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Die Entnahme von Blut zur Herstellung und Reinjizierung von ozonisiertem Eigenblut unterliegt dem Arztvorbehalt des § 7 Abs. 2 TFG; einem Heilpraktiker ist sie nicht erlaubt
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist Heilpraktikerin mit Praxissitz in C. .
3Mit Schreiben vom 00.00.0000 zeigte sie der Bezirksregierung N. die erlaubnisfreie Herstellung gemäß § 13 Abs. 2b AMG und § 20d AMG von Arzneimitteln zum unmittelbaren Gebrauch am Patienten an. Entsprechend den Empfehlungen einiger Arzneimittelhersteller würden in ihrer Praxis registrierte homöopathische Injektionslösungen in einer Injektionsspritze gemeinsam aufgezogen und unmittelbar dem Patienten verabreicht. Im Rahmen der Eigenbluttherapie werde Patientenblut entnommen und reinjiziert. Die Reinjektion erfolge nach Zusatz eines Sauerstoff-Ozon-Gemisches. Auch die Mischung mit einem registrierten homöopathischen Arzneimittel vor Reinjektion werde durchgeführt. Auch Vitaminpräparate, die laut Hersteller zur Mischung geeignet seien, würden gegebenenfalls in einer Mischinjektion verabreicht. Sie, die Klägerin, führe dies in ihrer Praxis persönlich aus.
4Mit Schreiben vom 00.00.0000 bestätigte die Bezirksregierung N. den Eingang der Anzeige und übersandte der Klägerin ein Anzeigeformular. Die Klägerin füllte dieses unter dem 00.00.0000 aus und übersandte es der Bezirksregierung N. . U. a. erklärte die Klägerin darin, dass sie Arzneimittel unter Verwendung arzneimittelrechtlich zugelassener oder registrierter Fertigarzneimittel (z. B. Mischen von Injektions- oder Infusionslösungen) und unter Verwendung menschlicher Ausgangsstoffe (Eigenblutpräparate einschließlich Ozonisierung von Eigenblut s.c., i.v. und i.m.) herstelle.
5Mit Schreiben vom 00.00.0000 bat die Bezirksregierung N. die Klägerin um Angabe der Fundstelle des homöopathischen Zubereitungsverfahrens im Europäischen Arzneibuch oder in einer offiziell gebräuchlichen Pharmakopöe eines Mitgliedstaates der Europäischen Union. Vor einer eventuellen Untersagung der Herstellung wurde die weitere Anhörung angekündigt.
6Mit Schreiben vom 00.00.0000 vertrat die Klägerin unter ausführlicher Begründung die Ansicht, dass die angedrohte Untersagung rechtswidrig sei und bat um kurzfristige Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheids, um in der Sache zeitnah eine gerichtliche Klärung herbeiführen zu können.
7Mit Schreiben vom 00.00.0000 teilte die Bezirksregierung N. mit, dass es sich bei den von der Klägerin aufgeführten Eigenblutprodukten nicht um homöopathische Eigenblutprodukte handele, die angezeigte Herstellungstätigkeit somit nicht den Ausnahmetatbestand des § 28 TFG erfülle und daher nur durch eine ärztliche Person oder unter Verantwortung einer ärztlichen Person zulässig sei. Es werde vorgeschlagen, das Ergebnis verwaltungsgerichtlicher Verfahren abzuwarten. Je nach Ausgang werde möglicherweise eine Anhörung zu einer Untersagung der angezeigten Herstellung durchgeführt.
8Mit den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mittels Zustellungsurkunde zugestelltem Bescheid vom 00.00.0000 untersagte die Bezirksregierung N. der Klägerin die Entnahme von Blut zur Herstellung von nichthomöopathischen Eigenblutprodukten. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 250 Euro angedroht. Zur Begründung verwies sie darauf, die Untersagung beruhe auf § 69 Abs. 1 AMG i. V. m. § 7 Abs. 2 TFG. Die Anwendbarkeit des § 69 Abs. 1 AMG ergebe sich aus § 64 Abs. 3 AMG. Dort sei auch der zweite Abschnitt des Transfusionsgesetzes genannt. Somit gehöre auch § 7 Abs. 2 TFG zu dem von § 69 AMG vorausgesetzten Eingriffsbereich. Gemäß § 28 TFG finde das Transfusionsgesetz keine Anwendung auf die Entnahme einer geringfügigen Menge Blut zu diagnostischen Zwecken, auf homöopathische Eigenblutprodukte, autologes Blut zur Herstellung von biotechnologisch bearbeiteten Gewebeprodukten und auf die Entnahme einer geringfügigen Menge Eigenblut zur Herstellung von Produkten für die zahnärztliche Behandlung. Zwar werde von der Klägerin nur eine geringe Menge Blut entnommen, jedoch lege § 28 TFG gerade nicht fest, dass generell die Entnahme einer geringfügigen Menge Blut vom Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes ausgenommen sei. Vielmehr gälten die Ausnahmen nach dem Wortlaut des § 28 TFG nur für „die Entnahme einer geringfügigen Menge Blut zu diagnostischen Zwecken" oder für „eine geringfügige Menge Eigenblut zur Herstellung von Produkten zur zahnärztlichen Behandlung". Bei dem von der Klägerin hergestellten ozonisierten Eigenblutprodukt handele es sich insbesondere nicht um ein homöopathisches Eigenblutprodukt, welches den Ausnahmetatbestand des § 28 TFG eröffnen könnte. Die Klägerin mische Ozon zu dem entnommenen Blut hinzu und verabreiche diese Mischung. Bei dem ozonisierten Eigenblut sei es so, dass das Eigenblut schlicht mit dem chemisch vollständig charakterisierten Ozon als Wirkstoff versetzt werde. Insofern unterscheide sich dieses Vorgehen nicht von der Herstellung eines Arzneimittels mit einem chemischen Wirkstoff. Einer homöopathischen Verfahrenstechnik werde das Eigenblut dabei nicht unterzogen, da nur gemischt werde. Es handele sich mangels Anwendung einer homöopathischen Technik in Bezug auf das Eigenblut bei diesem weiterhin um einen allopathischen Wirkstoff in dieser Mischung. Bestimmend für ein homöopathisches Eigenblutprodukt sei gerade, dass die Eigenblutkomponente als homöopathisch bezeichnet werden könne, was nicht der Fall sei. Die Herstellung erfolge nicht im Sinne des § 4 Abs. 26 AMG nach einem im Europäischen Arzneibuch oder in einer offiziell gebräuchlichen Pharmakopöe eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren (vgl. Europäisches Arzneibuch, Ausgabe 8.6, Seite 7469 - 7482, Monographie 8.612371 Vorschriften zur Herstellung homöopathischer konzentrierter Zubereitungen und zur Potenzierung). Herstellungsschritte wie zum Beispiel eine Mazeration, ein Potenzieren durch Verdünnung oder die Verwendung von Arzneiträgerstoffen enthalte in Bezug auf das Eigenblut das angegebene Herstellungsverfahren nicht. Somit sei § 7 Abs. 2 TFG auf die Entnahme von Blut für die von der Klägerin durchgeführte Herstellung des ozonisierten Eigenblutprodukts anwendbar. Danach dürfe die Entnahme der Spende nur durch eine ärztliche Person oder unter Verantwortung einer ärztlichen Person erfolgen. Da die Klägerin keine ärztliche Person sei, dürfe sie Blut zur Herstellung für Eigenblutprodukte, die keine homöopathischen Eigenblutprodukte seien, nicht entnehmen.
9Aufgrund der besonderen Sensibilität von Blutprodukten sei es im Sinne des Patientenschutzes notwendig, Maßnahmen zu ergreifen. Eine Untersagung der Entnahme von Blut zur Herstellung nichthomöopathischer Eigenblutprodukte sei geeignet, künftige Verstöße zu verhindern. Diese Maßnahme sei ebenso erforderlich, da kein milderes Mittel zur Verfügung stehe. Ebenso sei die gewählte Maßnahme angemessen. In Abwägung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin an der weiteren Durchführung dieser Behandlung und dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung zum Schutz der Patienten überwiege das öffentliche Interesse daran, dass ausschließlich Arzneimittel zur Anwendung kämen, die unter Beachtung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften und ausschließlich von befugten Personen hergestellt worden seien.
10Die Klägerin hat bereits am 00.00.0000 Klage erhoben und zunächst beantragt festzustellen, dass ihr die von ihr mit Schreiben vom 00.00.0000 und mit Formular vom 00.00.0000 angezeigte und beschriebene Herstellung von Arzneimitteln unter Verwendung menschlicher Ausgangsstoffe in Form von Eigenblutpräparaten einschließlich Ozonisierung von Eigenblut erlaubt sei. Mit am 00.00.0000 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat die Klägerin die Ordnungsverfügung vom 00.00.0000 in das Verfahren einbezogen und zur Begründung vorgetragen, sie verfüge über die Erlaubnis, die Heilkunde gemäß § 1 Heilpraktikergesetz auszuüben. Ausübung der Heilkunde sei jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen (§ 1 Abs. 2 Heilpraktikergesetz). Die Heilpraktikererlaubnis berechtige grundsätzlich zur Ausübung der gesamten Heilkunde ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Fachgebiet und damit zur Anwendung aller Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die beherrscht würden, unbeschadet ihrer Gefährlichkeit. Deshalb sei der Heilpraktiker im Rahmen seiner Therapiefreiheit grundsätzlich auch befugt, z. B. Injektionen zu verabreichen. Einschränkungen des Tätigkeitsspektrums bestünden insoweit nur, als dass bestimmte Behandlungen kraft Gesetzes explizit anderen Heil- bzw. Hilfsberufen vorbehalten seien. Seit 1998 regele das Transfusionsgesetz die Gewinnung von Blut, Blutbestandteilen und Blutprodukten sowie deren Anwendung am Menschen bei Bluttransfusionen. In § 4 Satz 1 TFG sei vorgeschrieben, dass eine Spendeeinrichtung eine leitende ärztliche Person bestellt haben und bei der Durchführung der Blutspende eine approbierte ärztliche Person vorhanden sein müsse, unter deren Verantwortung die Blutspende stattfinde. Vom Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes seien gemäß § 28 TFG u. a. die "Entnahme einer geringfügigen Menge Blut zu diagnostischen Zwecken" sowie "homöopathische Eigenblutprodukte" ausgenommen, denn das Transfusionsgesetz solle nicht für alle Blutentnahmen Anwendung finden, sondern nur für diejenigen, die sich für die Verarbeitung zum Blutprodukt eigneten. Fänden die Vorschriften des Transfusionsgesetzes keine Anwendung - sei es, weil es sich schon nicht um eine Spende im Sinne von § 2 Nr. 1 TFG handele, sei es, dass eine Ausnahme des § 28 TFG greife - seien auch die strengen Vorgaben des Transfusionsgesetzes, wie etwa das Vorhandensein einer ausreichenden personellen, baulichen, räumlichen und technischen Ausstattung (§ 4 Nr. 1 TFG), die Tauglichkeit der zur Blutspende zugelassenen Person (§ 5 Abs. 1 TFG), besondere Vorgaben zur Aufklärung und Einwilligung der spendenden Person (§ 6 TFG) sowie spezielle Dokumentationspflichten (§ 11 TEG, § 14 TFG) nicht einzuhalten. Dies gelte insbesondere auch für den vorgenannten Arztvorbehalt.
11Die von ihr angezeigte erlaubnisfreie Herstellung von Eigenblutpräparaten einschließlich Ozonisierung von Eigenblut unterfalle als homöopathisches Eigenblutprodukt der Ausnahme des § 28 TFG. Bei der Entnahme von Blut für die Eigenbluttherapie handele es sich um ein "homöopathisches Eigenblutprodukt" i. S. v. § 28 TFG, da lediglich eine geringfügige Menge Eigenblut (kein Fremdblut) entnommen werde, es sich dabei um eine gebräuchliche homöopathische Verfahrensweise in Abgrenzung zur Schulmedizin handele und eine völlig andere Zweckbestimmung im Vergleich zur Eigenblutspende bzw. Eigenblutkonserve zugrunde liege. Der in § 28 TFG benannte Begriff des homöopathischen Eigenblutproduktes sei weder im Transfusionsgesetz noch im Arzneimittelgesetz oder anderswo legaldefiniert. Durch die Ausnahme "homöopathischer Eigenblutprodukte" vom Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes werde der Geltungsbereich des Gesetzes in Bezug auf solche Blutprodukte präzisiert, die sich im Entnahmevorgang, in der entnommenen Menge sowie in der Herstellung und in der Anwendung wesentlich von der "klassischen" Eigenblut-"Spende" unterschieden. Der BGH sei in einer Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass das Transfusionsgesetz auf Eigenblutnosoden keine Anwendung finde, da es sich bei diesen um homöopathische Eigenblutprodukte im Sinne von § 28 TFG handele, die der Gesetzgeber ausdrücklich vom Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes habe ausnehmen wollen.
12Im Einzelnen habe der BGH hierzu ausgeführt:
13"Die Beklagte hat aus dem Serum der Klägerin ein homöopathisches Eigenblutprodukt hergestellt. Sie hat eine Eigenbluttherapie mit Nosoden durchgeführt. Hierzu hat sie (...) das aus dem Blut der Klägerin gewonnene Serum mit Kochsalz und als Fertigprodukte bezogene Nosoden aufbereitet (...). Bei einer Nosode handelt es sich aus naturheilkundlicher Sicht um ein Arzneimittel, das aus pathologischem Material hergestellt und in Verdünnungen zur homöopathischen Therapie angewendet wird (...). Die Anwendung von Eigenblut mit Zusatz von Homöopathika stellt eine gebräuchliche Form der Eigenbluttherapie dar (...). Demnach handelte es sich bei gebotener richtlinienkonformer Auslegung bei den von der Beklagen verwendeten Nosoden um homöopathische Arzneimittel im Sinne von Art.1 Nr. 5 Satz 1 der Richtlinie 2001/83/EG und bei dem von ihr mit Nosoden versetzten Serum der Klägerin entgegen der Auffassung der Revision um ein homöopathisches Eigenblutprodukt."
14Für die maßgebliche Einordnung der Eigenblutnosoden als homöopathisches Eigenblutprodukt stelle der BGH nicht auf dessen Beschreibung in einem der geltenden Arzneibücher bzw. Pharmakopöen ab, sondern allein darauf, dass die "Substanz ausschließlich aufgrund der Herstellung nach einem homöopathischen Zubereitungsverfahren den homöopathischen Arzneimitteln zuzuordnen ist". Mithin könne es sich nach der Rechtsprechung des BGH bei homöopathischen Eigenblutprodukten zwar einerseits durchaus um Arzneimittel handeln, wobei damit aber nicht entschieden sei, dass es sich bei derartigen Eigenblutprodukten zwingend auch um homöopathische Arzneimittel im Sinne der Definition des § 4 Abs. 26 AMG handele. Vielmehr reiche es aus, wenn die als Arzneimittel geltende Eigenblutnosode im Rahmen eines homöopathischen Zubereitungsverfahrens gewonnen worden sei, um als homöopathisches Eigenblutprodukt im Sinne des § 28 TFG zu gelten. Auf eine Beschreibung in einem geltenden Arzneibuch, insbesondere auf die speziellen Herstellungsvorschriften des homöopathischen Arzneibuchs für Nosodenpräparate nach den Vorschriften Nr. 43 und 44 (vgl. HAB 2011, Ziff. 5.4.4) komme es für die transfusionsrechtliche Bedeutung des Begriffs demgemäß nicht an. In Ermangelung einer eigenen transfusionsrechtlichen Definition des "homöopathischen Eigenblutproduktes" stelle der BGH explizit nur "zum Verständnis“ auf die - gesetzessystematisch ohnehin außerhalb des Transfusionsrechts stehende - arzneimittelrechtliche Legaldefinition nach § 4 Abs. 26 AMG ab. Dies schließe indes einen weitergehenden Anwendungsbereich der Ausnahmeregelung des § 28 TFG gerade nicht aus, da das Transfusionsgesetz nach Auffassung des BGH "jedenfalls" nicht auf Injektionen einer Eigenblutnosode anzuwenden sei.
15In der weiteren Konsequenz bedeute dies, dass wenn nach Ansicht des BGH sogar die Anwendung von Eigenblut mit Zusatz von Homöopathika eine gebräuchliche Form der Eigenbluttherapie darstellen könne und demnach als ein homöopathisches Eigenblutprodukt im Sinne des § 28 TFG anzusehen sei, dies im Wege eines Erst-Recht-Schlusses sowohl für den Patienten unverändert zurückgegebenes Eigenblut als auch für z.B. - lediglich - mit Sauerstoff oder Ozon angereichertes Eigenblut sowie Bestrahlung des Eigenbluts mit UV-Licht (ultraviolette Blutbestrahlung - UVE/UVB) oder Aufschäumung des Eigenbluts mit Sauerstoff und/oder Ozon (Hämatogene Oxidationstherapie -HOT) gelten müsse. Dies stehe auch im Einklang mit der Begründung des Bundesgesetzgebers zum Transfusionsgesetz von 1998.
16Bei Eigenblutnosoden handele es sich jedenfalls schon deshalb um homöopathische Eigenblutprodukte nach § 28 TFG, weil
17"(...) wesentliche Unterschiede im Entnahmevorgang, in der entnommenen Menge, Herstellung und Anwendung von homöopathischen Eigenblutprodukten im Vergleich zur herkömmlichen Eigenblutspende eine Ausnahmeregelung von den im Transfusionsgesetz normierten Pflichten (...)"
18zuließen (vgl. BGH vom 17. Januar 2012, a. a. O.). Nach Auffassung des BGH sei damit auch heute noch maßgebliches Kriterium für die Auslegung des § 28 TFG die Intention des Bundesgesetzgebers zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Transfusionsgesetzes im Jahre 1998. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die ursprüngliche Fassung des § 28 TFG vom 1. Juli 1998 wie folgt gelautet habe:
19"Dieses Gesetz findet auf homöopathische Eigenblutprodukte und auf Eigenblutprodukte zur Immuntherapie keine Anwendung."
20Die Ausnahme für "homöopathische Eigenblutprodukte" sei seit der ursprünglichen Fassung des Transfusionsgesetzes bis heute unveränderter Inhalt des § 28 TFG.
21Ergänzend führt die Klägerin aus, dass es bereits für das Vorliegen eines „homöopathischen Arzneimittels“ nach dem Arzneimittelgesetz nicht ausschlaggebend sei, ob es aus Stoffen hergestellt werde, die monografisch im Ph. Eur., im HAB oder in einem anderen offiziellen Arzneibuch eines EU-Mitgliedstaates beschrieben seien. Auch Arzneimittel, die mit einer homöopathischen Verfahrenstechnik unter Verwendung von Stoffen hergestellt würden, die mangels einer Monografie in einem Arzneibuch nur in sog. Firmenmonografien beschrieben würden, seien homöopathische Arzneimittel.
22Mit Verabschiedung des Transfusionsgesetzes sei es dem Gesetzgeber in erster Linie um den Schutz vor transfusionsbedingten Infektionen bei allogenen Blutspenden gegangen. Dies werde auch mit den Ausnahmetatbeständen des § 28 TFG dokumentiert, da diese lediglich ausschließlich autologes Blut und damit kein Fremdblut beträfen, da das Infektionsrisiko bei allogenem Blut wesentlich höher sei. Dem Gesetzgeber sei es insbesondere im Hinblick auf § 28 TFG erkennbar darauf angekommen, primär das Infektionsrisiko zu vermindern. Deshalb sei "eine Gleichbehandlung" mit allogenen Blutprodukten bzw. klassischen Eigenblutspenden "unverhältnismäßig".
23Auch im pharmazeutischen Schrifttum sei § 28 TFG auf breite Zustimmung gestoßen, denn damit habe der Gesetzgeber die Konsequenz daraus gezogen, dass eine zu formalistische Interpretation zu "überzogenen Forderungen" führen könnte. Die Ausnahme homöopathischer Eigenblutprodukte von der Anwendung des Transfusionsgesetzes gehe auch darauf zurück, dass hierfür in der Regel nur eine geringe Menge Blut benötigt werde und das damit verbundene Infektionsrisiko als gering einzuschätzen sei.
24Es gelte zu beachten, dass die zwischen Gewinnung und Anwendung liegende Herstellung von Blutprodukten ausschließlich durch die entsprechenden Vorschriften des Arzneimittelgesetzes geregelt werde. Die Herstellungserlaubnis nach arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten sei dabei unabhängig von der transfusionsrechtlichen Bewertung vorzunehmen. Regelungszweck des Arzneimittelgesetzes sei die Arzneimittelsicherheit, die des Transfusionsgesetzes die Vermeidung von Infektionsrisiken. Damit könne es bei der Auslegung der in § 28 TFG aufgeführten Begrifflichkeiten ohne eine entsprechende Verweisung auf das Arzneimittelgesetz nicht auf die dort definierten Begriffe ankommen, zumal der von dem Beklagten in Bezug genommene § 4 Abs. 26 AMG von einem "homöopathischen Arzneimittel" spreche und nicht wie § 28 TFG von einem "homöopathischen Eigenblutprodukt". Gegen die Anwendung des § 4 Abs. 26 AMG auf das Transfusionsrecht spreche auch, dass dieser erst mit dem 14. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes am 6. September 2005 in Kraft getreten sei, das "homöopathische Eigenblutprodukt" jedoch seit Inkrafttreten des Transfusionsgesetzes im Jahre 1998 als Ausnahme in § 28 TFG aufgeführt sei. Hintergrund der Definition in § 4 Abs. 26 AMG sei die Angleichung an die Terminologie im europäischen Recht. Bezweckt sei damit hingegen nicht die Änderung des Transfusionsrechts mit Blick auf Eigenblutprodukte, die vor Einführung des § 4 Abs. 26 AMG zweifelsfrei von der Ausnahmeregelung des § 28 TFG erfasst gewesen seien. Hätte der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 28 TFG lediglich "homöopathische Arzneimittel" im Sinne von § 4 Abs. 26 AMG von der Anwendbarkeit des Transfusionsgesetzes ausnehmen wollen, wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, diese Änderung vorzunehmen, zumal § 28 TFG seit Einführung des § 4 Abs. 26 AMG bereits mehrfach geändert worden sei. Stattdessen sei der Begriff des homöopathischen Eigenblutprodukts seit Inkrafttreten des Transfusionsgesetzes im Jahre 1998 unverändert geblieben. Würde man den Anwendungsbereich des § 28 TFG auch nur auf homöopathische Arzneimittel im Sinne von § 4 Abs. 26 AMG beschränken, würde dieser faktisch leerlaufen und zu einer erheblichen beruflichen Tätigkeitseinschränkung zu Lasten von Heilpraktikern führen, was vor dem Hintergrund des Art. 12 GG nicht zu rechtfertigen wäre.
25Da bereits die Definition des Blutprodukts in § 2 Nr. 3 TFG über die Grenzen des Arzneimittels i. S. d. Arzneimittelgesetzes hinausgehe, sei der Begriff des "homöopathischen Eigenblutprodukts" weiter gefasst als der des "homöopathischen Arzneimittels" in § 4 Abs. 26 AMG. Blutprodukte nach § 2 Nr. 3 TFG seien nämlich u. a. nicht nur Blutzubereitungen im Sinne von § 4 Abs. 2 AMG, die eine spezielle Form des Arzneimittels, das aus Blut gewonnene Bestandteile enthalte, seien, sondern es würden auch Blutsera und Blutbestandteile, die zur Herstellung bestimmt seien, als Blutprodukte im Sinne des Transfusionsgesetzes benannt. Die Definition des Begriffs "homöopathisches Arzneimittel" i. S. v. § 4 Abs. 26 AMG sei auch als Begriffsjurisprudenz deshalb problematisch, da regelmäßig der Wille des Gesetzgebers dabei zu kurz komme. In der Rechtstheorie sei die Begriffsjurisprudenz zur Interessenjurisprudenz übergegangen und diese noch zur Wertungsjurisprudenz verfeinert worden. Die Begrifflichkeit wäre daher mit der Wertungsjurisprudenz konsequenterweise zu vereinheitlichen. Hinzu trete, dass die europäischen und mitgliedstaatlichen Arzneibücher und Pharmakopöen nicht einmal ohne Weiteres vollumfänglich allgemein zugänglich seien und auch das Unionsrecht davon ausgehe, dass es in bestimmten Fällen unverhältnismäßig erscheine, das volle transfusionsrechtliche Instrumentarium, das auf die Fremdblutspende zugeschnitten sei, ohne Weiteres auf Fälle der Eigenblutspende anzuwenden.
26Die Klägerin weist zur Klarstellung vertiefend darauf hin, dass die zwischen Gewinnung und Anwendung liegende Herstellung von Blutprodukten ausschließlich durch die entsprechenden Vorschriften des Arzneimittelgesetzes geregelt werde. lnsofern verfange die Argumentation des beklagten Landes, dass im Hinblick auf § 28 TFG nicht nur auf die wesentlichen Unterschiede im Entnahmevorgang und der entnommenen Menge, sondern auch auf die wesentlich andere Herstellung und Anwendung abgestellt werde. In der Tat sei die Homöopathie von der Allopathie (Schulmedizin) abzugrenzen. Dies bedeute, dass alles, was nicht der Allopathie (Schulmedizin) zuzuordnen sei, automatisch dem Begriff der Homöopathie unterfalle. Die Eigenbluttherapie sei nicht der Schulmedizin zuzuordnen; folglich sei sie eine Behandlungsmethode der Homöopathie. Auch plättchenreiches Plasma (PRP) werde aus autologem Patientenvollblut hergestellt und sei daher der Eigenbluttherapie zuzuordnen. Durch Zentrifugalkraft werde das Blut in seine Bestandteile getrennt. Aus dem separierten PRP könne dann ein thrombinreiches Gel hergestellt werden, welches z. B. bei der Wundheilung eingesetzt werde. Neben der Zahn-, Mund- und Kieferchirurgie finde PRP auch in der Orthopädie, der plastischen Chirurgie und bei der Behandlung diabetischer Wunden sowie der Chirurgie Anwendung. Würde man die Blutentnahme und Herstellung von PRP ebenfalls nicht unter die Ausnahme des § 28 TFG fallen lassen, müsste jeder Arzt, der diese Behandlung durchführe, sich an die strengen Vorschriften des Transfusionsgesetzes halten.
27Die Klägerin beantragt,
28die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 00.00.0000 aufzuheben.
29Der Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Zur Begründung trägt er unter Ergänzung der Ausführungen im angefochtenen Bescheid vor, das von der Klägerin hergestellte Eigenblutprodukt sei Arzneimittel, da alle Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs. 1 AMG erfüllt seien. Insbesondere wolle die Klägerin dieses Eigenblutprodukt am Menschen zu Therapiezwecken anwenden. Das Eigenblutprodukt sei auch Blutzubereitung im Sinne des § 4 Abs. 2 AMG. Dass die Definition von Blutprodukten im § 2 Nr. 3 TFG weiter sei und auch Vorstufen der Arzneimittelherstellung umfasse, ändere daran nichts, da die Herstellung der Klägerin die Endstufe Arzneimittel (zur Anwendung am Menschen) erreiche. Weiterhin sei auch nicht isoliert der Begriff „Blutprodukt", sondern der gesamte Begriff "homöopathische Eigenblutprodukte“ zu betrachten, der sich auf eine anwendungsfertige Endstufe beziehe. Insofern stelle der Begriff „homöopathische Eigenblutprodukte" einen Unterbegriff zum Begriff „homöopathisches Arzneimittel" dar und es könne ohne weiteres auf die arzneimittelrechtliche Definition zurückgegriffen werden. Das Arzneimittelgesetz und das Transfusionsgesetz seien eng verzahnt, was auch in § 29 TFG und in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck komme: „Die Vorschriften des Arzneimittelrechts bleiben grundsätzlich unberührt und finden neben den Vorschriften des Transfusionsgesetzes und seiner Verordnung Anwendung. Das folgt daraus, dass die Entnahme von Blut oder Blutbestandteilen aus dem menschlichen Körper Arzneimittel- oder Wirkstoffgewinnung ist (BR-Drs. 851/97, Seite 16)“.
32Auch der BGH gehe davon aus, dass für die Auslegung des Begriffs "homöopathische Eigenblutprodukte" auf die arzneimittelrechtliche Definition des § 4 Abs. 26 AMG zurückgegriffen werden könne. Auch die Vergleiche mit dem dort streitgegenständlichen Produkt (u. a. Nosoden) gingen fehl, da für das hergestellte Produkt der Klägerin nicht einmal im Ansatz ersichtlich noch vorgetragen sei, dass es nach einem homöopathischen Zubereitungsverfahren im Sinne des § 4 Abs. 26 AMG hergestellt werde oder sonst irgendeinen Bezug zur Homöopathie habe. Es könnte eingewandt werden, dass die Definition in § 4 Abs. 26 AMG (im Jahr 2005 eingefügt), die wiederum auf die Definition in Art. 1 Nr. 5 der RL 2001/83/EG (im Jahr 2004 eingefügt) zurückgehe, jünger sei als der Begriff „homöopathische Eigenblutprodukte" in § 28 TFG aus dem Jahr 1998. Allerdings werde der Begriff „homöopathisches Arzneimittel" schon seit Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes im Jahr 1978 in § 38 AMG gebraucht. In der Gesetzesbegründung werde dazu (zu § 37 des Gesetzentwurfs „homöopathisches Mittel") ausgeführt:
33„Das Kriterium, dass homöopathische Mittel nach den anerkannten Regeln der Homöopathie hergestellt sein müssen, ist zur Charakterisierung der Eigenart dieser Arzneimittelgruppe unerlässlich. Zugleich wird damit auch ein wesentliches Abgrenzungskriterium zum Zulassungsbereich hin gewonnen. Was man unter anerkannten Regeln der Homöopathie zu verstehen hat, soll im Rahmen des Arzneibuchs (§ 52 AMG) näher umschrieben werden…“
34Das auf Grundlage des § 55 AMG erstellte Homöopathische Arzneibuch sei bereits im Jahr 1978 als 1. Ausgabe (HAB 1) erlassen und seitdem fortgeschrieben worden. lnzwischen sei davon Vieles in das Europäische Arzneibuch übernommen worden. Es sei daher festzustellen, dass beim Inkrafttreten des Transfusionsgesetzes im Jahr 1998 der Begriff des homöopathischen Arzneimittels dem Gesetzgeber bekannt gewesen sei und weitgehend der heutigen Begriffsdefinition in § 4 Abs. 26 AMG entspreche. Der Begriff „homöopathische Eigenblutprodukte" sei also bereits im Jahr 1998 so auszulegen gewesen, dass darunter nur Eigenblutprodukte zu verstehen seien, die nach einem im Arzneibuch (§ 55 AMG) beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt würden. Insofern stelle die Gesetzesbegründung zu § 28 TFG (BR-Drs. 851/97, Seite 23) nicht nur auf die wesentlichen Unterschiede im Entnahmevorgang und der entnommenen Menge, sondern auch auf die wesentlich andere Herstellung und Anwendung ab. Der Begriff homöopathisch bzw. Homöopathie sei im Jahr 1998 aber nicht nur aus dem Arzneimittelrecht, sondern auch allgemein bekannt und von der Allopathie („Schulmedizin") abzugrenzen gewesen.
35Auch wenn man den Rückgriff auf die arzneimittelrechtliche Definition ablehnen sollte, sei nichts dafür ersichtlich, das Eigenblutprodukt der Klägerin der Homöopathie zuzuordnen. Schon nach dem Wortlaut des § 2 Nr. 1 TFG sei die Behauptung in der Klagebegründung, dass es sich bei der von der Klägerin entnommenen Menge Blut nicht um eine Spende im Sinn des § 2 Nr. 1 TFG handeln solle, nicht nachzuvollziehen. Das entnommene Blut, wenn es direkt subkutan, intramuskulär oder intravenös angewandt werden solle, sei mit der Entnahme bereits Arzneimittel. Wenn weitere Herstellungsvorgänge folgten, wie in diesem Fall die Mischung mit Ozon, sei die entnommene Menge Blut zur Herstellung von Arzneimitteln bestimmt. Zudem enthalte § 2 Nr. 1 TFG sogar den Auffangtatbestand, dass die entnommene Menge Blut „zur Herstellung von (...) anderen Produkte zur Anwendung bei Menschen bestimmt ist". Dass die Klägerin ihr Eigenblutprodukt bei Menschen anwenden wolle, stehe fest. Dass Spende jede Entnahme auch einer geringfügigen Menge Blut sei, verdeutlicht auch die Ausnahme „Entnahme einer geringfügigen Menge Blut zu diagnostischen Zwecken" in § 28 TFG. Denn ansonsten wäre die Ausnahme nicht notwendig.
36Im Gegensatz zu den Ausführungen in der Klagebegründung werde es nicht als problematisch angesehen, wenn Ärzte, die bei der Herstellung von Eigenblutprodukten, die keine homöopathischen Eigenblutprodukte seien, bestimmte Reglungen des Transfusionsgesetzes einzuhalten hätten.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgangs (1 Heft) Bezug genommen.
38E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
39I. Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
401. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO zulässig. Die Umstellung des Klageantrags vom Feststellungsbegehren hin zum Anfechtungsbegehren unterliegt gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 3 ZPO nicht den Anforderungen an eine Klageänderung. Unabhängig hiervon wäre eine Klageänderung jedenfalls zulässig, weil die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage anzunehmen ist, da er sich, ohne ihr zu widersprechen, im Schriftsatz vom 00.00.0000 auf die geänderte Klage eingelassen hat (§ 91 Abs. 2 VwGO). Überdies wäre die Klageänderung sachdienlich im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO. Eines Vorverfahrens bedurfte es vor Erhebung der Anfechtungsklage nicht (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO, § 110 Abs. 1 Satz 1 JustG NRW).
412. Die Klage ist unbegründet. Die Ordnungsverfügung der Bezirksregierung N. vom 22. März 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
42a) Nr. 1 der Ordnungsverfügung ist rechtmäßig.
43aa) Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Nr. 1 der Ordnungsverfügung sind §§ 69 Abs. 1, 64 Abs. 3 AMG i. V. m. § 7 Abs. 2 TFG.
44bb) Nr. 1 der Ordnungsverfügung ist formell rechtmäßig. Zwar ist die Klägerin vor ihrem Erlass nicht angehört worden. Nach § 28 Abs. 1 VwVfG ist vor dem Erlass eines Verwaltungsakts, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dabei hat die Behörde den beabsichtigten Verwaltungsakt nach Art und Inhalt so konkret zu umschreiben, dass für den Beteiligten hinreichend erkennbar ist, weshalb und wozu er sich äußern können soll und mit welcher in seine Rechte eingreifenden Entscheidung er zu welchem ungefähren Zeitpunkt zu rechnen hat.
45Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2018 – 1 B 1078/18 -, juris, Rn. 25 f. m. w. N.
46Dieser Mangel ist jedoch gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW durch Nachholung im Laufe des erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens geheilt worden. Nach dieser Vorschrift ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die – wie hier – nicht den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG NRW nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Handlungen nach § 45 Abs. 1 VwVfG NRW – und damit auch die Nachholung i. S. v. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW – können gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG NRW bis zum Abschluss der ersten Instanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Steht eine Nachholung der Anhörung durch einen Widerspruch und dessen Würdigung in Rede, so tritt Heilung durch diese Nachholung nur ein, wenn eine vollwertige Gewährung des Rechts aus § 28 VwVfG NRW sichergestellt wird. Dies ist der Fall, wenn aus der Begründung des angefochtenen Bescheids alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen i. S. d. § 28 VwVfG NRW erkennbar sind, so dass der Betroffene Stellung nehmen kann, und wenn die im Widerspruchsverfahren vorgebrachten (erheblichen) Tatsachen von der Erstbehörde oder der zu einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts befugten Widerspruchsbehörde berücksichtigt worden sind.
47Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2018 – 1 B 1078/18 -, juris, Rn. 28 f. m. w. N.
48Ist – wie hier – ein Vorverfahren entbehrlich, kann eine Nachholung durch Schriftsätze im gerichtlichen Verfahren erfolgen, sofern die Behörde zu erkennen gibt, dass sie die Einwände des Betroffenen umfassend abarbeitet und ihre Entscheidung inhaltlich erneut überdenkt. Dies ist vorliegend ausweislich der Ausführungen im Schriftsatz der Bezirksregierung N. vom 00.00.0000der Fall.
49Ungeachtet der erfolgten Heilung des Mangels könnte sich die Klägerin aber auch nicht auf den Mangel der unterbliebenen Anhörung berufen, da sie selbst mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 00.00.0000 um die kurzfristige Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheids gebeten und, nachdem der Beklagte dem nicht unmittelbar nachgekommen ist, ihrerseits sogleich Feststellungsklage erhoben hat. Der Zweck des Anhörungserfordernisses, die Gewährung rechtlichen Gehörs, ist hiermit allemal erfüllt.
50Jedenfalls kann die Aufhebung der Ordnungsverfügung nicht allein deshalb beansprucht werden, weil sie unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, weil im vorliegenden Fall offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (§ 46 VwVfG NRW). Dies gilt unbeschadet des Umstandes, dass es sich bei der getroffenen Entscheidung um eine solche handelt, die im Ermessen des Beklagten liegt (vgl. § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG). Die entscheidungserheblichen Umstände waren dem Beklagten aufgrund der vorherigen Ausführungen der Klägerin bekannt, sodass nach einer etwaigen Anhörung eine von der getroffenen Entscheidung abweichende Entscheidung nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden konnte.
51cc) Die Ordnungsverfügung ist materiell rechtmäßig.
52aaa) Die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage liegen vor. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 AMG hat sich die zuständige Behörde u. a. davon zu überzeugen, dass die Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Transfusionsgesetzes beachtet werden. § 7 Abs. 2 TFG, der sich im Zweiten Abschnitt des Transfusionsgesetzes befindet, sieht vor, dass die Entnahme der Spende nur durch eine ärztliche Person oder durch anderes qualifiziertes Personal unter der Verantwortung einer ärztlichen Person erfolgen darf. Spende im Sinne dieses Gesetzes ist die bei Menschen entnommene Menge an Blut oder Blutbestandteilen, die Wirkstoff oder Arzneimittel ist oder zur Herstellung von Wirkstoffen oder Arzneimitteln und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen bestimmt ist (§ 2 Nr. 1 TFG). Blutzubereitungen sind Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten (§ 4 Abs. 2 AMG). (Homöopathische) Eigenblutprodukte gelten hiernach als Arzneimittel im Sinne des § 4 Abs. 2 AMG.
53Vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 – VI ZR 336/10 -, MedR 2012, 520 (521).
54Die Klägerin stellt ein Arzneimittel her, indem sie ihren Patienten Blut entnimmt, um dies nach Anreicherung mit Ozon zu reinjizieren. Die Entnahme einer solchen Spende ist nur unter ärztlicher Verantwortung erlaubt, welche die Klägerin nicht gewährleistet.
55§ 7 Abs. 2 TFG ist für diese Spendenentnahme nicht vom Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes ausgenommen. Nach § 28 TFG findet dieses u. a. keine Anwendung auf homöopathische Eigenblutprodukte.
56Zur Rechtfertigung des Ausschlusses dieser Produkte vom Anwendungsbereich des Transfusionsgesetzes vgl. v. Auer/Seitz, TFG (Stand Oktober 2009), § 28 Rn. 5.
57Um ein solches homöopathisches Eigenblutprodukt handelt es sich bei dem von der Klägerin hergestellten ozonisierten Eigenblut nicht. Zwar handelt es sich um ein (Eigen)Blutprodukt. Blutprodukte sind Blutzubereitungen im Sinne von § 4 Abs. 2 AMG, Sera aus menschlichem Blut im Sinne des § 4 Abs. 3 AMG und Blutbestandteile, die zur Herstellung von Wirkstoffen oder Arzneimitteln bestimmt sind (§ 2 Nr. 3 TFG). Es ist jedoch nicht homöopathisch – weder im Sinne des Transfusionsgesetzes noch des Arzneimittelgesetzes. Nach § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG ist homöopathisches Arzneimittel ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Zur Begriffsbestimmung für ein homöopathisches Arzneimittel wird in den Materialien zur 14. AMG-Novelle (Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29. August 2005 – BGBl I, Nr. 54, S. 2570) ausgeführt, dass hiermit eine Angleichung an die Terminologie im europäischen Recht gemäß Art. 1 Nr. 5 der geänderten RL 2001/83/EG und Art. 1 Nr. 8 der geänderten RL 2001/82/EG vorgenommen werde (BT-Drs. 15/5316, S. 33). Dort wird übereinstimmend mit § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG der Begriff „homöopathisches Arzneimittel“ definiert als „jedes Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den derzeitig offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren aus Produkten, Substanzen oder Verbindungen, die homöopathische Ursubstanzen genannt werden, hergestellt worden ist“. Danach ist eine Substanz ausschließlich aufgrund der Herstellung nach einem homöopathischen Zubereitungsverfahren den homöopathischen Arzneimitteln zuzuordnen. Die Darreichungsform ist ebenso wenig von Bedeutung wie die Anwendung in der homöopathischen Therapierichtung.
58Vgl. Vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 – VI ZR 336/10 -, MedR 2012, 520 (521); Wachenhausen/Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl. 2016, § 4 Rn. 203 ff.
59Ein solches homöopathisches Zubereitungsverfahren, wie es im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) oder im Homöopathischen Arzneibuch (HAB) festgehalten ist,
60vgl. zu den bestehenden Regelwerken Wachenhausen/Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl. 2016, § 4 Rn. 203,
61wendet die Klägerin nicht an. Insbesondere handelt es sich um keine Verfahrensweise nach Nr. 44 des Homöopathischen Arzneibuchs 2006 (nunmehr H 5.2.5 HAB 2014). Nach dieser Vorschrift werden Urtinkturen nach der Vorschrift 44 aus abgetöteten Kulturen von Mikroorganismen oder aus Zersetzungsprodukten tierischer Organe oder aus Körperflüssigkeiten hergestellt, die Krankheitserreger bzw. Krankheitsprodukte enthalten. Die Klägerin selbst hat sich im Rahmen ihrer Anzeige gegenüber dem Beklagten zu keinem Zeitpunkt darauf berufen, dass sie diese Verfahrenstechnik anwendet. Dies träfe auch in der Sache nicht zu. Das von der Klägerin entnommene Blut enthält bereits keine Krankheitserreger bzw. Krankheitsprodukte. Sollte entnommenes Blut im Einzelfall solche Erreger bzw. Produkte enthalten, wäre dies eine reine Zufälligkeit; Grund der Anwendung durch die Klägerin ist aber nicht der Umstand, dass das Blut unter Umständen solche Erreger enthält. Unabhängig hiervon wendet die Klägerin auch nicht die Herstellungsvorgaben nach dem HAB an; insbesondere erfolgt keine Mischung und Verschüttelung nach den Vorgaben der Nr. 44 HAB.
62Die Verwendung der Definition des „homöopathischen“ Eigenblutprodukts im Sinn des Arzneimittelgesetzes ist auch im Rahmen der Begrifflichkeiten des Transfusionsgesetzes (hier: § 28 TFG) angezeigt.
63Vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 – VI ZR 336/10 -, MedR 2012, 520 (521); Lippert, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 17. Januar 2012 – VI ZR 336/10 -, MedR 2012, 522; Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten, EFG-Votum V06005, S. 1; Bundesinstitut für Arzneimittel/Paul-Ehrlich-Institut/Robert-Koch-Institut, Schreiben vom 28. Februar 2018, S. 1.
64Zwar besteht keine direkte Verweisungsnorm. § 28 TFG liegt jedoch dasselbe Begriffsverständnis zugrunde, wie es in § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG seinen Ausdruck gefunden hat. Hierfür spricht die vielfache normative Verschränkung des Transfusionsgesetzes mit dem Arzneimittelgesetz, wie es z. B. in § 29 Satz 1 TFG geregelt ist. Hiernach bleiben die Vorschriften des Arzneimittelrechts unberührt, soweit im Transfusionsgesetz nicht etwas anderes vorgeschrieben ist. Des Weiteren rekurriert z. B. § 2 Nr. 1 TFG auf den Begriff des Arzneimittels. § 2 Nr. 3 TFG lässt sich sogar ein expliziter Verweis auf das Arzneimittelgesetz entnehmen. Hiernach sind Blutprodukte Blutzubereitungen im Sinne von § 4 Abs. 2 AMG, Sera aus menschlichem Blut im Sinne des § 4 Abs. 3 AMG und Blutbestandteile, die zur Herstellung von Wirkstoffen oder Arzneimitteln bestimmt sind. Dieser explizite Verweis ist nicht als Argument für die gegenteilige Ansicht zu verwenden, der Gesetzgeber des Transfusionsgesetzes habe das Arzneimittelgesetz nur insoweit in Bezug nehmen wollen, als er es ausdrücklich geregelt habe. Von der Anwendbarkeit der grundlegenden Definitionen des Arzneimittelbegriffs geht das Transfusionsgesetz unausgesprochen aus. Dies kann auch deswegen zugrunde gelegt werden, weil ohne abweichende Anhaltspunkte davon ausgegangen werden kann, dass derselbe Hoheitsträger auf der Grundlage desselben Kompetenztitels (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG) in eng miteinander verwandten Rechtsmaterien Begrifflichkeiten auch denselben Bedeutungsgehalt beimisst.
65Gestützt wird diese Auslegung des Weiteren durch den dokumentierten Willen des Gesetzgebers. Im Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens vom 13. Januar 1998 (BT-Drs. 13/9594, S. 15) ist festgehalten, dass die Vorschriften des Arzneimittelrechts grundsätzlich unberührt bleiben und neben den Vorschriften des Transfusionsgesetzes und seiner Verordnung Anwendung finden sollen. Das folge daraus, dass die Entnahme von Blut oder Blutbestandteilen aus dem menschlichen Körper Arzneimittel- oder Wirkstoffgewinnung ist. Zu § 28 des Entwurfs ist erneut festgehalten, dass arzneimittelrechtliche Vorschriften unberührt bleiben, insbesondere die Pflicht zur Herstellungserlaubnis; zu § 29 wird die Relevanz des Arzneimittelrechts erneut betont (S. 27).
66Nichts Abweichendes ergibt sich aus dem Umstand, dass das Transfusionsgesetz gegenüber dem Arzneimittelgesetz das neuere Regelungswerk darstellt, sodass sich gegebenenfalls gesetzestechnisch eine konkrete Bezugnahme auf das Arzneimittelgesetz angeboten hätte, was der Gesetzgeber des Transfusionsgesetzes allerdings unterlassen hat. Hierfür mag bereits sprechen, dass der Begriff des homöopathischen Arzneimittels einen Oberbegriff für homöopathische Eigenblutprodukte darstellt, sodass eine Bezugnahme vom Transfusionsgesetz in das Arzneimittelgesetz insoweit keinen Sinn macht. Eine isolierte Definition des Begriffs der Homöopathie enthält das Arzneimittelgesetz nicht, sodass ein Verweis hierauf nicht möglich ist. Zudem erscheint in Anbetracht des zeitlichen Ablaufs eine Bezugnahme von Seiten des TFG-Gesetzgebers auch entbehrlich. Der Begriff des homöopathischen Arzneimittels wurde schon seit dem Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes im Jahr 1978 in § 38 AMG gebraucht. In der Gesetzesbegründung wurde dazu (zu § 37 des Gesetzentwurfs „homöopathisches Mittel“) ausgeführt:
67„Das Kriterium, dass homöopathische Mittel nach den anerkannten Regeln der Homöopathie hergestellt sein müssen, ist zur Charakterisierung der Eigenart dieser Arzneimittelgruppe unerlässlich. Zugleich wird damit auch ein wesentliches Abgrenzungskriterium zum Zulassungsbereich hin gewonnen. Was man unter anerkannten Regeln der Homöopathie zu verstehen hat, soll im Rahmen des Arzneibuchs (§ 52 AMG) näher umschrieben werden.“
68Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 7. Januar 1975, BT-Drs. 7/3060 Seite 53.
69bbb) Die Ordnungsverfügung ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Ein Verwaltungsakt entspricht diesen Vorgaben, wenn die getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens – gegebenenfalls nach Auslegung unter Anwendung der anerkannten Auslegungsregeln – eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich auf den verfügenden Teil des Verwaltungsakts einschließlich aller seiner Nebenstimmungen. Insoweit muss klar sein, welche Rechtsbeziehung zwischen wem geregelt wird und wie die Regelung aussehen soll. Bestimmbarkeit reicht hier aus; welches Maß an Konkretisierung notwendig ist, hängt von der Art des Verwaltungsakts, den Umständen seines Erlasses und seinem Zweck ab. Das Gewollte kann sich auch aus der Bezugnahme auf bestimmte Unterlagen ergeben.
70Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. September 2015 - 8 A 1247/12 -, juris, Rn. 15.
71Nach diesen Maßgaben ist insbesondere unter Berücksichtigung der Begründung der Ordnungsverfügung (S. 3, 4. Absatz) hinreichend klar, dass der Klägerin durch die Ordnungsverfügung untersagt worden ist, ihren Patienten Blut zum Zwecke der Herstellung von ozonisiertem Eigenblut im Wege der schlichten Mischung mit Ozon zu entnehmen.
72ccc) Die Ermessensentscheidung des Beklagten ist nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO). § 69 Abs. 1 Satz 2 AMG eröffnet Ermessen.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. Februar 2016 – 13 B 1137/15 -, juris, Rn. 34.
74Der Beklagte hat ausweislich seiner Ausführungen auf S. 4 und 5 des angefochtenen Bescheids erkannt, dass ihm Ermessen zusteht. Die Ermessenserwägungen selbst sind nicht zu beanstanden. Insbesondere ist in Anbetracht des hohen Schutzguts der körperlichen Unversehrtheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG) und des überragend wichtigen Gemeinwohlbelangs der Volksgesundheit die lediglich berufsausübungsregelnde Maßnahme (Art. 12 Abs. 1 GG) selbst in Anbetracht etwaiger finanzieller – im Übrigen nicht näher substantiiert dargelegter – Einbußen der Klägerin verhältnismäßig.
75b) Nr. 2 der Ordnungsverfügung ist rechtmäßig.
76aa) Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Nr. 1 der Ordnungsverfügung sind §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, 60 und 63 VwVG NRW.
77bb) Nr. 2 der Ordnungsverfügung ist formell rechtmäßig (§ 56 Abs. 1 VwVG NRW, § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW, § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 VwVG NRW).
78cc) Nr. 2 der Ordnungsverfügung ist materiell rechtmäßig. Sie bezieht sich auf den Zeitpunkt der Bestandskraft der Regelung in Nr. 1 der Ordnungsverfügung. Zwar fehlt es diesbezüglich an einer ausdrücklichen Angabe; § 63 Abs. 1 Satz 4 VwVG NRW erfasst diesen Fall nicht unmittelbar. Sie ist bei verständiger Würdigung allerdings dahingehend auszulegen, dass sich die Androhung eines Zwangsgeldes auf den Zeitpunkt des Eintritts der Bestandskraft von Nr. 1 der Ordnungsverfügung bezieht; jedenfalls hat der Beklagte durch Erklärung in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass dieser Zeitpunkt gemeint ist. Eine solche Heilung von Mängeln der Bestimmtheit kann zulässigerweise auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Erklärung zu Protokoll erfolgen.
79Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2006 – 4 B 32.06 -, juris, Rn. 1.
80Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin an der Nichtbefolgung der Anordnung gemäß § 60 Abs. 1 i. V. m. § 63 Abs. 5 VwVG NRW nicht zu beanstanden. Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO sind weder dargelegt noch ersichtlich.
81II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. Die Berufung wird gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, weil die Frage der Berücksichtigung des § 4 Abs. 26 Satz 1 AMG bei der Auslegung des § 28 TFG grundsätzliche Bedeutung hat.