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Ein Vorvertrag, durch den sich der Arbeitnehmer zum Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots auf Verlangen des Arbeitgebers verpflichtet, ist jedenfalls dann zulässig, wenn die dem Arbeitgeber eingeräumte Option auf den Zeitraum bis zum Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer oder bis zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages beschränkt wird.
I.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 13.01.2017, 1 Ca 1510/16, wird zurückgewiesen.
II.Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Karenzentschädigung. Zwischen den Parteien ist streitig, ob zwischen ihnen ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart worden ist.
3Der Kläger war seit dem 15.07.2014 bei der Beklagten, die Server-, Storage- und Netzwerktechnik für Unternehmen anbietet, als Mitarbeiter im Vertrieb in der Niederlassung der Beklagten in H. zu einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von 2.800,00 € beschäftigt. Die Niederlassung in H. hatte die Beklagte im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages eröffnet. Im Arbeitsvertrag vom 11.06.2014 war eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart.
4§ 20 des Arbeitsvertrages lautet wie folgt:
5"§ 20 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot/Vorvertrag
6Der Mitarbeiter erklärt sich bereit, auf Verlangen des Unternehmens ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Dauer von maximal zwei Jahren (aber auch kürzer) zu vereinbaren, das der Anlage 1 zu diesem Vertrag entspricht. Das Verlangen kann gestellt werden, solange der Arbeitsvertrag nicht von einer Vertragspartei gekündigt wurde."
7Dem Arbeitsvertrag war eine Anlage - ebenfalls mit dem Datum vom 11.06.2014 - beigefügt, deren Inhalt wie folgt eingeleitet wird:
8"Anlage 1 zum Arbeitsvertrag der Parteien:
9Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
10zwischen der c. IT GmbH, U.-I.-Str. 13, 26209 I./T.
11(im Folgenden: Firma)
12und
13Herrn U. K., ..
14(im Folgenden: Mitarbeiter)
15wird folgendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart:
161.Dem Mitarbeiter ist untersagt, auf die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung dieses Vertrages in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen tätig zu werden, ..
172.Während der Dauer des Wettbewerbsverbots erhält der Mitarbeiter eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots die Hälfte der von dem Mitarbeiter zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistung beträgt.
18"
19Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages und der Anlage im Einzelnen wird auf Bl. 9 bis 18 der Akte Bezug genommen.
20Beide Parteien haben sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag unterschrieben.
21Gleichzeitig mit dem Kläger stellte die Beklagte die Mitarbeiter C. und I. ein, die einen gleichlautenden Arbeitsvertrag erhielten. Mit diesen Mitarbeitern und dem Kläger wurden Vorgespräche geführt, dessen Inhalt im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist.
22Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund ordentlicher Kündigung der Beklagten vom 15.03.2016 zum 15.04.2016. Während der Kündigungsfrist wurde der Kläger unter Anrechnung auf den Urlaub von der Arbeitsleistung freigestellt. Auf Seite 1 des Schriftsatzes vom 23.10.2017 hat die Beklagte den Vortrag des Klägers, er habe in dem Gespräch bei Übergabe der Kündigung "klar signalisiert, dass er gegebenenfalls auf die Karenzentschädigung bestehen müsse" unstreitig gestellt.
23Mit Email vom 14.04.2016 teilte der Kläger der Beklagten Folgendes mit:
24"Hallo Q.,
25mir fällt gerade ein, dass wir vorhin in unserem Telefonat noch einen offenen Punkt vergessen haben, nämlich das Thema Wettbewerb/Karenzentschädigung.
26In unserem Kündigungsgespräch habe ich Dir schon gesagt, dass ich aufgrund der kurzfristigen Kündigung unter Umständen von der Karenzentschädigung Gebrauch machen muss.
27Was ich hiermit tue. Nach Prüfung des Arbeitsvertrages und der rechtlichen Folgen bei ordentlicher Kündigung durch den Arbeitgeber liegt das Wahlrecht, ob man Wettbewerb machen darf oder die Karenzentschädigung vorzieht, beim Arbeitnehmer.
28Ich bitte dich, dies bei den nächsten Abrechnungen zu berücksichtigen.
29Es laufen momentan einige Bewerbungen, so dass ich sowieso fest davon ausgehe, kurzfristig einen neuen Job zu finden, so dass das Thema Karenzentschädigung wohl nur von kurzer Dauer ist.
30Danke und bis bald"
31Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.05.2016 ließ der Kläger die Beklagte auffordern, eine anteilige Karenzentschädigung für den Zeitraum vom 15.04. bis 15.05.2016 in Höhe von 1.400,00 € brutto unter Fristsetzung bis zum 25.05.2016 zu zahlen.
32Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.05.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Parteien lediglich einen Vorvertrag abgeschlossen hätten. Vorsorglich hat sie die Anfechtung wegen Erklärungsirrtums erklärt.
33Der Kläger hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei durch die Unterzeichnung der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag kein Vorvertrag, sondern ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot für den Zeitraum vom 16.04.2016 bis zum 15.04.2018 vereinbart worden. Die Vereinbarung sei eindeutig und lasse keine Auslegung zu. Auf Seiten der Beklagten sei auch kein anerkennenswertes Interesse gegeben, sich die Entscheidung über den Abschluss eines Wettbewerbsverbotes durch einen Vorvertrag vorzubehalten. Er, der Kläger, sowie die Mitarbeiter C. und I. hätten sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag unterschreiben müssen. Andernfalls hätten sie die Arbeitsstelle nicht erhalten. Selbst wenn es sich bei der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag um einen Vorvertrag handeln sollte, so wäre dieser unverbindlich mit der Folge, dass ihm ein Wahlrecht zustehe, das er gegenüber der Beklagten ausgeübt habe. Er habe daher nach Ziffer 2. der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag einen Anspruch auf eine Karenzentschädigung in Höhe von 1.400,00 € monatlich. Da die Beklagte mit Schreiben vom 17.05.2016 vergeblich aufgefordert worden sei, die für den Zeitraum vom 15.04. bis zum 15.05.2016 fällig gewordene Karenzentschädigung zu zahlen, sei zukünftig nicht zu erwarten, dass die Beklagte ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen werde, so dass auf Seiten des Klägers ein Feststellungsinteresse dahingehend bestehe, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm eine Karenzentschädigung zu zahlen. Die Anfechtungserklärung der Beklagten sei unerheblich, da die Beklagte sich nicht in einem Irrtum befunden habe.
34Der Kläger hat beantragt,
351.die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 700,00 € seit dem 30.04.2016 sowie aus jeweils 1.400,00 € seit dem 31.05., 30.06., 31.07., 31.08., 30.09., 31.10., 30.11. sowie 31.12.2016 zu zahlen;
362.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm über den 01.07.2016 hinaus bis zum 31.03.2018 jeweils zum Monatsende eine Karenzentschädigung in Höhe von 1.400,00 € sowie für den Zeitraum vom 01.04. bis 15.04.2018 eine solche in Höhe von 700,00 € zu zahlen.
37Die Beklagte hat beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Sie hat behauptet, in den Vorgesprächen zum Vertragsabschluss mit allen drei neu eingestellten Mitarbeitern, so auch mit dem Kläger, sei ausdrücklich auch das Thema "nachvertragliches Wettbewerbsverbot" erörtert und dabei erläutert worden, dass es sich hinsichtlich des Wettbewerbsverbotes nur um einen Vorvertrag handele, was sich auch bereits aus dem Wortlaut des § 20 des Arbeitsvertrages ergebe. Der Vorvertrag sei in der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag ausformuliert worden, damit exakt habe bestimmt werden können, welchen Inhalt ein Wettbewerbsverbot auf Verlangen der Beklagten haben würde. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages habe im Hinblick auf die vereinbarte Probezeit und die Neueröffnung der Niederlassung in H. gerade noch kein verbindliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden sollen. Sie, die Beklagte, habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages noch nicht gewusst, ob es mit dem Kläger eine erfolgreiche Zusammenarbeit geben werde und es überhaupt ihren Interessen widersprechen würde, wenn der Kläger nachvertraglich für einen Wettbewerber arbeiten würde. Da das Recht, den Abschluss des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zu verlangen, ausdrücklich auf einen Zeitpunkt beschränkt worden sei, zu dem das Arbeitsverhältnis noch nicht von einer der Parteien gekündigt worden sei, habe der Kläger auch nicht befürchten müssen, nach Ausspruch einer Kündigung von der Beklagten für eine Konkurrenztätigkeit gesperrt zu werden. Da sie, die Beklagte, den aufgrund des Vorvertrages bestehenden Anspruch auf Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nicht geltend gemacht habe, bestehe kein Anspruch des Klägers auf die eingeklagte Karenzentschädigung. Die Anfechtung wegen Erklärungsirrtums sei rein vorsorglich erfolgt.
40Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Parteien hätten kein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart, sondern einen Vorvertrag über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot abgeschlossen. Die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag bilde keine eigenständige und vom Arbeitsvertrag unabhängige Vereinbarung. Sie bezeichne vielmehr nur den Inhalt der Wettbewerbsabrede für den Fall, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vom Arbeitgeber verlangt worden wäre. Die Unterschrift unter der Anlage 1 sei Voraussetzung für einen wirksamen Vorvertrag über ein optionales nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Da nach § 20 die dem Arbeitgeber eingeräumte Option ausdrücklich bis zum Ausspruch einer Kündigung beschränkt worden sei, seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Option des Arbeitgebers eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Klägers darstellen könnte. Wegen des Inhalts der Entscheidungsgründe im Einzelnen wird auf S. 4 bis 6 des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
41Gegen das ihm am 02.02.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 28.02.2017 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 03.05.2017 mit einem am 03.05.2017 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
42Mit seiner Berufung rügt der Kläger, das Arbeitsgericht sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien lediglich ein Vorvertrag abgeschlossen worden sei. Die von beiden Parteien gelei steten Unterschriften unter der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag brächten zum Ausdruck, dass damit bereits der Hauptvertrag abgeschlossen worden sei. Die Anlage trage zudem nicht die Überschrift "Vorvertrag", sondern "nachvertragliches Wettbewerbsverbot". Entgegen der Behauptung der Beklagten sei er im Rahmen des Vertragsschlusses nicht darauf hingewiesen worden, dass es sich bei der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag lediglich um einen Vorvertrag habe handeln sollen. Wäre dies der Fall gewesen, widerspräche es jeder Logik, die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Selbst wenn es sich nur um einen Vorvertrag handeln würde, wäre dieser analog § 74a Abs. 1 S. 1 HGB unverbindlich. In diesem Fall stünden ihm diejenigen Ansprüche zu, die er bei Ausübung der Option durch die Beklagte hätte. Er habe der Beklagten bereits im Rahmen des Kündigungsgespräches mitgeteilt, dass er möglicherweise von einer Karenzentschädigung Gebrauch machen müsse, weil er nicht sicher gewesen sei, ob er in der auslaufenden Kündigungsfrist eine neue Stelle finden würde. Er habe aber klar signalisiert, dass er ggf. auf der Karenzentschädigung bestehen müsse. Dies habe er sodann durch die Email vom 14.04.2016 getan. Er habe sich damit zu Beginn der Karenzzeit endgültig entschieden. In der Folgezeit habe er sich nur außerhalb der "verbotenen" Branche beworben. Er habe sodann am 10.08.2016 einen auf die Zeit vom 15.08.2016 bis 14.08.2017 befristeten Arbeitsvertrag in einem Lebensmittelgroßhandel zu einem Gehalt in Höhe von 2.900,00 € brutto erhalten. Dieses Arbeitsverhältnis sei innerhalb der Probezeit zum 14.12.2016 gekündigt worden. In der übrigen Zeit sei er arbeitslos gewesen. Auf S. 4 des Schriftsatzes vom 21.09.2017 hat der Kläger sodann die ihm anteilig zustehende Karenzentschädigung berechnet. Insoweit wird auf Bl. 237 der Akte Bezug genommen.
43Der Kläger beantragt zuletzt, das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 13.01.2017, 1 Ca 1510/16, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
441.an ihn 18.220,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 700,00 € seit dem 30.04.2016, aus jeweils 1.400,00 € seit dem 31.05., 30.06. und 31.07.2016, aus 790,00 € seit dem 31.08.2016, aus jeweils 180,00 € seit dem 30.09., 31.10. und 30.11.2016, aus 790,00 € seit dem 31.12.2016 sowie aus jeweils 1.400,00 € seit dem 31.01., 28.02., 31.03., 30.04., 31.05., 30.06., 31.07. und 31.08.2017 zu zahlen;
452.festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm über den 01.09.2017 hinaus bis zum 31.03.2018 jeweils zum Monatsende eine Karenzentschädigung in Höhe von 1.400,00 € sowie für die Zeit vom 01.04. bis zum 15.04.2018 eine solche in Höhe von 700,00 € zu zahlen.
46Die Beklagte beantragt,
47die Berufung zurückzuweisen.
48Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und weist ergänzend darauf hin, dass der Vorvertrag entgegen der Auffassung des Klägers nicht unverbindlich sei, denn sie, die Beklagte, habe gemäß § 20 des Arbeitsvertrages das Verlangen auf Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nur bis zu einem Zeitpunkt vor Ausspruch einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch eine der Parteien stellen können. Nach Zugang einer Kündigung habe ihr kein Wahlrecht mehr zugestanden. Eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Klägers sei aufgrund der zeitlichen Begrenzung des Ausübungsrechts nicht ersichtlich. Der Kläger sei zudem als Vertriebsmitarbeiter mit unmittelbarem Kontakt zu den Kunden eingestellt worden. Die Beklagte habe nicht einschätzen können, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zum Schutz ihrer Geschäftsinteressen und Kundenbeziehungen im Bereich der IT-Server-, Storage- und Netzwerklösungen und beim Vertrieb von IT-Hardwareprodukten erforderlich sein würde. Selbst wenn eine unverbindliche Abrede vorläge, stünden dem Kläger keinerlei Ansprüche zu, weil er keine endgültige und den gesamten Karenzzeitraum umfassende Entscheidung getroffen habe. Eine derartige Erklärung liege entgegen der Auffassung des Klägers nicht in seiner Email vom 14.04.2016. Aus dieser Erklärung ergebe sich lediglich, dass der Kläger sich nur solange an ein Wettbewerbsverbot habe binden wollen, wie er die Karenzentschädigung benötigte, also bis zum Eingehen eines neuen Arbeitsverhältnisses. Die Freistellung während der Kündigungsfrist sei nicht zum Schutz der Kundenbeziehungen geschehen, sondern zur Erfüllung von Urlaubsansprüchen. Außerdem habe sie die Erfahrung gemacht, dass mit Ausspruch der Kündigung jegliche Motivation bei einem Mitarbeiter verfliege, so dass sie regelmäßig bei Kündigung auch eine Freistellung erkläre. Dass der Kläger sich ausschließlich außerhalb des "verbotenen Bereichs" beworben und nur in der vom Kläger angegebenen Zeit gearbeitet habe, bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen.
49Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schrift-sätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.
50Entscheidungsgründe:
51I.
52Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.
53II.
54Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, die Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern.
55Dem Kläger steht die geltend gemachte Karenzentschädigung nicht zu. Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Parteien kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot abgeschlossen, sondern den in § 20 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit der Anlage zum Arbeitsvertrag vorgesehenen Vorvertrag. Der Vorvertrag ist wirksam und daher nicht unverbindlich, so dass dem Kläger kein Wahlrecht zusteht, sich des Wettbewerbs zu enthalten und die Karenzentschädigung anzunehmen oder Wettbewerb zu betreiben. Selbst wenn der Vorvertrag unverbindlich wäre, stünde dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil er sich nicht in der erforderlichen Endgültigkeit für das Wettbewerbsverbot entschieden hat.
561.
57Der Feststellungsantrag ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO grundsätzlich zulässig. Der Kläger begehrt die Feststellung der Zahlungspflicht für die restliche Dauer des Wettbewerbsverbots und damit die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses. Das Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Beklagte eine Zahlung ablehnt. Der Kläger kann schon deswegen nicht vorrangig auf die Leistungsklage verwiesen werden, weil die Ansprüche jedenfalls zum Teil erst nach der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2018 fällig wurden (vgl. BAG, Urteil vom 18.03.1997, 9 AZR 84/96, zitiert nach juris) und zudem von einem künftigen anderweitigen Erwerb abhängen. Zu ergänzen wäre der Antrag allerdings um die Einschränkung "unter Anrechnung anderweitigen Erwerbs gemäß § 74c HGB" (vgl. BAG, Urteil vom 14.10.2017, 10 AZR 291/09, zitiert nach juris, zu einem vergleichbaren Feststellungsantrag).
582.
59Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ist die Klage hinsichtlich beider Anträge allerdings unbegründet.
60Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf ein vertragliches Wettbewerbsverbot i.V.m. § 74 HGB stützen, denn die Parteien haben kein Wettbewerbsverbot vereinbart, sondern einen Vorvertrag abgeschlossen.
61Gemäß § 110 S. 1 GewO können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vereinbarung beschränken (Wettbewerbsverbot). Die §§ 74 bis 75f HGB sind entsprechend anzuwenden (§ 110 S. 2 GewO). Das Wettbewerbsverbot ist ein gegenseitiger Vertrag und wird durch Angebot und Annahme (§§ 145 ff BGB) begründet. Unerheblich ist, ob das Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag oder in einer gesonderten Vereinbarung enthalten ist. Die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots muss so eindeutig formuliert sein, dass aus Sicht des Arbeitnehmers kein vernünftiger Zweifel über den Anspruch auf Karenzentschädigung bestehen kann (vgl. BAG, Urteil vom 22.03.2017, 10 AZR 448/15, zitiert nach juris).
62Ein Vorvertrag, durch den sich ein Arbeitnehmer verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers eine bestimmte Wettbewerbsvereinbarung zu schließen, ist aufgrund der Vertragsfreiheit auch bei Wettbewerbsverboten im Grundsatz zulässig (vgl. BAG, Urteil vom 14.10.2017, 10 AZR 291/09, zitiert nach juris).
63Vorliegend haben die Parteien einen Vorvertrag abgeschlossen.
64Bei der Beurteilung der Rechtsqualität der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung ist von § 20 des Arbeitsvertrages auszugehen, der die Überschrift "Nachvertragliches Wettbewerbsverbot/Vorvertrag" trägt. Nach diesem Paragrafen hat der Kläger sich bereit erklärt, auf Verlangen der Beklagten ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Dauer von maximal zwei Jahren zu vereinbaren, das der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag entspricht. Da die Anlage 1 des Arbeitsvertrages nicht ausdrücklich als Vorvertrag bezeichnet ist, ist deren Rechtsqualität durch Auslegung zu ermitteln.
65Bei der Auslegung ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind, und die eine Partei, der Verwender, der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Arbeitsvertrages stellt. Die Verwendung von vorformulierten Arbeitsverträgen durch den Arbeitgeber ist der Regelfall. Sie ergibt sich vorliegend auch aus dem äußeren Erscheinungsbild und dem Inhalt typisierter Bedingungen. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien sind zudem dem Kläger und zumindest zwei weiteren Mitarbeitern gleichlautende, von der Beklagten vorgegebene Vereinbarungen vorgelegt worden. Mit Beschluss vom 07.09.2017 sind die Parteien darauf hingewiesen worden, dass die Berufungskammer davon ausgeht, dass es sich bei den Regelungen im Arbeitsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Die Parteien haben dieser rechtlichen Beurteilung nicht widersprochen, so dass davon auszugehen ist, dass es sich bei den Regelungen im Arbeitsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.
66Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG, Urteil vom 25.08.2010, 10 AZR 275/09 - Rn. 19, zitiert nach juris). Die Unklarheitenregel greift ein, wenn die objektive Auslegung zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis führt. Ergibt sich die Unklarheit hingegen aus mehrere Klauseln, ist § 305c Abs. 2 BGB unanwendbar und es greift das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
67Unter Berücksichtigung dieser Grundsätzen sind die zwischen den Parteien getroffenen Regelungen bezüglich eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes weder unklar (§ 305c Abs. 2 BGB) noch liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) vor.
68§ 20 des Arbeitsvertrages ist bereits nach seinem Wortlaut eindeutig und klar. Der Kläger hat sich nach § 20 verpflichtet, auf Verlangen der Beklagten ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, das inhaltlich der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag "entspricht". Ausgehend von diesem Wortlaut hat der Kläger sich mithin dazu verpflichtet - eventuell, nämlich erst auf Verlangen der Beklagten - zu einem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft ein der Anlage 1 entsprechendes Wettbewerbsverbot mit der Beklagten abzuschließen. Damit hat der Kläger sich dazu verpflichtet, einen Vorvertrag über den Abschluss eines durch die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag inhaltlich bestimmten Wettbewerbsverbotes mit der Beklagten abzuschließen. Dieses Verständnis des § 20 haben die Parteien auch nicht in Frage gestellt.
69§ 20 des Arbeitsvertrages ist damit nicht unklar.
70§ 20 des Arbeitsvertrages und die Anlage 1 zum Arbeitsvertrag führen auch nicht zu einer Unklarheit, die einen Verstoß gegen das Transparenzgebot darstellen könnte. § 20 des Arbeitsvertrags war von den Parteien ersichtlich und für den Kläger erkennbar nicht als isolierte Verpflichtung, sondern in Verbindung mit der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag gewollt.
71Der Arbeitsvertrag und die Anlage 1 sind vom selben Datum und die Anlage ist - wie in § 20 des Arbeitsvertrages vorgesehen - ausdrücklich als "Anlage 1 zum Arbeitsvertrag" überschrieben. Durch die identische Wortwahl wird der Bezug zu § 20 des Arbeitsvertrages deutlich. Nach § 20 hat sich der Kläger - wie bereits ausgeführt - dazu verpflichtet, auf Verlangen ein Wettbewerbsverbot "zu vereinbaren", das der "Anlage 1 zu diesem Vertrag entspricht". Der Formulierung "entsprechen" kommt im vorliegenden Zusammenhang die Bedeutung "übereinstimmen" zu, das heißt, dass eine Wettbewerbsabrede mit dem in der Anlage 1 zum Vertrag festgelegten Inhalt abgeschlossen werden sollte, sobald die Beklagte ein entsprechendes Verlangen stellt. Die Anlage 1 ist damit in Verbindung mit § 20 des Arbeitsvertrages sozusagen die Vorlage für ein zukünftig abzuschließendes Wettbewerbsverbot. Für dieses Verständnis spricht auch die Überschrift des § 20, die lautet "Nachträgliches Wettbewerbsverbot/Vorvertrag". Unter dieser Überschrift haben die Parteien - wie ausgeführt - vereinbart, dass die Anlage 1 der Vorvertrag für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sein soll.
72Eine Unklarheit oder Widersprüchlichkeit der Vereinbarungen ist damit nicht festzustellen. Diesem Ergebnis würde sicher auch der Kläger nicht widersprechen, wenn in § 20 statt "ein Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, das der Anlage 1 zu diesem Vertrag entspricht" formuliert wäre " das dem als Anlage 1 zu diesem Vertrag beigefügtem Vorvertrag entspricht." Dass der Zusatz "Vorvertrag" fehlt, ändert nichts daran, dass es sich nach den Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders bei der Anlage 1 um die in § 20 vereinbarte Anlage und damit um den vereinbarten Vorvertrag handelt.
73Danach liegt auch keine Intransparenz vor mit der Folge, dass es sich nach objektiver Auslegung bei der Anlage 1, die die Parteien unterzeichnet haben, um einen Vorvertrag handelt.
74Gestützt wird die vorstehend dargelegte Auffassung durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.07.2010, 10 AZR 291/09, in der dem dortigen Arbeitsvertrag eine - nicht unterschriebene - Anlage mit der Überschrift "Wettbewerbsverbot" angefügt war, auf die im Text des dort zu beurteilenden Arbeitsvertrages unter § 10 Abs. 4 Bezug genommen worden war (Rn. 3 - 5 der zitierten Entscheidung). Das Bundesarbeitsgericht hatte keine Bedenken, die nicht ausdrücklich als Vorvertrag bezeichnete Anlage als einen Vorvertrag anzusehen, obwohl auch der dortigen Anlage kein Hinweis darauf zu entnehmen war, dass es sich um einen Vorvertrag handeln sollte. Dabei ist unerheblich, dass in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall beide Parteien übereinstimmend die Auslegung vertraten, es sei ein Vorvertrag zustande gekommen, denn bei dieser Einschätzung der Parteien handelt es sich um eine Erklärung über Rechtstatsachen. Die Rechtsprechung stellt tatsächlichen Umständen (§ 138 Abs. 1 ZPO) Tatsachen in ihrer juristischen Einkleidung gleich, wenn dies durch einen einfachen Rechtsbegriff geschieht, der jedem Teilnehmer des Rechtsverkehrs geläufig ist. Nur unter diesen Voraussetzungen können Tatsachen von den Parteien auch als Erklärungen über Rechtstatsachen in das Verfahren eingeführt werden (vgl. BAG, Urteil vom 16.10.2010, 6 AZR 487/09, m.w.N., zitiert nach juris). Ob der Begriff "Vorvertrag" eine solche Geläufigkeit für sich in Anspruch nehmen kann, ist zumindest zweifelhaft. Jedenfalls hat das Bundesarbeitsgericht weitere Ausführungen dazu offensichtlich für erforderlich gehalten und hat darauf hingewiesen, dass der Kläger im dortigen Verfahren nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung bindend verpflichtet werden sollte, eine Wettbewerbsabrede mit feststehendem Inhalt abzuschließen, wenn die Beklagte dies verlangte. Der einzige Unterschied zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts besteht darin, dass die Anlage im vorliegenden Verfahren unterschrieben worden ist. Allein daraus durfte der Kläger jedoch nicht schließen, dass er nun nicht den in § 20 des Arbeitsvertrages vorgesehenen Vorvertrag, sondern bereits die Wettbewerbsabrede unterschrieb, denn er hat - wie bereits ausgeführt - nicht ein "Nachvertragliches Wettbewerbsverbot", sondern die "Anlage 1 zum Arbeitsvertrag der Parteien" - mithin den Vorvertrag - unterschrieben.
75Nach dem Vortrag des Klägers kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte den zweiten Regelungsgegenstand des § 20 des Arbeitsvertrages, nämlich den Abschluss des Wettbewerbsverbotes zu verlangen, ausgeübt haben soll. Der Kläger hat selbst nicht behauptet, dass die Beklagte ausdrücklich erklärt hat, sie verlange bereits den Abschluss des Wettbewerbsverbotes. Der Kläger stützt sich insoweit lediglich darauf, dass er die Anlage zum Arbeitsvertrag unterschreiben musste. Die Aufforderung der Beklagten, die Anlage zu unterschreiben, kann allerdings nicht ohne weiteres als Verlangen auf Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots verstanden werden. Dass die Anlage unterzeichnet werden sollte, ist dem Umstand geschuldet, dass auch der Vorvertrag der Schriftform bedarf (vgl. BAG, Urteil vom 14.07.2010, 10 AZR 291/09, zitiert nach juris). Woraus sich darüber hinaus ergeben soll, dass die Beklagte ihr Verlangen auf Abschluss des Wettbewerbverbotes ausgeübt hat, und nicht nur die Unterzeichnung des Vorvertrages verlangte, ist nach dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich. Obwohl die Berufungskammer darauf mit Beschluss vom 07.09.2017 hingewiesen hat, hat der Kläger nicht weiter konkretisiert, woraus sich ergeben soll, dass die Beklagte nicht nur die Unterzeichnung des Vorvertrages, sondern bereits die Unterzeichnung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes verlangt haben soll.
76Schließlich ist der Kläger offensichtlich selber davon ausgegangen, dass kein Wettbewerbsverbot vereinbart worden ist, denn in seiner Email vom 14.04.2016 hat er der Beklagten mitgeteilt, dass er "unter Umständen von der Karenzentschädigung Gebrauch machen muss" und ihm ein "Wahlrecht" zustehe. Das ist nicht ohne weiteres vereinbar mit der Behauptung, es sei nach seinem Empfängerhorizont bereits zeitgleich mit dem Arbeitsvertrag ein wirksames Wettbewerbsverbot abgeschlossen worden.
77Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen hat die Beklagte dem Kläger in § 20 des Arbeitsvertrages i.V.m. der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag den Abschluss eines Vorvertrages angeboten, den der Kläger durch Unterzeichnung des Arbeitsvertrages und des Vorvertrages angenommen hat. Die Parteien haben somit nach Auffassung der Berufungskammer einen dem Formgebot und den Bestimmtheitsanforderungen genügenden Vorvertrag über den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes vereinbart.
783.
79Aus dem Vorvertrag kann der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung herleiten, weil der zwischen den Parteien abgeschlossene Vorvertrag über die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nach Auffassung des Berufungsgerichts verbindlich ist, die Beklagte den Abschluss eines Wettbewerbsverbots nicht verlangt hat und dem Kläger damit kein Wahlrecht zugestanden hat, sich des Wettbewerbs zu enthalten und die Karenzentschädigung anzunehmen oder Wettbewerb zu betreiben.
80Ein Vorvertrag, durch den sich ein Arbeitnehmer verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers eine bestimmte Wettbewerbsvereinbarung zu schließen, ist - wie bereits ausgeführt - nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch bei Wettbewerbsverboten im Grundsatz zulässig. Es kann insoweit ein berechtigtes Interesse bestehen, zum Beispiel wenn bei Abschluss des Arbeitsvertrages die künftige Entwicklung des Mitarbeiters, die Weiterentwicklung der schutzwerten wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers oder dessen finanzielle Belastbarkeit nicht hinreichend absehbar sind. Deshalb wird auch die einseitige Verpflichtung des Arbeitnehmers, auf Verlangen des Arbeitgebers zu einem späteren Zeitpunkt ein Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, nicht von vornherein als unzulässig angesehen (Bauer/Diller Rn. 318 mit Nachweisen auch für die Gegenmeinung). Andererseits ist der Arbeitnehmer einer erheblichen Unsicherheit ausgesetzt, wenn er nicht weiß, ob er im Anschluss an das Arbeitsverhältnis eine Konkurrenztätigkeit aufnehmen darf. Im rechtswissenschaftlichen Schrifttum wird angenommen, dass ein Vorvertrag, durch den sich der Arbeitnehmer zum Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots auf Verlangen des Arbeitgebers verpflichtet, jedenfalls dann unzulässig ist, wenn die dem Arbeitgeber eingeräumte Option nicht auf den Zeitraum bis zum Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer oder bis zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags beschränkt wird (vgl. BAG, Urteil vom 14.10.2017, 10 AZR 291/09 unter Hinweis auf: Schaub/Schaub ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 58 Rn. 47; Küttner/Reinecke Personalbuch 2010 Wettbewerbsverbot Rn. 16; Bauer/Diller Rn. 318, 320; Buchner C 214 ff.; derselbe in AR-Blattei-SD Stand Dezember 2007 1830.3 Rn. 187 f.; Grüll/Janert Die Konkurrenzklausel 5. Aufl. S. 19; Hiekel in Tschöpe Arbeitsrecht 6. Aufl. Teil 2 F Rn. 18).
81Ob - und ggf. unter welchen Voraussetzungen - eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers auch dann vorliegen kann, wenn die Option des Arbeitgebers - wie vorliegend - auf den Zeitraum bis zum Ausspruch einer Kündigung durch eine der Parteien beschränkt ist, hat das Bundesarbeitsgericht in der vorbezeichneten Entscheidung ausdrücklich offen gelassen.
82Einen unverbindlichen Vorvertrag hat das Bundesarbeitsgericht in einem Fall angenommen, in dem der Arbeitgeber sich vorbehalten hatte, von dem Vorvertrag noch Gebrauch machen zu können, wenn eine der beiden Seiten bereits eine Kündigung ausgesprochen hat (vgl. BAG, Urteil vom 18.04.1969, 3 AZR 154/68, zitiert nach juris). Zur Begründung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass es in einem Fall, in dem es in das Belieben des Arbeitgebers gestellt sein soll, ob er auf Grund des Vorvertrages von dem Arbeitnehmer die Eingehung einer Wettbewerbsvereinbarung verlangt oder nicht, für den Arbeitnehmer bis zur Auflösung des alten Arbeitsverhältnisses ungewiss bleibe, ob ihm künftig bei seinem neuen Arbeitgeber eine den bisherigen Arbeitgeber treffende Wettbewerbstätigkeit verboten sei oder ob er bei seiner Arbeitsplatzwahl keinen Beschränkungen unterliege. Bei einer solchen Ungewissheit könnten, falls derartige Absprachen gültig wären, für den Arbeitnehmer Konfliktsituationen entstehen, die der bisherige Arbeitgeber ihm billigerweise nicht zumuten dürfe: Würde der Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz wählen, auf dem er seinem bisherigen Arbeitgeber Konkurrenz mache, müsse er damit rechnen, dass der alte Arbeitgeber unter Berufung auf den Vorvertrag von ihm den Abschluss eines Wettbewerbsverbots verlange. Schlösse er das Wettbewerbsverbot ab, dürfe er seinen neuen Arbeitsvertrag nicht erfüllen; er müsste ihn entweder auflösen oder - unter Umständen mit Schadenersatzfolgen - brechen. Würde er das von ihm auf Grund des Vorvertrags geforderte Wettbewerbsverbot nicht abschließen oder würde er seine neue Wettbewerbstätigkeit nicht unterlassen, dann würde ihn der alte Arbeitgeber auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch nehmen. Das alles wäre eine regelrechte "Zwickmühle". Derartige Behinderungen und Ungewissheiten bei der künftigen Arbeitsplatzwahl würden in der heutigen Zeit als unsozial empfunden und enthielten eine unbillige und daher unverbindliche Fortkommensbeschwer. Hinzu komme, dass der Vorvertrag im Falle seiner Gültigkeit es dem Arbeitgeber mühelos gestatten würde, sich der Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung zu entziehen.
83Diese Ausführungen, denen uneingeschränkt zuzustimmen ist, greifen für den vorliegenden Fall allerdings nicht. Die Möglichkeit, den Abschluss eines Wettbewerbsverbots zu verlangen, ist für die Beklagte beschränkt auf den Zeitraum, in dem das Arbeitsverhältnis ungekündigt besteht. Sobald von einer der Parteien eine Kündigung ausgesprochen ist, entfällt diese Option. Damit ist es dem Arbeitgeber nicht möglich - wie in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall - sich nach Belieben der Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung zu entziehen oder - so er sich vor der Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers bei dessen neuem Arbeitgeber "fürchtet" - den Arbeitnehmer mit einem Wettbewerbsverbot zu belegen und die neu angestrebte Tätigkeit zu verhindern. Das heißt, der Arbeitnehmer kann sich während des bestehenden Arbeitsverhältnisses uneingeschränkt auch bei Konkurrenzunternehmen bewerben. Kündigt er sodann das Arbeitsverhältnis, weil er bei einem Konkurrenten eine Stelle antreten will, kann der bisherige Arbeitgeber das nicht durch das Verlangen des Abschlusses eines Wettbewerbsverbots verhindern. Der Arbeitnehmer ist damit - von nach § 242 BGB zu lösenden Missbrauchsfällen abgesehen - keiner unbilligen Erschwernis seines Fortkommens ausgesetzt. Demgegenüber kann auf Seiten des Arbeitgebers ein berechtigtes geschäftliches Interesse bestehen, sich die Möglichkeit der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots durch Abschluss eines Vorvertrags vorzubehalten. So hatte die Beklagte vorliegend die Niederlassung in H. in etwa zeitgleich mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Kläger eröffnet. Wie sich die Niederlassung und die Zusammenarbeit mit dem Kläger entwickeln wird, war bei Vertragsschluss nicht abzusehen. Insbesondere war nicht vorherzusehen, ob aufgrund der beruflichen Entwicklung des Klägers und der Entwicklung der neuen Niederlassung ggf. ein Wettbewerbsverbot als Schutz vor Einbruch des ausgeschiedenen Mitarbeiters in Kunden- oder Lieferantenkreise erforderlich werden könnte. Schließlich war der Kläger als Vertriebsmitarbeiter eingestellt worden. Einem Vertriebsmitarbeiter sind die Preisstrukturen, die Kunden- und Lieferantennamen sowie Informationen darüber bekannt, welcher Kunde welche Artikel zu welchem Preis kauft. In einem derartigen Fall ist ein anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers gegeben, sich durch Abschluss eines Vorvertrages die Möglichkeit zu erhalten, den Arbeitnehmer - je nach Entwicklung des Geschäfts und der beruflichen Beziehung zum Arbeitnehmer - zum Schutz der wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers zum Abschluss eines Wettbewerbsverbots zu verpflichten. Da der Arbeitgeber sich während des ungekündigten Bestandes des Arbeitsverhältnisses entschließen muss, ob er die Option auf Abschluss eines Wettbewerbsverbots wahrnimmt, sind die Interessen des Arbeitnehmers, in seinem beruflichen Fortkommen nicht unbillig behindert zu werden, hinreichend gewahrt. Andernfalls wäre die Frage zu stellen, unter welchen Voraussetzungen ein Vorvertrag über den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots überhaupt zulässig sein könnte. Das Setzen einer zeitlichen Grenze - ein, zwei oder drei Jahre? - erscheint nicht sachgerecht, da die berufliche Entwicklung eines Arbeitnehmers sich auch nach einem längeren Zeitraum ändern kann. Die Formulierung abstrakter Voraussetzungen, unter denen der Abschluss eines Wettbewerbsverbots verlangt werden kann, zum Beispiel im Falle einer Beförderung, dürfte angesichts des für den Vorvertrag geltenden Bestimmtheitserfordernisses nicht mit der erforderlichen rechtlichen Verlässlichkeit für alle denkbaren Gegebenheiten möglich sein. Es erscheint der Berufungskammer daher sinnvoll, in Übereinstimmung mit der überwiegenden Meinung in der Literatur einen Vorvertrag als verbindlich anzusehen, der das Recht, den Abschluss eines Wettbewerbsverbots zu verlangen, auf den Zeitraum vor Ausspruch einer Kündigung begrenzt.
84Etwaig denkbare Missbrauchsfälle sind sodann nach dem Rechtsgedanken des § 242 BGB zu regeln.
85Danach haben die Parteien nach Auffassung der Berufungskammer einen verbindlichen Vorvertrag abgeschlossen.
864.
87Selbst wenn der Vorvertrag als unverbindlich zu beurteilen wäre, stünde dem Kläger kein Anspruch auf eine Karenzentschädigung zu, weil der Kläger sein Wahlrecht nach Auffassung der Berufungskammer nicht in der erforderlichen Eindeutigkeit ausgeübt hat.
88Der Anspruch auf Karenzentschädigung bei einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot setzt voraus, dass der Arbeitnehmer sich zu Beginn der Karenzzeit für die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes entscheidet. Seine Entscheidung muss endgültig sein und den gesamten Karenzzeitraum umfassen (BAG 22. Mai 1990 - 3 AZR 647/88 - zu I 2 c der Gründe, AP HGB § 74 Nr. 60 = EzA HGB § 74 Nr. 53). Mit der Wettbewerbsenthaltung entsteht der Anspruch auf die Entschädigung. Das Bundesarbeitsgericht hat die Entbehrlichkeit einer besonderen Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber mit dem Schutz des Arbeitnehmers begründet, der auf die Verbindlichkeit eines in Wahrheit unverbindlichen Wettbewerbsverbots vertraue und sich des Wettbewerbs enthalte.
89Bei einem unverbindlichen Vorvertrag kann der Arbeitnehmer allerdings nicht in gleicher Weise auf die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots vertrauen. Solange der Arbeitgeber den Abschluss des Wettbewerbsverbots nicht verlangt hat, besteht zwar eine Unsicherheit, ob das Verlangen noch gestellt werden wird, ggf. auch, ob es überhaupt noch wirksam gestellt werden kann. Der Arbeitnehmer darf aber ohne jede Erklärung des Arbeitgebers kaum davon ausgehen, er müsse sich bereits jetzt des Wettbewerbs enthalten. Der Arbeitgeber wird anders als in den gesetzlich geregelten Fällen des unverbindlichen Wettbewerbsverbots regelmäßig keine Veranlassung haben, den Arbeitnehmer entsprechend § 264 Abs. 2 S. 1 BGB zur Vornahme der Wahl aufzufordern. Das spricht dafür, bei einem unverbindlichen Vorvertrag auf Abschluss des Wettbewerbsverbots eine rechtzeitige Erklärung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber darüber zu verlangen, wie er sich verhalten werde und in welcher Weise er sein Wahlrecht ausüben wolle (so BAG, Urteil vom 14.07.2010, 10 AZR 291/09, zitiert nach juris). Das Bundesarbeitsgericht hat offen gelassen, ob - und ggf. in welcher Weise - der Mitarbeiter in einem derartigen Fall seine Wahl dem Arbeitgeber mitteilen muss oder nicht.
90Vorliegend hat der Kläger sich gegenüber der Beklagten zwar geäußert. Nach Auffassung der Berufungskammer hat er jedoch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit klargestellt, dass er sich uneingeschränkt für die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes für den gesamten Zeitraum der Geltung des Wettbewerbsverbotes entschieden hat.
91In dem Gespräch bei Übergabe der Kündigung hat der Kläger sich nach seinem eigenen Vortrag, den die Beklagte unstreitig gestellt hat, nicht eindeutig festgelegt, denn er hat lediglich geäußert, dass er möglicherweise von der Karenzentschädigung Gebrauch machen müsse.
92Auch in der Email des Klägers vom 14.04.2016 ist keine eindeutige Erklärung des Klägers enthalten, dass er sich für den gesamten Karenzzeitraum des Wettbewerbs enthalten wird. Der Kläger hat zwar erklärt, dass er "von der Karenzentschädigung Gebrauch machen muss". Er hat aber gleichzeitig hinzugefügt, dass einige Bewerbungen laufen, so dass er fest davon ausgehe, kurzfristig einen neuen Job zu finden, so dass das Thema Karenzentschädigung wohl nur von kurzer Dauer sei. Dieser Erklärung ist gerade nicht zu entnehmen, dass er beabsichtigt, sich des Wettbewerbs für die Dauer von zwei Jahren zu enthalten. Nach Auffassung der Berufungskammer wäre es erforderlich gewesen, dass der Kläger die eindeutige Erklärung abgibt, sich während des Karenzzeitraums des Wettbewerbs zu enthalten.
93Die Berufung des Klägers war danach zurückzuweisen.
94III.
95Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger aufzugeben.
96IV.
97Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
98RECHTSMITTELBELEHRUNG:
99Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
100R E V I S I O N
101eingelegt werden.
102Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
103Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
104Bundesarbeitsgericht
105Hugo-Preuß-Platz 1
10699084 Erfurt
107Fax: 0361-2636 2000
108eingelegt werden.
109Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
110Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1111.Rechtsanwälte,
1122.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1133.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
114In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
115Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
116Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
117* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
118PaßlickDziwisBruckhaus