veröffentlicht im Bundesgesetzblatt 1986 Teil I Nr. 69, Seite 2563 ff.,
ausgegeben zu Bonn am 30. Dezember 1986

 

 

Gesetz

zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen

im Verkehr mit ausländischen Staaten

(Auslandsunterhaltsgesetz - AUG)

Vom 19. Dezember 1986

 

- zuletzt geändert durch Artikel 4 Absatz 10 des Gesetzes zur Errichtung

und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamts für Justiz vom 17. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3173) -

 

 

Erster Teil

Allgemeines

 

 

§ 1

 

(1) Unterhaltsansprüche, die auf gesetzlicher Grundlage beruhen, können nach dem in diesem Gesetz vorgesehenen Verfahren geltend gemacht werden, wenn eine Partei im Geltungsbereich dieses Gesetzes und die andere Partei in einem Staat ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, mit dem die Gegenseitigkeit verbürgt ist.

 

(2) Mit Staaten, in denen ein diesem Gesetz entsprechendes Gesetz in Kraft ist, ist die Gegenseitigkeit im Sinne dieses Gesetzes verbürgt, wenn der Bundesminister der Justiz dies festgestellt und im Bundesgesetzblatt bekanntgemacht hat.

 

(3) Staaten im Sinne dieses Gesetzes sind auch Teilstaaten und Provinzen von Bundesstaaten.

 

§ 2

 

(1) Die gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachung der Unterhaltsansprüche erfolgt über die Zentrale Behörde als Empfangs- und Übermittlungsbehörde. Die Zentrale Behörde verkehrt unmittelbar mit den im Ausland dafür bestimmten Stellen und mit den im Geltungsbereich dieses Gesetzes zuständigen Behörden.

 

(2) Die Aufgaben der Zentralen Behörde nimmt das Bundesamt für Justiz wahr.

 

Zweiter Teil

Ausgehende Gesuche

 

§ 3

 

(1) Für die Entgegennahme und Prüfung von Gesuchen unterhaltsberechtigter Personen ist das Amtsgericht als Justizverwaltungsbehörde zuständig, in dessen Bezirk der Berechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

 

(2) Das Gesuch soll alle Angaben enthalten, die für die Geltendmachung des Anspruchs von Bedeutung sein können. Hierzu gehören:

 

1. der Familienname und die Vornamen, die Anschrift, der Tag der Geburt, die Staatsangehörigkeit und der Beruf oder die Beschäftigung des Berechtigten sowie gegebenenfalls der Name und die Anschrift seines gesetzlichen Vertreters,

 

2. der Familienname und die Vornamen des Verpflichteten; ferner, soweit der Berechtigte hiervon Kenntnis hat, die Anschriften des Verpflichteten in den letzten fünf Jahren, den Tag seiner Geburt, seine Staatsangehörigkeit und sein Beruf oder seine Beschäftigung,

 

3. nähere Angaben über die Gründe, auf die der Anspruch gestützt wird, über die Art und Höhe des geforderten Unterhalts und über die finanziellen und familiären Verhältnisse des Berechtigten und, soweit möglich, des Verpflichteten.

 

Die zugehörigen Personenstandsurkunden und anderen sachdienlichen Schriftstücke sollen beigefügt werden. Das Gericht kann von Amts wegen alle erforderlichen Ermittlungen anstellen.

 

(3) Das Gesuch ist vom Antragsteller, von dessen gesetzlichem Vertreter oder von einem Rechtsanwalt unter Beifügung einer Vollmacht zu unterschreiben; die Richtigkeit der Angaben ist vom Antragsteller oder von dessen gesetzlichem Vertreter eidesstattlich zu versichern. Dem Gesuch nebst Anlagen sind von einem beeidigten Übersetzer beglaubigte Übersetzungen in die Sprache des zu ersuchenden Staates beizufügen. Besonderen Anforderungen des zu ersuchenden Staates an Form und Inhalt des Gesuchs ist Rechnung zu tragen, soweit nicht zwingende Vorschriften des deutschen Rechts entgegenstehen.

 

§ 4

 

(1) Der Leiter des Amtsgerichts oder der im Rahmen der Verteilung der Justizverwaltungsgeschäfte bestimmte Richter prüft, ob die Rechtsverfolgung nach deutschem innerstaatlichen Recht hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten würde.

 

(2) Bejaht er die Erfolgsaussicht, so stellt er hierüber eine Bescheinigung aus, veranlasst deren Übersetzung in die Sprache des zu ersuchenden Staates und übersendet die Bescheinigung sowie das Gesuch nebst Anlagen und Übersetzungen mit je drei beglaubigten Abschriften unmittelbar an die Zentrale Behörde. Andernfalls lehnt er das Gesuch ab. Die ablehnende Entscheidung ist zu begründen und dem Antragsteller mit einer Rechtsmittelbelehrung zuzustellen; sie ist nach § 23 des Einführungsgesetzes zum Gerichts-verfassungsgesetz anfechtbar.

 

§ 5

 

(1) Die Zentrale Behörde prüft, ob das Gesuch den förmlichen Anforderungen des einzuleitenden ausländischen Verfahrens genügt. Sind diese erfüllt, so leitet sie das Gesuch zusammen mit einer Übersetzung des Auslandsunterhaltsgesetzes an die dafür im Ausland bestimmte Stelle weiter. § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

 

(2) Die Zentrale Behörde verfolgt die ordnungsmäßige Erledigung des Gesuchs.


§ 6

 

Liegt über den Unterhaltsanspruch bereits eine inländische gerichtliche Entscheidung oder ein sonstiger gerichtlicher Schuldtitel vor, so kann der Unterhaltsberechtigte unbeschadet des Gesuchs nach § 3 ein Gesuch auf Registrierung der Entscheidung im Ausland stellen. Die §§ 3, 4 und 5 sind entsprechend anzuwenden; eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit des vorgelegten inländischen gerichtlichen Schuldtitels findet nicht statt.

 


Dritter Teil
Eingehende Gesuche


Erster Abschnitt

Inhalt der Gesuche

und Aufgaben der Zentralen Behörde


§ 7

 

(1) Das eingehende Gesuch soll alle Angaben enthalten, die für die Geltendmachung des Anspruchs von Bedeutung sein können. § 3 Abs. 2 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

 

(2) Das Gesuch soll vom Antragsteller, von dessen gesetzlichem Vertreter oder von einem Rechtsanwalt unter Beifügung einer Vollmacht unterschrieben und mit einer Stellungnahme des ausländischen Gerichts versehen sein, das den Antrag entgegengenommen und geprüft hat. Die gerichtliche Stellungnahme soll sich auch darauf erstrecken, welcher Unterhaltsbetrag nach den Verhältnissen am Wohnort des Berechtigten erforderlich ist. Das Gesuch und die Anlagen sollen in zwei Stücken übermittelt werden.

 

(3) Die zugehörigen Personenstandsurkunden, andere sachdienliche Schriftstücke sowie, falls verfügbar, ein Lichtbild des Verpflichteten sollen beigefügt und sonstige Beweismittel genau bezeichnet sein. Dem Gesuch nebst Anlagen sollen Übersetzungen in die deutsche Sprache beigefügt sein; die Zentrale Behörde kann im Verkehr mit bestimmten Staaten oder im Einzelfall von diesem Erfordernis absehen und die Übersetzung selbst besorgen.

 

§ 8

 

(1) Die Zentrale Behörde unternimmt alle geeigneten Schritte, um für den Berechtigten die Leistung von Unterhalt durchzusetzen. Sie hat hierbei die Interessen und den Willen des Berechtigten zu beachten.

 

(2) Die Zentrale Behörde gilt als bevollmächtigt, im Namen des Berechtigten selbst oder im Wege der Untervollmacht durch Vertreter außergerichtlich oder gerichtlich tätig zu werden. Hierzu gehört insbesondere eine Regelung des Anspruchs im Wege des Vergleichs oder der Anerkennung und, falls erforderlich, die Erhebung und Verfolgung einer Unterhaltsklage sowie das Betreiben der Vollstreckung eines Titels auf Zahlung von Unterhalt.

 

(3) Soweit zur Ermittlung des Aufenthalts des Schuldners erforderlich, darf die Zentrale Behörde bei dem Kraftfahrt-Bundesamt erforderliche Halterdaten nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Straßenverkehrsgesetzes erheben. [2]

 

 

Zweiter Abschnitt

 

Besondere Vorschriften

für das gerichtliche Verfahren

 

 

§ 9

 

Bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint sie nicht mutwillig, so wird für Verfahren auf Grund von eingehenden Gesuchen nach diesem Gesetz auch ohne ausdrücklichen Antrag des Unterhaltsberechtigten Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe bewilligt, dass Zahlungen an die Landes- oder Bundeskasse nicht zu leisten sind. Durch die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach diesem Gesetz wird der Antragsteller endgültig von der Zahlung der in § 122 Abs. 1 der Zivilprozessordnung genannten Kosten befreit, sofern die Bewilligung nicht nach § 124 Nr. 1 der Zivilprozessordnung aufgehoben wird.

 

§ 10

 

(1) Gerichtliche Unterhaltsentscheidungen aus Staaten, mit denen die Gegenseitigkeit gemäß § 1 verbürgt ist, werden entsprechend § 722 Abs. 1 und § 723 Abs. 1 der Zivilprozessordnung für vollstreckbar erklärt. Das Vollstreckungsurteil ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung der ausländischen Entscheidung nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 der Zivilprozessordnung ausgeschlossen ist.

 

(2) Ist die ausländische Entscheidung für vollstreckbar zu erklären, so kann das Gericht auf Antrag einer Partei in dem Vollstreckungsurteil den in der ausländischen Entscheidung festgesetzten Unterhaltsbetrag hinsichtlich der Höhe und der Dauer der zu leistenden Zahlungen abändern. Ist die ausländische Entscheidung rechtskräftig, so ist eine Abänderung nur nach Maßgabe des § 323 der Zivilprozessordnung zulässig.

 

(3) Für die Klage auf Erlass des Vollstreckungsurteils ist ausschließlich das Amtsgericht zuständig, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat und, beim Fehlen eines solchen im Inland, das Gericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Schuldners befindet. [1]

 

§ 11

 

Eine ausländische Entscheidung, die ohne Anhörung des Schuldners, vorläufig und vorbehaltlich der Bestätigung durch das ersuchte Gericht ergangen ist, gilt als Gesuch im Sinne des § 7. Die §§ 8 und 9 sind entsprechend anzuwenden.

 

Vierter Teil

Kosten

 

§ 12

 

Für das außergerichtliche Verfahren einschließlich der Entgegennahme und Behandlung der Gesuche durch die Justizbehörden werden weder Gebühren erhoben noch wird die Erstattung von Auslagen verlangt.

 

Fünfter Teil

Änderung des Rechtspflegergesetzes

 

§ 13

 

§ 29 des Rechtspflegergesetzes vom 5. November 1969 (BGBl. I S. 2065), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 18. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2501), erhält folgende Fassung:

 

"§ 29

Geschäfte im internationalen Rechtsverkehr

 

Die der Geschäftsstelle des Amtsgerichts gesetzlich zugewiesene Ausführung ausländischer Zustellungsanträge und die Entgegennahme eines Gesuchs, mit dem ein Anspruch auf Gewährung von Unterhalt nach dem Übereinkommen vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland in Verbindung mit dem Gesetz vom 26. Februar 1959 (BGBl. II S. 149) oder nach dem Auslandsunterhaltsgesetz vom 19. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2563) geltend gemacht werden soll, werden dem Rechtspfleger übertragen."

 

Sechster Teil

Schlussvorschriften

 

§ 14

 

Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes auch im Land Berlin.

 

§ 15

 

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1987 in Kraft.

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Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet.


Bonn, den 19. Dezember 1986

Der Bundespräsident
Weizsäcker

Der Bundeskanzler
Dr. Helmut Kohl

Der Bundesminister der Justiz
Engelhard

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[1] Letzter Halbsatz aufgehoben durch Artikel 14 § 9 des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2964)

[2] Eingefügt durch Artikel 2 Abs. 5 des Gesetzes zum internationalen Familienrecht vom 26.01.2005 (BGBl. I S. 162 ff.).