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Der Bescheid der Beklagten vom 10.11.2011 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Kosten für einen Feuerwehreinsatz nach einem Verkehrsunfall am 17.08.2011. Laut Einsatzbericht der Feuerwehr rückte ein Löschzug mit fünfköpfiger Besatzung um 7.36 Uhr zu dem auf der A 1 auf der Höhe Köln-Longerich verunfallten Pkw der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen NI – 00 00 aus. Die Feuerwehr klemmte die Batterie des Fahrzeugs ab, übergab die Einsatzstelle der Polizei und rückte um 8.29 Uhr wieder ein.
3Mit Bescheid vom 19.10.2011 nahm die Beklagte die Klägerin auf Kostenersatz nach § 41 Abs.2 des Gesetzes über den Feuerschutz und die Hilfeleistung - FSHG - in Verbindung mit dem Kostentarif der Satzung über die Erhebung von Entgelten und Kostenersatz für die Leistungen der Berufsfeuerwehr und der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Köln - FwS - in Höhe von 205,- € in Anspruch. Dabei stellte sie den Einsatz des Löschfahrzeugs und von zwei Beamten jeweils zum Stundensatz von 111,- € bzw. 47,- € in Rechnung. Gegen den Bescheid wandte sich die VGH-Versicherung im Namen der Klägerin mit dem Einwand, die Höhe des Stundensatzes für den Fahrzeugeinsatz lasse erkennen, dass bei den Abrechnungen die Jahres-Vorhaltekosten unzulässig auf die voraussichtlichen Jahreseinsatzstunden statt auf die gesamten Jahresstunden umgelegt würden. Die Beklagte habe auch keine tatsächlich durch den Einsatz entstandenen und damit ersatzfähigen Personalkosten dargelegt.
4Daraufhin zog die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 10.11.2011 erneut zum Ersatz von Einsatzkosten in Höhe von 205,- € heran. In einem an die Versicherung gerichteten Schreiben führte sie aus, als Rechtsbehelf gegen Kostenersatzbescheide sei unmittelbar die verwaltungsgerichtliche Klage vorgeschrieben. Gleichwohl prüfe die Beklagte an sie gerichtete Eingaben gegen solche Bescheide und sichere den Erlass eines Zweitbescheides zu. Die Klägerin erhalte daher einen neuen Kostenersatzbescheid. Bei der Kostenkalkulation lege die Beklagte die Kosten für den Fahrzeugeinsatz auf die gesamten Jahresstunden um. Personalkosten fielen für die Beamten der Berufsfeuerwehr der Stadt Köln an. Ausgehend von einem 53-minütigen Einsatz stelle die Beklagte gem. § 5 Abs.4 FwS den Stundensatz in Rechnung. Das Löschfahrzeug als das für jegliche Einsätze von der Feuerwehr benutzte Fahrzeug sei wie stets mit der vollen Besetzung von fünf Einsatzkräften ausgerückt. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit seien der Klägerin jedoch nur die zwei Beamten berechnet worden, die zur Durchführung der Arbeiten ausgereicht hätten.
5Die Klägerin hat am 18.11.2011 Klage erhoben.
6Zur Klagebegründung vertritt sie den Standpunkt, der Beklagten fehle die Ermächtigung zum Erlass des Kostenersatzbescheids. Die FwS mit dem Kostentarif bilde keine wirksame Grundlage für die Heranziehung. Sie verstoße gegen Art. 3 Abs.1 Grundgesetz, indem sie eine Abrechnung in Zeitabschnitten von 15 Minuten festlege, obwohl nicht erkennbar sei, weshalb die Beklagte, die die Einsatzdauer auf die Minute erfasse, keine minutengenaue Abrechnung vornehmen könne. Ferner bezweifle sie, dass die in Ansatz gebrachten Stundensätze auf einer ordnungsgemäßen, der einschlägigen Bestimmung des Kommunalabgabengesetzes und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entsprechenden Kostenkalkulation beruhten. Die „Gebührenbedarfsberechnung“ für Fahrzeuge und Personal bilde die in § 5 Abs.1 und 2 FwS vorgenommene Differenzierung zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Aufgaben nicht ab. Auch wenn die Kostensätze für Fahrzeuge und Personal unabhängig voneinander zu ermitteln seien, erschließe sich nicht, weshalb die Beklagte bei der Berechnung für die Fahrzeuge die Zahl der Einsatzstunden im Wege der Prognose ermittle, während sie für das Personal von 1.475 Stunden ausgehe. Der bei den variablen Fahrzeugkosten pro Jahr in Ansatz gebrachte Posten „Verpflegungskosten“ könne für Fahrzeuge nicht nachvollzogen werden. Unterstelle man, dass es sich um Kosten für die Ernährung des Personals handle, seien diese bei der Kalkulation der Personalkosten abzubilden. Die Verortung wirke sich wegen der Unterschiede in der Referenzstundenzahl zwischen Fahrzeugen und Personal auf das Kalkulationsergebnis aus. Von Interesse wäre, inwieweit die der Kalkulation zugrundegelegte „Prognose Einsatzstunden 2011“ sich als zutreffend erwiesen habe. Weiter stelle sich die Frage, woraus sich die Verwaltungsgemeinkosten zusammensetzten, die die Beklagte mit einem Anteil von 10 % für jede Besoldungsstufe in die Berechnung einbezogen habe. Kostenmindernde Erlöse wie etwa Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer fänden in der Kalkulation keine Berücksichtigung. Schließlich sei die Berechnung eines 53-minütigen Einsatzes eines Löschfahrzeugs mit zwei Beamten mit 205,- € für das Abklemmen einer Batterie weder verhältnismäßig noch leistungsgerecht.
7Die Klägerin beantragt,
8den Kostenbescheid der Beklagten vom 10.11.2011 aufzuheben.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie vertritt die Auffassung, dass derzeit keine Notwendigkeit bestehe, Feuerwehreinsatzkosten minutengenau abzurechnen. Bei dem Kostenersatzanspruch nach § 41 Abs.2 FSHG handle es sich um einen gesetzlich normierten öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruch, der nicht unter den Begriff der öffentlichen Abgaben falle und der deshalb den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes nicht unterliege. Selbstverständlich lägen den Kalkulationen betriebswirtschaftliche Grundsätze zugrunde, wobei die Kalkulation auf den tatsächlich entstandenen Kosten des Vorjahres basiere und zusätzlich zu erwartende Kostenfaktoren berücksichtige. Eine Überprüfung der Prognose der Einsatzstunden sei entbehrlich, weil dies keine Konsequenzen nach sich ziehe. Tatsächlich ergebe sich für den Bereich des Feuerschutzes nie eine Kostenüberdeckung, weil die Einsatzstunden, die zum jeweiligen Fahrzeugtarif geführt hätten, auch sämtliche unentgeltlichen Einsätze beinhalteten. Erdachte Erlöse für die Gebührenleistung würden im Verhältnis zu den unentgeltlich erbrachten Einsätzen nicht ins Gewicht fallen. Darüber hinaus erfolge jeweils nach ein bis zwei Jahren eine neue Kalkulation. Die Festlegung der Stundensätze für Personal und Fahrzeuge beruhe auf zwei voneinander völlig unabhängigen Kalkulationen. Bei der Ermittlung der Fahrzeugtarife trage sie, die Beklagte, mit einer differenzierten Kalkulation von Vorhaltekosten und variablen Kosten den rechtlichen Anforderungen Rechnung. Die gleichmäßig über das gesamte Jahr anfallenden Vorhaltekosten dürften in die Berechnung der Stundentarife einbezogen werden. Sie seien in dem Zeitraum, in dem ein entgeltlicher Einsatz stattfinde und das Fahrzeug daher nicht zur Verfügung stehe, durch den Einsatz verursacht und dementsprechend in dem Verhältnis der Einsatzzeit zu den 8760 Jahresstunden in Rechnung zu stellen. Im Unterschied zu den ununterbrochen bereitstehenden Fahrzeugen müssten beim Personal Ruhezeiten, Krankheitsausfälle, Urlaubszeiten, Dienstbesprechungen, Übergaben an die nächste Wachabteilung u.ä. Berücksichtigung finden. Daher lägen den Stundensätzen des Personals ausgehend von der Wochenarbeitszeit einer Normalkraft von 38,5 Stunden und jährlich 191,54 Nettoarbeitstagen 1475 Stunden pro Jahr zugrunde. Hierzu nimmt die Beklagte auf eine beigefügte „Berechnung der Arbeitszeit einer Normalarbeitskraft für Feuerwehrbeamte“ der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement - KGSt - aus dem Jahr 2003 Bezug; sie erklärt, eigene Datenerhebungen zu Arbeits- und Fehlzeiten bei den Kölner Feuerwehrkräften gebe es nicht. Bei den Personalkosten füge sie dem Betrag, der sich aus der Besoldung, diversen Zulagen sowie den Rückstellungen für Pensionen und Beihilfen zusammensetze, einen 10-%igen Aufschlag von „Verwaltungsgemeinkosten“ hinzu, der in Anlehnung an Empfehlungen der KGSt die sonst üblichen „Kosten eines Arbeitsplatzes“ ersetze. Damit wolle sie die Kosten für die Unterbringung des Personals in den Wachen erfassen. Die Beklagte habe diesen pauschalen Aufschlag gewählt, weil sich die Kosten der verschiedenen Wachen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten zur Sanierung anstünden, ansonsten nicht gleichmäßig auf die Kostenersatzpflichtigen verteilen ließen. Zudem seien die Kosten für die Unterhaltung der Wachen nie genau ermittelt worden, weil dies einen erheblichen Aufwand erfordere. Ohne die Wache sei ein Ausrücken zum entgeltlichen Feuerwehreinsatz nicht möglich. Die Beklagte erklärt weiter, sie habe die Verpflegungskosten bei den Fahrzeugkosten in Ansatz gebracht, weil sie diese wie Sachmittel behandle. Zudem wolle sie damit einen Bezug zu den Einsatzstunden herstellen; Einsatzkräfte rückten schließlich immer zusammen mit den Fahrzeugen aus. Berücksichtige man die Verpflegungskosten bei der Kalkulation der Personalkosten, entstünde dagegen ein Missverhältnis, da jedem Beamten unabhängig von seiner Funktion dieselben Kosten zugerechnet würden. Verpflegung werde benötigt bei Einsätzen von mindestens vier Stunden Dauer. Den Anteil dieser Einsätze an der Gesamtzahl der Feuerwehreinsätze habe sie nie ermittelt; sie schätze, dass er sich auf etwa 20 % belaufe. Die frühere Handhabung, bei Einsätzen mit Verpflegung jeweils die tatsächlichen Kosten zu berechnen, habe sich als sehr aufwendig erwiesen. Nun kalkuliere sie die Verpflegungskosten im Verhältnis der Einsatzstunden der Fahrzeuggruppen. Dementsprechend sei durch den Einsatz des Löschfahrzeugs zur Klägerin ein Verpflegungskostenanteil von 3,44 € in die Ersatzforderung eingeflossen, auch wenn dieser Einsatz keine Verpflegung erfordert habe. Ebenso wenig hätten dabei aber Geräte Verwendung gefunden, die bei den Abschreibungsbeträgen in der Kalkulation der Fahrzeugkosten enthalten seien; auch seien keine Mitarbeiter der Personalstelle am Einsatz beteiligt gewesen. Angesichts der Vielzahl der Einsätze könne die Beklagte nicht jede Einzelposition womöglich noch zu jedem einzelnen Mitarbeiter berechnen. Die Feuerschutzsteuer werde bei der Kalkulation der Kostentarife insofern berücksichtigt, als die dabei vereinnahmten Beträge zur Reduzierung der Anschaffungswerte neuer Fahrzeuge im Feuerschutz führten. Dies wirke sich in der Kalkulation bei der Höhe der einzelnen Abschreibungs- und Zinsbeträge aus. Dabei erfasse das „Sachkonto Abschreibungsbeträge Neubeschaffungen“ Abschreibungen für die im Folgejahr anstehenden Beschaffungen; das „Sachkonto Zinsbeträge Neubeschaffungen“ bilde keine Kreditzinsen sondern - kalkulatorische - Zinsen ab, die mit Kapital in Höhe des Anschaffungswertes ohne die Anschaffung zu erzielen wären. Im Hinblick auf die Berechnung von lediglich zwei der fünf eingesetzten Beamten sei die Heranziehung der Klägerin schließlich auch verhältnismäßig.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14Die Klage ist zulässig und begründet.
15Der Kostenbescheid der Beklagten vom 10.11.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO).
16Es fehlt an einer wirksamen satzungsrechtlichen Grundlage für die Heranziehung der Klägerin zum Kostenersatz für den Einsatz des Löschgruppenfahrzeugs und der Feuerwehrkräfte. Der Bescheid lässt sich nicht auf die FwS in der hier maßgeblichen Fassung der Änderungssatzung vom 01.06.2011 mit dem als Anlage zu § 5 Abs.3 erlassenen, für den Stundensatz der in Rechnung gestellten Einsatzmittel und –kräfte maßgeblichen Kostentarif Nrn.1.1 und 2.2.1 stützen. Der Kostentarif erweist sich hinsichtlich der Stundensätze für Personal und Fahrzeuge als nichtig. Er verstößt gegen § 41 Abs.2 und 3 FSHG, denn die zugrundegelegten Kosten durften nicht in dieser Höhe in die Berechnung der Pauschalsätze einbezogen werden.
17§ 41 Abs.2 FSHG bestimmt als Ausnahme zu dem in § 41 Abs.1 FSHG geregelten Grundsatz der Unentgeltlichkeit von Feuerwehreinsätzen, dass die Gemeinden in den dort abschließend aufgezählten Fällen Ersatz der ihnen „durch Einsätze entstandenen Kosten“ verlangen können. Die Kostenerstattung setzt nach § 41 Abs.3 FSHG eine wirksame Satzungsregelung voraus, die die Höhe des Kostenersatzes bestimmt; dabei kann die Satzung Pauschalbeträge festsetzen. Legt ein Satzungsgeber - wie die Beklagte in § 5 Abs.3 FwS in Verbindung mit dem Kostentarif - Pauschalbeträge fest, müssen diese sich in ihrer Höhe an den tatsächlichen Kosten für die ersatzpflichtigen Einsätze orientieren.
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.09.2010 - 9 A 1582/08 -, juris; VG Münster Urteil vom 23.01.2012 - 1 K 1217/11 -, juris.
19Die Frage, welche Kosten tatsächlich auf entgeltliche Einsätze entfallen, ist mit Rücksicht auf die gesetzliche Gestaltung der Kostentragungspflicht, die grundsätzlich zu Lasten der Gemeinde geht und nur in bestimmten Fällen eine Kostenersatzmöglichkeit eröffnet, zu beantworten; die Gemeinde kann danach lediglich die durch den konkreten Feuerwehreinsatz bedingten Kosten
20- vgl. OVG NRW, Urteil vom 13.10.1994 - 9 A 780/93 -, juris -,
21also nur diejenigen Aufwendungen ersetzt verlangen, die sie zur Durchführung der konkreten Maßnahme aus ihrem Vermögen aufgebracht hat.
22Vgl. Schneider, FSHG NRW, 8.Aufl. 2008, § 41 Anm.17.3.1.
23Diese Beschränkung auf den Ausgleich der Kosten, die durch den einzelnen Einsatz verursacht sind, zwingt zu einer klaren Abgrenzung von dem nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gebildeten Kostenbegriff, der bei der Kalkulation etwa einer Benutzungsgebühr zur Deckung sämtlicher Kosten einer Einrichtung dient. Das FSHG geht von einem eigenständigen Kostenersatzanspruch aus, der keine Abgabe im Sinne des § 1 Abs.1 KAG ist und auf den daher die Bestimmungen des § 6 Abs.2 KAG NRW keine Anwendung finden.
24Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13.10.1994 - 9 A 780/93 -, juris -; VG Münster Urteil vom 23.01.2012 - 1 K 1217/11 -, juris; Schneider a.a.O. § 41 Anm. 17.2.1.
25Bei der danach gebotenen differenzierenden Betrachtungsweise ist zwischen zwei Kostengruppen zu unterscheiden: Zum einen sind die Kosten zu verzeichnen, die wie etwa Treibstoffkosten oder andere Verbrauchskosten als unmittelbare Folge konkreter Einsätze ersatzfähig sind. Zum anderen fallen Kosten unabhängig vom Einsatz als Vorhaltekosten der Feuerwehr gleichmäßig das ganze Jahr über an; sie entstehen dadurch, dass die Feuerwehr sich mit Sachgütern und Personal bereit hält. Vorhaltekosten sind für den Zeitraum, in dem kostenersatzfähige Einsätze stattfinden, durch den Einsatz verursacht, soweit die eingesetzten Mittel nicht für sonstige Pflichteinsätze der Feuerwehr sowie für die allgemeine Bereitstellung im Rahmen der Aufgabenerfüllung zur Verfügung stehen.
26Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13.10.1994 - 9 A 780/93 -, juris -; VG Münster Urteil vom 23.01.2012 - 1 K 1217/11 -, juris.
27Vorhaltekosten können danach bei der Kostenabrechnung für einen Feuerwehreinsatz nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie zum Werteverbauch zählen, der konkret mit der Leistungserbringung des einzelnen Einsatzes verbunden ist; die einsatzbedingte „Blockierung“ der anderweitigen Nutzung von Personal und Sachgütern lässt erstattungsfähige Kosten entstehen.
28Vgl. Hess.VGH, Urteil vom 22.08.2007 - 5 UE 1734/06 -, juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30.11.2011 - 1 L 93/08 -, juris, jeweils zur entsprechenden Systematik im dortigen Landesrecht.
29Hieran gemessen sind die Stundensätze für Personal und Fahrzeuge rechtswidrig kalkuliert.
30Dabei ist es zunächst methodisch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte diejenigen Vorhaltekosten, die sie für ansatzfähig hält, hinsichtlich der Fahrzeuge nach dem Verhältnis der Anzahl der Jahresstunden
31- entsprechend OVG NRW, Urteil vom 13.10.1994 - 9 A 780/93 -, juris; vgl. auch VG Münster, Urteil vom 23.01.2012 - 1 K 1217/11 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 16.11.2010 - 1 S 2402/09 -; Hess.VGH, Beschluss vom 22.07.2008 - 5 B 6/08 -, jeweils in juris -
32bzw. für das Personal nach dem Verhältnis der Jahresarbeitsstundenzahl
33- vgl. Schneider a.a.O. § 41 Anm. 17.3.3 -
34zur einzelnen Einsatzstunde umlegt, um die außerhalb der kostenpflichtigen Einsatzdauer anfallenden Kosten nicht in die Kostenersatzforderung einfließen zu lassen. Das Umlegen der Personalkosten auf die Zahl der Jahresarbeitsstunden rechtfertigt sich daraus, dass Feuerwehrkräfte anders als Fahrzeuge nicht durchgängig zur Verfügung stehen, sondern Urlaubs- und sonstige freie Tage, Ruhezeiten sowie weitere Ausfallzeiten etwa infolge von Erkrankungen zu berücksichtigen sind. Die Kammer hat auch keine durchgreifenden Bedenken, die danach zugrunde zu legenden Nettoarbeitstage pauschalierend zu ermitteln.
35Gleichwohl erweisen sich die Personaltarife als rechtswidrig, weil die Beklagte bei dem erforderlichen weiteren Schritt zur Ermittlung der Jahresarbeitsstundenzahl von einer unzutreffenden wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden ausgeht. Tatsächlich beläuft sich die regelmäßige Arbeitszeit eines Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes im Schichtdienst unter Berücksichtigung des Bereitschaftsdienstes im Jahresdurchschnitt auf 48 Stunden, vgl. § 2 Abs.1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes NRW. Ist danach Bereitschaftsdienst in Bezug auf die Ausgestaltung des Dienstverhältnisses des Feuerwehrbeamten als Vollarbeitszeit zu werten
36- vgl. Schneider a.a.O. § 10 Anm.5.1.1; zur entsprechenden Auslegung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie 93/104/EG: EuGH, Urteil vom 09.09.2003 - C-151/02; Urteil vom 05.10.2004 - C-397/01 - (Rettungsdienst); Beschluss vom 14.07.2005 - C-52/04 - (Feuerwehr), jeweils nachgewiesen in juris -,
37spricht Einiges dafür, den Bereitschaftsdienst ebenso im hier interessierenden Zusammenhang der Kalkulation eines Personalstundensatzes in die Berechnung der Jahresarbeitsstundenzahl einzubeziehen
38- dahingehend auch Hess.VGH, Urteil vom 22.08.2007 - 5 UE 1734/06 -, juris -;
39denn mit dem Bereithalten von Personal, das erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit unverzüglich aufnehmen kann, erfüllt die Kommune typischerweise ihre gem. § 1 Abs.1 FSHG im Interesse der Allgemeinheit zu erledigende Aufgabe, eine ständig einsatzfähige Feuerwehr zu unterhalten, um den abwehrenden Brandschutz und die technische Hilfeleistung in ihrem Gebiet sicherzustellen. Aber auch ohne Berücksichtigung des Bereitschaftsdienstes ist die Jahresarbeitsstundenzahl fehlerhaft ermittelt, weil dann gem. § 60 Abs.1 Landesbeamtengesetz NRW - LBG -, auf den in § 117 Abs.1 LBG für Beamte in den Feuerwehren der Gemeinden Bezug genommen wird, von einer regelmäßigen Arbeitszeit von 41 Wochenstunden auszugehen ist. Legt man diese Wochenstundenzahl zugrunde, beträgt die Jahresarbeitsstundenzahl eines Feuerwehrbeamten ausgehend von 191,54 Nettoarbeitstagen 1571 Stunden. Auf der Basis dieses Wertes würde sich der Stundensatz bereits um mehrere Euro verringern.
40Die Kalkulation der Personaltarife leidet unter dem weiteren Fehler, dass die Beklagte darin mit den „Verwaltungsgemeinkosten“ eine Arbeitsplatzkostenpauschale für die Unterhaltung der Wachen in Ansatz gebracht hat, ohne dass der erforderliche Einsatzbezug für diese Vorhaltekosten erkennbar wäre. Der Aufwand für Gebäude steht nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Einsatz von Sachmitteln und Einsatzkräften. Feuerwehrgebäude sind zwar unverzichtbar für eine sachgerechte Unterbringung, kommen aber nicht „zum Einsatz“; der für ihre Herstellung und Unterhaltung erforderliche Aufwand zählt zu den allgemeinen Kosten der Einrichtung Feuerwehr.
41Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.07.2008 - 4 B 06.1839 -, juris.
42Der auf den Arbeitsplatz des Feuerwehrpersonals entfallende Wertverbrauch lässt sich nicht als Aufwand des konkreten Feuerwehreinsatzes bezeichnen, da die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und ihre Ausstattung auch während der Einsatzzeit für die sonstige Aufgabenwahrnehmung genutzt werden können; eine „Blockierung“ durch den konkreten Feuerwehreinsatz findet nicht statt.
43Vgl. Hess. VGH, Urteil vom 22.08.2007 - 5 UE 1734/06 -, juris.
44Die unzulässige Einbeziehung dieser Kosten, die mit 10 % der angenommenen „eigentlichen Personalkosten“ einen erheblichen Umfang aufweisen, wirkt sich deutlich auf die Höhe der Personalstundensätze aus und führt zu deren Ungültigkeit.
45Auch hinsichtlich der Fahrzeugtarife führt die Überprüfung der von der Klägerseite erhobenen Rügen und weiterer sich anhand der „Gebührenbedarfsberechnung Fahrzeuge 2011“ aufdrängender Unstimmigkeiten zu dem Befund, dass die festgelegten Stundensätze durch die Einbeziehung nicht erstattungsfähiger Kosten in erheblichem Umfang überhöht und damit ungültig sind.
46Die Beklagte durfte bei den variablen Fahrzeugkosten keine Verpflegungskosten einbringen. Verpflegungskosten fallen nach Mitteilung der Beklagten erst ab einer Einsatzdauer von vier Stunden an. Dadurch dass Verpflegungskosten in die Fahrzeugtarife einbezogen sind, löst der bloße Fahrzeugeinsatz unabhängig von der Einsatzdauer und dementsprechend von der Frage, ob die Einsatzkräfte Verpflegung erhalten, eine Heranziehung des Kostenpflichtigen zu Verpflegungskosten aus. Ausgehend von der Annahme der Beklagten, dass der Anteil der „Langzeiteinsätze“ mit Verpflegungsbedarf etwa 20 % der gesamten Einsätze der Kölner Berufsfeuerwehr ausmacht, werden sämtliche Kostenpflichtigen zur Finanzierung von Verpflegungsmitteln herangezogen, obwohl bei der ganz überwiegenden Mehrzahl der Einsätze solche Aufwendungen überhaupt nicht entstehen. Diese Vorgehensweise verstößt eklatant gegen das Gebot, den Kostenersatz auf die durch den konkreten Einsatz verursachten Kosten zu beschränken. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, die frühere einsatzbezogene Erfassung von Verpflegungskosten habe sich als sehr aufwendig erwiesen. Da die Einsatzdauer stets genau erfasst wird, verursacht es keinen unzumutbaren Aufwand, die Verpflegungskosten aus den Fahrzeug-Stundensätzen herauszulösen und stattdessen gesondert bei den mindestens vierstündigen Einsätzen in Rechnung zu stellen. Durchaus praktikabel erschiene es dabei beispielsweise, eine Pauschale für jede Einsatzkraft zu berechnen, die den jeweiligen über vier Stunden hinausgehenden Zeitraum berücksichtigt.
47Bei den Fahrzeugfixkosten hat die Beklagte mit der kalkulatorischen Miete für Fahrzeugstellplätze wiederum unzulässig anteilige, noch nicht einmal real entstandene Gebäudekosten in Ansatz gebracht, die als allgemeine Kosten der Einrichtung Feuerwehr in keinem konkreten Bezug zum jeweiligen Feuerwehreinsatz stehen und die daher nicht ersatzfähig sind.
48Vgl. Bay.VGH, Urteil vom 18.07.2008 - 4 B 06.1839 -; dahingehend auch VG Münster, Urteil vom 23.01.2012 - 1 K 1217/11 -, jeweils in juris.
49Sind danach auch die Fahrzeugtarife ungültig, weist die Kammer ergänzend darauf hin, dass die Erläuterungen der Beklagten zu den Positionen „Abschreibungsbeträge Neubeschaffungen“ und „Zinsbeträge Neubeschaffungen“ Zweifel wecken, ob die dahinter verborgenen Beträge zu den ansatzfähigen Kosten gehören. Nach § 41 Abs.2 Satz 2 FSHG können die Ausgaben in der tatsächlichen Höhe einschließlich der Zins- und Tilgungsleistungen zugrundelegelegt werden. Diese Regelung dürfte dahin zu verstehen sein, dass allgemeine kalkulatorische Kosten und Abschreibungen der Fahrzeuge außer Ansatz bleiben müssen und nur die Zins- und Tilgungsleistungen für die eingesetzten Gerätschaften berücksichtigt werden dürfen.
50Vgl. VG Münster, Urteil vom 23.01.2012 - 1 K 1217/11 -, juris; Schneider a.a.O. § 41 Anm. 17.3.1.
51Die Beklagte scheint aber mit den genannten Positionen keine Zins- und Tilgungsdienste für Kredite anzusetzen, die tatsächlich zur Finanzierung von Fahrzeugen aufgenommen wurden. Vielmehr handelt es sich um fiktive Rückstellungen für zukünftige Anschaffungen und kalkulatorische Zinsen, die mit gedacht vorhandenem Kapital in Höhe des Anschaffungswertes ohne die geplante Anschaffung zu erzielen wären. Eine solche Vorgehensweise zielt nicht auf den Ersatz von einsatzbezogenen Kosten sondern auf die Kostendeckung der Einrichtung Feuerwehr nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Dies überschreitet die Grenzen, die die oben erläuterten Besonderheiten des Feuerwehreinsatzkostenrechts dem Satzungsgeber bei der Kostenkalkulation setzen.
52Eine geltungserhaltende Reduktion der Stundensätze auf das noch zulässige Maß scheidet aus, denn es ist allein Sache des Rates der Beklagten, die Kostentarife für Personal und Fahrzeuge durch eine Satzungsänderung der Rechtslage anzupassen.
53Ist der angefochtene Bescheid danach im Ergebnis wegen der Nichtigkeit der zugrundeliegenden Kostentarife rechtswidrig, kommt es auf die weiter aufgeworfenen Einwände der Klägerin nicht mehr an.
54Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.
55Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.