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1. Zu den Voraussetzungen und zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 1, 2 DS-GVO im Arbeitsverhältnis.
2. Gegen den Anspruch auf Erteilung einer Datenkopie aus Art. 15 Abs. 3 DS-GVO kann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eingewandt werden, dass der Aufwand des Verantwortlichen in grobem Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Anspruchsstellers steht.
3. Zu den Voraussetzungen und zur Bemessung eines Anspruchs auf Ersatz eines immateriellen Schadens aus Art. 82 Abs. 1 DS-GVO, hier bei Verletzung des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO.
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über folgende Fragen zu erteilen:
a) die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten der klägerischen Partei seit dem 07.06.2018 verarbeitet werden und
b) die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.000 € nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.10.2019 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
5. Streitwert der Entscheidung: 152.982,81 €.
6. Die Berufung wird für beide Parteien zugelassen.
T a t b e s t a n d:
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Die Parteien streiten über datenschutzrechtliche Auskunft und Information, die Erteilung von Kopien sowie eine Entschädigung.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der I. mit Sitz in Düsseldorf. Zwischen ihr und dem Kläger bestand bis zum 31.01.2018 ein Arbeitsverhältnis, in dem der Kläger ein regelmäßiges Bruttomonatsentgelt iHv. 11.956,90 € erzielte. Die Beklagte übersandte personenbezogene Daten des Klägers jedenfalls an die Unternehmen I. (T.) und I. (N.).
In dem ua. von der Beklagten genutzten Gebäude bewirtschaftet die Fa. X. im Auftrag der Beklagten eigenständig die Rezeption und nimmt ihre Briefe entgegen. Am 07.06.2018 ging an der Rezeption ein von dem Kläger per Einschreiben gegen Rückschein versandter Brief ein. Der X.-Mitarbeiter I. quittierte den Empfang auf dem Rückschein (Abdruck Anlage K4, Bl. 339 d.A.). Ob Inhalt des Briefes das Schreiben des Klägers vom 05.06.2018 (Abdruck vorgelegt als Anlage K1, Bl. 5 ff. d.A.) war, ist streitig.
Mit am 19.11.2018 der Beklagten zugestellter, im Verlauf teilweise zurückgenommener und konkretisierter Klage verlangt der Kläger zunächst Auskunft und Information zu der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Beklagte und andere Unternehmen und begehrt Kopien dieser Daten.
Mit E-Mail vom 09.12.2018 (Anlage S1, Bl. 314 ff. d.A.) sandte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten an den Prozessbevollmächtigten des Klägers ein Schreiben der Beklagten vom 27.11.2018, in dem auf weitere Anlagen verwiesen wird, so ein Konvolut von Kopien personenbezogener Daten und Abdrucke einer Datenübermittlungsvereinbarung (Data Transfer Agreement) vom 23.05.2018. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben und den separaten Anlagenordner Bezug genommen. In der Güteverhandlung am 10.12.2018 überreichte der Prozessbevollmächtigte der Klägerseite ua. ein Passwort zu einer Internet-Ressource, wo die Unterlagen abzurufen waren.
Mit Schriftsatz vom 21.01.2019 (Bl. 68 ff. d.A.) nannte der Kläger einzelne Aspekte, hinsichtlich derer die erteilte Auskunft und Information unvollständig seien. Auf dieser Grundlage formulierte das Gericht in der zweiten Güteverhandlung am 07.02.2019 im Einvernehmen mit den Parteien ein Auskunftsbegehren (Protokoll Bl. 59 f. d.A.), zu dem die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.03.2019 Stellung nahm (Bl. 63 f. d.A.).
Der Kläger meint, die Auskunft sei über alle Daten zu erteilen, die bei der Beklagten über ihn vorhanden seien. Maßgeblich sei der Datenbestand zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens. Die zunächst erteilte und auch die ergänzende Auskunft seien unvollständig. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, dass von ihm verlangte Unterlagen größtenteils Anlagen ihrer Klageerwiderung im Verfahren Arbeitsgericht Düsseldorf – 12 Ca 1965/18 – gewesen seien, räume sie ein, dass zumindest manche der Unterlagen im hiesigen Verfahren nicht mitgeteilt worden seien.
Mit der Beklagten am 09.10.2019 zugestellter Klageerweiterung verlangt der Kläger Entschädigung. Die Beklagte habe mehrere Vorgaben der DSGVO verletzt. So sei die Auskunft verspätet erteilt worden. Er habe bereits mit Schreiben vom 05.06.2018 (Anlage K1, Bl. 5 ff. d.A.) seine Rechte aus Art. 13 und 15 DSGVO geltend gemacht, das er der Beklagten gegen Rückschein vom 07.06.2018 zugesandt habe. Das Schreiben habe er in den Wochen vor dem 05.06.2018 sukzessive formuliert, es am Morgen des 05.06.2018 seiner Ehefrau und weiteren Familienmitgliedern vorgelesen, es in ihrem Beisein unterzeichnet und gemeinsam mit seiner Ehefrau bei der Post aufgegeben. Mit dessen Zugang bei der durch die Fa. X. bewirtschafteten Rezeption sei es in den Machtbereich der Beklagten gelangt, sodass sie darauf binnen einen Monats, spätestens binnen drei Monaten habe reagieren müssen. Überdies sei die Auskunft zu den gestellten Fragen sowie zur Datenübermittlungsvereinbarung lückenhaft. Durch die Verletzungen der DSGVO sei ein immaterieller Schaden entstanden, eine Mindestschwelle sehe das neue Datenschutzrecht nicht vor. Nach den Vorstellungen des europäischen Verordnungsgebers müsse der resultierende Anspruch einen vollständigen, wirksamen Schadensersatz für den erlittenen Schaden bewirken und abschreckend wirken. Er verlange 12 Bruttomonatsgehälter.
Mit weiterer Klageerweiterung verlangt der Kläger Informationen über die Anweisung zu der Löschung der an die I. und I. übermittelten Daten und deren Umsetzung. Außerdem solle die Beklagte eine vollständige ungeschwärzte Kopie der Datenübermittlungsvereinbarung übergeben. Die Daten seien nicht in sichere Drittstaaten übermittelt worden und die Beklagte habe nicht sichergestellt, dass die Anforderungen des Art. 44 DSGVO insbesondere zur Datenlöschung umgesetzt worden seien. Die überreichten Auszüge aus der Vereinbarung seien unvollständig.
Nachdem der Kläger das Auskunfts- und Informationsbegehren teilweise zurückgenommen und konkretisiert hat, beantragt er zuletzt, die Beklagte zu verurteilen,
121.ihm Auskunft zu erteilen, ob seine personenbezogenen Daten von der beklagten Partei sowie durch andere Personen oder Unternehmen verarbeitet werden,
131.ihm Auskunft über folgende Fragen zu erteilen:
141.die Zwecke, für die seine personenbezogenen Daten seit dem Zeitpunkt des Auskunftsverlangens verarbeitet werden, sowie die Rechtsgrundlage für die jeweilige Verarbeitung;
151.wenn die Verarbeitung auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO beruht, die berechtigten Interessen, die vom Verantwortlichen oder einem Dritten verfolgt werden;
161.die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;
171.die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden;
181.das Vorhandensein oder das Fehlen eines Angemessenheitsbeschlusses der Kommission oder im Falle von Übermittlungen gemäß Art. 46 oder Art. 47 oder Art. 49 Abs. 1 UAbs. 2 DSGVO einen Verweis auf die geeigneten oder angemessenen Garantien im Zusammenhang mit der Übermittlung und die Möglichkeit, eine Kopie von Ihnen zu erhalten, oder wo sie verfügbar sind;
191.die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;
201.ob die Bereitstellung der personenbezogenen Daten gesetzlich oder vertraglich vorgeschrieben oder für einen Vertragsabschluss erforderlich war;
211.wenn die personenbezogenen Daten nicht bei ihm als betroffener Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten;
221.das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Art. 22 Abs. 1, 4 DSGVO und – zumindest in diesen Fällen – aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für ihn als betroffene Person und
231.den Zweck der Weiterverarbeitung, soweit die beklagte Partei beabsichtigt, die personenbezogenen Daten für einen anderen Zweck weiter zu verarbeiten als den, für den die personenbezogenen Daten erhoben wurden, sowie in diesem Falle alle anderen Informationen gemäß der Anträge zu Ziff. 2 lit. f bis lit. i;
241.ihm eine Kopie der personenbezogenen Daten herauszugeben, die die Beklagte verarbeitet hat,
251.ihm 143.482,81 € als Ersatz für den immateriellen Schaden nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
261.ihm mitzuteilen, wer, wann, auf welche Weise und wem die beklagte Partei den Unternehmen I. und I. Anweisung zur Löschung seiner an diese übermittelten Daten gegeben hat,
271.ihm mitzuteilen, wer, wann und wie die unter Ziff. 5 genannte Löschung vorgenommen hat und
281.ihm ein vollständige, ungeschwärzte Kopie des Data Transfer Agreements (DTA) einschließlich aller Annexe zu übermitteln.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Auskunfts- und Informationsbegehren des Klägers, soweit darauf zeitlich nach der Datenverarbeitung überhaupt ein Anspruch bestehe, sei am 09./10.12.2018 vollständig erfüllt worden. In diesem Zuge sei auch eine Kopie aller verarbeiteten personenbezogenen Daten übermittelt worden. Weitere zu kopierende Daten lägen nicht (mehr) vor. Sie habe den Begehren, von denen sie erst mit Klageerhebung Kenntnis erlangt habe, rechtzeitig entsprochen. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass Inhalt des am 07.06.2018 an der Rezeption eingegangenen Schreibens das als Anlage K1 vorgelegte Auskunfts- und Informationsgesuch gewesen sei. Es sei ihr nicht weitergeleitet worden und nicht auffindbar. Soweit der Kläger moniere, dass Unterlagen aus dem weiterem Verfahren ArbG Düsseldorf – 12 Ca 1965/18 – nicht im hiesigen Verfahren vorgelegt worden seien, liege dies daran, dass die Unterlagen größtenteils Anlagen jenes Verfahrens gewesen seien und sie die Unterlagen im Laufe des Jahres 2017 an ihren Prozessbevollmächtigen herausgegeben habe.
Da den Begehren des Klägers vollständig und rechtzeitig entsprochen worden sei, bestehe kein Entschädigungsanspruch.
Überdies habe sie ihm die maßgeblichen und insoweit ungeschwärzten Auszüge des Datenübermittlungsabkommens vorgelegt. Die Anforderungen aus Art. 15 Abs. 2 DSGVO seien damit erfüllt, auf weitergehende Information bestehe kein Anspruch.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I.
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
1. Die Klage ist zulässig.
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a) Die deutschen Gerichte sind international zuständig, Art. 79 Abs. 2 DSGVO und – hinsichtlich des Klageantrages zu 4) – iVm. Art. 82 Abs. 6 DSGVO.
b) Der finale Klageantrag zu 1) ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger verlangt von der Beklagten Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DSGVO über die Datenverarbeitung durch sie selbst und durch – in keiner Weise mehr eingegrenzte, mithin sämtliche – andere Personen oder Unternehmen. Die in früher angekündigten Antragsversionen enthaltene unbestimmte Verknüpfung von Antragsbestandteilen („und/oder“) sowie die Eingrenzung auf Unternehmen mit nicht hinreichend bestimmenden Kriterien („Unternehmensgruppe“ ua.) sind entfallen. Auch der den Klageantrag zu 2) zunächst einleitende Passus wurde nicht gestellt, bei dem unklar war, ob es sich um eine unzulässige außerprozessuale Bedingung handeln sollte oder bei dem Klageantrag um die zweite Stufe einer Stufenklage. Im Übrigen richten sich die Gegenstände nach den Katalogen der Art. 13, 15 DSGVO. Von dem Kläger ist nicht zu verlangen, seine Auskunfts- und Informationsbegehren durch konkretere Formulierungen gegenüber den Vorgaben der Verordnung einzugrenzen.
2. Die Klage ist nur teilweise begründet.
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a) Der Klageantrag zu 1) ist unbegründet.
aa) Zum einen macht der Kläger damit den Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DSGVO geltend, gerichtet auf Auskunft, ob personenbezogene Daten des Klägers durch die Beklagte verarbeitet werden. Die Rechte des Kapitels III der nach Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar geltenden DSGVO bestehen auch im Arbeitsverhältnis. Diese allgemeinen Bestimmungen der DSGVO enthalten eine Vollregelung, auch zum Beschäftigtendatenschutz (vgl. LAG Baden-Württemberg 20. Dezember 2018 – 17 Sa 11/18 – Rn. 172). Eine hier einschlägige Abweichung davon iSd. Art. 88 DSGVO ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DSGVO ist durch Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat die Frage im Schreiben vom 27.11.2018 ad 1 bejaht. Dass diese Auskunft falsch sei, hat der Kläger nicht vorgetragen, vielmehr geht er selbst von der Datenverarbeitung durch die Beklagte aus. Der Kläger hat die Mitteilung vom 27.11.2018 nicht zum Anlass genommen, den Klageantrag insoweit zurückzunehmen oder für erledigt zu erklären, sodass er der Abweisung unterliegt.
bb) Zum anderen enthält der Klageantrag zu 1) ein Auskunftsverlangen gegen die Beklagte, ob andere Personen und Unternehmen personenbezogene Daten des Klägers verarbeiten würden. Ein solcher Auskunftsanspruch besteht nicht, insbesondere nicht aus Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DSGVO. Der Anspruch ist gerichtet gegen den Verantwortlichen iSd. Art. 4 Nr. 7 DSGVO, der über die von ihm durchgeführte Datenverarbeitung Auskunft geben muss. Eine Pflicht zur Mitteilung über eigenverantwortliche Datenverarbeitung durch Dritte ist dort nicht enthalten. Dies wird bestätigt durch den Auskunftsgegenstand des Art. 15 Abs. 1 lit. c DSGVO, wonach der Verantwortliche im Rahmen der Auskunft auch Empfänger oder Kategorien von Empfängern mitteilen muss, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt wurden oder noch offengelegt werden. Durch diese Auskunft gemäß Art. 15 Abs. 1 lit. c DSGVO erhält der Betroffene die Möglichkeit, den Empfängern gegenüber seine Rechte aus Art. 12 ff. DSGVO geltend zu machen. Die DSGVO unterscheidet zwischen verschiedenen Verantwortlichen. Dass die Beklagte Auftragsverarbeiter iSd. Art. 28 DSGVO einsetzt, die in ihrem Auftrag tätig sind und über deren Datenverarbeitung die Beklagte unter Umständen Auskunft erteilen müsste, hat der Kläger nicht näher vorgetragen.
b) Der Klageantrag zu 2) ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Weitergehende Ansprüche auf Auskunft aus Art. 15 Abs. 1, 2 DSGVO bzw. auf Information aus Art. 13, 14 DSGVO bestehen nicht oder sind erloschen.
aa) Der Klageantrag zu 2) lit. a ist begründet, soweit der Kläger Auskunft über die Zwecke verlangt, für die durch die Beklagte seine personenbezogene Daten seit dem 07.06.2018 verarbeitet werden.
(1) Der Kläger hat gegen die Beklagte aus Art. 15 Abs. 1 lit. a DSGVO einen Anspruch auf Auskunft über die Verarbeitungszwecke, zu denen seine personenbezogenen Daten durch die Beklagte verarbeitet werden.
(2) In zeitlicher Hinsicht ist Auskunft über die Zwecke der Verarbeitung seit dem 07.06.2018 bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung zu erteilen.
(a) Der Verantwortliche muss grundsätzlich keine Auskunft über Daten erteilen, die er in der Vergangenheit einmal verarbeitet hat und über die er ggf. nicht mehr verfügt. Andererseits soll er sich der Auskunftspflicht auch nicht durch ein Löschen der Daten entziehen können. Für den Umfang des Auskunftsverlangens ist grds. der Datenbestand zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens maßgeblich (Bäcker, in Kühling/Buchner, DSGVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 8 mwN.).
(b) Die Beklagte hat die Auskunft bezogen auf den Zugang des Auskunftsverlangens vom 05.06.2018 am 07.06.2018 zu erteilen. Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Behauptung des Klägers der Wahrheit entspricht, dass der an jenem Tag an der von der Fa. X. betriebenen Rezeption per Einschreiben eingegangene Brief sein Auskunfts- und Informationsgesuch (Anlage K1) enthielt. Am gleichen Tag ist das Schreiben der Beklagten zugegangen.
(aa) Nach dem in § 286 ZPO verankerten Grundsatz der freien Beweiswürdigung hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Angesichts der Unzulänglichkeit der menschlichen Erkenntnismöglichkeiten ist eine jeden Zweifel ausschließende Gewissheit kaum je erreichbar; sie kann daher auch nicht gefordert werden. Es kommt auf die persönliche Überzeugung des entscheidenden Richters an, der sich jedoch in zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen muss. Die Bestimmung des § 286 Abs. 1 ZPO verlangt einen Grad an Überzeugung, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BAG 25. April 2018 – 2 AZR 611/17 – Rn. 24; 25. Juni 2014 – 7 AZR 847/12 – Rn. 40; 25. Februar 1998 – 2 AZR 327/97 – Rn. 18; LAG Düsseldorf 10. Mai 2017 – 12 Sa 939/16 – Rn. 75; BGH 13. September 2012 – I ZR 14/11 – Rn. 13). § 286 Abs. 1 ZPO gebietet die Berücksichtigung des gesamten Streitstoffes. Zu würdigen sind auch prozessuale und vorprozessuale Handlungen, Erklärungen und Unterlassungen der Parteien und ihrer Vertreter. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Richter uU. auch bestrittene Parteibehauptungen mittels Schlussfolgerungen aus anderen unbestrittenen oder festgestellten Tatsachen ohne Beweiserhebung für wahr halten kann. Der Richter kann auch allein aufgrund von Indizien, sogar trotz anderslautender Zeugenaussagen, zu einer bestimmten Überzeugung gelangen (LAG Düsseldorf 10. Mai 2017 – 12 Sa 939/16 – Rn. 75; BAG 20. August 2014 – 7 AZR 924/12 – Rn. 37; 25. Februar 1998 – 2 AZR 327/97 – Rn. 19).
(bb) Nach diesen Maßstäben ist die Kammer überzeugt, dass der an der Rezeption am 07.06.2018 per Einschreiben eingegangene Brief das Auskunfts- und Informationsgesuch des Klägers vom 05.06.2018 (Anlage K1) enthielt.
(aaa) Ausgangspunkt ist der zuletzt nicht mehr bestrittene Sachverhalt, dass an der fremdbewirtschafteten Rezeption des von der Beklagten genutzten Gebäudes am 07.06.2018 ein eingeschriebener Brief(-umschlag) einging, auf den sich der von dem Kläger in das Verfahren eingebrachte Rückschein bezieht. Absender des Briefumschlags war der Kläger, da sonst nicht zu erklären ist, wie er in den Besitz des Rückscheins gelangt sein sollte. Adressatin war die Beklagte, wie sich aus den unstreitigen Angaben auf dem Rückschein ergibt.
Feststehender Sachverhalt ist weiter, dass der Kläger postalisch nur einen einzigen Brief(-umschlag) an die Beklagte verschickte. Dies hat der Prozessbevollmächtigte in der Kammerverhandlung am 05.03.2020 ausdrücklich vorgetragen. Der Kläger ist dem nicht entgegen getreten oder hat im Laufe des Verfahrens irgendeinen anderen Brief an die Beklagte erwähnt. Die Angaben der Zeugin T. im Verlauf der Befragung, die von verschiedenen geschriebenen und eingetüteten Briefen sprach und zuerst nahe legte, dass die Beklagte deren Adressatin gewesen sei, hat sich keine Partei zueigen gemacht. Der Klägervertreter interpretierte die Angaben vielmehr so, dass Schreiben an ihn gemeint seien, was auch die Zeugin sodann bestätigte.
(bbb) Die verbliebene Beweisfrage, dass der Umschlag tatsächlich jenes Auskunfts- und Informationsgesuch des Klägers enthielt, ist zu bejahen.
Die Zeugin T. hat bekundet, dass der Kläger das Schreiben in ihrem Beisein vorgelesen, unterschrieben, eingetütet und bei der Post als Einschreiben gegen Rückschein aufgegeben habe. Die Zeugin ist glaubwürdig. Sie trug ihre Aussage zunächst ruhig und ohne nennenswerte Nervosität vor und vermittelte der Kammer den Eindruck, aus eigenem Erleben zu berichten. Sie stellte auch dar, warum sie sich überhaupt an einen üblicherweise alltäglichen Vorgang erinnern konnte; die Beteiligten legten Wert darauf, Zeugenaussagen und weitere Nachweise für die Übersendung des Schreibens zu schaffen, zumal sich der Kläger schon in mehreren Rechtsstreiten mit der Beklagten befand. Obwohl sie als Ehefrau des Klägers einen für ihn positiven Ausgang des Rechtsstreits erhoffen dürfte, räumte sich auch Erinnerungslücken ein, insbesondere zum konkreten Ablauf am Postschalter. Anhaltspunkte dafür, dass die Aussage mit dem Kläger oder dem weiteren Zeugen X. im Einzelnen abgesprochen war, hat die Kammer nicht, zumal ggf. zu erwarten gewesen wäre, dass sich die Zeugin dann nicht ausdrücklich auf ein im Widerspruch zum unstreitigen Sachverhalt stehendes Absendedatum festgelegt hätte. Der positive Eindruck von der Glaubwürdigkeit der Zeugin wurde erst – aber nicht entscheidend – im weiteren Verlauf ihrer Befragung geschmälert, als sie nervöser wurde und ihre Aussagen an Klarheit verloren. Dies war durchaus nachvollziehbar, nachdem sie darauf aufmerksam gemacht worden war, sich wohl hinsichtlich des Absendedatums geirrt zu haben, und sie hartnäckig vom Beklagtenvertreter befragt wurde, ob ihre Aussage abgesprochen gewesen sei.
57Die Aussage der Zeugin ist glaubhaft. Die Angaben zum Sachverhalt, der Gegenstand der Beweisfrage ist, waren detailliert. Sie bekundete im Einzelnen, wie der Kläger das in den Wochen zuvor erstellte Schreiben vorgelesen, unterschrieben und eingetütet hatte. Sie machte Angaben zur Tageszeit, zum Ort des Geschehens, zum thematischen Inhalt und zu den Anwesenden. Diese Angaben deckten sich sämtlich mit den Schilderungen des zuvor persönlich angehörten Klägers und gingen – wie der Kläger – in den Details weit über den schriftsätzlichen Vortrag hinaus. Die beiden aufgetretenen Abweichungen (Fahrt zur Post mit einem oder zwei Fahrzeugen, Absendedatum) ziehen die Glaubhaftigkeit der Aussage nicht insgesamt in Zweifel, da zum Zeitpunkt der Befragung seitdem etwa 21 Monate vergangen waren.
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Der Vortrag des Klägers und die Aussage der Zeugin T. wurden durch die glaubhafte Aussage des glaubwürdigen Zeugen X. bestätigt. Der ebenfalls im Lager des Klägers stehende Zeuge ist glaubwürdig, da er ohne Nachfrage angab, von dem Kläger, seinem Schwiegervater, nach Erinnerungen an jenes Schreiben befragt worden zu sein. Außerdem habe er bei dem Verlesen des Schreibens nicht genau zugehört. Der Zeuge X. bekundete glaubhaft den Ablauf des maßgeblichen Geschehens, berichtete vom Thema des Schreibens, von Zeit, Ort und Anlass des familiären Treffens, den Anwesenden und ihren Positionen am Küchentisch.
(ccc) In der Gesamtschau des unstreitigen Sachverhalts und der Beweisaufnahme ist die Kammer überzeugt, dass der Kläger am 05.06.2018 ein datenschutzrechtliches Auskunfts- und Informationsgesuch vorlas, unterschrieb, kuvertierte und per Einschreiben gegen Rückschein an die Beklagte versandte, wo es an der fremdvergebenen Rezeption am 07.06.2018 eintraf. Dafür spricht auch die zeitliche Nähe des Absende- und des Empfangsdatums. Die Kammer hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der unstreitig eingegangene Umschlag leer war oder irgendein anderes Schreiben als einen unterschriebenen Ausdruck der Anlage K1 enthielt.
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(ddd) Es war entbehrlich, die Zeugin B. zu hören, da der Beweis geführt war.
(cc) Mit Eingang des Auskunfts- und Informationsgesuchs an der Rezeption ist es der Beklagten selbst am gleichen Tag nach § 130 Abs. 1 BGB zugegangen.
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(aaa) Nach § 130 Abs. 1 BGB wird eine unter Abwesenden abgegebene empfangsbedürftige Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Empfänger zugeht. Eine schriftliche Willenserklärung ist danach zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers bzw. eines empfangsberechtigten Dritten gelangt ist und für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von dem Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers gehören von ihm vorgeschaltete Empfangseinrichtungen (st. Rspr., s. nur BAG 22. August 2019 – 2 AZR 111/19 – Rn. 12 mwN.). Dabei genügt es, wenn der Brief an eine Person ausgehändigt wird, die rechtsgeschäftlich ermächtigt oder nach der Verkehrsauffassung als ermächtigt anzusehen ist, den Empfänger in der Empfangnahme zu vertreten (BAG 9. Juni 2011 – 6 AZR 687/09 – Rn. 12 mwN.; 11. November 1992 – 2 AZR 328/92 – Rn. 33; Einsele, in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 130 Rn. 25).
(bbb) Die Fa. X. – eine Rechtsform ist nicht dargetan – ist Empfangsbotin der Beklagten. Sie ist kraft Rechtsgeschäfts, jedenfalls nach der Verkehrsauffassung ermächtigt, Willenserklärungen für die Beklagten entgegen zu nehmen. Die Fa. X. betreibt eigenverantwortlich ua. im Auftrag der Beklagten die Rezeption in dem von der Beklagten genutzten Gebäude, in dem (gerichtsbekannt) weitere Gesellschaften der I. untergebracht sind. Eine Rezeption stellt üblicherweise die erste Anlaufstelle insbesondere für einen Postboten dar, der einen persönlichen Nachweis für die Übergabe eines Einschreibens benötigt. Dementsprechend hat der Mitarbeiter der Fa. X. I. den Umschlag entgegengenommen und dies quittiert. Dass er dazu nicht berechtigt gewesen wäre oder aufgrund welcher Umstände eine andere Anschauung geboten sei, hat die Beklagte nicht ansatzweise vorgetragen.
(ccc) Am Tag des Eingangs an der Rezeption ist das Gesuch der Beklagten selbst zugegangen. Sie hatte unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme am selbst Tag. Üblicherweise wird ein Rezeptionist Post nicht einmal einen Tag liegen lassen, sondern gerade ein Einschreiben binnen weniger Stunden an den Empfänger weitergeben.
(c) Über den 07.06.2018 hinaus sind die Zwecke der Verarbeitung bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung mitzuteilen. Zwar ist für den Umfang des Auskunftsverlangens – als rückwärtige Grenze – grds. der Datenbestand zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens maßgeblich. Dies bedeutet aber nicht, dass die Auskunft darauf zu beschränken ist. Vielmehr ist eine dem Auskunftsverlangen nachfolgende Datenverarbeitung einzubeziehen, jedenfalls wenn die Auskunft nicht innerhalb der Fristen des Art. 12 Abs. 3 DSGVO erteilt wird. Eine Säumnis des Auskunftsschuldners kann nicht zu seinem Vorteil gereichen. Dieses umfassendere Verständnis entspricht auch dem im Präsenz gehaltenen Wortlaut sowie dem Zweck des Art. 15 DSGVO, der dem Betroffenen ermöglichen will, die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu prüfen und die Rechte aus Art. 12 ff. DSGVO geltend zu machen (Ehmann, in Ehmann/Selmayr, DSGVO, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 1 mwN.). Dem widerspricht, wenn er nach ggf. monatelangem Warten wegen der zwischenzeitlichen Datenverarbeitung erneut ein Auskunftsverlangen stellen müsste. Ob in der Zwischenzeit indes ein weiterer Zweck der Datenverarbeitung, eine weitere Kategorie personenbezogener Daten etc. hinzu gekommen ist, ist im vorliegenden Fall fraglich, zumal das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis bereits vor dem Auskunftsverlangen beendet war.
(3) Dieser Anspruch des Klägers ist nicht durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen.
(a) Nach Art. 12 Abs. 1 S. 1 DSGVO trifft der Verantwortliche geeignete Maßnahmen, um insbesondere die Mitteilung nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln. Die Verordnung möchte Transparenz der Datenverarbeitung erreichen, insbesondere bei Information und Auskunft über die Zwecke der Verarbeitung (vgl. EG 39 der DSGVO). Die Angaben zum Zweck müssen vollständig und so konkret und detailliert sein, dass sich der Betroffene ein Bild davon machen kann, welche Datenverarbeitungen zu welchen Zwecken erfolgen (Bäcker, in Kühling/Buchner, DSGVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 12 iVm. Art. 13 Rn. 25; zu Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO Heberlein, in Ehmann/Selmayr, DSGVO, 2. Aufl., Art. 5 Rn. 14; Pötters, in Gola, DSGVO, 2. Aufl., Art. 5 Rn. 14). Davon hängt auch ab, wann die Anforderungen an die Zweckbindung aus Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO erfüllt sind und ob eine Zweckänderung nach Art. 6 Abs. 4 DSGVO zum Tragen kommt, sodass allzu pauschale Angaben zum Zweck den Sinn der Auskunft nicht erfüllen können.
(b) Diesen Vorgaben genügen die Angaben zu den Verarbeitungszwecken in dem Schreiben vom 27.11.2018 ad 2a nicht. Die Beklagte erklärt dort, dass die Datenverarbeitung zum Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses, namentlich zu dessen Abwicklung und Beendigung, zur Erfüllung bestehender rechtlicher Verpflichtungen und zur Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 26 BDSG bzw. Art. 6 Abs. 1 lit. (b,) c und f DSGVO erfolge. Damit gibt die Beklagte pauschal fast die ganze Bandbreite im Privatrechtsverkehr nahe liegender Zwecke an, ohne konkret und detailliert die Zwecksetzungen mitzuteilen. Die unzureichende Transparenz wird dadurch verstärkt, dass die Beklagte zuvörderst auf einen Anhang „I.“ verweist. (Das Gericht geht davon aus, dass es sich dabei um den auch andernorts in Bezug genommenen „Anhang 1“ und damit um das Unterlagenkonvolut des separaten Anlagenordners handelt, übermittelt per beA am 14./15. 11.2019. Etwas anderes hat die Beklagte jedenfalls nicht dargetan.) Die Bezugnahme auf einen Anhang, erst recht wenn er Hunderte Seiten umfasst, ersetzt keine Mitteilung in Form und Sprache gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 1 DSGVO.
bb) Der weitergehende Klageantrag zu 2) lit. a ist unbegründet.
(1) Soweit der Kläger einen Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 lit. a DSGVO gegen die Beklagte geltend machen will, wonach sie Auskunft über die Zwecke der Verarbeitungen durch Dritte mitteilen müsse, ist der Klageantrag unbegründet. Wie auch bei Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DSGVO ist der Auskunftsanspruch grds. nur auf die Datenverarbeitung durch die Beklagte als Verantwortliche iSd. Art. 4 Ziff. 7 DSGVO gerichtet, s.o.
(2) Weiter unbegründet ist der Antragsbestandteil, wonach die Beklagte verurteilt werden solle, die Rechtsgrundlage für die jeweilige Verarbeitung mitzuteilen. Insoweit ist der Klageantrag unschlüssig.
(a) Dieses Begehren stützt sich erkennbar auf die Informationspflicht aus Art. 13 Abs. 1 lit. c bzw. Art. 14 Abs. 1 lit. c DSGVO. Danach ist dem Betroffenen zum Zeitpunkt der Datenerhebung ua. die Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung mitzuteilen. Eine andere Rechtsgrundlage ist nicht ersichtlich. Insbesondere fehlt eine Entsprechung im Katalog der Auskunftspflicht in Art. 15 Abs. 1 DSGVO (Franck, in Gola, DSGVO, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 7).
(b) Die Klage auf Information über die Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung ist unschlüssig. Der Anspruch entstand für Datenerhebungen ab dem Zeitpunkt, ab dem die DSGVO Geltung erlangte, also ab dem 25.05.2018, Art. 99 Abs. 2 DSGVO. Aus dem Vorbringen des Klägers ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte seitdem ihn betreffende personenbezogene Daten erhoben hat, weshalb er die gebotenen Informationen verlangen könnte.
74Wie die Beklagte im Schreiben vom 27.11.2018 zutreffend ausführt, ist die Information nicht retrospektiv zu erteilen. Ein „Transparenz-Reset“ am 25.05.2018, also die einmalige Information sämtlicher betroffener Personen nach den neuen Regeln, ist von der DSGVO nicht gefordert (treffend Franck, in Gola, DSGVO, 2. Aufl., Art. 13 Rn. 37 mwN.).
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bb) Der Klageantrag zu 2) lit. b ist unbegründet. Die einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen sind die Informationspflichten aus Art. 13 Abs. 1 lit. d bzw. Art. 14 Abs. 2 lit. b DSGVO, denen die Beklagte nicht retrospektiv, sondern zum Zeitpunkt einer Datenerhebung nach dem 25.05.2018 nachkommen müsste, s.o.
cc) Der Klageantrag zu 2) lit. c ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten nach Art. 15 Abs. 1 lit. b DSGVO Auskunft über die Kategorien personenbezogener Daten verlangen, die ihn betreffend verarbeitet werden. In zeitlicher Hinsicht umfasst der Auskunftsanspruch Datenverarbeitungen im Zeitraum vom 07.06.2018 bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung, s.o.
77
Der Anspruch ist nicht infolge der Mitteilung im Schreiben vom 27.11.2018 ad 2d durch Erfüllung iSd. § 362 Abs. 1 BGB erloschen, da sie sich in einer den Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 S. 1 E. nicht genügenden Bezugnahme auf das Unterlagenkonvolut der Anlage 1 erschöpft. Auf die inhaltlichen Ausführungen des Klägers va. im Schriftsatz vom 21.01.2019 (Bl. 72 ff. d.A.), inwieweit die Auskunft dies betreffend unzureichend sei, kommt es nicht an.
dd) Der Klageantrag zu 2) lit. d ist unbegründet. Der Kläger hatte gegen die Beklagte aus Art. 15 Abs. 1 lit. c DSGVO einen Anspruch auf Auskunft über die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden.
Der Anspruch ist durch Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat im Schreiben vom 27.11.2018 ad 2e mitgeteilt, dass die personenbezogenen Daten des Klägers den Unternehmen I. (T.) und I. (N.) offengelegt worden seien. Der Kläger hat nicht dezidiert behauptet, dass diese Auskunft über Empfänger von Daten unzutreffend oder unvollständig gewesen sei.
Soweit der Kläger auf S. 7 des Schriftsatzes vom 21.01.2019 (Bl. 74 d.A.) rügt, dass „Angaben über die Gehaltszahlungsdaten an den entsprechenden internen oder externen Dienstleister der beklagten Partei“ fehlen würden, „beispielsweise I.“, hat er nicht dargetan, dass ein externer Datenempfänger in der Benennung der Beklagten fehlen würde. Interne Empfänger müssen nicht mitgeteilt werden. Und J. ist genannt, ohne dass der Kläger ausgeführt hätte, dass er noch eine andere n. Gesellschaft meint. Entsprechend liegt es, wenn der Kläger auf S. 8 desselben Schriftsatzes die Konformitätsbestätigungen anspricht, die Bestandteil der Personalakte und nach D. übermittelt worden seien. Die Beklagte gab an, Daten des Klägers der I. in D. offengelegt zu haben.
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Des Weiteren führt der Kläger dort aus, dass die weitergegebenen Daten verschiedener anderer Unternehmen bzw. Institutionen fehlen würden, so der I., der I., Gesellschaften der I. in der Schweiz, den Niederlanden und Belgien oder einer I.. Der Kläger bringt nicht zum Ausdruck, dass die Beklagte an diese Gesellschaften Daten weitergegeben habe und deshalb darüber nach Art. 15 Abs. 1 lit. c DSGVO Auskunft erteilen müsste. Vielmehr fehlen ihm Angaben der von den anderen Gesellschaften verarbeiteten, insbesondere weitergegebenen Daten. Die Beklagte ist nicht zur Auskunft über die eigenverantwortlichen Datenverarbeitungen Dritter verpflichtet.
ee) Der Klageantrag zu 2) lit. e ist ebenfalls unbegründet.
(a) Seinem Wortlaut nach zielt dieser Klageantrag auf den Informationsanspruch aus Art. 13 Abs. 1 lit. f bzw. Art. 14 Abs. 1 lit. f DSGVO. Insoweit ist der Klageantrag unschlüssig. Die Beklagte muss den Informationspflichten nicht retrospektiv, sondern zum Zeitpunkt einer Datenerhebung nach dem 25.05.2018 nachkommen, s.o.
(b) Stattdessen hatte der Kläger einen Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 2 DSGVO, der das Begehren dieses Klageantrages zumindest teilweise erfasst.
Der Kläger besaß daraus das Recht, über die geeigneten Garantien gemäß Art. 46 DSGVO im Zusammenhang mit der Übermittlung unterrichtet zu werden. Die Beklagte übermittelte personenbezogene Daten des Klägers an ein Drittland außerhalb der Europäischen Union. Den Datentransfers lagen – nach den vom Kläger nicht angegriffenen Ausführungen in der Mitteilung vom 27.11.2018 ad 2e – Standardverträge iSd. Entscheidung der Europäischen Kommission vom 15.06.2001 (2001/497/EG) zugrunde. Solche Verträge enthalten geprüfte Standarddatenschutzklauseln gemäß Art. 46 Abs. 2 lit. c DSGVO, wobei frühere Entscheidungen der Kommission unter der Geltung der DSGVO grds. ihre Gültigkeit behalten, Art. 46 Abs. 5 S. 2 DSGVO (Schröder, in Kühling/Buchner, DSGVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 46 Rn. 26 mit Fn. 30).
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Dieser Anspruch ist durch Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat den Kläger in der Mitteilung vom 27.11.2018 darüber unterrichtet, dass die geschlossenen Datenübermittlungsvereinbarungen den geprüften Standardverträgen entsprechen würden. Sie hatte auch die deshalb als geeignet anzusehenden geeigneten Garantien vorgelegt, indem sie dem Kläger die beiden maßgeblichen Vertragspassagen mit den Verpflichtungen des Datenübermittlers („Obligations of the data exporter“) und des Datenempfängers („Obligations of the data importer“) hat zukommen lassen. Dass sie dem Kläger vorliegen, zeigt sich daran, dass der Kläger diese Unterlagen als Anlage K5 (Bl. 378 ff. d.A.) zur Akte reichte. Ein über die geeigneten Garantien hinausgehender Auskunftsanspruch ergibt sich aus Art. 15 Abs. 2 DSGVO nicht.
ff) Weiter sind die Klageanträge zu 2) lit. f, lit. h und lit. i unbegründet.
Die Kläger hatte nach Art. 15 Abs. 1 lit. d DSGVO einen Anspruch auf Auskunft über die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden. Gestützt auf Art. 15 Abs. 1 lit. g DSGVO konnte er alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten verlangen, sofern die personenbezogenen Daten nicht bei ihm als betroffener Person erhoben würden. Nach Art. 15 Abs. 1 lit. h DSGVO konnte er Auskünfte im Zusammenhang mit automatisierter Entscheidungsfindung beanspruchen.
Die Ansprüche sind infolge Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. In der Mitteilung vom 27.11.2018 hat die Beklagte unter 2f Angaben zur Speicherungsdauer gemacht und unter 2j und 2k negativ attestiert, dass personenbezogene Daten nur beim Kläger erhoben würden und automatisierte Entscheidungsfindung nicht stattfände. Diese Ausführungen hat der Kläger nicht als unzutreffend oder unvollständig gerügt.
gg) Schließlich sind die Klageanträge zu 2) lit. g und lit. j unbegründet. Der Kläger verlangt Informationen über die Bereitstellung der personenbezogenen Daten, Art. 13 Abs. 2 lit. e DSGVO, sowie über zweckändernde Weiterverarbeitungszwecke, offenbar gestützt auf Art. 13 Abs. 3 bzw. Art. 14 Abs. 4 DSGVO. Die Klageanträge sind unschlüssig. Die Beklagte muss den Informationspflichten nicht retrospektiv, sondern zum Zeitpunkt einer Datenerhebung oder einer beabsichtigten Zweckänderung nach dem 25.05.2018 nachkommen, s.o.
c) Der Klageantrag zu 3) ist unbegründet. Nach Art. 15 Abs. 3 S. 1, 4 DSGVO stellt der Verantwortliche der betroffenen Person eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung, wenn die Rechte und Freiheiten anderer Personen dadurch nicht beeinträchtigt werden. Ein Anspruch des Klägers besteht jedoch nicht.
aa) Soweit die Beklagte dem Kläger als Anhang 1 der Mitteilung vom 27.11.2018 Kopien zur Verfügung stellte, ist der geltend gemachte Anspruch (auf Erteilung einer ersten Kopie) durch Erfüllung erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Eine Bereitstellung in elektronischer Form ist möglich, da Art. 12 Abs. 1 S. 2 DSGVO dem Schuldner bei schriftlichen Ersuchen einen Spielraum belässt (Bäcker, in Kühling/Buchner, DSGVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 44; Schmidt-Wudy, in BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition, Art. 15 Rn. 83). Eine besondere Aufbereitung ist nicht nötig (Bäcker aaO., Art. 15 Rn. 40). Da der Kläger auf die Mitteilung vom 27.11.2018 prozessual nicht reagiert hat, etwa den Klageantrag insoweit zurückgenommen oder für erledigt erklärt hat, ist er abzuweisen. Es besteht kein Anlass für die Annahme, dass der Kläger den Antrag aufrechterhalten hat, um dieselben Kopien noch einmal zu bekommen; dies wäre auch nach Art. 15 Abs. 3 S. 2 DSGVO entgeltpflichtig.
bb) Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 21.01.2019 Aspekte nannte, hinsichtlich derer die Auskunft und Kopien unvollständig seien (worauf das Gericht in der Güteverhandlung am 07.02.2019 ein Auskunftsbegehren formulierte), besteht ebenfalls kein Anspruch. Die Beklagte hat dazu vorgetragen, dass die Daten, soweit die Auskunft darüber nicht bereits erteilt sei, sämtlich gelöscht seien. Dies gelte auch für die Unterlagen, die ihr Prozessbevollmächtigter in dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf – 12 Ca 1965/18 – eingebracht habe; auch diese seien bei ihr nicht mehr vorhanden. Dem ist der Kläger nicht dezidiert entgegen getreten. Insbesondere lagen alle vom Kläger im Schriftsatz vom 13.09.2019 aufgezählten Anlagen dem Schriftsatz des Beklagtenvertreters in dem weiteren Verfahren an, sodass dies nicht gegen das Vorbringen der Beklagten spricht, diese Unterlagen an den Prozessbevollmächtigten gegeben zu haben. Gelöschte Daten können nicht in Kopie zur Verfügung gestellt werden, § 275 Abs. 1 BGB (Franck, in Gola, DSGVO, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 39).
cc) Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 21.01.2019 überdies unsubstantiiert vorbringt, dass Vorgesetzte und Kollegen ihn betreffende Daten auf Notebooks, Telefonen etc. gespeichert hätten, die Daten weiter verbreitet, in den IT-Systemen der Beklagten ausgelesen und neu zentral gespeichert würden und sich auf den Servern zahlreiche seiner E-Mails befänden, besteht ebenfalls kein Anspruch auf Herausgabe der Kopien dieser Daten. Der Aufwand, nach personenbezogenen Daten des Klägers in sämtlichen Servern, Datenbanken, Web-Anwendungen, E-Mail-Postfächern, Verzeichnisstrukturen, Speichermedien, Smartphones, Notebooks und diversen anderen Endgeräten der Beklagten nebst aller Vorgesetzten und Kollegen des Klägers zu suchen, um sie in Kopie herausgeben zu können, steht in grobem Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Klägers. Da der Grundsatz von Treu und Glauben nach Art. 8 Abs. 2 S. 1 GRCh und Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO für die gesamte Datenverarbeitung gilt, wird dem Verantwortlichen per se kein unverhältnismäßiger Aufwand abverlangt (Franck, in Gola, DSGVO, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 38).
dd) Da der Klageantrag zu 3) ohnehin abzuweisen ist, kann dahinstehen, dass der Antrag ohne zeitliche Eingrenzung auf Kopien von Daten gerichtet ist, die die Beklagte verarbeitet hat. Art. 15 Abs. 3 S. 1 E. ist dagegen im Präsenz formuliert.
d) Der Klageantrag zu 4) ist zu einem kleinen Teil begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz iHv. 5.000 € aus Art. 82 Abs. 1 E. nebst Zinsen.
aa) Auch Art. 82 Abs. 1 DSGVO findet im nationalen Recht unmittelbar Anwendung (LG Karlsruhe 2. August 2019 – 8 O 26/19 –).
bb) Die Beklagte als für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers iSd. Art. 4 Ziff. 7 DSGVO Verantwortliche hat gegen die DSGVO verstoßen. Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO kann jeder „Verstoß gegen die Verordnung“ eine Schadensersatzpflicht begründen (Wybitul/Haß/Albrecht, NJW 2018, 113).
(1) Die Beklagte hat zum einen gegen die Vorgabe aus Art. 12 Abs. 3 S. 1-3 DSGVO verstoßen, wonach ua. ein Auskunftsantrag nach Art. 15 DSGVO binnen einen Monats nach Eingang, nach einer Unterrichtung über eine Fristverlängerung binnen zwei weiteren Monaten zu beantworten ist. Die Kammer ist davon überzeugt, dass das Auskunftsgesuch des Klägers der Beklagten am 07.06.2018 zugegangen ist (s. oben I. 2. b) aa) (2) (b) der Entscheidungsgründe). Die Auskunft war am 07.07.2018, spätestens am 07.09.2018 zur Erteilung fällig, wurde aber erstmals am 10.12.2018 mit Übergabe des für die Einsicht in die elektronisch hinterlegten Unterlagen notwendigen Passwortes erbracht.
(2) Zum anderen hat die Beklagte gegen Art. 15 Abs. 1 lit. a und lit b iVm. Art. 12 Abs. 1 S. 1 DSGVO verstoßen, indem sie nicht hinreichend über die Verarbeitungszwecke und die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden, unterrichtet hat (s. oben I. 2. b) aa) (3) und cc) der Entscheidungsgründe).
(3) Im Schriftsatz vom 23.12.2019 führt der Kläger aus, dass ein weiterer Verstoß gegen die DSGVO darin bestehe, dass die Datenübermittlungsvereinbarung nicht vollständig vorgelegt worden sei. Indes ist die DSGVO dadurch nicht verletzt. In Anbetracht der hier erfolgten Datenübermittlung vorbehaltlich geeigneter Garantien iSd. Art. 46 DSGVO ist im Rahmen des Auskunftsrechts nach Art. 15 Abs. 2 DSGVO nur über die geeigneten Garantien zu unterrichten. Dies ist geschehen (s. oben I. 2. b) ee) der Entscheidungsgründe).
(4) Soweit der Kläger verschiedentlich andere Datenverarbeitungen der Beklagten vorträgt und zum Ausdruck bringt, diese seien datenschutzwidrig, sind keine weiteren Verstöße gegen die DSGVO dargetan, für die die Beklagte nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO haftbar wäre. Offensichtlich benennt der Kläger Ereignisse während des noch laufenden Arbeitsverhältnisses, das ab Geltung der DSGVO ab dem 25.05.2018 bereits beendet war.
cc) Die Beklagte hat nicht dargetan, für die Verstöße nicht verantwortlich zu sein, sodass gemäß Art. 82 Abs. 3 DSGVO eine Haftung entfiele. Insbesondere muss sie sicherstellen, dass sie Betroffenengesuche nach Art. 12 ff. DSGVO auch dann erreichen, wenn rechtsgeschäftlich oder kraft Verkehrsanschauung ein Empfangsbote zur Entgegennahme von Willenserklärungen berechtigt ist.
dd) Verursacht durch die genannten Verstöße hat der Kläger, der keinen materiellen Schaden vorgetragen hat, einen immateriellen Schaden iSd. Art. 82 Abs. 1 DSGVO erlitten. Der Begriff des Schadens ist weit auf eine Art und Weise auszulegen, die den Zielen der DSGVO in vollem Umfang entspricht (EG 146; Bergt, in Kühling/Buchner, DSGVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 82 Rn. 17; Frenzel, in Paal/Pauly, DSGVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 82 Rn. 10 mwN.). Ein immaterieller Schaden entsteht nicht nur in den „auf der Hand liegenden Fällen“, wenn die datenschutzwidrige Verarbeitung zu einer Diskriminierung, einem Verlust der Vertraulichkeit, einer Rufschädigung oder anderen gesellschaftlichen Nachteilen führt, sondern auch, wenn die betroffene Person um ihre Rechte und Freiheiten gebracht oder daran gehindert wird, die sie betreffenden personenbezogenen Daten zu kontrollieren (EG 75). Indem die Beklagte die Vorgaben aus Art. 15 Abs. 1 Hs. 1, Hs. 2 lit. a, b iVm. Art. 12 Abs. 1, 3 DSGVO verletzt hat, hat sie das Auskunftsrecht des Klägers – das zentrale Betroffenenrecht – beeinträchtigt (vgl. Ehmann, in Ehmann/Selmayr, DSGVO, 2. Aufl., Art. 15 Rn. 1 mwN.; Bäcker, in Kühling/Buchner, DSGVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 5 Rn. 1). Verletzt ist zugleich ein europäisches Grundrecht des Klägers; Art. 8 Abs. 2 S. 2 GRCh gewährleistet das Auskunftsrecht ausdrücklich. Durch die monatelang verspätete, dann unzureichende Auskunft war der Kläger im Ungewissen und ihm die Prüfung verwehrt, dann nur eingeschränkt möglich, ob und wie die Beklagte seine personenbezogenen Daten verarbeitet. Die Schwere des immateriellen Schadens ist für die Begründung der Haftung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO irrelevant und wirkt sich nur noch bei der Höhe des Anspruchs aus (LG Karlsruhe 2. August 2019 – 8 O 26/19 –; Gola/Pitz, in Gola, DSGVO, 2. Aufl., Art. 82 Rn. 13 mwN. der restriktiveren Rspr. zu § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG).
ee) Zum Ersatz dieses immateriellen Schadens hält die Kammer einen Betrag iHv. 5.000 € für geboten, aber auch ausreichend.
(1) Die betroffene Person soll einen vollständigen und wirksamen Schadensersatz für den erlittenen Schaden erhalten (EG 146). Verstöße müssen effektiv sanktioniert werden, damit die DSGVO wirken kann, was vor allem durch Schadensersatz in abschreckender Höhe erreicht wird (Wybitul/Haß/Albrecht, NJW 2018, 113, 115; Bergt, in Kühling/Buchner, DSGVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 82 Rn. 18; Frenzel, in Paal/Pauly, DSGVO/BDSG, 2. Aufl., Art. 82 Rn. 10 mwN.). Gerichte können sich bei der Bemessung des immateriellen Schadensersatzes auch an Art. 83 Abs. 2 DSGVO orientieren, sodass als Zumessungskriterien unter anderem Art, Schwere, Dauer des Verstoßes, Grad des Verschuldens, Maßnahmen zur Minderung des den betroffenen Personen entstandenen Schadens, frühere einschlägige Verstöße sowie die Kategorien der betroffenen personenbezogenen Daten betrachtet werden können (Quaas, in BeckOK Datenschutzrecht, 31. Edition, Art. 31; Wybitul/Haß/Albrecht, NJW 2018, 113, 115). Die Mitgliedsstaaten – auch die erkennende Kammer – sind nach dem Gedanken des Art. 4 Abs. 3 EUV verpflichtet, der DSGVO zur Wirkung zu verhelfen.
(2) Den Grundsätzen entsprechend muss die Beklagte einen Schadensersatz iHv. insgesamt 5.000 € zahlen. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass der europäische Verordnungsgeber das verletzte Recht als bedeutsam einordnet, wie sich neben Art. 8 Abs. 2 S. 2 GRCh auch an der Zuordnung der Art. 12 ff. DSGVO zu dem Katalog des § 83 Abs. 5 DSGVO zeigt. Es handelt sich eben nicht nur um ein einfaches Arbeitspapier. Weiter hielt der Verstoß einige Monate an, in denen der Kläger über die Datenverarbeitung durch die Beklagte im Ungewissen war. Der Zeitraum vom 08.07. bis 07.09.2018 fiel dabei weniger stark ins Gewicht als die etwa drei Monate bis zum 10.12.2018, da Art. 12 Abs. 3 S. 2 DSGVO dem Antragssteller – wenn auch nach Unterrichtung über eine Fristverlängerung – zumutet, bis zu drei Monate auf die Auskunft zu warten. Außerdem sind die Anforderungen an die zu erteilende Auskunft nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich verletzt. Überdies war der nach Vortrag des Klägers beträchtliche Umsatz der Beklagten zu berücksichtigen. (Der Vortrag ist unstreitig, doch ist fraglich, ob es sich um den Umsatz der Beklagten oder der I. insgesamt handelt.) Da der Schadensersatz eine angemessene Wirkung erzielen soll, hängt dessen Höhe nicht nur vom eingetretenen immateriellen Schaden, sondern auch von dem nach Art. 4 Ziff. 7 DSGVO Verantwortlichen und dessen Finanzkraft ab. Mit anderen Worten: Die Verletzung der Auskunftspflicht aus Art. 15 DSGVO durch einen finanzschwächeren Verantwortlichen würde zu geringerem Schadensersatz führen.
Zu Gunsten der Beklagten wird berücksichtigt, dass von fahrlässigen Verstößen auszugehen ist. Anhaltspunkte für Vorsatz, mithin die bewusste und gewollte verspätete, dann intransparente Reaktion auf das Auskunftsgesuch, sind nicht ersichtlich. Auch sind keine anderen Verstöße der Beklagten gegen die DSGVO dargetan. Des Weiteren erschließt sich der Kammer nicht, warum die Höhe der Vergütung des Klägers in die Bemessung des Schadensersatzes einfließen sollte. Die Schwere des entstandenen immateriellen Schadens, der vor allem in der Ungewissheit über die Verarbeitung seiner Daten besteht, hängt nicht davon ab, wieviel er verdient. Auch sind besondere Kategorien personenbezogener Daten iSd. Art. 9 DSGVO nicht substantiell betroffen. Endlich ist trotz der Bedeutung des Auskunftsrechts des Art. 15 DSGVO nicht zu verkennen, dass mit dem vom Kläger herangezogenen Bußgeldrahmen des § 83 Abs. 5 DSGVO auch noch weit gravierende Persönlichkeitsrechtsverletzungen sanktioniert werden sollen und die Verhältnismäßigkeit zu wahren ist. Der dem Kläger entstandene immaterielle Schaden ist nicht erheblich.
109
Unter Berücksichtigung all dessen hat die Kammer für die ersten zwei Monate der Verspätung jeweils 500 €, für die weiteren etwa drei Monate jeweils 1.000 € und für die beiden inhaltlichen Mängel der Auskunft jeweils 500 € angesetzt.
ff) Die zugesprochenen Zinsen folgen aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
111
e) Die Klageanträge zu 5) bis 7) sind unbegründet. Eine Rechtsgrundlage, auf die der Kläger die damit verfolgten Begehren stützen könnte, ist nicht ersichtlich, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat.
Im Zusammenhang mit der hier vorliegenden Datenübermittlung vorbehaltlich geeigneter Garantien gemäß § 46 DSGVO ergibt sich die besondere Auskunftspflicht aus Art. 15 Abs. 2 DSGVO. Diese hat die Beklagte erfüllt (s. oben I. 2. b) aa) (3) und ee) der Entscheidungsgründe).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 ZPO, 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG.
115
III.
Der Streitwert der Entscheidung ist gemäß den §§ 3 ff. ZPO zu bestimmen und nach § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Die Kammer hat für die mit Klageanträgen zu 1) und 2) zuletzt verfolgten Begehren 5.000 € angesetzt (2.000 € für die Auskunft nach Art. 15 Abs. 1, 2 DSGVO betreffend die Beklagte – soweit Teilanträge zurückgenommen worden waren, sind sie nicht im Entscheidungsstreitwert zu berücksichtigen –, 1.000 € für die Auskunft betreffend andere Personen und Unternehmen, 2.000 € für die verlangten Informationen nach Art. 13 DSGVO) und den Klageantrag zu 3) mit 3.000 € bewertet. Der Klageantrag zu 4) wurde mit seinem Nennwert berücksichtigt, die Klageanträge zu 5) bis 7) mit jeweils 500 €.
IV.
Die Berufung war in Anbetracht der grundsätzlichen Bedeutung der Sache, insbesondere der fehlenden höchst- und obergerichtlichen Klärung der auftretenden Rechtsfragen, gesondert zuzulassen, § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG.