einen Gefahrenabwehrplan (PSP) vorgelegt, der in formeller Hinsicht das von Anhang II der Richtlinie 2005/65/EG vorgegebene Regelungsprogramm unbestritten vollständig aufgreift und behandelt. In materieller Hinsicht erfüllt der Plan die Anforderungen von § 16 Abs. 1 Satz 1 HaSiG NRW und § 16 Abs. 3 HaSiG NRW i.V.m. Art. 7 Abs. 1, Anhang II der Richtlinie 2005/65/EG, obwohl er abweichend von der hafensicherheitsbehördlichen Risikobewertung keine Zutrittskontrollen der öffentlichen Straßen im Hafengebiet vorsieht, die von der Klägerin mit eigenen Kräften durchgeführt werden (b).
36a) Die Klägerin ist Hafenbetreiberin im Sinne von § 16 HaSiG NRW. Nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 7 HaSiG NRW ist "Betreiber eines Hafens" derjenige, der die überwiegende Eigentümerposition an den Flächen im Hafen sowie die Sachherrschaft und Organisationsgewalt über den Hafen innehat. Dies ist bei der Klägerin der Fall. Sie ist innerhalb der auf der Grundlage von § 14 HaSiG NRW festgelegten Hafengrenzen Eigentümerin der Flächen des Hafenbeckens und zahlreicher Uferstreifen. Zudem hält sie das Eigentum an mehr als der Hälfte der landseitigen Grundstücksflächen im Hafengebiet. Ihre Sachherrschaft und Organisationsgewalt über den Hafen folgt daraus, dass sie als Betreiberin der (auch) im Hafengebiet verlaufenden Eisenbahn und als Inhaberin zahlreicher Hafenkräne und Umschlaganlagen über die Dispositionsbefugnis wesentlicher hafenbetrieblicher Arbeits- und Verkehrsabläufe verfügt sowie als Hafenträgerin i. S. v. § 38 Abs. 4 Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen – LWG NRW –, Hafen- und Ufergelder sowie Entgelte für Fischereierlaubnisscheine erhebt. Dies entspricht der Gesetzesbegründung, wonach sich Sachherrschaft und Organisationsgewalt aus der Kompetenz für die planerische und strukturelle Entwicklung der Hafenbetriebsflächen, der Organisations- und Verwaltungshoheit für die Hafenbetriebswirtschaft und den wirtschaftlichen Nutzungs- und Ertragsrechten aus der Hafenbewirtschaftung ergeben.
37Vgl. LT-Drs. 14/4240, S. 7; http://www.nd-haefen.de/content/leistungen/leist_hafen_entgeldregelungen .html (sic!), abgerufen am 8. März 2012.
38Durchgreifende Zweifel an der Eigenschaft als Hafenbetreiberin bestehen auch nach dem Verständnis der Klägerin nicht. Der Gegenstand ihres Unternehmens besteht gemäß dem Auszug aus dem Handelsregister des Amtsgerichts O (HRB Nr. 00000) darin, dass sie den Binnenhafen O E "besitzt und betreibt". Dass die Klägerin nicht über sämtliche Hafenflächen verfügt, stellt ihre Eigenschaft als Hafenbetreiberin nicht in Frage. Das Hafensicherheitsgesetz zielt im Interesse der Sicherheit auf die Schaffung klarer und praktisch handhabbarer Verantwortlichkeiten. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Eigenschaft als Hafenbetreiberin auch im Klageverfahren letztlich anerkannt.
39b) Der Gefahrenabwehrplan (PSP) vom 11. November 2010 hat die Risikobewertung im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 HaSiG NRW i.V.m. Anhang II der Richtlinie 2005/65/EG hinreichend berücksichtigt. Soweit der Plan bezüglich der Zugangskontrollen von den Vorgaben der Risikobewertung abweicht, steht dies einer Plangenehmigung nicht entgegen, weil insoweit die Risikobewertung ihrerseits der Rechtsordnung widerspricht (aa). Auch im Übrigen liegen in Bezug auf die Risikobewertung genehmigungshindernde Mängel des Gefahrenabwehrplans nicht vor (bb).
40aa) Die Genehmigungsfähigkeit des Gefahrenabwehrplans (PSP) ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass nach dessen Vorgaben die Zugangskontrollen in den Gefahrenstufen 2 (Anhalten, Befragen der Person und Überprüfung des Gepäcks der Fracht) und 3 (Straßenabsperrungen) den zuständigen staatlichen Behörden obliegen und nicht, wie in der Risikobewertung vorgesehen, dem Hafenbetreiber als Eigensicherungsmaßnahmen zugewiesen sind. Denn die Risikobewertung, die im vorliegenden Genehmigungsverfahren gerichtlich überprüfbar ist (1), widerspricht insofern geltendem Recht (2).
41(1) In materieller Hinsicht muss der Plan zur Gefahrenabwehr die Ergebnisse der Risikobewertung, die die Hafensicherheitsbehörde erstellt hat, "berücksichtigen" (§ 16 Abs. 1 Satz 1 HaSiG NRW), er muss "anhand" ihrer aufgestellt worden sein und ihnen schließlich "angemessen Rechnung tragen" (Anhang II der Richtlinie 2005/65/EG). Hierbei handelt es sich um auslegungsoffene Begriffe, die gesetzlich nicht näher definiert sind. Ein äußerster Rahmen lässt sich jedoch stecken. "Berücksichtigen" und "Rechnung tragen" bedeutet nicht, dass ein vorgegebenes Regelungsprogramm unverändert umzusetzen ist. Der Plan zur Gefahrenabwehr darf vielmehr auch von der Risikobewertung abweichen. Unproblematisch ist das in Randbereichen. Je näher die Anforderungen der Risikobewertung jedoch dem Kern der Sicherheitsgewährleistung kommen, desto geringer wird der Spielraum des Hafenbetreibers bei der Umsetzungsplanung. Bei Maßnahmen, die die Risikobewertung als zentral einstuft, kann das so weit gehen, dass sich der Umsetzungsspielraum zu einer Berücksichtigungspflicht verdichtet. Die Anhänge I und II der Richtlinie betonen insbesondere die Kontrollen oder Beschränkungen des Zutritts zum Hafengebiet einschließlich der Überprüfung von Personen, Gepäck und Fracht. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die Zugangskontrolle zum Hafengebiet einen ganz wesentlichen Kern des Sicherheitskonzepts ausmacht. Bei der Umsetzung der Zugangskontrollmaßnahmen hat der Hafenbetreiber also nur einen allenfalls geringen Spielraum. Wo dessen Grenzen genau verlaufen, kann das Gericht offen lassen: Nach der Risikobewertung soll der Hafenbetreiber die Zugangskontrollen an den öffentlichen Straßen im Hafengebiet mit eigenem Personal vornehmen; nach dem vorliegenden Gefahrenabwehrplan (PSP) sollen die Kontrollen gerade nicht von ihm, sondern von Polizei- und Ordnungsbehörden durchgeführt werden. Eine so gravierende Abweichung im Kernbereich des Gefahrenabwehrkonzeptes überschreitet den Umsetzungsspielraum offensichtlich. Eine Abweichung solchen Ausmaßes wäre ohne Weiteres ein durchgreifender Grund, die Genehmigung zu versagen.
42Allerdings kann die Versagung der begehrten Genehmigung wegen Verstoßes des Plans zur Gefahrenabwehr gegen die Risikobewertung nur Bestand haben, wenn die entscheidenden Anforderungen der Risikobewertung ihrerseits rechtmäßig sind. Für die Kontroll- und Zutrittsanforderungen ergibt sich das unmittelbar aus dem Anhang II der Richtlinie 2005/65/EG. Dieser verlangt die Vereinbarkeit der Kontroll- und Zutrittsanforderungen mit "allen einschlägigen geltenden Gesetzen".
43Eine rechtliche Überprüfung der Risikobewertung ist dem Gericht nicht deshalb verwehrt, weil jene als bestandskräftiger Verwaltungsakt aufzufassen wäre. Handelte es sich um einen Verwaltungsakt, wäre er bestandskräftig, weil die Klägerin kein Rechtsmittel gegen ihn eingelegt hat und die mangels Rechtsbehelfsbelehrung laufende Jahresfrist (vgl. § 58 Abs. 2 VwGO) inzwischen verstrichen wäre. In dem Fall wäre die Vorgabe zur Eigenkontrolle des Hafenzugangs durch die Klägerin unanfechtbar und stünde vorbehaltlich einer eventuellen Nichtigkeit damit im Einklang mit der Rechtsordnung. Dies ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht der Fall. Die Risikobewertung ist keine isoliert anfechtbare Sachentscheidung, sondern eine die Sachentscheidung inhaltlich vorbereitende unselbstständige Verfahrenshandlung im Sinne von § 44a Satz 1 VwGO. Insbesondere stellt die Risikobewertung keinen Verwaltungsakt dar; sie weist keinen für den Hafenbetreiber verbindlichen Regelungsgehalt auf. Die Risikobewertung soll den Hafenbetreiber in die Lage versetzen, den Gefahrenabwehrplan zu erstellen.
44Vgl. LT-Drs. 14/4240, S. 28.
45Sie ist ein interner Vorgang, mit dem die Hafensicherheitsbehörde Einfluss auf die dem Hafenbetreiber obliegende Aufgabe nimmt, die gefahrenabwehrende (Fein-)Planung aufzustellen. Die Risikobewertung geht inhaltlich in den Gefahrenabwehrplan ein und in dessen nachfolgender Genehmigung auf. Nur mit ihr unterliegt die Risikobewertung der gerichtlichen Kontrolle. Die Risikobewertung bestimmt die Gefahrenabwehrmaßnahmen nur im Allgemeinen. Bei der konkreten Festlegung der einzelnen Maßnahmen bleibt dem Hafenbetreiber ein ausfüllungsbedürftiger Umsetzungsspielraum. Der Risikobewertung kommt auch deswegen keine Verbindlichkeit gegenüber dem Hafenbetreiber zu, weil diesem nach § 13 Abs. 3 HaSiG NRW lediglich ein Bericht über die Risikobewertung "bekannt zu machen" ist, der noch dazu auf die Ergebnisse beschränkt ist. Einem bloßen Bericht kommt aber regelmäßig – so auch hier – keine Regelungswirkung zu. Mit der Ausgestaltung der Zutrittskontrollen als Eigensicherungsmaßnahmen hat die Bezirksregierung keine Rechtsfolgen gegenüber der Klägerin setzen wollen. Sie geht vielmehr selbst davon aus, dass die Risikobewertung keine allgemeine Feststellung von Terrorrisiken beinhaltet, sondern eine Terrorgefährdung unter hafensicherheitsrechtlichem Blickwinkel – auch mit dem Ziel der Festlegung eines Untersuchungs- und Hafengebiets – lediglich "ermittelt und darstellt" (S. 4 des Risikoberichts). Es handelt sich allenfalls um eine – ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften ansatzweise vergleichbare – vorweggenommene Ermessensausübung der Bezirksregierung, die der Genehmigungsentscheidung vorgelagert ist. Schließlich gehen nach allgemeinen Regeln des Verwaltungsrechts Unklarheiten über den Charakter einer Maßnahme als Verwaltungsakt zu Lasten der Behörde, weil sie es allein in der Hand hat, insoweit für Klarheit zu sorgen. Damit unterliegt die Risikobewertung der vollen gerichtlichen Überprüfung im Verfahren über die Genehmigung des Plans zur Gefahrenabwehr.
46(2) Die in der Risikobewertung vorgegebene Inpflichtnahme der Klägerin zu Kontroll- und Absperrmaßnahmen auf öffentlich gewidmeten Straßen im Wege der Eigensicherung für das festgesetzte Hafengebiet widerspricht den "einschlägigen geltenden Gesetzen" i.S.d. Anhangs II der Richtlinie 2005/65/EG. Zwar können Eigensicherungspflichten der vorliegenden Art (Straßenkontrollen und -sperrungen) grundsätzlich auch einem Hafenbetreiber auferlegt werden (a). Soweit sich die Maßnahmen jedoch auf öffentliche Straßen erstrecken, gehen sie über das hinaus, was als Eigensicherung von der Klägerin verlangt werden darf (b).
47(a) Die der Klägerin nach dem Risikobericht obliegenden Pflichten sind materiellrechtlich als Eigensicherungsmaßnahmen ausgestaltet (aa), die mit den Vorgaben des Europa- und des Verfassungsrechts grundsätzlich vereinbar sind (bb).
48(aa) Die Eigensicherung, die der Risikobericht bezüglich der Zugangskontrollen für die Hafenbetreiberin vorsieht, ist einerseits von der hoheitlichen Gefahrenabwehr durch die hierfür zuständigen Behörden, die sich auf gesetzlicher Grundlage auch der Dienste von Privaten als Beliehenen oder Verwaltungshelfern bedienen können, andererseits von der Inanspruchnahme Privater nach den Grundsätzen der polizeilichen Störerhaftung zu unterscheiden.
49vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 3. Mai 2005 – 12 MS 132/05 –, juris; vgl. zum Luftverkehr: BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1985 – BVerwG 4 C 76.82 –, Buchholz 442.40, Nr. 3 zu § 29 LuftVG; Urteil vom 19. Januar 1989 – BVerwG 7 C 31.87 –, BVerwGE 81, 185, juris.
50Während Beliehene oder Verwaltungshelfer, derer sich der Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben – soweit dies zweckmäßig ist, eine staatliche Kontrolle gewährleistet bleibt und ein engerer Bereich grundrechtlicher Freiheit unberührt bleibt – als unter seiner Aufsicht stehende "Hilfsorgane" bedienen kann, stets öffentliche bzw. hoheitliche Aufgaben wahrnehmen und hierzu mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind,
51vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1994 – 4 C 1.93 –, BVerwGE 95, 188, juris Rn. 29 m.w.N.; Lagoni/Wallrabenstein, Rechtliche Schranken der Übertragung hoheitlicher Aufgaben im Bereich der Hafensicherheit, in: Lagoni/Stober (Hrsg.), Sicherheit in Seehäfen, Köln u.a. 2007, S. 69 (78 ff.),
52beruht die Eigensicherung auf der Verantwortung des Trägers einer Rechtsposition für den Schutz dieses eigenen Rechtsgutes vor fremden, von außen kommenden Gefährdungen und Beeinträchtigungen; es handelt sich mithin um ein originär privates Aufgabenfeld. Private werden zur Durchsetzung gemeinwohlmotivierter Sicherheitsinteressen insbesondere beim Objektschutz in die Pflicht genommen. Die Auferlegung von Eigensicherungspflichten ist damit eine im – weiten – Ermessen des Staates stehende Entscheidung, die gesetzlich zulässig ist, soweit der Staat nicht im Gefolge seines verfassungsrechtlichen Schutzauftrages selbst tätig werden muss. Die zumutbare Eigensicherung stellt vor diesem Hintergrund keine Indienstnahme für staatliche Aufgaben dar, sondern ist nichts anderes als die Aktivierung einer ohnehin bestehenden eigenen Pflichtigkeit und Selbstverantwortlichkeit. Damit kann der Eigensicherungspflichtige nur zu solchen Zugangsmaßnahmen verpflichtet werden, die sich innerhalb privater Handlungsbefugnisse halten und als solche geeignet und wirksam sind.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 31.87 –, BVerwGE 81, 185, juris Rn. 13 f.; OVG NRW, Urteil vom 22. November 2007 – 20 D 38/05.AK –, juris Rn. 19; Nds. OVG, Beschluss vom 3. Mai 2005 – 12 MS 132/05 –; Erbguth, Terrorismusabwehr in Häfen, in: Stober (Hrsg.), Jahrbuch des Sicherheitsgewerberechts 2007, Hamburg 2008, S. 41 (49); Möstl, Die staatliche Garantie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, Tübingen 2002, S. 349 f.; Stober, NJW 2008, 2301 (2303); Schiller/Drettmann, DVBl. 1977, 956; zu § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG: Ossenbühl, NVwZ 2002, 290 (292). – Zur Zulässigkeit von Eigensicherungsmaßnahmen für Hafenanlagenbetreiber vgl. Rengeling, DVBl. 2004, 589 (593).
54Die Zugangskontrollen für das in Rede stehende Hafengebiet sind nicht als hoheitliche Aufgaben ausgestaltet. Letztere überträgt das Hafensicherheitsgesetz dem Hafenbetreiber gerade nicht. Eine Beleihung scheidet schon aus, weil es an einer gesetzlichen Aufgabenübertragung bzw. Beleihungsermächtigung fehlt.
55Vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Januar 2012 – 2 BvR 133/10 –, juris Rn. 176 (zum Maßregelvollzug); OVG NRW, Urteil vom 22. November 2007 – 20 D 38/05.AK –, juris Rn. 19 (zu § 5 Abs. 5 LuftSiG); Stober, NJW 1997, 889 (896, zur Verkehrsüberwachung durch Private); Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, Berlin 1987, S. 38 (zum Versammlungsleiter gemäß § 8 Satz 2 VersammlG). – Zu den Schranken der Beleihung vgl. Lagoni, Beleihung privater Hafenverwaltungen mit öffentlichen Aufgaben, in: Lagoni/Erbguth (Hrsg.), Deutsche Seehäfen: Privatisierung und Gefahrenabwehr, Münster 2005, S. 55 ff.
56Insbesondere § 16 Abs. 5 und § 15 HaSiG NRW, durch die dem Hafenbetreiber die Umsetzung der konkreten Sicherungsmaßnahmen bzw. die Verantwortlichkeit für das Hafengebiet auferlegt wird, enthalten keine Übertragung hoheitlicher Befugnisse. Eine solche ist nach der Gesetzesbegründung, die im Interesse einer gerechten Aufgabenverteilung von reinen Zuständigkeitszuweisungen ausgeht, auch nicht gewollt.
57Vgl. LT-Drs. 14/4240, S. 24.
58Gegen eine hoheitliche Aufgabenwahrnehmung im Übrigen, die grundsätzlich auch einem Hafenbetreiber als Verwaltungshelfer überantwortet werden kann,
59vgl. Lagoni, Rechtsfragen der Errichtung einer Port Authority für den Hamburger Hafen, in: Lagoni/Erbguth (Hrsg.), Deutsche Seehäfen: Privatisierung und Gefahrenabwehr, Münster 2005, S. 109 (159); Lagoni/Wallrabenstein, Rechtliche Schranken der Übertragung hoheitlicher Aufgaben im Bereich der Hafensicherheit, in: Lagoni/Stober (Hrsg.), Sicherheit in Seehäfen, Köln u.a. 2007, S. 69 (92 f.),
60spricht vorliegend weiterhin, dass das Gesetz keine Entschädigungsregelung vorsieht, sondern den Hafenbetreibern sämtliche Kosten auferlegt, die sowohl durch die Aufstellung des Gefahrenabwehrplans als auch die zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen entstehen.
61Vgl. LT-Drs. 14/4240, S. 2.
62Dagegen spricht ferner, dass § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 8 HaSiG NRW die Nichtumsetzung dieser Pflichten als Ordnungswidrigkeiten sanktioniert. Die Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe durch einen Privaten wird demgegenüber typischerweise mit den Mitteln der staatlichen Aufsicht durchgesetzt.
63Vgl. Erbguth, Terrorismusabwehr in Häfen, a.a.O., S. 41 (50), zur Erstellung der Risikobewertung und des Gefahrenabwehrplans.
64Eine hoheitliche Aufgabenübertragung folgt auch nicht aus § 4 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 der auf § 37 Abs. 4 LWG NRW gestützten Ordnungsbehördlichen Verordnung über den Verkehr und den Güterumschlag in Häfen vom 8. Januar 2000 (GV.NRW, S. 34) in der Fassung vom 28. November 2011 (GV.NRW, S. 588) – Allgemeine Hafenverordnung (AHVO NRW) –. Soweit demnach die Gefahrenabwehr im Hafen der örtlichen Ordnungsbehörde obliegt, die sich zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben der Dienstkräfte des Hafenbetreibers i.S.d. § 2 Nr. 6 AHVO NRW "bedienen" kann, mag dies zwar für eine hoheitliche Aufgabenwahrnehmung sprechen.
65Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1994 – 4 C 1.93 –, juris Rn. 29.
66Diese Regelung ist jedoch bereits nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar. § 4 Abs. 2 AHVO NRW betrifft "Aufgaben nach dieser VO". Im Streit stehen zwischen den Beteiligten aber Aufgaben nach dem spezielleren HaSiG NRW, das die allgemeine AHVO NRW in seinem Anwendungsbereich verdrängt. Schließlich geht das beklagte Land von einer Übertragung hoheitlicher Befugnisse selbst nicht aus.
67Die Klägerin ist auch kein Störer oder Nichtstörer im ordnungsrechtlichen Sinne. Dabei mag dahinstehen, ob eine solche Inanspruchnahme bereits deshalb ausscheidet, weil die Zugangskontrollen möglicherweise als bloße Vorbereitungs- bzw. Vorfeldmaßnahmen nicht der Abwehr einer konkreten (bevorstehenden) Gefahr dienen,
68vgl. Möstl, Die staatliche Garantie für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, Tübingen 2002, S. 342 f.,
69oder ob man letztere jedenfalls für die Gefahrenstufe 3, in der ein sicherheitsrelevantes Ereignis wahrscheinlich ist oder unmittelbar bevorsteht, annimmt. Eine Polizeipflicht der Klägerin ist nämlich weder als Handlungs- oder Zustandsstörerin noch als Nichtstörerin gegeben. Die Verantwortung als Zustandsverantwortlicher trifft den Eigentümer oder den Inhaber der tatsächlichen Gewalt über eine Sache, von deren Beschaffenheit oder öffentlicher Lage im Raum eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Zurechnungsprinzip ist die Verursachung der Gefahr durch den Eigentümer bzw. den Inhaber der tatsächlichen Gewalt. Vorliegend geht es nicht um Gefahren, die vom Hafen der Klägerin ausgehen, sondern um solche, die dem Hafen von Seiten Dritter drohen. Der bloße Betrieb des Hafens stellt allenfalls eine mittelbare Ursache für einen gegen ihn gerichteten terroristischen Angriff dar, indem er gewisse Anreize für einen Missbrauch bietet. Soweit daher § 16 Abs. 5 HaSiG NRW vom Hafenbetreiber Maßnahmen auch zum Schutz vor derartigen Gefahren verlangt, geht eine solche – erweiterte – Haftung für durch Einwirkungen Dritter verursachte Gefahren über die polizeiliche Zustandshaftung hinaus. Anderenfalls würde die Zustandshaftung zu einer konturlosen Billigkeitshaftung werden, die aus der hierfür maßgeblichen Sachherrschaft nicht mehr zu rechtfertigen wäre.
70Vgl. BVerwG, Urteile vom 4. Oktober 1985 – 4 C 76.82 –, Buchholz 442.40 § 29 LuftVG Nr. 3, juris, und vom 19. Januar 1989 – 7 C 31.87 –, BVerwGE 81, 185, juris Rn. 11; Erbguth, Terrorismusabwehr in Häfen, a.a.O., S. 41 (46 f.).
71Aus vergleichbaren Erwägungen ist auch eine Verhaltensverantwortlichkeit abzulehnen. Nach dem Hafensicherheitsgesetz erfolgt die Gefahrenabwehr bereits im Wege der Präventivkontrolle. Es ist daher zu Recht anerkannt, dass der Inhaber bzw. Betreiber einer Anlage, der sich genehmigungs- bzw. rechtskonform verhält, nicht als Polizeipflichtiger herangezogen werden kann.
72Vgl. Erbguth, Terrorismusabwehr in Häfen, a.a.O., S. 41 (47); Ronellenfitsch, DVBl. 2005, 65 (68 f.); vgl. auch Schiller/Drettmann, DVBl. 1977, 956 f.
73Eine allenfalls denkbare Inanspruchnahme der Klägerin als Nichtstörerin scheidet hier deshalb aus, weil eine solche Inanspruchnahme zu einem Entschädigungsanspruch führen müsste (vgl. § 39 Abs. 1 Buchst. a OBG NRW), um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen. Das HaSiG NRW sieht einen solchen Anspruch aber – wie dargelegt – gerade nicht vor. Überdies ist nicht erkennbar, dass es den Ordnungs- und Polizeibehörden von vorne herein unmöglich wäre, die Gefahren mit eigenen Kräften abzuwehren. Die Risikobewertung geht selbst davon aus, dass die staatlichen Sicherheitskräfte konkrete Gefahren bekämpfen können, sobald sich "verdächtige" Zutrittswillige nicht freiwillig vom Hafenbetreiber kontrollieren lassen. Die Nichtstörerhaftung setzt aber gerade voraus, dass eine behördliche Gefahrenabwehr nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist. Unter diesen Umständen ist es nicht gerechtfertigt, die geforderten Sicherungsmaßnahmen als Notstandsinanspruchnahme aufzufassen.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1985 – 4 C 76.82 –, Buchholz 442.40 § 29 LuftVG Nr. 3, juris Rn. 26; Schiller/Drettmann, DVBl. 1977, 956; Erbguth, Terrorismusabwehr in Häfen, a.a.O., S. 48 m.w.N.
75Scheiden somit Beleihung, Verwaltungshelferschaft und Störer- bzw. Nichtstörerinanspruchnahme aus, bleibt lediglich die Pflicht zur Eigensicherung. Die Eigensicherungspflichten unterliegen auch im Hafensicherheitsrecht einem öffentlich-rechtlichen Regime. Sie stellen aber keine Wahrnehmung staatlicher Aufgaben dar, sondern sind Bestandteil bzw. Folge der Ausübung des Hafenbetriebs. Allerdings können auch im Hafensicherheitsrecht als Eigensicherungsmaßnahmen nur solche Pflichten auferlegt werden, die sich innerhalb privater Handlungsbefugnisse handeln. Daher ist es im Grundsatz unbedenklich, wenn die Risikobewertung den Hafenbetreiber verpflichtet, seine privatrechtlichen Eingriffsmöglichkeiten, insbesondere auf Grund eines Hausrechtes, gegenüber Dritten in einer bestimmten Weise auszuüben.
76Vgl. zu § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LuftSiG: Nds. OVG, Beschluss vom 3. Mai 2005 – 12 MS 132/05 -, juris m.w.N.
77(bb) Es ist auch nicht zweifelhaft, dass das Sicherungskonzept, wie es in §§ 13 ff. HaSiG NRW geregelt ist, europarechtlichen (aaa) und verfassungsrechtlichen Vorgaben (bbb) entspricht.
78(aaa) Die Richtlinie 2005/65/EG enthält bezüglich der Durchführung der geforderten Zutritts-, Gepäck- und Frachtkontrollen im Hafengebiet keine originäre – unveräußerliche – Aufgabe staatlicher Behörden. In Anhang I und II der Richtlinie sind die Pflicht zur Durchführung von Zutrittskontrollen und -beschränkungen bzw. Zutrittsbedingungen, Personen-, Gepäck- und Frachtkontrollen sowie der Umgang mit verdächtiger Ladung, verdächtigen Personen etc. angesprochen, ohne dass damit die staatlichen Stellen selbst zur Durchführung verpflichtet wären. Eine Auslegung, nach der die Aufgabenerfüllung zumindest auch den Hafenbetreibern übertragen werden kann, ist vom Wortlaut der Richtlinie gedeckt, wonach die Mitgliedstaaten die Erfüllung der Pflichten zur Erstellung der Risikobewertung (Art. 6 Abs. 1), des Gefahrenabwehrplans (Art. 7 Abs. 1) und die Pflicht zu dessen Durchführung (Art. 7 Abs. 4) "sicher zu stellen" haben. Insofern verbleibt es bei dem den Mitgliedstaaten durch Art. 249 Abs. 3 EG a.F. (heute: Art. 288 AEUV) bei der Richtlinienumsetzung eröffneten Gestaltungsspielraum. Art. 5 Abs. 2 RL 2005/65/EG steht einem solchen Verständnis nicht entgegen. Aus der Vorschrift folgt lediglich, dass die Behörde die (Letzt-)Verantwortung für den Gefahrenabwehrplan zu tragen hat, nicht jedoch, dass sie den Gefahrenabwehrplan zwingend selbst zu erstellen hätte. Auch Art. 17 der Richtlinie spricht dafür, dass sie jedenfalls auch eine Verpflichtung der Hafenbetreiber ins Auge gefasst hat. Denn es heißt dort, dass Sanktionen für Verstöße gegen die Vorschriften der Richtlinie wirksam, angemessen und abschreckend sein müssen. Demgegenüber wäre eine Sanktionierung von Verstößen gegen staatliche Behörden widersinnig. Art. 6 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie stehen dem nicht entgegen. Danach können sowohl die Risikobewertung als auch der Gefahrenabwehrplan von einer anerkannten Stelle für die Gefahrenabwehr im Sinne von Art. 11 der Richtlinie erstellt werden. Ausgehend davon, dass die Richtlinie die Mitwirkung solcher Privatunternehmen zur Effektivierung der Gefahrenabwehr im Hafen gestattet, folgt, dass sich auch der Hafenbetreiber als eigensicherungspflichtiger Aufgabenträger einer bzw. mehrerer anerkannter Stellen zur Gefahrenabwehr bedienen darf.
79Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. November 2007 – 20 D 38/05.AK –, juris Rn. 20; Beschluss vom 14. April 2005 – 20 B 616/05.AK –, juris Rn. 12, zur Verordnung (EG) Nr. 2320/2002; Erbguth, Terrorismusabwehr in Häfen, a.a.O., S. 41 (67 ff.).
80(bbb) Die der Klägerin im Wege der Eigensicherung auferlegten Zugangskontrollmaßnahmen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ob der Gesetzgeber die Objektsicherung gefährdeter und gefährlicher Anlagen zu einer öffentlichen Aufgabe macht oder sie für eine Übergangszeit bis zum Eintreffen der Polizei dem "Hausrecht" des Betreibers überlässt, steht in seinem weiten Ermessen.
81Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 31.87 –, BVerwGE 81, 185, juris Rn. 14.
82Insbesondere verstoßen die Zutrittskontrollen nicht gegen das staatliche Gewaltmonopol. Dieses verlangt, dass bestimmte Aufgaben beim Staat verbleiben müssen, weil auf ihnen die Staatlichkeit wesentlich beruht. Danach ist es die originäre Aufgabe des Staates, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr für den Hafenbetrieb selbst zu ergreifen und damit auch für einen wirksamen Schutz des Schiffsverkehrs zu sorgen. Dieser Verpflichtung wird der Staat jedoch mit der in der Risikobewertung angelegten Aufgabenverteilung im Grundsatz gerecht. Die Zutrittskontrollen sollen – ohne körperlichen Zwang – der Polizei ein rascheres und effektiveres Einschreiten bei deren konkreten Gefahrenabwehrmaßnahmen ermöglichen. Sie übernehmen nach der Konzeption der Risikobewertung lediglich eine Ergänzungsfunktion zugunsten der staatlichen Gefahrenabwehr. Gegen mögliche Sicherheitsgefährdungen, die durch das im Hafen eingesetzte Personal oder durch Besucher des Hafengebietes bzw. durch den dortigen Warenverkehr entstehen können, muss jedenfalls nicht durch den Staat selbst vorgesorgt werden. Die unmittelbare Verknüpfung mit den Betriebsabläufen, die der Organisationsgewalt des Hafenbetreibers unterliegen, lässt es – im Rahmen seines Hausrechts – als verfassungsrechtlich unbedenklich erscheinen, die Eigensicherungsmaßnahmen auch dem Hafenbetreiber selbst aufzuerlegen.
83Vgl. zu den Durchsuchungspflichten aus § 8 Abs. 1 Nr. 5 LuftSiG: BVerwG, Beschluss vom 23. November 2006 – 3 B 26.06 –, juris; OVG NRW, Urteil vom 22. November 2007 20 D 38/05.AK , juris Rn. 22 ff.; Nds. OVG, Beschluss vom 3. Mai 2005 – 12 MS 132/05 –, juris Rn. 9, 12; OVG Bremen, Urteil vom 31. Oktober 2006 – 1 D 41/06 –, juris Rn. 34.
84Es ist auch nicht zu erkennen, dass das beklagte Land das Institut der Eigensicherung überdehnt hat, indem sich der Staat seiner Pflicht zu Gefahrenabwehr in Bezug auf den Zugangsverkehr ins Hafengebiet im Wesentlichen entzogen hätte. Das staatliche Monopol ist dann gewahrt, wenn das Schwergewicht bzw. der Kern der präventiven Maßnahmen zur Hafensicherheit in staatlicher Verantwortung verbleiben. Dies ist hier der Fall. Der eigentliche Hafenbetrieb wird in vollem Umfang staatlich gegen Gefahren gesichert. Es verbleiben, wie die Bezirksregierung insoweit zu Recht anführt, die wesentlichen Aufgaben der Gefahrenabwehr gemäß § 4 HaSiG NRW bei der Hafensicherheitsbehörde, die im Übrigen die Gefahrenabwehrplanung genehmigt. Diese Aufgabenverteilung erscheint auch nicht willkürlich. Die vorzunehmenden Zugangskontrollen weisen eine direkte Nähe zum Hafenbetrieb auf und stellen aufgrund des damit bewirkten Sicherheitsniveaus auch einen Vorteil dar, der dem Hafen und damit der Klägerin unmittelbar zugute kommt. Mit der Aufgabenübertragung wird der Staat schließlich seiner Pflicht zur wirksamen Gefahrenabwehr gerecht. Die seitens des Hafenbetreibers im Rahmen seiner privatrechtlichen Befugnisse ggf. durchzuführenden Kontroll- und Absperrmaßnahmen erhöhen die Sicherheit des Hafenbetriebs, wenn sie sie auch nicht in Gänze gewährleisten können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin für den Fall, dass die durch ihr Hausrecht bzw. vertraglich begründeten Befugnisse zur effektiven Gefahrenabwehr nicht ausreichen, die nach § 4 Abs. 1 HaSiG NRW zum Einschreiten befugten hoheitlichen Sicherheitskräfte zur Unterstützung heranziehen kann.
85Vgl. OVG Bremen, Urteil vom 31. Oktober 2006 – 1 D 41/06 –, juris Rn. 35 ff.
86Schließlich begegnet die Übertragung der Eigensicherung keinen Bedenken, die aus Grundrechten der Klägerin erwachsen könnten. Auf Freiheitsgrundrechte kann sich die Klägerin schon deshalb nicht berufen, weil sie insoweit nicht gemäß Art. 19 Abs. 3 GG grundrechtsfähig ist. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass die Grundrechte vorrangig dem Schutz der Freiheitssphäre des Einzelnen gegen Eingriffe der staatlichen Gewalt dienen. Juristische Personen in den Schutzbereich materieller Grundrechte einzubeziehen ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn deren Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der privaten natürlichen Personen ist, insbesondere wenn der "Durchgriff" auf die hinter ihnen stehenden Menschen es als sinnvoll und erforderlich erscheinen lässt. Das ist jedenfalls insoweit nicht der Fall, als eine juristische Person des öffentlichen Rechts öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Dieser Grundsatz gilt auch für juristische Personen des Privatrechts, wenn sich diese überwiegend im Eigentum der öffentlichen Hand befinden; auch diese können sich daher nicht auf den Schutz der materiellen Grundrechte berufen, soweit sie bestimmungsgemäß öffentliche Aufgaben wahrnehmen und in dieser Form von dem angegriffenen Hoheitsakt betroffen sind.
87BVerfG, Beschluss vom 18. Mai 2009 – 1 BvR 1731/05 –, NVwZ 2009, 1282, juris Rn. 16 m.w.N.
88Nach diesen Grundsätzen ist eine "wesensmäßige" Anwendbarkeit von Freiheitsgrundrechten auf die Klägerin zu verneinen. Sie steht, wenngleich sie als Kommanditgesellschaft keine juristische Person im engeren Sinne ist, vollständig unter dem Einfluss zweier Hoheitsträger bzw. von diesen beherrschten Gesellschaften und kann daher die eigene Grundrechtsbindung nicht abstreifen.
89A.A. Dietlein/Lorz, die in dem zur Gerichtsakte gereichten Rechtsgutachten zur Umsetzung der Richtlinie 2005/65/EG aus dem Jahre 2007 (Beiakte 21), dort S. 52, aus Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG eine potenzielle Grundrechtsbetroffenheit auch öffentlich beherrschter Hafenbetreiber ableiten. – Vgl. zur Grundrechtsbindung öffentlich beherrschter Unternehmen auch BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 1 BvR 699/06 –, juris Rn. 49.
90Ungeachtet dessen stellen Eingriffe in etwaige Grundrechtspositionen der Klägerin eine durch Gemeinwohlinteressen hinreichend veranlasste, verhältnismäßige Regelung der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG und zugleich eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentumsrechts nach Art. 14 Abs. 1 GG dar. Gemessen an den verfolgten bedeutenden Gemeinwohlinteressen, nämlich dem Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit von Häfen und Hafenanlagen, insbesondere vor Sabotageakten und terroristischen Anschlägen (vgl. § 1 Abs. 1 HaSiG NRW), treffen die Klägerin der mit der Inpflichtnahme verbundene Kostenaufwand und eventuelle zusätzliche Haftungsrisiken nicht unverhältnismäßig.
91Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. November 2007 – 20 D 38/05.AK –, juris Rn. 29 (zu § 8 Abs.1 Satz 1 Nr. 5 LuftSiG); zu Hafenanlagenbetreibern: VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Dezember 2010 10 K 8598/08 –, S. 9 des amtl. Umdrucks. – A.A. Dietlein/Lorz, a.a.O., S. 52 ff., S. 76 ff.
92Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt schließlich nicht darin, dass nur der Schiffsverkehr mit Sicherungsmaßnahmen zur Terrorabwehr belastet wird, während der Gütertransport auf Schienen und Straße keinen vergleichbaren Sicherheitsanforderungen unterliegt. Eine Ungleichbehandlung ist durch das unterschiedliche Gefahrenpotenzial (beispielsweise größere Gütermengen im Hafen) und durch eine im vergleichsweise überschaubaren Hafengebiet effizienter zu bewerkstelligende Gefahrenabwehr gerechtfertigt.
93Vgl. im Einzelnen VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Dezember 2010 – 10 K 8598/08 –, S. 9 f. des amtl. Umdrucks (zu Hafenanlagenbetreibern). – A.A. Dietlein/Lorz, a.a.O., S. 72 ff.
94(b) Die grundsätzlich zulässige Inpflichtnahme der Klägerin zur Durchführung der Zugangskontrollen ist rechtswidrig, soweit sie sich auf die Straßen erstreckt, die durch das Hafengebiet verlaufen. Einer privaten (Haus-)Rechtsposition, die eine Inpflichtnahme rechtfertigen würde, steht entgegen, dass es sich um öffentliche Straßen handelt (aa). Ein Hausrecht an diesen Straßen folgt auch nicht aus den Duldungserklärungen der Straßenbaulastträger (bb), aus der gesetzlichen Schutzverpflichtung der Klägerin nach § 15 HaSiG NRW (cc), aus einer Widmung des Hafens als öffentliche Einrichtung (dd), aus der Festsetzung des Hafengebietes nach § 14 HaSiG NRW (ee) oder aus dem straßenrechtlichen Anliegergebrauch (ff). Schließlich geben die Ausführungen der Bezirksregierung zum straßenrechtlichen Sondernutzungsrecht für die Begründung eines solchen Hausrechts nichts her (gg).
95(aa) Ein Hausrecht an den im Eigentum Dritter stehenden und öffentlich gewidmeten Straßen im Hafengebiet steht der Klägerin nicht zu. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von den in der vorstehend zitierten Rechtsprechung entschiedenen Fallgestaltungen, in denen ein Anlagenbetreiber gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG oder § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LuftSiG in die Pflicht genommen wird.
96Während sich das öffentlich-rechtliche Hausrecht nach verbreiteter Ansicht in Rechtsprechung und Literatur als Annex zu den dem Hoheitsträger zugewiesenen materiellen Verwaltungsaufgaben darstellt, indem es Voraussetzung für deren ordnungsgemäße Erfüllung ist,
97vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 2011 – 16 E 174/11 –, juris Rn. 4 f.; Urteil vom 26. April 1990 – 15 A 864/88 –, NWVBl. 1990, 296, juris Rn. 21 ff. jeweils m.w.N.,
98beruht ein privatrechtliches Hausrecht, auf das es wegen der im Privatrecht wurzelnden Eigensicherungspflichten der Klägerin hier ankommt, auf dem Grundstückseigentum (vgl. §§ 903 Satz 1, 1004 BGB) oder -besitz (vgl. §§ 858 ff. BGB). Es ermöglicht seinem Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verwehrt. Das schließt das Recht ein, den Zutritt nur zu bestimmten Zwecken zu erlauben oder rechtswirksam von Bedingungen wie der Zahlung eines Entgelts abhängig zu machen und die Einhaltung dieser Zwecke mittels eines Hausverbots durchzusetzen.
99Vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Februar 2011 – 1 BvR 699/06 –, juris Rn. 79 (Fraport), zum Verhältnis der Grundrechte aus Art. 8 Abs.1, 5 Abs. 1 GG zum Hausrecht; BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 – V ZR 253/08 –, juris Rn. 11; Urteil vom 20. Januar 2006 – V ZR 134/05 –, juris Rn. 7; Urteil vom 8. November 2005 – KZR 37/03 –, juris Rn. 25.
100Ein derartiges Hausrecht der Klägerin besteht an den hier in Rede stehenden öffentlichen Hafenstraßen nicht. Nach den Verwaltungsvorgängen stehen die Straßen, auf denen die Klägerin die Zugangskontrollen vornehmen soll, größtenteils – mit Ausnahme der Straße "B" und der beiden Privatstraßen – im Eigentum der Stadt O. Dafür, dass jene die Straßen im Hafengebiet an die Klägerin vermietet oder verpachtet hätte oder der Klägerin an ihnen sonst ein Besitzrecht zustünde, ist nichts ersichtlich, insbesondere nichts vorgetragen.
101Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Dezember 2011 – 18 K 3554/11 –, juris Rn. 23 f. (zum tatsächlich öffentlichen Weg).
102Auch bezüglich der Straße "B", die im Eigentum der Stadthafen O2 GmbH & Co. KG, einer Kommanditistin der Klägerin, steht, kommt ein Hausrecht der Klägerin nicht in Betracht. Denn die Straße "B" ist – ebenso wie die genannten Straßen der Stadt O – dem öffentlichen Verkehr gewidmet. Entsprechende Widmungsverfügungen sind bzgl. der U Str. und Teilen der Gstraße am 28. März 1994 und bzgl. der L Straße am 23. Dezember 1976 ergangen. Die anderen Zufahrtsstraßen, für die das Gefahrenabwehrkonzept der Bezirksregierung ebenfalls Kontrollstellen vorsieht (B, IKstr., Istr., E1 Str., N Str. und Teile der Gstr.), sind nach den Verwaltungsvorgängen vorhandene Straßen i.S.v. § 60 Satz 1 StrWG NRW. Bei den Zufahrten handelt sich damit – von den genannten Privatstraßen abgesehen – um öffentliche Straßen gemäß § 2 Abs. 1 StrWG NRW. Zweifel hieran hat keiner der Beteiligten geäußert.
103Diese Widmungen schließen ein Hausrecht der Klägerin an den Straßen vorliegend aus. Die straßenrechtliche Widmung begründet die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft über die Straße. Sie überlagert das Eigentumsrecht des jeweiligen Straßeneigentümers und schränkt es kraft der staatlichen Hoheitsgewalt ein. Es gelten die Grundsätze des modifizierten Privateigentums an der Straße, wonach der Eigentümer einer Straße und/oder ein dinglich Berechtigter eine bestimmte Nutzung nicht mehr untersagen kann. Für die Nutzung ist ein bestimmter, vorliegend nicht eingeschränkter Gemeingebrauch festgelegt. Mit diesen Rechtswirkungen der Widmung wäre die Annahme eines Hausrechts des Hafenbetreibers – vorbehaltlich einer hier fehlenden Sondernutzungserlaubnis – unvereinbar.
104(bb) Ein Hausrecht wird auch nicht durch die im Klageverfahren abgegebenen Duldungserklärungen der Straßenbaulastträger vom 8. und 10. März 2011 begründet. Dabei erscheint schon fraglich, ob eine solche Interpretation nicht die Umgehung von Widmungs- und (Teil-)Einziehungsvorschriften der §§ 6 Abs. 1, Abs. 4, 7 Abs. 1 StrWG NRW nach sich zieht. Hierauf kommt es aber nicht entscheidend an. Denn aus den Duldungen folgt allenfalls, dass Kontrolle und Sperrung der öffentlich-rechtlichen Straßen im Hafengebiet durch die Klägerin keine unerlaubten Sondernutzungen darstellen, die untersagt werden könnten.
105Vgl. Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Aufl. 2010, Rn. 236, mit Hinweis auf OVG MV, Beschluss vom 11. November 1998 – 1 M 135/97 –, NordÖR 1999, 85, juris.
106Aus der Duldung der Straßenbaulastträger resultiert aber keine private Rechtsposition, aus der heraus die Klägerin zu Eigensicherungsmaßnahmen im öffentlichen Straßenraum verpflichtet werden könnte. Insbesondere nimmt die Klägerin nicht die einem Mieter oder Pächter der Straße vergleichbare Stellung ein. Der zur Begründung von Besitz im bürgerlich-rechtlichen Sinne über die Erlangung tatsächlicher Sachherrschaft erforderliche natürliche Besitzwille,
107vgl. Lepsius, Besitz und Sachherrschaft im öffentlichen Recht, 2002, S. 194 m.w.N. aus Rspr. und Lit.,
108dürfte bei der Klägerin schon in Anbetracht ihrer stets erklärten Weigerung, auf den öffentlichen Hafenstraßen Zutrittskontrollen vorzunehmen, nicht gegeben sein. Darüber hinaus sind auch die für die Annahme einer besitzähnlichen Position erforderlichen tatsächlichen Anhaltspunkte (Unterhaltungslast, Nutzungsbestimmung und Gestaltungsmöglichkeiten),
109vgl. OVG SH., Urteil vom 31. Januar 2002 – 4 L 107/01 –, juris Rn. 49, zur Stellung eines Hafenbetreibers bzgl. einer bundeseigenen Seewasserstraße im Hafengebiet,
110bei der Klägerin für die öffentlichen Straßen im Hafengebiet gerade nicht anzutreffen. Die Klägerin erlangt mithin durch die Duldungserklärungen gerade keinen, wie die Bezirksregierung meint, "legitimierten Besitz" an den Straßen.
111(cc) Ein Hausrecht der Klägerin an den öffentlichen Straßen im Hafengebiet ergibt sich auch nicht aus der in § 15 HaSiG NRW normierten Schutzpflicht für die Sicherheit des Hafens.
112Die Annahme, wer zum Schutz verpflichtet sei, dem gewähre das Gesetz auch die Kompetenzen, diese Aufgabe zu erfüllen, trifft in mehrfacher Hinsicht nicht zu. So ist es bereits nach allgemeinen Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts unzulässig, von der Aufgabe auf die Kompetenz zu schließen. Vielmehr findet sich im Ordnungsrecht nicht selten die Situation, dass Aufgabe und (Eingriffs-)Befugnis nicht deckungsgleich sind.
113Abgesehen davon greift der gedankliche Grundansatz zu kurz, aus § 15 Satz 1 HaSiG NRW eine (all-)umfassende Schutzpflicht des Hafenbetreibers abzuleiten. Zwar wird der Hafenbetreiber dort zum "Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Hafens verpflichtet". Dieser Satz darf jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Nach der Art eines Programmsatzes umschreibt er lediglich, was sein Folgesatz 2 näher ausführt. Aus Satz 2 ergibt sich erst, was der Gesetzgeber unter der Schutzverpflichtung des Hafenbetreibers im Einzelnen versteht: Die Erstellung des Gefahrenabwehrplans auf der Grundlage der Risikobewertung und die Durchführung der darin enthaltenen Maßnahmen. Hierauf ist die Schutzpflicht des Hafenbetreibers nach § 15 Satz 1 HaSiG NRW beschränkt.
114Im Umkehrschluss ergibt sich die Beschränkung auch daraus, dass § 15 Satz 1 HaSiG NRW erkennbar nicht darauf ausgerichtet ist, den Hafen aus der Zuständigkeit der Ordnungs- und Polizeibehörden herauszunehmen und die öffentliche Sicherheit dort ausschließlich dem Hafenbetreiber zu überantworten. Dementsprechend sieht die Risikobewertung der Hafensicherheitsbehörde vor, dass die allgemeinen Polizei- und Ordnungsbehörden eingreifen sollen, wenn hoheitliches Tätigwerden nötig ist (S. 22 des Risikoberichts).
115Die Schlussfolgerung, wer für die Sicherheit im Hafen und damit auch für die in ihm verlaufenden öffentlichen Straßen verantwortlich ist, müsse auf ihnen kontrollieren dürfen und deswegen auch ein Hausrecht an ihnen haben, überzeugt außerdem aus gesetzessystematischen Gründen nicht. § 15 Satz 1 HaSiG NRW weist dem Hafenbetreiber die sicherheitsrechtliche Verantwortlichkeit für das gesamte Hafengebiet zu. § 2 Nr. 7 HaSiG NRW definiert als Hafenbetreiber aber schon denjenigen, der lediglich die "überwiegende" Eigentümerposition an den Hafenflächen innehat. Damit nimmt das Gesetz in Kauf, dass die dem Hafenbetreiber obliegende Schutzverpflichtung – wenngleich deren Erstreckung auf den Gesamthafen durchaus im Interesse einer klaren und effizienten Zutrittsverwaltung liegen mag – nicht vollständig durch eine materielle (Haus-) Rechtsposition gedeckt ist; auf diese kommt es jedoch für die Bestimmung der Reichweite von Eigensicherungspflichten, die nur durch solche privatrechtlichen Positionen begründbar sind, gerade an. Hiermit ist entgegen der Ansicht des beklagten Landes eine aus §§ 15, 16 Abs. 3 und 14 HaSiG NRW i.V.m. Anhang II der Richtlinie 2005/65/EG abgeleitete Annexkompetenz des Hafenbetreibers im Sinne einer Kontrollbefugnis für den öffentlichen Straßenraum im gesamten Hafengebiet nicht vereinbar. Insbesondere ist es unzulässig, von der in § 15 Satz 1 HaSiG NRW verankerten Schutzpflicht des Hafenbetreibers für den Gesamthafen auf ein entsprechendes, die öffentlichen Straßen einschließendes "Gesamthausrecht" im Hafengebiet rückzuschließen. Dies ist eine argumentativ untaugliche petitio principii, also eine Behauptung, die durch Aussagen begründet wird, welche die zu beweisende Behauptung schon als wahr voraussetzen (Zirkelschluss). Es ist nicht statthaft, von den (erwünschten) Folgen auf das Vorliegen von deren gesetzlichen Voraussetzungen zu schließen. Ein Hausrecht an öffentlichen Straßen ergibt sich schließlich nicht aus der "Sachherrschaft und Organisationsgewalt" über den Hafen, die ein Hafenbetreiber gemäß § 2 Nr. 7 HaSiG NRW ebenfalls innehaben muss. Diese Tatbestandsmerkmale erstrecken sich zwar nach dem gesetzlichen Wortlaut – im Unterschied zum Eigentum an den Hafenflächen – auf den Hafen insgesamt. Inhaltlich weisen sie aber keinerlei Grundstücks- oder Flächenbezug auf. Nach der Gesetzesbegründung knüpfen sie vielmehr nur an hafenbetriebliche, insbesondere anlagenbezogene, sowie an hafenwirtschaftliche Kompetenzen einschließlich wirtschaftlicher Nutzungs- und Ertragsrechte aus der Hafenbewirtschaftung an.
116Vgl. LT-Drs. 14/4240, S. 7.
117Weitergehende Rechte werden der Klägerin, worauf sie zu Recht hinweist, von § 2 Nr. 7 HaSiG NRW nicht eingeräumt, sondern vorausgesetzt.
118(dd) Ein Hausrecht an den öffentlichen Straßen im Hafengebiet steht der Klägerin auch dann nicht zu, falls der von ihr betriebene Hafen als kommunale öffentliche Einrichtung i.S.d. § 8 Abs. 2 GO NRW aufzufassen sein sollte. Eine "öffentliche Einrichtung" gilt allgemein als Zusammenfassung von persönlichen und sachlichen Mitteln zu einer organisatorischen Einheit und zu bestimmten öffentlichen Zwecken. Sie wird von einer kommunalen Körperschaft im Rahmen ihrer Selbstverwaltungsaufgaben zur Daseinsvorsorge bereitgestellt. Bei Binnenhäfen ist dies regelmäßig die Bereitstellung einer öffentlichen Verkehrsleistung. Nicht erforderlich ist, dass die Kommune auch Eigentümerin der einzelnen Grundstücke und Anlagen ist, die zur Einrichtung gehören. Die Bereitstellung erfolgt durch ausdrückliche oder konkludente Zweckbestimmung ("Gesamtwidmung"), die grundsätzlich das gesamte Hafengebiet umfasst.
119Vgl. VG Schleswig, Urteil vom 2. April 2001 – 14 A 297/99 –, juris Rn. 28 f.; Sußner, Das Verwaltungsrecht der Binnenhäfen in der Bundesrepublik Deutschland – ein Beitrag zum Recht der öffentlichen Einrichtungen, 1975, S. 29 f., 122 ff.
120Aus dem Charakter des Stadthafens Ô als öffentliche Einrichtung – wenn man hiervon ausgeht – folgt jedoch nicht, dass sich hieraus eine besitzähnliche Position bzw. Sachherrschaft der Klägerin an den im Hafengebiet belegenen öffentlichen Straßen ableiten ließe. Zweifel ergeben sich zunächst daraus, dass die öffentliche Einrichtung ("Hafen") allenfalls auf eine öffentlich-rechtliche Sachherrschaft des bzw. der hinter der Klägerin stehenden Verwaltungsträger(s), nicht aber auf eine private (dingliche) Sachherrschaft der Klägerin als Hafenbetreiberin schließen lassen dürfte.
121Vgl. zu dieser Unterscheidung Sußner, a.a.O., S. 117 ff.
122Ungeachtet dessen ergibt sich aus der Eigenschaft des Hafens als öffentliche Einrichtung keine unbeschränkte Sachherrschaft der Hafenbetreiberin (verstanden als Sachwalterin ihrer Rechtsträger) über die öffentlichen Straßen im Hafen, die erst eine Kontrollpflicht als Eigensicherungsmaßnahme rechtfertigen könnte. Zwar mögen die öffentlichen Straßen Teil der öffentlichen Einrichtung "Hafen" sein. Das für sie geltende spezielle Rechtsregime des Straßen- und Wegerechts wird dadurch aber nicht suspendiert, zumal es an einer gesetzlichen Vorschrift fehlt, die dieses anordnet. Für ein solches Verständnis spricht auch § 5 Abs. 2 AHVO NRW. Nach ihr bleibt das Betreten oder Befahren des Hafengebiets unbeschränkt erlaubt und bedarf nur außerhalb der öffentlichen Straßen und Zugänge einer Erlaubnis der Hafenbehörde. Dies legt den Schluss nahe, dass ein wie auch immer geartetes "Sonderrecht" für öffentliche Straßen im Hafengebiet gerade nicht besteht bzw. gewollt ist. Für den konkret in Rede stehenden Stadthafen O folgt das außerdem aus § 1 der aufgrund von § 1 Abs. 2 AHVO NRW erlassenen Hafenverordnung O
123– Ordnungsbehördliche Verordnung über die Bestimmung des Bereichs des Hafens O und das Verhalten in diesem Hafen – Hafenverordnung (HVO) O – vom 26. August 1981 (ABl. Reg. Ddf. 1981, S. 000), seither offenbar unverändert, vgl. Nrn. 1.1, 1.2 der Allgemeinen Benutzungsbedingungen (ABB) der Stadt O – Städtische Hafenbetriebe O – für den Hafen O, Stand: 1/2002 (HdO 82/04) –. Vgl. allg. Herber, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kap. 5 Rn. 36.
124Darin sind die öffentlich-rechtlichen Straßen aus dem Gebiet des Hafens O im Sinne der Verordnung ausdrücklich ausgeklammert.
125(ee) Die Festsetzung des Hafengebiets nach § 14 HaSiG NRW als solches begründet ebenfalls kein Hausrecht an den öffentlichen Straßen. Da hierfür jeder Anhaltspunkt in der Norm fehlt, kann die Kammer sich der entgegenstehenden Ansicht des beklagten Landes nicht anschließen. Vielmehr kommt dem Hafengebiet nach dem HaSiG NRW eher eine rein formale, hafensicherheitsverwaltungsrechtliche Bedeutung zu. Das festgesetzte Hafengebiet konkretisiert für jeden Binnenhafen in NRW, wo genau die räumlichen Grenzen verlaufen, in denen das HaSiG NRW gilt. Den so beschriebenen schmalen Anwendungsbereich bestätigt § 14 Abs. 1 Satz 2 HaSiG NRW, wonach die Hafengrenzen nach dem HaSiG von bereits bestehenden Festlegungen des Hafengebiets nach anderen Vorschriften abweichen können.
126Schließlich enthält das HaSiG NRW, ohne dass es in diesem Zusammenhang darauf ankäme, keinerlei Befugnis des Hafenbetreibers, die ihm auferlegten Pflichten auch gegenüber Dritten durchzusetzen. Insbesondere § 15 HaSiG NRW ist dem Wortlaut nach als Aufgabenzuweisungs- und nicht als Befugnisnorm ausgestaltet. Einen rechtlichen Ansatzpunkt für eine solche Befugnis lässt sich allein aus der von der Bezirksregierung angeführten "Schicksalsgemeinschaft" von Hafenbetreiber, Hafenanlagenbetreibern, sonstigen Eigentümern und Hafennutzern mit jeweils gemeinsamem Nutzungsinteresse nicht ableiten. Auch enthält das HaSiG NRW keine Verpflichtung der betroffenen Besucher des Hafengebiets, ihrerseits die mit den Kontrollen unter Umständen verbundenen Beschränkungen ihrer Freizügigkeit zu dulden. Solche Rechtswirkungen sind §§ 15 und 16 HaSiG NRW auch im Wege der Auslegung, deren Grenze der Wortlaut ist, nicht zu entnehmen. Ob es hierzu überdies gesetzlich normierter Duldungspflichten bedürfte, wie sie beispielsweise § 10 Abs. 1 des Zollverwaltungsgesetzes – ZollVG – für Anhalte- und Frachtkontrollen im Rahmen der zollamtlichen Überwachung im grenznahen Raum vorsieht, kann daher hier auf sich beruhen.
127Der Einwand des beklagten Landes, ohne öffentliche Straßen könne es keinen Hafenbetrieb geben, ändert nichts an diesem Befund. Die betriebliche Erforderlichkeit öffentlicher Straßen vermag einen Straßenbesitz des Betriebsinhabers nicht zu begründen.
128A.A. offenbar OVG SH, Urteil vom 31. Januar 2002 – 4 L 107/01 –, juris Rn. 52, 54, für die Wasserstraßen im Hafengebiet.
129Außerdem sind öffentliche Straßen nicht wie Wasserstraßen notwendiger Bestandteil einer Anlage, die gemeinhin einen Hafen erst charakterisiert. Der diesbezügliche Einwand der Bezirksregierung wird widerlegt durch § 1 HVO O, durch Gegenbeispiele aus der Praxis, die z.T. Gegenstand der obergerichtlichen Rechtsprechung waren,
130vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. März 2011 – 20 A 2147/09 –, juris Rn. 136 ff. zum Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Hafens Köln-Godorf,
131aber auch durch das von der Klägerin selbst angeführte Beispiel des Stromhafens E3, der zumindest auch über eine in ihrem Eigentum stehende und von ihr kontrollierte Privatstraße betrieben wird.
132(ff) Ein Hausrecht an den öffentlichen Straßen folgt auch nicht aus der Stellung der Klägerin als Straßenanliegerin. Zwar ist anerkannt, dass vom Eigentumsschutz der sog. Anliegergebrauch als gesteigerter Gemeingebrauch umfasst wird. Da der Anlieger auf die Straßennutzung in einer spezifischen Weise angewiesen ist, muss ihm in angemessenem Umfang eine über den schlichten Gemeingebrauch zur Benutzung der öffentlichen Straße zum Zwecke der Fortbewegung hinausgehende Nutzung ermöglicht werden, soweit dies für die angemessene und funktionsgemäße Nutzung des Grundeigentums unbedingt erforderlich ist (insbesondere freier Zugang). Wie weit die Nutzung gewährleistet ist, richtet sich nach dem einschlägigen Straßenrecht.
133Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 VR 7/99 –, juris Rn. 5; Sauthoff, a.a.O., Rn. 339; Stahlhut, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kap. 26 Rn. 32 ff.
134Die streitigen Zufahrtskontrollen und Absperrmaßnahmen sind dagegen nicht vom straßenrechtlichen Anliegergebrauch erfasst. Sie weisen keinerlei straßenrechtlichen Bezug zur Nutzung der klägerischen Grundstücke auf, sie sichern insbesondere nicht deren Zugang. Zur Abwehr gefahrenbedingter Zugangs- oder Nutzungseinschränkungen aufgrund von Schutzvorrichtungen bzw. -vorkehrungen ist im Übrigen nicht das Straßenrecht, sondern das Gefahrenabwehrrecht berufen.
135(gg) Anders als das beklagte Land meint, lässt sich das straßenrechtliche Sondernutzungsrecht nicht zur Begründung eines Hausrechts an den öffentlichen Straßen fruchtbar machen. Zwar ist es richtig, dass Sondernutzungserlaubnisse gemäß § 18 StrWG NRW den Inhaber berechtigen, den Zutritt zu den Straßenabschnitten zu regulieren, die ihm zur Sondernutzung zugewiesen sind. Genau darin liegt der Zweck der Sondernutzungserlaubnis. Er räumt dem Inhaber das Hausrecht an dem betreffenden Straßenabschnitt ein.
136Vgl. OLG Celle, Urteil vom 28. Oktober 1975 – 1 Ss 300/75 –, MDR 1976, 421 (Leits.); vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Juli 1956 – V ZR 223/54 –, BGHZ 21, 319, juris.
137Auf der Grundlage des Hausrechts kann dem Veranstalter – etwa über Nebenbestimmungen – auch die Eigensicherung in Form von Straßenzugangskontrollen und -absperrungen durch Ordner auferlegt werden.
138Vgl. hierzu etwa VV zu § 29 StVO Rn. 41 ff., in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 29 Rn. 1 b; zum Versammlungsrecht: §§ 18 Abs. 1 i.V.m. §§ 8, 9 Abs. 1 VersammlG; Stahlhut, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kap. 27 Rn. 4.3, 17, 46 ff.
139An einem solchen Sondernutzungsrecht des Hafenbetreibers an den öffentlichen Straßen fehlt es jedoch gerade. Das ergibt sich – vom Fehlen des erforderlichen Antrags abgesehen – aus den bereits genannten § 5 Abs. 2 AHVO NRW und § 1 HVO O, die die öffentlichen Straßen vom besonderen Hafenrechtsregime ausnehmen. Der Hinweis der Bezirksregierung auf § 14 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW, wonach auf die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs kein Anspruch besteht, stellt dies nicht in Frage.
140bb) Genehmigungshindernde Mängel des Gefahrenabwehrplans im Übrigen sind nicht ersichtlich. Soweit der vorgelegte Gefahrenabwehrplan (PSP) vom 11. November 2010 weitere Randbemerkungen der Bezirksregierung enthält – vgl. etwa S. 6 (zur fehlenden Abstimmung mit Behörden), S. 19 (zum fehlenden Hinweis auf bestimmte Voraussetzungen der Kommunikation im Hafen), S. 27 (offenbar auflösbar widersprüchliche Angaben) –, betrifft dies nicht den "Kernbereich" des Sicherheitskonzepts. Es handelt sich um untergeordnete Details, die ggf. durch Nebenbestimmungen geregelt werden können, zu denen § 16 Abs. 4 Satz 2 und 3 HaSiG NRW ermächtigen. Weitere Gesichtspunkte sind in dem Zusammenhang weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
1412. Ist die Genehmigungsversagung rechtswidrig, bedarf es auch der erneuten Vorlage eines Gefahrenabwehrplans zur Genehmigung nicht. Die entsprechende Anordnung ist damit hinfällig.
142II. Der Tenor war auf eine Bescheidung der Klägerin zu beschränken. Erstens war lediglich ein entsprechender Bescheidungsantrag gestellt. Außerdem dürfte es so sein, dass die Kontrollpflichten auf den Privatstraßen, die durch das Hafengebiet führen, zu Recht vorgesehen sein dürften. Die Hafensicherheitsbehörde muss aber noch ermessensfehlerfrei entscheiden, ob das Hafengebiet von zwei unterschiedlichen Stellen, nämlich der Klägerin bezüglich der Privatstraßen und den staatlichen Ordnungskräften bezüglich der öffentlichen Straßen kontrolliert werden soll. Hiergegen könnten Effektivitätsgesichtspunkte sprechen. Jedenfalls liegt keine Ermessensreduzierung auf Null vor, die zur Spruchreife führen würde. Aus der Normstruktur der §§ 13 ff. HaSiG NRW ergibt sich, dass die Exekutive für die Risikoermittlung und -bewertung für Häfen i.S.d. § 2 Nr. 1 HaSiG NRW letztverantwortlich ist. Das HaSiG NRW weist der Hafensicherheitsbehörde die Erstellung der Risikobewertung, die Genehmigung des Gefahrenabwehrplans und die Überwachung der dort festgelegten Aufgaben zu. Dies gilt auch für die Entscheidung über die Art und das Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden. Demgemäß unterliegen behördliche Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos auch im Bereich des erforderlichen Schutzes gegen terroristische Anschläge und Sabotageakte auf Häfen einer eingeschränkten Nachprüfung. Es ist nicht Aufgabe der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, die der Exekutive zugewiesene Bewertung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Die gerichtliche Kontrolle ist vielmehr auf die Prüfung beschränkt, ob die der behördlichen Beurteilung zugrunde liegende Risikoermittlung und -bewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht, dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Behördenentscheidung Rechnung trägt und ob die hieraus gezogenen Schlussfolgerungen und Maßnahmen ihrerseits im Einklang mit der Rechtsordnung stehen.
143Vgl. zum Atomrecht: BVerwG, Urteil vom 10. April 2008 – 7 C 39/07 –, juris.
144Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
145Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.