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Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 04.07.2008 zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
2I.
3Streitig ist die Höhe der erstattungsfähigen Rechtsanwaltsgebühren im Rahmen der durch das Sozialgericht (SG) Dortmund für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bewilligten Prozesskostenhilfe.
4Mit Beschluss vom 11.10.2007 hat das SG der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt Großmann beigeordnet. Nach Beendigung des Verfahrens machte der Beschwerdeführer mit Kostenrechnung vom 03.03.2008 folgende Gebühren gegen die Staatskasse geltend:
5Verfahrensgebühr gemäß § 49 RVG i.V.m. Nr. 3102 VV RVG 170,00 Euro Terminsgebühr gemäß § 49 RVG i.V.m. Nr. 3106 VV RVG 200,00 Euro Einigungsgebühr § 49 RVG i.V.m. Nr. 1006, 1005 VV RVG 190,00 Euro Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 110,20 Euro Summe 690,20 Euro
6Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.03.2008 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts die Gebühren und Auslagen wie folgt fest:
7Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 20,00 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 39,90 Euro Gesamtbetrag 249,90 Euro
8Hinsichtlich der Terminsgebühr führte er aus, dass, sofern kein Termin stattgefunden habe, wegen der geringsten anwaltlichen Mühewaltung nur die Mindesgebühr von 20,00 Euro anzusetzen sei. Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Erledigungsgebühr seien nicht gegeben.
9Hiergegen legte der Beschwerdeführer am 22.03.2008 Erinnerung ein und trug zur Begründung vor, dass sich die Höhe der fiktiven Terminsgebühr an den gleichen Kriterien zu orientieren habe wie die Verfahrensgebühr. Zudem seien die Voraussetzungen für eine Erledigungsgebühr gegeben.
10Nachdem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abgeholfen hatte, hat das SG mit Beschluss vom 04.07.2008 die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 04.07.2008 zurückgewiesen. Es hat die Ansetzung einer Mindestgebühr in Höhe von 20 Euro im Rahmen der Nr. 3106 VV RVG für angemessen gehalten und die Voraussetzungen für eine Einigungsgebühr und Erledigungsgebühr verneint.
11Gegen den ihm am 16.07.2009 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 18.07.2009 Beschwerde eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, dass für die Höhe der fiktiven Terminsgebühr die Höhe der Verfahrensgebühr maßgeblich sei. Auch sei eine Erledigungsgebühr festzusetzen. Eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung an der Erledigung des Rechtsstreits sei dem Wortlaut der VV 1005, 1002 RVG nicht zu entnehmen.
12Demgegenüber hat der Beschwerdegegner vorgetragen, dass in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine fiktive Terminsgebühr nach VV 3106 Nr. 3 nicht entstehe. Von der Einlegung einer eigenen Beschwerde (wegen der festgesetzten Terminsgebühr in Höhe von 20,00 Euro) sei abgesehen worden, weil der Beschwerdewert nicht erreicht wird. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, weil eine besondere Mitwirkung des Bevollmächtigten an der Erledigung der Rechtssache nicht gegeben sei.
13II.
14Das Landessozialgericht entscheidet über die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung durch den Senat gemäß den §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).
15Das Rubrum war von Amts wegen zu korrigieren. Antragsteller und Beschwerdeführer ist in Verfahren, die die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung bei gewährter Prozesskostenhilfe betreffen, der Rechtsanwalt selbst. Beschwerdegegner ist die Landeskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor. Die durch die Prozesskostenhilfe begünstigte Partei ist nicht beteiligt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage 2010; § 56 RVG, Rn. 2-4; LSG NRW, Beschluss vom 24.11.2010, L 9 AS 878/10 B; LSG NRW, Beschluss vom 13.02.2009, L 12 B 159/08 AS; LSG NRW, Beschluss vom 15.07.2009, L 20 B 27/09 AS).
16Die Beschwerde des Beschwerdeführers, der das SG nicht abgeholfen hat, ist gemäß § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegen-standes 200,00 Euro übersteigt. Sie wurde auch fristgerecht eingelegt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG).
17Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
18Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG sind bei der Bestimmung der Rechtsanwaltsvergütung alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere Bedeutung der Angelegenheit, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen. Die Bestimmung der Gebühren liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Anwalts. Nach diesen Maßstäben hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle antragsgemäß die Verfahrensgebühr auf 170,00 Euro festsetzt.
19Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf Festsetzung von höheren Gebühren und Auslagen. Weder kann er eine "fiktive" Terminsgebühr noch eine Erledigungsgebühr geltend machen. Die Voraussetzungen für eine Terminsgebühr nicht gegeben. Diese ist nach Nr. 3106 des Vergütungsverzeichnisses (VV) der Anlage 1 zum RVG nicht angefallen. Grundsätzlich fällt eine Terminsgebühr an, wenn tatsächlich eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. In den folgenden Nummern des Nr. 3106 VV RVG sind die Ausnahmefälle geregelt, in denen auch ohne Termin eine sog. fiktive Terminsgebühr anfällt. Danach entsteht die Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) auch, wenn 1. in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, 2. nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird oder 3. das Verfahren nach angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.
20Die Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden Nr. 3 liegen nicht vor. Eine fiktive Terminsgebühr fällt in Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht an. Der Senat gibt seine abweichende Rechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 26.04.2007, L 7 B 36/07 AS) insoweit auf. Zwar lässt sich zur Überzeugung des Senats die Rechtsfolge nicht unmittelbar dem Wortlaut der Nr. 3 entnehmen. Dementsprechend wird zum Teil in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, dass auch ein Anerkenntnis in einem Eilverfahren eine fiktive Terminsgebühr begründet.(vgl. LSG NRW, Beschluss vom 14.07.2010, L 1 AS 57/10 B unter Aufgabe seiner abweichenden Rechtsprechung; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26.11.2008, L 6 B 130/08 SF, Rn. 25; LSG NRW, Beschluss vom 18.09.2008, L 5 B 43/08 KR; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Kommentar zum RVG, 19. Aufl. 2010, Nr. 3106 VV RVG Rn. 6). Der Wortlaut der Nr. 3 lässt jedoch durchaus auch die Auslegung zu, dass hier nur eine Regelung in Bezug auf solche Verfahren getroffen wurde, die regelmäßig aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden werden. Jedenfalls Sinn und Zweck der Norm sprechen dafür, dass Verfahren, die eine mündliche Verhandlung nicht zwingend erfordern und im Regelfall durch Beschluss entschieden werden, einen Anspruch auf die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG nicht auslösen (LSG NRW, Beschluss vom 03.01.2011, L 6 AS 1399/10 B, Beschluss vom 22.12.2010, L 19 AS 1138/10 B; Beschluss vom 24.11.2010, L 9 AS 878/10 B; Beschluss vom 03.03.2010, L 12 B 141/09 AS; Beschluss vom 21.01.2010; Beschluss vom 20.10.2008, L 20 B 67/08 AS; Sächsisches LSG, Beschluss vom 7.2.2008, L 6 B 33/08 AS-KO, Rn. 48; VG Bremen, Beschluss vom 20.4.2009, S 4 E 518/09; SG Berlin, Beschluss vom 30.1.2009, S 165 SF 5/09 E; Curkovic in Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Mathias/Uher, Kommentar zum RVG, 3. Aufl. 2009, Nr. 3106 VV RVG Rn. 7; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 5.12.2007, 4 KSt 1007/07 bezogen auf Nr. 3104 Abs. 1 VV RVG; BGH, Beschluss vom 25.9.2007, VI ZB 53/06). Nach Nr. 3 soll vermieden werden, dass der Rechtsanwalt von einer schriftlichen Annahmeerklärung absieht, damit ein Termin durchgeführt wird. Er soll bei einer schriftlichen Annahmeerklärung nicht um eine Terminsgebühr gebracht werden, die im Klageverfahren grundsätzlich anfällt. Anders als in Klageverfahren (§ 124 Abs. 1 SGG) ist in den Verfahren nach § 86b SGG eine mündliche Verhandlung jedoch nicht vorgeschrieben. Im Regelfall ergeht eine Entscheidung nach § 86b SGG durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 3 i. V. m. § 86b Abs. 4 SGG). Dies bedeutet, dass das Gericht nach Ermessen entscheidet, ob eine mündliche Verhandlung anberaumt wird oder nicht (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 124 Rn. 5). Die Beteiligten können eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht verhindern, so dass keine Notwendigkeit besteht, eine (fiktive) Terminsgebühr zu gewähren, um prozessökonomisches Verhalten des Rechtsanwalts nicht zu benachteiligen (VG Bremen, Beschluss vom 20.4.2009, S 4 E 518/09). Diese Auslegung entspricht dem gesetzgeberischen Willen, der mit der Regelung bezweckte, Rechtsanwälte, die an sich erwarten können, im Hinblick auf den Grundsatz der Mündlichkeit eine Terminsgebühr zu verdienen, nicht gebührenrechtlich schlechter zu stellen, wenn sie durch eine bestimmte Verfahrensgestaltung auf eine mündliche Verhandlung verzichten (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 209).
21Eine Erledigungsgebühr ist ebenfalls nicht angefallen. Die Voraussetzungen für das Entstehen einer Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 in Verbindung mit Nr. 1002 VV RVG liegen nicht vor. Damit eine Erledigungsgebühr anfällt, ist es erforderlich, dass eine anwaltliche Mitwirkung an der Erledigung vorliegt (vgl. Nr. 1002 VV RVG). Dabei ist unter Mitwirkung eine auf die Erledigung der Rechtssache gerichtete Tätigkeit erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2009; B 13 R 137/08 R; BSG, Beschlüsse vom 02.10.2008, B 9/9a SB 5/07 R und B 9/9a SB 3/07 R; Müller-Rabe, in Gerold/Schmidt, a.a.O., Nr. 1002 Rn. 38 ff.). Nach der oben zitierten Rechtsprechung ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts erforderlich, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Verfahren abgegolten wird.
22Eine über die Einlegung und Begründung der einstweiligen Anordnung hinausgehende besondere Tätigkeit im Sinne einer qualifizierten erledigungsgerichteten Mitwirkung des Rechtsanwalts, die ursächlich für die Erledigung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens war, ist vorliegend nicht gegeben. Ein besonderes Bemühen im Rahmen der Begründung reicht nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2009, B 13 R 137/08 R). Diese Tätigkeit wird bereits aufgrund der Verpflichtung des Rechtsanwalts, ein Verfahren sorgfältig zu betreiben, von der Verfahrensgebühr umfasst. Aus diesen Gründen reicht die Annahme eines Anerkenntnisses (dazu Curkovic, in Bischof/Jungbauer u.a. RVG Nr. 1002 Rn. 10) ebenso wie die einseitige Erledigungserklärung (dazu Müller-Rabe, in Gerold/Schmidt, a.a.O., Nr. 1002 Rn. 43) für die Entstehung einer Erledigungsgebühr nicht aus.
23Nach alledem kann der Beschwerdeführer über den festgesetzten Betrag in Höhe von 249,90 Euro hinaus keine weiteren Gebühren und Auslagen verlangen.
24Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).
25Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG, § 177 SGG).