Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt es regelmäßig an einem Anordnungsgrund, wenn ein Feuerwehrbeamter (Rettungsassistent) sich gegen die Weisung zur Teilnahme an der staatlichen Ergänzungsprüfung, durch die er zum Notfallsanitäter ausgebildet werden soll, mit der Begründung wendet, er werde auf diese Weise nicht sachgerecht zum Notfallsanitäter ausgebildet.
1. Der Antrag wird abgelehnt.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der Antrag hat sowohl mit dem Haupt- (dazu I.) als auch mit dem Hilfsantrag (dazu II.) keinen Erfolg.
3I.
4Der in der Antragsschrift vom 15. Dezember 2016 wörtlich enthaltene Hauptantrag,
5der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, keine den Antragsteller dienstlich belastenden Maßnahmen darauf zu stützen, dass er an der Fortbildung zum Notfallsanitäter in dem Zeitraum vom 9. Januar 2017 bis zum 24. Februar 2017 nicht teilnimmt,
6ist bereits unzulässig. Einem solchen Begehren fehlt das erforderliche besondere bzw. qualifizierte Rechtsschutzinteresse.
7Mit dem vorgenannten Hauptantrag begehrt der Antragsteller vorläufigen vorbeugenden Rechtsschutz, weil sich weder aus dem Vortrag der Beteiligten noch aus dem übersandten Verwaltungsvorgang ergibt, dass eine „dienstlich belastende Maßnahme“ von der Antragsgegnerin angekündigt oder beabsichtigt ist. Für derartige vorbeugende Anträge ist ein besonderes bzw. qualifiziertes Rechtsschutzinteresse erforderlich, da § 123 Abs. 1 VwGO im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Prinzip der Gewaltenteilung grundsätzlich keinen vorläufigen vorbeugenden Rechtsschutz mit dem Ziel gewährt, die Entscheidungsfreiheit der Verwaltung im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten und Aufgabenerfüllung durch richterliche Anordnungen einzuengen.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. August 2013– 4 B 608/13 –, juris Rn. 2.
9Vorläufiger vorbeugender Rechtsschutz kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es dem Rechtsschutzsuchenden nicht zumutbar ist, den Erlass des Verwaltungsakts bzw. die Rechtsverletzung abzuwarten und sodann die nach der VwGO gegebenen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel auszuschöpfen. Das ist dann der Fall, wenn schon die kurzfristige Hinnahme der befürchteten Handlungsweise geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten in besonders schwerwiegender Weise zu beeinträchtigen. Dies ist anzunehmen, um der Schaffung vollendeter, später nicht mehr rückgängig zu machender Tatsachen zuvorzukommen und wenn anders dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2004– 13 B 2691/03 –, juris Rn. 10 m. w. N.
11Eine Unzumutbarkeit im vorgenannten Sinne liegt im Hinblick auf den wörtlich gestellten Hauptantrag nicht vor. Der Antragsteller hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin für den Fall seiner Nichtteilnahme an der hier in Rede stehenden Ergänzungsprüfung überhaupt eine belastende Maßnahme konkret angekündigt bzw. eine solche jedenfalls in allgemeiner Form in Aussicht gestellt hat.
12Der Antragsteller hätte aber auch für den Fall, dass seine Nichtteilnahme an dem Ergänzungslehrgang belastende Maßnahmen (insbesondere in Form eines Disziplinarverfahrens) zur Folge hätte, keine durch das Zuwarten auf eine Hauptsacheentscheidung hervorgerufenen unzumutbaren, weil nicht wieder rückgängig zu machenden oder wieder auszugleichenden Nachteile zu gewärtigen. Denn ob eine Nichtteilnahme an der streitgegenständlichen Ergänzungsprüfung dem Antragsteller vorwerfbar ist und somit einen Pflichtenverstoß darstellt, ist eine Frage, die im Rahmen des Disziplinarverfahrens von den dafür zuständigen Stellen und gegebenenfalls durch die Disziplinargerichte zu klären ist. Eine dieser Zuständigkeit vorgreifliche Entscheidung des hier angerufenen Gerichts ist zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes weder erforderlich noch geboten.
13Wird das Begehren des Antragstellers in seinem wohlverstandenen Interesse dahingehend ausgelegt, dass der Antragsgegnerin vorläufig untersagt werden soll, von ihm die Teilnahme an der streitgegenständlichen Ergänzungsprüfung abzuverlangen, bleibt auch einem solchen Antrag der Erfolg versagt.
14Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ist nach § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft macht. Wird – wie hier – eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) begehrt, so ist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ein Anordnungsgrund nur gegeben, wenn der Erlass einer Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen – vergleichbar wichtigen – Gründen nötig erscheint. Es müssen besondere Gründe vorliegen, die es unter Berücksichtigung des Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) im Einzelfall als unzumutbar erscheinen lassen, den Antragsteller zur Durchsetzung seines in Rede stehenden Anspruchs – wie im Regelfall – auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.
15Dabei sind an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes und des Anordnungsanspruchs erhöhte Anforderungen zu stellen, wenn der Antrag – wie hier – auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt insoweit nur dann in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Oktober 2014– 1 B 1027/14 –, juris Rn. 10 m. w. N.
17Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben hat der Antragsteller keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Soweit er in diesem Zusammenhang im Falle einer Nichtteilnahme an der vom 9. Januar 2017 bis zum 24. Februar 2017 stattfindenden Ergänzungslehrgang mit anschließender Prüfung auf die (mögliche) Einleitung eines Disziplinarverfahrens durch die Antragsgegnerin verweist, kann hieraus aus den bereits zum fehlenden besonderen Rechtsschutzinteresse des wörtlichen Hauptantrags dargelegten Gründen eine Unzumutbarkeit durch das Zuwarten auf eine Hauptsacheentscheidung nicht hergeleitet werden. Aber auch aus seinem weiteren Vorbringen (im Falle einer – erfolgreich – absolvierten Ergänzungs-prüfung gelte er als ausgebildeter Notfallsanitäter und ihm würden die damit einhergehenden Kompetenzen zugeschrieben bzw. abverlangt werden; die „Crashkurs-Ausbildung“ sei aber offensichtlich von vornherein nicht geeignet, ihn in einer Weise zu einem Notfallsanitäter auszubilden, dass er die ihm dadurch verliehenen Kompetenzen auch nur ansatzweise sachgerecht ausführen könne) lassen sich in Bezug auf die hier allein streitige Lehrgangsteilnahme keine unzumutbaren Nachteile im o. g. Sinne herleiten. Die von ihm vorgetragenen Aspekte betreffen nicht die Teilnahme am Lehrgang zur staatlichen Ergänzungsprüfung, sondern beziehen sich allein auf die danach gegebenenfalls von ihm abgeforderte dienstliche Tätigkeit. Im Gegensatz zur Wertung des Gesetzgebers sieht der Antragsteller den Ergänzungslehrgang und die anschließende Prüfung nicht als ausreichend zur Erlangung der Qualifikation an. Diese subjektive Wertung vermag selbstredend objektiv die Unzumutbarkeit nicht zu tragen. Auch ansonsten ist nichts dafür ersichtlich, dass die Teilnahme am Ergänzungslehrgang vom 9. Januar 2017 bis zum 24. Februar 2017 für den Antragsteller unzumutbar sein könnte. Bezüglich der von ihm vorgetragenen Bedenken ist er darauf zu verweisen, diese (nach dem Bestehen der staatlichen Ergänzungsprüfung) gegebenenfalls gegenüber seinem Dienstherrn in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen.
18II.
19Der hilfsweise wörtlich gestellte Antrag,
20im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache festzustellen, dass die dienstliche Anweisung zur Teilnahme an der Ausbildung zum Notfallsanitäter in dem Zeitraum vom 9. Januar 2017 bis zum 24. Februar 2017 rechtswidrig ist,
21hat unabhängig von der Frage, ob eine Feststellung, erst recht eine „vorläufige“, im einstweiligen „Anordnungs“verfahren überhaupt möglich ist, gleichfalls keinen Erfolg.
22Der Antragsteller, dem es mit dem vorgenannten Hilfsantrag darum geht, bereits heute eine Rechtsposition zu erhalten, die er letztlich in einem Hauptsacheverfahren erstreben muss, hat auch insoweit keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, der unter dem Blickwinkel der Vorwegnahme der Hauptsache den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen vermag. Schwere unzumutbare Nachteile, die dem Antragsteller durch die Teilnahme an der staatlichen Ergänzungsprüfung entstehen, sind aus den zuvor dargestellten Erwägungen nicht erkennbar.
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
24Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Eine den grundsätzlich vorläufigen Charakter des Eilverfahrens berücksichtigende Verminderung des sich aus § 52 Abs. 2 GKG ergebenden Wertes ist hier nicht angemessen, weil der für die Streitwertbemessung maßgebliche Rechtsschutzantrag auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.