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1. Der Antrag auf Rücknahme einer Abmahnung kann nicht ohne weiteres dahingehend ausgelegt werden, dass ein Arbeitgeber erklären soll, Vorwürfe nicht aufrecht zu erhalten, aus der Abmahnung keine Rechte herzuleiten und nicht die Einhaltung von Verhaltensregeln zu fordern. 2. Enthält eine Abmahnung nicht nur Tatsachenbehauptungen, sondern auch Rechtsauffassungen, so ist der globale Antrag, die Abmahnung zurückzunehmen, jedenfalls unbegründet. 3. Eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung gegenüber dem Betriebsratsgremium ist nicht an sich unzulässig. Die Rechtsprechung zur Abmahnung von Arbeitnehmern oder einzelnen Betriebsratsmitgliedern kann nicht herangezogen werden. Ein Beseitigungsanspruch ergibt sich regelmäßig nicht aus § 78 BetrVG.
Der Antrag wird zurückgewiesen.
G r ü n d e:
2A.
3Die Betriebsparteien streiten über eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung gegenüber dem Betriebsratsgremium.
4Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 2), der Arbeitgeberin, errichtete Betriebsrat. Am 26.03.2015 entschied er, in der Abteilung Customer Service Center kurzfristig eine Abteilungsversammlung durchzuführen. Die stellvertretene Betriebsratsvorsitzende teilte dies der Arbeitgeberin mit. Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob Kollegen aus einer anderen Abteilung gebeten und angewiesen worden sind, den Telefondienst zu übernehmen. Die Arbeitgeberin fordert den Betriebsrat auf, die Abteilungsversammlung nicht durchzuführen, da sie zu kurzfristig sei. Der Betriebsrat kam dem nach und führte statt der Abteilungsversammlung in der Folgewoche eine Betriebsversammlung durch.
5Unter dem 09.04.2015 (Blatt 5 f. der Akte) erteilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat eine Abmahnung, die wie folgt lautet:
6"An den Betriebsrat der P. GmbH
7-im Hause -
8Betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung
9Sehr geehrte Frau T.,
10in Bezug auf die von Ihnen für den Betriebsrat geplante Abteilungs-/Teamversammlungen im Customer Service Center am 26.03.2015 und die vom Betriebsrat durchgeführte Betriebsversammlung am 30.03.2015 mahnen wir Sie hiermit betriebsverfassungsrechtlich ab.
11Ihr nachfolgend dargestelltes Verhalten gibt uns Veranlassung zu dieser Abmahnung:
12?Sie haben am 26.03.2015 das gesamte Team des Customer Service Center schriftlich per E-Mail zu einer Abteilungsversammlung eingeladen. Dies geschah Ihrerseits zu kurzfristig und ohne Angabe konkreter Gründe für die Kurzfristigkeit. Die für das Customer Service Center zuständige Führungskraft hat diesem kurzfristigen Termin aus betrieblichen Gründen nicht zugestimmt, Ihnen stattdessen einen zeitnahen Alternativtermin vorgeschlagen, den Sie ohne Nennung von Gründen ausgeschlagen haben.
13?Sie haben weiterhin am 26.03.2015 ohne Abstimmung mit der zuständigen Führungskraft eigenmächtig dem Team Support einen Arbeitsauftrag erteilt, um die von Ihnen geplante Abteilungsversammlung abzuhalten. Damit haben Sie auch in die Arbeitsabläufe eines anderen Teams eingegriffen und hätten dadurch den betrieblichen Ablauf gefährdet.
14?Sie haben weiterhin ohne Abstimmung mit zuständigen Führungskräften einen ungeeigneten Versammlungsort für Ihre geplante Abteilungsversammlung am 26.03.2015 - ein Büro mit vier Büroarbeitsplätzen - bestimmt.
15Zukünftig werden Sie bzw. wird der Betriebsrat aufgefordert bei der Einberufung von Versammlungen wie folgt vorgehen, um eine Störung des Betriebsfriedens zu vermeiden:
16?Die zeitliche Lage von durch den Betriebsrat einberufenen Versammlungen ist mit einer Ankündigungsfrist von mindestens sieben Tagen der Geschäftsführung oder Human Resources schriftlich anzukündigen und in Bezug auf die folgende Kriterien abzustimmen:
17?Der Ort der Veranstaltung ist zukünftig mit einer Ankündigungsfrist von sieben Tagen der Geschäftsführung oder Human Resources schriftlich anzukündigen und dann mit der Geschäftsführung oder Human Resources abzustimmen.
18?Vom Betriebsrat einberufene Abteilungs- bzw. Teamversammlungen finden grundsätzlich nicht in Büros von Mitarbeitern statt, um sicherzustellen, dass dort die Arbeit während der Versammlung weiter verrichtet werden kann. Durch Ihre Ankündigung am 26.03.2015, in einem Büro mit mehreren Arbeitsplätzen eine Teamversammlung durchzuführen, wären Mitarbeiter aus dem besagten Büro im Zweifelsfalle durch Ihre willkürliche Wahl des Ortes entweder gezwungen worden, an der Versammlung teilzunehmen bzw. hätten zwangsläufig eine Pause machen müssen.
19?Die Agenda von Veranstaltungen muss der Geschäftsführung oder Human Resources schriftlich mindestens sieben Tage vorher angekündigt werden. die Formulierung "aus aktuellem Anlass" ohne weitere Erklärung ist nicht ausreichend.
20?Wir werden es nichtmehr ohne rechtliche Konsequenzen hinnehmen, dass der Betriebsrat willkürlich ohne Abstimmung mit der Geschäftsführung, einer Führungskraft einer Abteilung oder Human Resources über Ressourcen bestimmt bzw. Arbeitsanweisungen an Mitarbeiter erteilt. Im konkreten Fall am 26.03.2015 hat ein Betriebsratsmitglied Mitarbeiter einer anderen Abteilung schriftlich angewiesen, Arbeiten von Kollegen zu übernehmen, wenn in einer anderen Abteilung eine vom Betriebsrat initiierte Versammlung stattfinden soll. Dies übersteigt eindeutig die Kompetenzen des Betriebsrats.
21?Wegen Ihrerseits/BR-seitig Interessen besteht, dass die Geschäftsführung oder Human Resources oder ausgewählte Führungskräfte an einer Betriebsversammlung, an einer Abteilungsversammlung oder an einem BR-Meeting teilnehmen sollen, erwarten wir eine rechtzeitige Terminabstimmung mit den genannten Personen mit Angabe von Themen.
22?Wenn der Betriebsrat zukünftig für Betriebsversammlungen Ausstattungsgegenstände, z.B. Sitzbänke zur Verfügung stellen möchte, ist dies vorher schriftlich mit der Geschäftsführung abzustimmen, vor allem wenn dies mit Kosten und der Einbindung von internen Ressourcen verbunden ist.
23Wir fordern Sie dazu auf, die vorstehenden Anordnungen künftig zu beachten. Sollten wir künftig ein weiteres Fehlverhalten Ihrerseits in Ausübung Ihres Betriebsratsamtes feststellen müssen, so behalten wir uns weitere rechtliche Konsequenzen im Sinne des § 23 I BetrVG vor."
24Mit Schreiben vom 23.04.2015 (Blatt 7 der Akte) forderte der Betriebsrat durch seinen Verfahrensbevollmächtigten die Arbeitgeberin auf, die Abmahnung zurückzunehmen.
25Der Betriebsrat meint, der Antrag sei zulässig. Er sei auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichtet. Die erhobenen Vorwürfe seien nicht aufrecht zu erhalten, es sei keine Rechtswirkungen aus dem Schreiben herzuleiten und die Einhaltung der erteilten Verhaltensregeln nicht weiter zu fordern. Er möchte so gestellt werden, als sei die Abmahnung nie ergangen. Das Rechtsschutzinteresse rühre daher, dass die Abmahnung die Arbeitgeberin in die Lage versetze, sich bei einem weiteren möglichen Verstoß darauf berufen zu können, dass dieser nunmehr grob sei. Die Abmahnung sei geeignet, sein Handeln bzw. das seiner Mitglieder zu beeinflussen. Dies könne seine Arbeit im Sinne des § 78 BetrVG behindern. Die Abmahnung sei unbegründet. Es habe niemand sein Arbeitsplatz verlassen. Die möglicherweise inkorrekten Aufforderungen hätten sich jedenfalls nicht ausgewirkt, da die Versammlung nicht stattgefunden habe, was unstrittig ist. Die Arbeitgeberin könne ihm auch keine Verhaltensregeln erteilen, insbesondere keine Ankündigungsfrist auferlegen.
26Der Betriebsrat beantragt,
27der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die auf den 09.04.2014 datierte Abmahnung des Beteiligten zu 1) zurückzunehmen.
28Die Arbeitgeberin beantragt,
29den Antrag zurückzuweisen.
30Sie meint, es sei kein Rechtschutzinteresse zu erkennen. Die Abmahnung sei zulässig. Die Rechtsposition des Betriebsrats werde nicht beeinträchtigt. Er könne seine Handlungsweise nach der eigenen Rechtsauffassung fortsetzen. Sie habe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass nach ihren Vorstellungen die Verhaltensweise des Betriebsrats nicht den gesetzlichen Pflichten entsprochen habe. Sie habe keinerlei Einfluss auf das Mandat des Betriebsrats. Sie könne auch nicht erklären, dass sie keinerlei Rechtswirkung aus dem Schreiben ableite. Aus dem Schreiben seien keine Rechtswirkungen abzuleiten. Der Betriebsrat habe in der Antragsschrift zudem eingestanden, dass es inkorrekte Aufforderungen gegeben habe.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Beteiligtenschriftsätze sowie den gesamten weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
32B.
33Der Antrag ist weder zulässig noch begründet.
34I. Der Antrag ist unzulässig. Er ist nicht hinreichend bestimmt.
351. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, der im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren entsprechend anwendbar ist, muss eine Antragsschrift die bestimmte Angabe des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Bei einem Leistungsantrag, mit den Handlungspflichten des Arbeitgebers ausgesprochen werden sollen, muss die eindeutige Bestimmung des vom Arbeitgeber erwartenden Verhaltens zulassen (BAG, 10.12.2002 - 1 ABR 7/02; Klose, Antragslexikon Arbeitsrecht, 2. Auflage 2015, Systematische Einleitungen in Beschlussverfahren, Randnummer 14;).
36Ein Antrag auf Rücknahme einer Abmahnung ist unzulässig, wenn er nicht vollstreckungsfähig ist. Neben dem Widerruf von unwahren Tatsachenbehauptungen, kann die Rücknahme einer Abmahnung bedeuten, dass der Arbeitgeber seine Meinung ändern und selbst von der Unwahrheit oder fehlenden Berechtigung des Abmahnungsvorwurfs überzeugt sein soll. Niemand kann aber gegen seinen Willen gezwungen werden kann, seine Rechtsauffassung zu ändern (LAG Hamm, 02.08.2002, 10 TaBV 121/01). Widerrufen werden können nur unrichtige Tatsachenbehauptungen.
372. Vor diesem Hintergrund ist der Antrag, die Abmahnung zurückzunehmen, unzulässig. Er ist nicht hinreichend bestimmt. Es ist nicht zu erkennen, welches konkrete Verhalten von der Arbeitgeberin verlangt wird.
38a) Der Betriebsrat hat nach dem Hinweis des Gerichts bezüglich der Bedenken gegen den Antrag darauf ergänzt, dass er die Abgabe einer Willenserklärung verlange. Die Abgabe einer Willenserklärung kann grundsätzlich Gegenstand eines Leistungsantrags sein. Sowohl die fragliche Äußerung als auch der Adressatenkreis so wie die Form sind dann genau zu bezeichnen (vgl. Nübold, Antragslexikon Arbeitsrecht, Widerruf von Erklärungen).
39b) Der Antrag des Betriebsrats wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
40Der Betriebsrat hat mit seinem Schriftsatz vom 04.12.2015 erklärt, er verlange eine Willenserklärung der Arbeitgeberin, mit der diese erkläre, die erhobenen Vorwürfe gegen ihn nicht aufrecht zu erhalten, aus dem Abmahnungsschreiben keine Rechte mehr herzuleiten und die Einhaltung der Abmahnungsschreiben erteilten Verhaltensregeln nicht weiter zu fordern.
41All dies ergibt sich aus dem gestellten Antrag nicht. Aufgrund des Antrags ist nicht zu erkennen, welche konkreten Vorwürfe nicht aufrechterhalten werden sollen. Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Arbeitgeberin erklären soll, aus der Abmahnung keine Rechtswirkung mehr herzuleiten. Und schließlich ist auch nicht zu erkennen, dass die Arbeitgeberin erklären soll, dass sie nicht die Einhaltung der erteilten Verhaltensregeln fordern soll. Der Betriebsrat begehrt offensichtlich nicht nur eine Erklärung, sondern verschiedene Erklärungen. All dies ergibt sich trotz der Hinweise des Gerichts sowohl im Güte- als auch im Kammertermin nicht.
42Der Antrag kann auch nicht entsprechend ausgelegt werden. Die Kammer ist der Auffassung, dass sich der Antrag nicht dahingehend auslegen lässt, dass die Arbeitgeberin drei verschiedene Erklärungen abgeben soll. Zudem ist nicht hinreichend klar, welcher Teil der Abmahnung widerrufen und welcher Teil nicht mehr aufrecht erhalten werden soll. Es wäre u.a. Aufgabe des Betriebsrats gewesen, genau zu benennen, welche Punkte er im Schreiben vom 09.04.2015 als unwahre Tatsachenbehauptung ansieht.
43II. Sofern der Antrag als zulässiger Globalantrag ausgelegt werden sollte, so ist er jedenfalls unbegründet.
441. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Widerruf der Abmahnung vom 09.04.2014, weil eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung an sich unzulässig wäre. Eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung gegenüber dem Betriebsratsgremium ist nicht unzulässig.
45Ausdrücklich ist eine solche betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung gegenüber dem Betriebsratsgremium nicht geregelt.
46a) Bislang wird die Frage der Zulässigkeit einer betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung nur bezüglich einer betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung gegenüber einem bestimmten Betriebsratsmitglied erörtert. Insoweit besteht die Auffassung, dass eine solche betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung gegenüber einem Betriebsratsmitglied unzulässig und entsprechend aus der jeweiligen Personalakte des Betriebsratsmitglieds zu entfernen ist (BAG, 04.12.2013 - 7 ABR 7/12, Randnummer 57; offen gelassen BAG 04.12.2013 - 7 ABR 7/12, Rn. 37 zu § 78 BetrVG; zur Frage der betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung vergleiche auch Schleusener, NZA 2001, Seite 640 ff.) Der einzelne Arbeitnehmer, somit auch das einzelne Betriebsratsmitglied, kann die Entfernung einer unzulässigen Abmahnung entsprechend §§ 242, 1004 Abs. 1 BGB verlangen. Hintergrund ist, dass die Personalakte ein möglichst vollständiges, wahrheitsgemäßes und sorgfältiges Bild über die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse eines Mitarbeiters geben soll. Eine unzulässige Abmahnung soll nicht berufliche Nachteile für den Arbeitnehmer zur Folge haben können. (vgl. etwa BAG 19.07.2012 - 2 AZR 782/11).
47b) Bei einer Abmahnung gegenüber dem Betriebsratsgremium besteht eine andere Sach- und Rechtslage. Es gibt weder eine Personalakte für das Betriebsratsgremium, noch kann die berufliche Entwicklung des Betriebsratsgremiums beeinträchtigt werden. Der Betriebsrat ist die Interessenvertretung der Belegschaft, deren Rechten und Pflichten sich aus dem Gesetz ergeben. Ein Rechtschutzbedürfnis dahingehend, entsprechend §§ 242, 1004 BGB ein Beseitigungsanspruch anzunehmen, besteht vor diesem Hintergrund nicht.
48c) Der Betriebsrat hat auch nicht gemäß § 78 BetrVG Anspruch auf Beseitigung der Abmahnung.
49aa) Der Betriebsrat ist allerdings vom Schutz des § 78 Satz 1 BetrVG erfasst (BAG, 04.12.2013 - 7 ABR 7/12). Diese Vorschrift schützt auch den Betriebsrat als Gremium. Der Begriff der Behinderung in § 78 Satz 1 BetrVG ist umfassend zu verstehen. Er erfasst jede unzulässige Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit (BAG, 04.12.2013 - 7 ABR 7/12).
50bb) Eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung gegenüber dem Gremium ist - jedenfalls im Regelfall - keine Behinderung der Betriebsratsarbeit. Dem Betriebsratsgremium eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung zu erteilen, kann sogar Ausdruck des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG darstellen.
51Gemäß § 23 Abs. 1BetrVG kann der Arbeitgeber bei einer groben Verletzung der gesetzlichen Pflichten beim Arbeitsgericht die Auflösung des Betriebsrats beantragen. Würde man der Auffassung des Betriebsrats folgen, dürfte ein Arbeitgeber Pflichtverletzungen des Betriebsrats nicht rügen oder abmahnen, sondern müsste bei einem (weiteren) Pflichtverstoß unmittelbar zum letzten Mittel, nämlich dem Antrag nach § 23 Abs. 1 BetrVG greifen. Eine vorherige betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung gegenüber dem Betriebsratsgremium stellt vor diesem Hintergrund vielmehr regelmäßig ein geeignetes, milderes Mittel im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar (vgl. Arbeitsgericht Berlin, 10.01.2007 - 76 BV 16593/06; Schleusener, NZR 2001, 640, 642). Der betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung gegenüber dem Betriebsratsgremium kann insofern (wie auch bei anderen Rechtsverhältnissen) die Funktion einer "gelben Karte" vor Erteilung "roten Karte" zukommen. Dies gilt umso mehr, als bei groben Verstößen des Arbeitgebers das Verfahren zweistufig in Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren ausgestaltet ist (vgl. dazu Arbeitsgericht Berlin, 10.01.2007 - 76 BV 16593/06).
522. Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, die Abmahnung vom 09.04.2014 insgesamt i.S. eines Globalantrags zu widerrufen.
53Der Inhalt der Abmahnung vom 09.04.2014 ist nicht insgesamt unzutreffend. Widerrufen werden können grundsätzlich nur Tatsachenbehauptungen (LAG Hamm, 02.08.2002, 10 TaBV 121/01). Eine Meinung, auch eine Rechtsauffassung, ist von Artikel 5 GG geschützt. Im Schreiben vom 09.04.2014 sind nicht nur Tatsachenbehauptungen, die im Übrigen auch nicht vollständig unzutreffend sind, sondern auch Rechtsauffassungen zu finden, die die Arbeitgeberin nicht zu widerrufen braucht.
543. Die Kammer weist daraufhin, dass die Arbeitgeberin selbstverständlich rechtlich nicht in der Lage ist, dem Betriebsrat Weisungen zu erteilen, insbesondere im Gesetz nicht vorgegebene Fristen aufzuerlegen. Hierauf ist die Arbeitgeberin bereits in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden.
554. Nach alle dem ist der Globalantrag, die gesamte Abmahnung zu widerrufen, unbegründet.
56RECHTSMITTELBELEHRUNG
57Gegen diesen Beschluss kann von dem Betriebsrat Beschwerde eingelegt werden.
58Für die Arbeitgeberseite ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
59Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
60Landesarbeitsgericht Düsseldorf
61Ludwig-Erhard-Allee 3.
6240227 Düsseldorf
63Fax: 0211 7770-2199
64eingegangen sein.
65Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
66Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
67Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
681.Rechtsanwälte,
692.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
703.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
71Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
72* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
73Dr. Hamacher