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1.Geht eine Klageschrift fristgerecht auf dem Justiz-Intermediär des Landes NRW per De-Mail ein, wird dann aber wegen einer nicht mehr aufklärbaren, fehlerhaften automatischen Vordatierung um ein Jahr erst exakt ein Jahr später an das angerufene Arbeitsgericht weitergeleitet, ist die Klage gleichwohl fristgerecht eingegangen. Es gilt das dem Absender mit automatischer Empfangsbestätigung attestierte Eingangsdatum. 2. Übermittelt der private Arbeitgeber zwar eine Stellenanzeige der Bundesagentur für Arbeit und lässt diese auf der dortigen Jobbörse veröffentlichen, erteilt jedoch keinen betreuten Vermittlungsauftrag an die nach § 187 Abs. 4 SGB IX eingerichtete besondere Stelle der Bundesagentur, verstößt er gegen die Verpflichtungen aus § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei öffentlichen Arbeitgebern. Der Verstoß löst die Vermutungswirkung einer Benachteiligung wegen der Behinderung nach § 22 AGG aus. 3. Der Arbeitgeber kann die Vermutung einer Benachteiligung eines abgelehnten schwerbehinderten Bewerbers unter anderem durch den Beweis, dass das Stellenbesetzungsverfahren zum Zeitpunkt des Eingangs der Bewerbung des abgelehnten Schwerbehinderten bereits beendet war, widerlegen. Denn ist ein Bewerbungsverfahren beendet, bevor die Bewerbung eines Schwerbehinderten eingeht, kann dieser nicht mehr kausal durch die bereits zeitlich früher getroffene Auswahlentscheidung wegen der Behinderung benachteiligt worden sein. 4. Das Stellenbesetzungsverfahren ist beendet, wenn die finale Besetzungsentscheidung durch den Arbeitgeber getroffen wurde. Die interne, aber endgültige Entscheidung ist maßgeblich, ihr Zeitpunkt ist durch den Arbeitgeber ggfs. zu beweisen. Die Kommunikation nach außen sowie die nachfolgende Vertragsausfertigung und -unterzeichnung betreffen nur noch Umsetzungsakte.
I.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 26.07.2022 - Az.: 2 Ca 241/22 - wird zurückgewiesen.
II.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.Die Revision wird zugelassen.
T A T B E S T A N D:
2Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf immateriellen Schadensersatz wegen behaupteter Benachteiligung wegen seiner Behinderung im Zusammenhang mit einer erfolglosen Bewerbung im August 2021 auf eine Stelle als Scrum Master / Agile Coach.
3Der zum damaligen Zeitpunkt 56 Jahre alte, mit einem GdB von 80 schwerbehinderte Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 23.08.2021 (Blatt 29 der Akte) auf die von der Beklagten im Internet ausgeschriebene Stelle als "Scrum Master / Agile Coach"; wegen des Inhalts der Stellenausschreibung, die jedenfalls bis 03.09.2021 online war, wird auf Blatt 27 f. der Akte Bezug genommen. In der Bewerbung wies der Kläger unter anderem auch auf seine Schwerbehinderung hin. Die Bewerbung ist der Beklagten am 24.08.2021 per elektronischer Übertragung zugegangen. Der Kläger erhielt hierüber eine elektronische, automatische Eingangsbestätigung unter dem 24.08.2021, 12:30 Uhr (Blatt 499 der Akte).
4Mit Email vom 03.09.2021 (Blatt 30 der Akte) erhielt er von der Beklagten eine Absage.
5Die Stelle war von der Beklagten an den Bewerber Herrn X. zu einem Bruttomonatsentgelt von 5.835,- € vergeben worden. Dieser erhielt am 24.08.2021 um 15:39 Uhr per Email von der HR-Mitarbeiterin Frau L. der Beklagten die Nachricht, dass sie sich freue, ihm einen Vertragsentwurf zukommen lassen zu können. Das Original würden ihre Kolleginnen in Essen im Laufe der Woche unterschreiben und ihm dann per Post zusenden. Am selben Tag um 16:01 Uhr antwortete Herr X., das passe perfekt, er lese sich den Vertrag am Abend durch und wenn er noch Fragen habe, melde er sich. Am 26.08.2021 teilte Herr X. Frau L. per Email mit, er habe alles durchgelesen und es passe alles, er freue sich auf den Vertrag und den Start bei der Beklagten. Wegen der Einzelheitein des Email-Verkehrs wird im Übrigen auf die Anlage B4 (Blatt 413 ff. der Akte) Bezug genommen. Ein von beiden Parteien unterzeichneter Arbeitsvertrag zur Einstellung von Herrn X. ging der Beklagten frühestens am 03.09.2021 zu.
6Mit Schreiben vom 06.10.2021, wegen dessen Inhalts auf Blatt 31 ff. der Akte Bezug genommen wird, machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG wegen Benachteiligung aufgrund seiner Schwerbehinderung geltend.
7Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.10.2021 lehnte die Beklagte eine Entschädigungszahlung ab (Blatt 35 f. der Akte).
8Daraufhin hat der Kläger seinen Anspruch mit Klageschrift vom 31.12.2021 gerichtlich weiterverfolgt. Diese hat er per De-Mail an das Arbeitsgericht Essen gesandt. Laut Prüfvermerk vom 31.12.2021, 19:36 Uhr (Blatt 511 der Akte) ist die Klage nebst Anlagen über den sicheren Übermittlungsweg per absenderbestätigter De-Mail bei dem Arbeitsgericht Essen als Empfänger eingegangen. Empfangszeitpunkt war allerdings laut diesem Prüfvermerk der 31.12.2022, 19:20 Uhr. Laut von dem Kläger mit Schriftsatz vom 10.02.2022 vorgelegtem De-Mail-Prüfprotokoll (Blatt 50 der Akte) wird zu der Sendung mit derselben Nachrichten-ID e81e3fb6-9cff-4ca8-b1e2-52f31f9406e1@sec.de-mail.de unter "Eingang beim De-Mail Empfänger" ausgeführt: "Samstag, 2022.12.31 19:20:42 +0100". Ferner mit Schriftsatz vom 10.02.2022 vorgelegt hat der Kläger einen Screen-Shot "De-Mail-Dienst: Empfangsbestätigung [ArbG E - Neuzugang - J. vs. M. AG]" (Blatt 49 der Akte). Diese Empfangsbestätigung nennt als Absender "postfach@egvp.de-mail.de", weist einen Datumsstempel "Standard 31.12.21 19:20" auf und lautet: "Sehr geehrter De-Mail-Absender, Ihre Nachricht mit dem Betreff "ArbG E - Neuzugang - J. vs. M. AG" ist am Sat Dec 31 19:20:42 CET 2022 im De-Mail-Postfach arbg-essen@egvp.de-mail.de des/der Arbeitsgericht Essen eingegangen. Die Nachrichten ID dieser De-Mail lautet e81e3fb6-9cff-4ca8-b1e2-52f31f9406e1. Dies ist eine automatisch generierte Eingangsbestätigung. Diese De-Mail-Eingangsbestätigung wird nur als Antwort auf absenderbestätigte Nachrichten versandt."
9Bei dem Arbeitsgericht Essen lag Anfang 2022 die Klageschrift nicht vor, sondern erst Anfang 2023. Zu diesem Zeitpunkt war die Klage des Klägers bereits erstinstanzlich entschieden. Der Kläger hat die Klageschrift vom 31.12.2021, nachdem ihm auf Nachfrage seitens des Gerichts mitgeteilt worden war, dass keine Klageschrift vorliege, am 10.02.2022 erneut bei dem Arbeitsgericht Essen per De-Mail eingereicht, wo sie am gleichen Tage auch eingegangen und der Beklagten am 17.02.2022 zugestellt worden ist.
10Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er sei wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden. Er hat behauptet, die Beklagte habe die Stelle nicht ordnungsgemäß gegenüber der Arbeitsagentur gemeldet und keinen "betreuten Vermittlungsauftrag" erteilt. Vielmehr sei die Stelle nur über eine Software in unterschiedlichen Jobbörsen, auch bei der Bundesagentur für Arbeit, publiziert worden. Damit liege ein Verstoß gegen § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX vor. Eine Diskriminierung gemäß § 22 AGG sei mithin indiziert. Diese Indizwirkung habe die Beklagte nicht widerlegt. Das Bewerbungsverfahren sei erst abgeschlossen, wenn der Arbeitsvertrag unterschrieben worden sei, was vorliegend auch nach dem Vortrag der Beklagten erst nach dem Zugang seiner Bewerbung erfolgt sei. Ob der andere Bewerber geeigneter gewesen sei als er, sei unerheblich. Im Übrigen zeige der Vortrag der Beklagten, dass doch eine Auswahlentscheidung zwischen ihm und Herrn X. stattgefunden habe. Dass der Vergleich erst nach der erfolgten Zusage und nur vorsorglich stattgefunden hätte, bestreitet der Kläger. Die Frist des § 61b ArbGG sei mit der Klage gewahrt, da diese bereits am 31.12.2021 bei Gericht eingegangen sei. Hierzu verweise er auf die Eingangsbestätigung.
11Aufgrund Säumnis des Klägers im erstinstanzlichen Gütetermin am 10.03.2022 ist ein klageabweisendes Versäumnisurteil (Blatt 84 f. der Akte) gegen ihn ergangen. Das Versäumnisurteil ist dem Kläger am 16.03.2022 zugestellt worden. Mit am 19.03.2022 bei dem Arbeitsgericht Essen per De-Mail eingereichtem Schriftsatz hat er Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt.
12Der Kläger hat zuletzt beantragt,
13das Versäumnisurteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts zu legende Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG an ihn zu leisten zzgl. Rechtshängigkeitszinsen von 5% über dem Basiszinssatz, wobei ein Mindestbetrag von 1,5 Bruttomonatsgehältern à 5.835,00 € zu zahlen ist.
14Die Beklagte hat beantragt,
15das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
16Sie hat behauptet, die Stelle ordnungsgemäß bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet zu haben. Unabhängig davon sei die Einstellungsentscheidung für Herrn X. zum Zeitpunkt des Eingangs der Bewerbung des Klägers schon getroffen gewesen, so dass eine Diskriminierung ausgeschlossen sei. Am 05.08.2021 habe sich auf die Position der nunmehr auch bei der Beklagten tätige und aufgrund seiner Bewerbung eingestellte Herr X. beworben. Nachdem - neben anderen Bewerbungen - die Bewerbung von Herrn X. durch die Beklagte geprüft und dessen Einstellung befürwortet worden sei, habe sich am 23.08.2021 der zuständige Mitarbeiter Herr O. an den für die Einstellung zuständigen Divisionsleiter der Beklagten gewandt mit der Bitte um Einstellung von Herrn X. Turnusmäßig seien dann - wie bei der Beklagten üblich - am 24.08.2021 um 08:00 Uhr noch einmal alle Bewerbungseingänge vom Vortag durch den zuständigen HR- Businesspartner gesichtet worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Bewerbung des Klägers noch nicht vorgelegen, da diese erst am 24.08.2021 um 12:30 Uhr bei der Beklagten eingegangen sei. Ebenfalls am 24.08.2021, jedoch bereits zuvor um 11:09 Uhr sei die Genehmigung der Einstellung von Herrn X. durch den zuständigen Divisionsleiter erfolgt, woraufhin der Vertragsentwurf noch am gleichen Tag durch die Beklagte an Herrn X. versandt und der Empfang durch diesen auch gegenbestätigt worden sei. Der Eingang der Bewerbung des Klägers sei erst am 25.08.2021 bei der Sichtung der Bewerbungseingänge vom Vortag durch die Beklagte zur Kenntnis genommen worden. Am gleichen Tag sei um 10:00 Uhr die Zusage zur Begründung des Arbeitsverhältnisses seitens des Herrn X. erfolgt. Die Absage an den Kläger sei dann erfolgt, nachdem auch der unterschriebene Vertrag von Herrn X. an die Beklagte zurückgegangen sei und bei der Beklagten vorgelegen habe. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass selbst im Falle eines rechtzeitigen Eingangs der Bewerbung des Klägers die Besetzung der Stelle mit ihm nicht in Betracht gekommen wäre. Nach den vorgelegten Bewerbungsunterlagen wäre der Kläger für die Stelle nicht in Betracht gekommen. Herr X. sei demgegenüber uneingeschränkt geeignet und daher wäre auch im Falle eines Vergleichs zwischen dem Kläger und Herrn X. nicht der Kläger ausgewählt worden, sondern Herr X. Äußerst vorsorglich behauptet die Beklagte, dass sie selbstverständlich bei der Beurteilung aller Bewerbungen - also insbesondere auch im Vergleich zwischen dem Kläger und dem eingestellten Arbeitnehmer Herrn X. - dieselben Maßstäbe angelegt habe. Dieser Vergleich sei aber lediglich vorsorglich nach der erfolgten Zusage gegenüber Herrn X. zum Zwecke der Argumentation in diesem Prozess erfolgt.
17Mit Urteil vom 26.07.2022 hat das Arbeitsgericht Essen das Versäumnisurteil vom 10.03.2022 aufrechterhalten und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage nicht begründet sei. Dahingestellt bleiben könne, ob der Kläger die Frist des § 61b ArbGG gewahrt habe und ob die Voraussetzungen des § 22 AGG erfüllt seien, da die Beklagte jedenfalls eine etwaige Indizwirkung widerlegt habe. Denn sie habe ausführlich und substantiiert dargelegt, dass die Einstellungsentscheidung bereits getroffen worden sei, bevor die Bewerbung des Klägers überhaupt eingegangen sei bzw. beim zuständigen Sachbearbeiter vorgelegen habe. Aus den zeitlichen Abläufen, die die Beklagte ausführlich dargelegt habe, ergebe sich, dass die Einstellungsentscheidung bereits getroffen worden sei, bevor der Eingang der Bewerbung des Klägers überhaupt zur Kenntnis genommen worden sei. Bereits am 24.08.2021 seien alle internen Genehmigungen zur Einstellung des Herrn X. eingeholt und der Vertragsentwurf an diesen versandt worden, während erst am Folgetag von dem Bewerbungseingang des Klägers Kenntnis erlangt worden sei. In dieser Konstellation sei es ausgeschlossen, dass der Kläger bei der Einstellungsentscheidung diskriminiert worden sei. Dass der Arbeitsvertrag erst zeitlich später unterschrieben worden sei, sei nicht von Relevanz, da die getroffene Einstellungsentscheidung der wesentliche Anknüpfungspunkt für die Frage sei, ob eine Diskriminierung bei dieser erfolgt sei oder nicht. Der Kläger habe den ausführlichen Vortrag der Beklagten zur Auswahlentscheidung von Herrn X. nicht, jedenfalls nicht hinreichend konkret bestritten.
18Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Kläger am 18.08.2022 zugestellt worden. Er hat mit am 27.08.2022 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt, die er mit am 10.10.2022 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz begründet hat.
19Der Kläger verfolgt sein Klageziel unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens in Höhe einer Entschädigungszahlung von zumindest 1,5 Bruttogehältern der streitgegenständlichen Stelle weiter. Er ist der Ansicht, die Klage habe zunächst die Frist des § 61b ArbGG gewahrt. Sie sei am 31.12.2021 per De-Mail und daher über den elektronischen Rechtsverkehr durch ein sicheres Übermittlungsmedium eingereicht worden. Dies sei per einfacher Signatur geschehen, aus der sich die Identität des Klägers unzweifelhaft ableiten lasse. Dass die Klage der Beklagten erst am 17.02.2022 zugestellt worden sei, sei kein ihm anzulastender Umstand. Die Vermutungswirkung des § 22 AGG sei ausgelöst worden, da die Beklagte es unterlassen habe, gegenüber der Agentur für Arbeit einen betreuten Vermittlungsauftrag einzureichen und somit ihre Verpflichtung aus § 164 Abs. 1 SGB IX verletzt habe. Das bloße Einspeisen des Stellenprofils über einen Job-Spreader in die Jobbörse der Agentur für Arbeit reiche nicht aus. Die Widerlegung der Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung sei der Beklagten entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht gelungen. Die Bewerbung des Klägers sei unstreitig am 24.08.2021 bei der Beklagten eingegangen. Ob dies um 12:30 Uhr gewesen sei, könne er nicht mehr aufklären. Es sei wahrscheinlich, dass seine Bewerbung weit vor diesem Zeitpunkt bei der Beklagten eingegangen sei. Darauf komme es aber auch nicht entscheidend an, denn das Bewerbungsverfahren sei erst später, mit der nicht vor dem 03.09.2021 erfolgten beiderseitigen Unterzeichnung des Arbeitsvertrages des von der Beklagten ausgewählten Herrn X. beendet gewesen. Bis 03.09.2021 sei deshalb auch die Stellenausschreibung noch online gewesen. Wann letztlich wer die Bewerbung des Klägers in der Hand gehabt und zur Kenntnis genommen habe, sei nicht entscheidend. Der Kläger sei mit Eingang seiner Bewerbung Bewerber gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei noch nicht einmal eine Auswahlentscheidung gegenüber Herrn X. kommuniziert worden, es sei noch kein Vertragsentwurf an ihn geschickt worden und dass die Entscheidung zu seinen Gunsten bereits endgültig gefallen sei, bevor die Bewerbung des Klägers eingegangen sei, bestreitet der Kläger mit Nichtwissen. Insbesondere mit Nichtwissen bestreitet er, dass der Divisionsleiter am 24.08.2021 um 11:09 Uhr die Genehmigung zur Einstellung von Herrn X. erteilt habe, dass noch am selben Tag der Vertragsentwurf an ihn gesandt worden sei und dass die Bewerbung des Klägers erst am 25.08.2021 zur Kenntnis genommen worden sei. Da er keine Kenntnis von den internen Prozessen der Beklagten habe, sei sein Bestreiten entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts auch ausreichend und könne und müsse nicht weiter spezifiziert werden. Das Arbeitsgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte widersprüchlich vortrage, wenn sie einmal behaupte, es sei kein Vergleich der Bewerbungen des Klägers und des Herrn X. erfolgt, und dann behaupte, im Rahmen eines solchen Vergleichs sei der Kläger wegen einer geringeren Qualifikation Herrn X. unterlegen. Der Kläger ist zudem der Ansicht, dem Missbrauch seien Tür und Tor geöffnet, wenn man bereits eine interne Entscheidung für einen bestimmten Bewerber zur Beendigung des Bewerbungsverfahrens ausreichen lasse. Eine Benachteiligung im Bewerbungsverfahren könne so lange erfolgen, wie das Bewerbungsverfahren nicht abgeschlossen sei und abgeschlossen sei es regelmäßig erst mit der beiderseitigen Unterschrift von Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter dem jeweiligen Arbeitsvertrag. Das sei hier unstreitig erst zwei Wochen nach dem Eingang der Bewerbung des Klägers der Fall gewesen. Am 25.08.2021, dem von dem Arbeitsgericht als entscheidend angesehenen Datum, habe noch nicht einmal festgestanden, ob Herr X. das Einstellungsangebot auch annehmen würde. Auch der Umstand, dass der Kläger erst am 03.09.2021 die Absage erhalten habe, belege, dass das Bewerbungsverfahren bis dahin noch nicht beendet gewesen sei.
20Der Kläger beantragt,
21das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 26.07.2022 - 2 Ca 241/22 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch den Mindestbetrag von 8.752,50 € nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz.
22Der Beklagte beantragt,
23die Berufung zurückzuweisen.
24Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie behauptet, die streitgegenständliche Stelle sei bereits am 08.06.2021 ausgeschrieben worden. In diesem Zusammenhang sei die Stelle dann auch der Agentur für Arbeit gemeldet worden. Am 02.08.2021 habe die Beklagte die Stelle zusätzlich bei StepStone veröffentlich. Hierauf habe sie die Bewerbung von Herrn X.am 05.08.2021 erhalten. Zu den dann folgenden Entscheidungsprozessen zur Einstellungsentscheidung zugunsten des Herrn X. wiederholt sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Damit sei die Einstellungsentscheidung zugunsten von Herrn X. final durch den Divisionsleiter Herrn F. am 24.08.2021 um 11:09 Uhr per Email getroffen und kommuniziert worden. Erst danach sei um 12:30 Uhr - und nicht früher - die Bewerbung des Klägers eingegangen; hierzu verweist die Beklagte auf einen Ausdruck der elektronischen Bewerbungserfassung (Anlage B3, Blatt 298 f. der Akte). Kenntnis habe man davon erst am 25.08.2021 genommen. Mit der Einstellungsentscheidung durch den Divisionsleiter sei das Auswahlverfahren aber auch schon vor Eingang der Bewerbung des Klägers beendet gewesen. Die Beklagte habe danach keine weiteren Bewerbungen für ihre Auswahlentscheidung zu der streitigen Stelle mehr einbezogen und also nicht nur die des Klägers nicht berücksichtigt. Herr Q. wiederum habe am 26.08.2021 um 10:03 Uhr dem Vertragsangebot der Beklagten zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses per Email zugestimmt. Damit sei das Arbeitsverhältnis schon begründet worden. Darüber hinaus ist die Beklagte der Ansicht, dass der Kläger schon nicht fristgerecht im Sinne von § 61b ArbGG Klage erhoben habe. Der erste Klageeingang bei dem Arbeitsgericht Essen datiere vom 10.02.2022, da sei die Klagefrist bereits abgelaufen gewesen. Eine Klageeinreichung mit Eingang beim Arbeitsgericht am 31.12.2021 bzgl. der hier gegenständlichen Klage bestreitet die Beklagte. Die Vermutungswirkung sei auch nicht ausgelöst worden. Dass auch ein privater Arbeitgeber zu einem betreuten Vermittlungsauftrag verpflichtet sei, sei zweifelhaft. Selbst wenn man dies annehme, liege aber kein Verstoß der Beklagten vor. Hilfsweise wendet die Beklagte Rechtsmissbrauch ein. Der Kläger betreibe "berufliches AGG-Hopping".
25Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen in erster und zweiter Instanz sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
26Die Berufungskammer hat dienstliche Stellungnahmen des Arbeitsgerichts Essen zu dem Klageeingang der Klage vom 31.12.2021 eingeholt sowie eine dienstliche Stellungnahme des Zentralen IT-Dienstleisters der Justiz des Landes NRW (ITD NRW). Wegen der dienstlichen Stellungnahmen wird auf die Stellungnahme des Richters am Arbeitsgericht G. vom 08.11.2022 (Blatt 267 der Akte) und des Regierungsinspektors C. vom 19.10.2023 nebst Anlage (Blatt 509, 510 ff. der Akte) sowie des ITD NRW vom 27.02.2023 (Blatt 359 ff. der Akte) verwiesen.
27Die Berufungskammer hat ferner Beweis erhoben nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 23.04.2024 durch Vernehmung der Zeuginnen D. und L. sowie des Zeugen F.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.04.2024 verwiesen (Blatt 594 ff. der Akte)
28E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
29I.
30Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) ArbGG. Ferner ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
31II.
32Die Berufung ist allerdings nicht begründet. Die Entschädigungsklage ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte im Zusammenhang mit der erfolglosen Bewerbung auf die Stelle als Scrum Master / Agile Coach kein Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG auf Zahlung einer Entschädigung zu.
331. Das folgt allerdings nicht bereits daraus, dass er die gesetzlichen Ausschlussfristen nicht eingehalten hätte.
34Die zweimonatige Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 AGG zur außergerichtlichen Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs hat der Kläger unstreitig mit seinem Schreiben vom 06.10.2021, welches der Beklagten ausweislich ihrer anwaltlichen Antwort hierauf vom 13.10.2021 spätestens zu diesem Datum zugegangen sein muss, eingehalten. Denn die Frist begann gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG mit dem Zugang der Ablehnung am 03.09.2021 zu laufen und war somit am 13.10.2021 noch nicht verstrichen.
35Entgegen der Ansicht der Beklagten hat der Kläger auch die weitere Ausschlussfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG eingehalten. Danach muss die Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden. Es handelt sich hierbei trotz der insoweit irreführenden Regelung im ArbGG und damit in einer Prozessordnung um eine weitere materielle Ausschlussfrist, so dass zwar § 167 ZPO gleichwohl Anwendung findet (diese Norm wendet das Bundesarbeitsgericht sogar noch weitergehend auf § 15 Abs. 4 AGG an, vgl. BAG vom 22.05.2014 - 8 AZR 662/13, juris, Rz. 9), aber bei Fristversäumnis keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt (vgl. ErfK/Koch, 24. Auflage, § 61b ArbGG Rn. 2 f.; HWK/Ziemann, 11. Auflage, § 61b ArbGG Rn. 5; Walker in Schwab/Weth, ArbGG, 6. Auflage, § 61b Rn. 9, 16). Die Frist beginnt mit dem Zugang der schriftlichen außergerichtlichen Geltendmachung. Dieser ist hier frühestens am 06.10.2021 erfolgt, so dass die Klagefrist frühestens mit Ablauf des 06.01.2022 abgelaufen sein konnte.
36Die Klageschrift vom 31.12.2021 wahrt diese Frist. Denn sie ist bei dem Arbeitsgericht Essen zur Überzeugung der Berufungskammer am 31.12.2021 eingegangen und die erst am 17.02.2022 bewirkte Zustellung bei der Beklagten erfolgte noch demnächst im Sinne des § 167 ZPO, da die Verzögerung dem Kläger nicht anzulasten ist, sondern ihre Ursache im gerichtsinternen Betrieb und einer fehlerhaften IT-Behandlung des Klageeingangs hat.
37Der Kläger hat am 31.12.2021 eine Klageschrift mit dem als sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 1 ArbGG anerkannten Versanddienst eines De-Mail-Kontos zulässig und zugleich formwirksam im Sinne von § 46c Abs. 1 ArbGG bei dem Arbeitsgericht Essen eingereicht. Er hat dabei ausweislich des mit der dienstlichen Stellungnahme des Regierungsinspektors C. übermittelten De-Mail-Prüfprotokolls über die sichere und absenderbestätigte Anmeldung (Blatt 540 der Akte) die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 De-Mail-Gesetz erfüllt und sich dies auch gemäß § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz bestätigen lassen. Damit sind die Voraussetzungen des § 46c Abs. 4 Nr. 1 ArbGG für den sicheren Übermittlungsweg erfüllt worden.
38Dass die Einreichung am 31.12.2021 erfolgt und das Dokument auch eingegangen ist, ergibt sich zur Überzeugung der Berufungskammer aus den eingeholten dienstlichen Stellungnahmen. So hat der ITD NRW mit seiner Stellungnahme vom 27.02.2023 bestätigt, dass die Übermittlung an das Empfängersystem zu der Nachrichten-ID e81e3fb6-9cff-4ca8-b1e2-52f31f9406e1@sec.de-mail.de am 31.12.2021 um 19:38 Uhr abgeschlossen war (Blatt 362 der Akte). Ebenfalls bestätigt wurde, dass aufgrund eines technischen Fehlers, dessen Ursache nicht endgültig habe aufgeklärt werden können, das Datum bei Eingangsbestätigungen von De-Mails um die Jahreswende 2021/2022 herum um ein Jahr nach vorn datiert worden sei. Das wiederum korrespondiert mit und bestätigt die merkwürdige Empfangsbestätigung, die der Kläger vorgelegt hat und die (vgl. Blatt 49/50 der Akte) den Eingang der am 31.12.2021 festgestellten Übermittlung der Sendung beim Empfänger für den 31.12.2022 bestätigt. Es erklärt dann auch, dass die Klageschrift des Klägers ein Jahr lang beim Arbeitsgericht Essen nicht "sichtbar" wurde, ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des Regierungsinspektors C. und der von ihm beigefügten vollständigen Unterlagen dann jedoch am 31.12.2022, also eben ein Jahr später, als Eingang im Gericht auftauchte. Bei diesem Eingang unter derselben Nachrichten ID handelt es sich um die Klageschrift, die nach der - aus Sicht der Berufungskammer damit bestätigten - Behauptung des Klägers am 31.12.2021 abgeschickt und am 10.02.2022 identisch nochmal nachgereicht worden ist. Das belegt allein bereits die identische Nachrichten ID, es belegen auch die insoweit identischen Prüfprotokolle vom 31.12.2021 über einen Empfang am 31.12.2022. Die unterschiedlichen Datenvolumina der Sendungen vom 31.12.2021 und 10.02.2022 müssen nicht weiter aufgeklärt werden, denn nachdem das Arbeitsgericht unter derselben Nachrichten ID, zu der der Kläger am 31.12.2021 eine Sendung vorgenommen und bestätigt erhalten hat, ein Jahr später eben die Klageschrift erreicht hat, die am 10.02.2022 inhaltlich identisch nach Aktenlage erneut an das Arbeitsgericht versandt wurde, steht fest, dass der Kläger am 31.12.2021 diese Klage nebst Anlagen versandt und den Eingang an diesem Tag (aufgrund eines technischen Fehlers allerdings für ein in der Zukunft liegendes Datum) bestätigt erhalten hat und nichts anderes.
39Die Frage, zu wessen Lasten nun der technische Fehler der Vordatierung des Empfangsdatums um ein Jahr geht und ob der Kläger letztlich beispielsweise auf Haftungsansprüche gegen seinen Provider oder das Land NRW zu verweisen ist oder aber eine fristgerechte Klageeinreichung am 31.12.2021 anzunehmen ist, beantwortet sich nach § 46c Abs. 5 ArbGG. Die Norm ist identisch mit § 130a Abs. 5 ZPO, die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mithin übertragbar. Danach ist ein elektronisch übermitteltes Dokument eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Hierbei handelt es sich um den sog. Intermediär, einen Server im EGVP-System, von dem die Nachricht durch das konkrete Empfangsgericht abgerufen werden kann. NRW betreibt durch den ITD NRW einen eigenen Intermediär (Einzelheiten hierzu bei HWK/Tiedemann, 11. Auflage, § 46c ArbGG Rn. 45 m.w.N.). Das Gesetz nimmt eine Sphärentrennung vor dergestalt, dass mit Eingang einer Nachricht in der IT-Infrastruktur der Justiz, ohne dass sie bereits an das Empfangsgericht weitergeleitet worden sein müsste oder von diesem abgerufen sein müsste, etwaige technische Störungen nicht mehr zu Lasten des Absenders gehen (HWK/Tiedemann, 11. Auflage, § 46c ArbGG Rn. 45). Für die wirksame und fristwahrende elektronische Übermittlung reicht daher der Eingang auf dem für den Empfang bestimmten Server der Justiz aus, was danach justizintern geschieht und insbesondere fehlerhaft geschieht, ist unerheblich (vgl. BGH vom 30.03.2023 - III ZB 13/22, juris, Rz. 10; HWK/Tiedemann, 11. Auflage, § 46c ArbGG Rn. 45; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 45. Auflage, § 130a Rn. 5 m.w.N.). Der Absender kann sich mithin auf die ihm nach § 46c Abs. 5 Satz 2 ArbGG zu erteilende Empfangsbestätigung verlassen (BGH vom 30.03.2023 - III ZB 13/22, juris, Rz. 10).
40Hier steht nach der vom ITD NRW in seiner dienstlichen Stellungnahme mit übermittelten Nachrichten-Detail-Liste (Blatt 362 der Akte) zu der mit der Nachrichten ID e81e3fb6-9cff-4ca8-b1e2-52f31f9406e1@sec.de-mail.de übermittelten Sendung fest, dass die Übermittlung an das Empfängersystem, also den Justiz-Intermediär des Landes NRW am 31.12.2021 um 19:38 Uhr vollständig abgeschlossen war. Eben das wurde dem Kläger mit der Empfangsbestätigung vom 31.12.2021 (Blatt 49 der Akte) zur selben Nachrichten ID bestätigt. Und zu dieser Nachrichten ID ist die Klageschrift vom 31.12.2021 mit Prüfprotokoll vom 31.12.2021 (Blatt 511 ff., 540 der Akte) - inhaltlich identisch zu der von dem Kläger am 10.02.2022 nachgereichten - dann nach der Anlage zur dienstlichen Stellungnahme des Regierungsinspektors C. Anfang 2023 bei dem Arbeitsgericht Essen eingegangen. Diese einjährige Verspätung geht nicht zu Lasten des Klägers, der sich zu Recht auf den Eingang in der NRW-Justiz nach § 46c Abs. 5 ArbGG am 31.12.2021 beruft. Davon ausgehend ist die dann erfolgte Verzögerung von knapp 7 Wochen nicht dem Kläger anzulasten, sondern der justizintern verzögerten bzw zunächst unterbliebenen Weiterleitung der Klage an das Empfängergericht.
41Ob eine Klagezustellung "demnächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt ist, kann nicht aufgrund einer rein zeitlichen Betrachtungsweise entschieden werden. Vielmehr ist der Begriff ohne eine absolute zeitliche Grenze im Wege einer wertenden Betrachtung auszulegen (BAG vom 23.08.2012 - 8 AZR 394/11, juris, Rz. 31). Da die Zustellung von Amts wegen geschieht und Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs nicht von der die Zustellung veranlassenden Partei beeinflusst werden können, muss diese vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des Geschäftsbetriebs der Gerichte geschützt werden. Verzögerungen der Zustellung, die durch die Sachbearbeitung des Gerichts verursacht sind, muss sich der Kläger grundsätzlich nicht zurechnen lassen; dies gilt auch bei mehrmonatigen Verzögerungen (BAG vom 23.08.2012 - 8 AZR 394/11, juris, Rz. 31; BGH vom 11.02.2011 - V ZR 136/10, juris, Rz. 6; BGH vom 12.07.2006 - IV ZR 23/05, juris, Rz. 17), soweit jedenfalls der Kläger alles ihm Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan hat.
42Danach hat der Kläger die verzögerte Zustellung hier nicht zu verantworten. Im Gegenteil hat er offenbar, nachdem ihn auch Anfang Februar 2022 noch keine Güteterminsladung erreichte, bei Gericht nachgefragt und dadurch erfahren, dass die Klage vom 31.12.2021 dort nicht vorhanden war und sie dann am 10.02.2022 unmittelbar erneut eingereicht. Mehr war von ihm nicht zu erwarten, so dass die dann am 17.02.2022 bewirkte Zustellung noch demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgte und somit Rechtshängigkeit rückwirkend zum 31.12.2021 eingetreten ist.
432. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Für den Kläger ergibt sich dies aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Er ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter im Sinne des AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Dies folgt aus dem Umstand, dass er eine Bewerbung eingereicht hat. § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG enthält einen formalen Bewerberbegriff (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 16; BAG vom 19.05.2016 - 8 AZR 470/14, juris, Rz. 62). An dieser Stelle ist auch nicht erheblich, ob das Bewerbungsverfahren bereits abgeschlossen und beendet war, als die Bewerbung des Klägers einging. Das nimmt dem Kläger die rein formale Bewerberstellung nicht, sondern könnte ggfs. eine ursächlich auf ein Diskriminierungsmerkmal zurückzuführende Benachteiligung ausschließen.
44Die Beklagte wiederum ist - unproblematisch - Arbeitgeber im Sinne des § 6 Abs. 2 AGG.
453. Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG nicht zu, da sie sich erfolgreich exkulpieren kann.
46a. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) verbietet. Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG, das einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz der aus den Antidiskriminierungsrichtlinien des Unionsrechts hergeleiteten Rechte - hier die der Richtlinie 2000/78/EG - zu gewährleisten hat, untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, unter anderem wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 164 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.
47b. Der Kläger, der der Beklagten seine Schwerbehinderung in dem Bewerbungsschreiben ordnungsgemäß mitgeteilt hatte, wurde dadurch, dass er von der Beklagten im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren für die ausgeschriebene Stelle nicht (mehr) berücksichtigt wurde, unmittelbar im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt, denn er hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Darauf, ob es überhaupt andere Bewerber/innen gegeben hat und ob der/die von dem Beklagten ausgewählte Bewerber/in die Stelle angetreten hat, kommt es nicht an (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 20; BAG vom 19.12.2019 - 8 AZR 2/19, juris, Rz. 28 ff.). Hier wurde Herr Q. dem Kläger vorgezogen. Dieser erhielt die Stelle, der Kläger erhielt am 03.09.2021 eine Absage. Darin ist eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers zu sehen.
48c. Diese Benachteiligung führt aber nur zu einem Entschädigungsanspruch, wenn sie wegen der Behinderung des Klägers erfolgte. Das ist hier nicht der Fall.
49aa. Das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 AGG verbietet nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung wegen eines speziellen, in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der Benachteiligung und dem Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 22; BAG vom 23.01.2020 - 8 AZR 484/18, juris, Rz. 32). Soweit es um eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG geht, ist hierfür nicht erforderlich, dass der betreffende Grund das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG an den Grund anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 23; BAG vom 23.01.2020 - 8 AZR 484/18, juris, Rz. 33; BAG vom 23.11.2017 - 8 AZR 372/16, juris, Rz. 20).
50§ 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 24; BAG vom 23.01.2020 - 8 AZR 484/18, juris, Rz. 34; BAG vom 25.10.2018 - 8 AZR 501/14, juris, Rz. 51). Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 25; BAG vom 23.01.2020 - 8 AZR 484/18, juris, Rz. 35; BAG vom 25.10.2018 - 8 AZR 501/14, juris, Rz. 52).
51Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt dann die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH vom 16.07.2015 - C-83/14 - [CHEZ Razpredelenie Bulgaria], juris, Rz. 85; EuGH vom 25.04.2013 - C-81/12 - [Asociatia Accept], juris, Rz. 55; EuGH vom 10.07.2008 - C-54/07 - [Feryn], juris, Rz. 32; BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 27; BAG vom 23.01.2020 - 8 AZR 484/18, juris, Rz. 36; BAG vom 11.08.2016 - 8 AZR 375/15, juris, Rz. 24; BAG vom 19.05.2016 - 8 AZR 470/14, juris, Rz. 54). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises. Der Arbeitgeber muss Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 27; BAG vom 23.01.2020 - 8 AZR 484/18, juris, Rz. 36; BAG vom 26.01.2017 - 8 AZR 73/16, juris, Rz. 26).
52bb. In Anwendung dieser Grundsätze begründet die Tatsache, dass die Beklagte im Stellenbesetzungsverfahren zwar ihre Stellenanzeige der Agentur für Arbeit übermittelt, damit gemeldet und über deren Jobbörse veröffentlicht haben mag, jedoch dem Vortrag des Klägers, dass sie keinen betreuten Vermittlungsauftrag an die nach § 187 Abs. 4 SGB IX bei der Agentur für Arbeit eingerichtete besondere Stelle gerichtet habe, weder konkret entgegen getreten ist noch irgendeinen Beleg für einen solchen Auftrag vorgelegt hat, einen Verstoß gegen ihre Verpflichtung nach § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. Dieser wiederum führt zu einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung, so dass die Vermutungswirkung des § 22 AGG ausgelöst wird.
53(1) Nach § 164 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX ist jeder Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Hierzu ist frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufzunehmen. Diese gesetzlichen Verfahrenspflichten sollen die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen fördern; sie sind nicht nur moralischer Appell, sondern begründen eine echte Rechtspflicht (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 36; BAG vom 17.08.2010 - 9 AZR 839/08, juris, Rz. 37; jurisPK-SGB IX/Fabricius, 3. Auflage (Stand: 07.06.2022), § 164 Rn. 10 m.w.N.).
54Ein Verstoß gegen die aus § 164 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX resultierenden Verfahrens- und Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen begründet regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der (Schwer-)Behinderung im Sinne von § 22 AGG. Denn diese Pflichtverletzungen sind grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 26 und 36; BAG vom 27.08.2020 - 8 AZR 45/19, juris, Rz. 29; BAG vom 11.08.2016 - 8 AZR 375/15, juris, Rz. 25; BAG vom 26.06.2014 - 8 AZR 547/13, juris, Rz. 45 m.w.N.; siehe auch ErfK/Rolfs, 24. Auflage, § 164 SGB IX Rn. 4; jurisPK-SGB IX/Fabricius, 3. Auflage (Stand: 07.06.2022), § 164 Rn. 18.1).
55(2) Für den Bereich des öffentlichen Dienstes hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass eine ordnungsgemäße Meldung offener Stellen an die Agentur für Arbeit im Sinne von § 165 Satz 1 SGB IX die Erteilung eines Vermittlungsauftrags an die nach § 187 Abs. 4 SGB IX bei der Agentur für Arbeit eingerichteten besonderen Stellen zur Durchführung der der Agentur für Arbeit zur Teilhabe behinderter und schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben gesetzlich übertragenen Aufgaben unter Angabe der Daten, die für einen qualifizierten Vermittlungsvorschlag erforderlich sind, voraussetzt (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 37). Denn nur durch den Vermittlungsauftrag wird bewirkt, dass die Agentur für Arbeit den Vorgaben des § 35 Abs. 1 SGB III entsprechend Arbeitsuchenden und Arbeitgebern Arbeitsvermittlung (Vermittlung) anbietet, die alle Tätigkeiten umfasst, die darauf gerichtet sind, Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Das Stellenangebot über die Jobbörse der Agentur für Arbeit veröffentlicht zu haben reicht für eine Meldung im Sinne von § 165 Satz 1 SGB IX nicht aus (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 38). Die Veröffentlichung eines Stellenangebots über die Jobbörse der Agentur für Arbeit löst nicht den Vermittlungsservice der Agentur für Arbeit aus, insbesondere wird damit der Agentur für Arbeit nicht die Suche nach geeigneten schwerbehinderten Personen übertragen. Dieser Umstand begründet die Vermutung, dass der dann nicht genommene schwerbehinderte Bewerber eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG wegen seiner Behinderung erfahren hat (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 38).
56Diese Grundsätze haben gleichermaßen im Bereich der Privatwirtschaft zu gelten, denn die Prüfpflichten und die Verpflichtung zur frühzeitigen Kontaktaufnahme mit der Agentur für Arbeit, die allen Arbeitgebern und mithin auch privaten wie der Beklagten in § 164 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB IX auferlegt werden, verfolgen den gleichen Zweck wie die Meldepflicht aus § 165 Satz 1 SGB IX, nämlich die Beschäftigungsförderung von Schwerbehinderten. Dementsprechend haben sie zweckgerichtet zu erfolgen. Der gesetzlichen Verpflichtung zur Kontaktaufnahme bei § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX genügt die bloße Weiterleitung einer Stellenanzeige ohne betreuten Vermittlungsauftrag gegenüber der qualifizierten Stelle nach § 187 Abs. 4 SGB IX so wenig wie dies für eine ordnungsgemäße "Meldung" freier Stellen an die Agentur für Arbeit nach § 165 Satz 1 SGB IX ausreichen würde (ebenso LAG Köln vom 30.06.2021 - 11 Sa 1172/20, juris, Rz. 25; ErfK/Rolfs, 24. Auflage, § 164 SGB IX Rn. 2; HWK/Thies, 11. Auflage, § 164 SGB IX Rn. 5).
57(3) Von einer Verletzung dieser Pflicht durch die Beklagte ist auszugehen. Zum einen hat zwar der Kläger die für die Vermutungswirkung erforderlichen Tatsachen glaubhaft zu machen im Sinne des § 22 AGG. Zum anderen gelten hier aber so sehr wie in allen Bereichen des Prozessrechts die Grundsätze der gestuften Darlegungslast, wenn die nicht erkennbar ins Blaue erfolgende Behauptung der darlegungsbelasteten Partei die Sphäre der Gegenpartei betrifft, in die sie keinen näheren Einblick hat, während es der Gegenpartei ein Leichtes wäre, sich zu erklären.
58So liegt es hier. Der Kläger hat keinen näheren Einblick in die Kommunikation der Beklagten mit der Agentur für Arbeit, während die Beklagten problemlos für Aufklärung sorgen kann.
59Die Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers nicht näher entgegengetreten, dass ein betreuter Vermittlungsauftrag an eine qualifizierte Stelle nach § 187 Abs. 4 SGB IX nicht erteilt wurde. Sie trägt selbst nichts anderes als die Meldung der Stelle an die Agentur für Arbeit und Veröffentlichung über die Jobbörse vor. Damit ist die Behauptung des Klägers zum Fehlen eines betreuten Vermittlungsauftrages bereits unstreitig. Darüber hinaus hat aber auch die Zeugin D. das Vorbringen des Klägers bestätigt. Sie hat nämlich ebenfalls bekundet, dass Ausschreibungen bei der Beklagten nach Rückkoppelung mit dem Fachbereich online gestellt und automatisch auch an die Arbeitsagentur und ggfs. weitere Jobbörsen wie StepStone weitergeleitet würden. Damit ist nichts anderes bestätigt worden als eben das Vorbringen des Klägers, dass hier nur eine Weiterleitung der Ausschreibung erfolgt, aber kein betreuter Vermittlungsauftrag erteilt worden ist.
60cc. Die Beklagte hat die damit ausgelöste Vermutung einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung aber erfolgreich widerlegt.
61(1) Wenn wie hier die Vermutung einer Benachteiligung besteht, trägt die beklagte Partei die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Es ist darzulegen und zu beweisen, dass nicht "auch andere" oder "überwiegend andere", sondern dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung des klagenden Bewerbers im Bewerbungsverfahren geführt haben (BAG vom 25.11.2021 - 8 AZR 313/20, juris, Rz. 27 m.w.N.).
62Der Arbeitgeber kann die Vermutung nach § 22 AGG dadurch widerlegen, dass er substantiiert dazu vorträgt und im Bestreitensfall beweist, dass er bei der Behandlung aller Bewerbungen nach einem bestimmten Verfahren vorgegangen ist, das eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausschließt (BAG vom 25.10.2018 - 8 AZR 501/14, juris, Rz. 108 m.w.N.). Ebenso kann die Vermutung widerlegt werden durch den Nachweis, dass kein Kausalzusammenhang zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem Diskriminierungsmerkmal nach § 1 AGG vorliegt. Das kann der Fall sein, wenn das Auswahlverfahren bereits abgeschlossen war, bevor die Bewerbung der klagenden Partei bei beim Arbeitgeber eingegangen ist (BAG vom 11.08.2016 - 8 AZR 809/14, juris, Rz. 95; BAG vom 11.08.2016 - 8 AZR 4/15, juris, Rz. 90; LAG Berlin-Brandenburg vom 11.10.2018 - 26 Sa 681/18, juris, Rz. 25). Allerdings schließt der Umstand, dass eine ausgeschriebene Stelle bereits vor Eingang der Bewerbung der klagenden Partei besetzt wurde, nicht generell deren Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG aus (BAG vom 11.08.2016 - 8 AZR 809/14, juris, Rz. 95; BAG vom 11.08.2016 - 8 AZR 4/15, juris, Rz. 90; BAG vom 17.08.2010 - 9 AZR 839/08, juris, Rz. 42). Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an, beispielsweise darauf, ob ggf. eine vom Arbeitgeber gesetzte Bewerbungsfrist unterlaufen wird und/oder ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine bereits vor Eingang einer Bewerbung erfolgte Stellenbesetzung gleichwohl zu einer Benachteiligung des nicht berücksichtigten Bewerbers führt (vgl. dazu BAG vom 19.08.2010 - 8 AZR 370/09, juris, Rz. 30; BAG vom 17.08.2010 - 9 AZR 839/08, Rz. 42).
63(2) Die Vermutung ist hier widerlegt, weil die Beklagte durch die glaubhaften Aussagen des Zeugen F. sowie der Zeuginnen D. und L. nachgewiesen hat, dass die Besetzungsentscheidung zur Stelle des Scrum Masters / Agile Coach am 24.08.2021 um 11:09 Uhr final getroffen und das Auswahlverfahren damit beendet war. Der Kläger konnte mit seiner erst mehr als eine Stunde später bei der Beklagten eingegangenen Bewerbung keine Benachteiligung wegen der Behinderung mehr erfahren haben, da die Bewerbung schon nicht mehr im laufenden Bewerbungsverfahren eingegangen war. Die Absage und damit zugleich unmittelbare Benachteiligung des Klägers erfolgte ausschließlich, weil das Auswahlverfahren bereits abgeschlossen war, als seine Bewerbung einging. Ist die Stellenbesetzungsentscheidung aber schon vor Kenntnis von der Bewerbung des schwerbehinderten Kandidaten final getroffen worden, erfolgt die Absage ausschließlich noch aus dem Grund des bereits beendeten Verfahrens und mithin in keiner Weise (mehr) begründbar auch wegen eines Diskriminierungsmerkmals des abgelehnten Kandidaten, hier also des Klägers.
64Der Ausnahmefall eines Unterlaufens der Bewerbungsfrist (dazu BAG vom 17.08.2010 - 9 AZR 839/08, juris, Rz. 42 f.) liegt nicht vor, denn eine Bewerbungsfrist war von vornherein von der Beklagten nicht bestimmt worden. Alle Bewerber mussten also jederzeit mit einem Ende des Auswahlverfahrens wegen erfolgter Stellenbesetzung rechnen. Auch im Übrigen sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die es der Beklagten verwehren könnten, sich auf die Beendigung des Auswahlverfahrens gegenüber nach dem 24.08.2021, 11:09 Uhr noch eingehenden Bewerbungen und Bewerbern zu berufen - und damit nicht speziell, aber eben auch gegenüber dem Kläger.
65Der Nachweis der Beendigung des Auswahlverfahrens am 24.08.2021, 11:09 Uhr ist erbracht worden. Die Berufungskammer ist nach durchgeführter Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen davon überzeugt, dass der Zeuge F. - wie er es auch bekundet hat - an diesem Tag und zu dieser Uhrzeit per Email auf die Anfrage zur Genehmigung der Einstellung von Herrn Q. als zuständiger Divisionsleiter positiv geantwortet und die Genehmigung erteilt hat. Nicht nur hat der Zeuge dies übereinstimmend insbesondere auch mit der in den Bewerbungsprozess ebenfalls eingebundenen Zeugin L. bekundet, seine Aussage wird auch dadurch unterstützt, dass er den entsprechenden Email-Schriftverkehr mit Herrn O. vom 23./24.08.2021 vorlegen und die Berufungskammer ihn gemeinsam mit beiden Prozessbevollmächtigten in Augenschein nehmen konnte. Auch aus dem Augenscheinsobjekt ergibt sich zweifelsfrei die von der Beklagten vorgetragene und von dem Zeugen bekundete Anfrage von Herrn O. vom 23.08.2021 und die Antwort des Zeugen F. vom 24.08.2021, 11:09 Uhr, dass er die Einstellung des Herrn Q. genehmige. Dass die Augenscheinsobjekte gefälscht worden wären, behauptet auch der Kläger nicht. Damit unterstützen sie aber zweifelsfrei die Bekundung des Zeugen F. zu Genehmigungsprozess und erfolgter Genehmigung nebst Zeitpunkt. Ebenso glaubhaft, weil in sich widerspruchsfrei und gut nachvollziehbar hat der Zeuge bekundet, als zuständiger Divisionsleiter die Letztentscheidungsbefugnis für Einstellungen wie die hier einschlägige zu haben. Dass seine Entscheidung noch per Scan oder Post schriftlich nachfolgen sollte, änderte nach der Bekundung des Zeugen nichts daran, dass bereits besagte Email den Bewerbungsprozess final abgeschlossen hat. Diese Aussage ist auch deshalb ebenfalls glaubhaft, weil sie schlüssig korrespondiert mit den Bekundungen der Zeuginnen D. und L.. Die Zeugin D. hat überzeugend bekundet, dass die Bewerbungsverfahren - im Jahr 2021 nach ihrer Erinnerung ca 7000 und damit eine administrativ und im Entscheidungsprozess außerordentlich herausfordernde Menge - in der Abwicklung des Genehmigungs- und dann Einstellungsprozesses schnell gehen müssten. Entscheidend sei daher die vom Divisionsleiter per Email erteilte Genehmigung. Die Zeugin L. hat gleichfalls nachvollziehbar und hiermit übereinstimmend bestätigt, dass die Prozesse gerade während der damals noch akuten Pandemiezeit noch weiter geändert und vereinfacht worden seien, so dass bereits die Email mit der Genehmigung ausreichend gewesen sei. Das habe auch schon das vorliegende Verfahren betroffen. Diese Aussage korrespondiert auch mit der weiteren Bekundung, direkt nachfolgend mit Herrn Q. bereits telefoniert und ihn über die Einstellungszusage informiert zu haben sowie mit dem unstreitigen Email-Schriftverkehr der Zeugin L. mit Herrn Q., der am Nachmittag des 24.08.2021 begann. Erkennbar war aus Sicht der Beteiligten somit der Auswahlprozess mit der Entscheidung von Herrn F. per Email bereits am 24.08.2021 abgeschlossen. An der Glaubwürdigkeit der Zeugen hat die Berufungskammer ebenfalls keinen Zweifel. Ihre Aussagen wirkten natürlich und trotz des nicht zu verkennenden Näheverhältnisses zur beklagten Partei und einer offensichtlichen Vorbereitung auf die Vernehmung war keine unlautere Tendenz in ihrer Aussage zu erkennen. Dass Zeugen in einer Situation wie hier, wo Ereignisse bereits 2 ½ Jahre zurückliegen, noch einmal vor ihrer Vernehmung die Unterlagen anschauen und in den Termin mitbringen, schadet der Glaubwürdigkeit nicht, sondern die Unterlagen unterstützen die Glaubhaftigkeit schlüssig mit ihnen korrespondierender Aussagen und das Offenlegen solcher Vorbereitung - wie hier geschehen - unterstreicht die Glaubwürdigkeit der Zeugen, nämlich ihr erkennbares Bestreben, nichts zu verschweigen und alles so wiederzugeben, wie es damals stattgefunden hat und Erinnerungslücken durch Unterlagen zu schließen bzw. die Erinnerung dadurch wieder zu beleben. Daran ist nichts auszusetzen, es dient vielmehr der Wahrheitsfindung weit mehr als wenn jemand nach 2 ½ Jahren bekundete, sich noch bis auf die Minute an frühere Vorgänge zu erinnern - was weit ab von jeder Lebenserfahrung läge.
66Mit der finalen Genehmigung der Einstellung von Herrn Q. am 24.08.2021, 11:09 Uhr war das Besetzungsverfahren beendet. Dass die Ausschreibung noch bis 03.09.2021 online war, hindert diese Annahme nicht. Insoweit hat die Zeugin D. als Personalleiterin glaubhaft bekundet, dass es der generellen Vorgehensweise bei der Stellenbesetzung im Unternehmen entspreche, nach der Genehmigungs-Email schnell die Zusage zu erteilen und dann die Formalien wie den Arbeitsvertrag auf den Weg zu bringen. Die Ausschreibung werde dann in ein sogenanntes "Freeze" überführt, sie bleibe also noch online, werde aber nicht mehr ausgewertet. All dies sei dem Umstand geschuldet, dass angesichts der Arbeitsmarktlage schnelles Handeln gefordert sei. Auch diese Bekundungen sind gut nachvollziehbar. Das Stehenlassen der Ausschreibung für kurze Zeit verlängert nicht das Bewerbungsverfahren, denn dieses ist mit der Einstellungsentscheidung abgeschlossen. Eine personelle Auswahl findet nicht mehr statt, sondern hat bereits stattgefunden. Die Sicherung von Chancen im Bewerbungsverfahren kann keine Rolle mehr spielen, wenn das Verfahren beendet ist, weil die finale Einstellungsentscheidung getroffen wurde. Alle nachfolgenden Umsetzungsakte (Arbeitsvertrag, Kommunikation nach außen, Rücknahme der Stellenausschreibung) sind nur noch Folge der getroffenen Entscheidung, das Verfahren zu beenden. Sie mögen die Beweislage der Beklagten verbessern, sind aber keine Voraussetzung der Beendigung des Stellenbesetzungsverfahrens.
67Dementsprechend war das Auswahl- und Bewerbungsverfahren am 24.08.2021, 11:09 Uhr abgeschlossen. Der Kläger konnte nicht mehr wegen seiner Behinderung benachteiligt werden, denn seine Bewerbung ist erst um 12:30 Uhr bei der Beklagten eingegangen. Das hat die Zeugin L. glaubhaft bekundet und ihre genaue Kenntnis damit nachvollziehbar begründet, dass sie im System nachgeschaut habe. Ihre Aussage korrespondiert auch mit der automatischen Eingangsbestätigung, die der Kläger erhalten hat. Da der Kläger als Absender aus seiner eigenen Sphäre heraus Kenntnis haben müsste, wann er seine Bewerbung abgeschickt hat, sich aber nicht näher hierzu im Prozess eingelassen hat, ist sein pauschaler Vortrag zu einer möglicherweise schon deutlich vor 12:30 Uhr erfolgten Einreichung der Bewerbung unbeachtlich. Die Berufungskammer glaubt vielmehr der schlüssigen und mit der Dokumentationslage übereinstimmenden Bekundung der Zeugin L..
68Mit der finalen Entscheidung des Entscheidungsträgers F. als Divisionsleiter war das Bewerbungsverfahren beendet. Die wechselseitige Unterzeichnung des Arbeitsvertrages ist hier nicht entscheidend. Dass das Bewerbungsverfahren "regelmäßig" abgeschlossen ist, wenn der Arbeitsvertrag mit dem ausgewählten Bewerber abgeschlossen worden ist (LAG Berlin-Brandenburg vom 11.10.2018 - 26 Sa 681/18, juris, Rz. 27), sieht auch die erkennende Berufungskammer so. Wenn aber wie hier der zuständige Divisionsleiter die finale Entscheidung getroffen hat und alle beteiligten Führungskräfte das übereinstimmende Verständnis haben, dass damit sprichwörtlich "alle Würfel gefallen" sind, keine eingehenden Bewerbungen mehr ausgewertet werden, sondern ein sog. "Freeze" erfolgt und dies einem angesichts hohen Beschleunigungsbedarfs und hoher Bewerberzahlen allgemein im Unternehmen angewandten Verfahrensprinzip entspricht, ist von einer Beendigung des Auswahlverfahrens am 24.08.2021 um 11:09 Uhr auszugehen. Die von dem Kläger hier gesehene Missbrauchsgefahr einer in AGG-Prozessen unlauter behaupteten Beendigung des Bewerbungsverfahrens durch eine möglicherweise nur vorgetäuscht intern final getroffene Einstellungsentscheidung vor Eingang der Bewerbung eines Bewerbers mit Diskriminierungsmerkmal(en) benennt ein allen Gerichtsverfahren immanentes Risiko unwahren oder manipulativen Vorbringens. Da die Darlegungs- und Beweislast hier aber auf der Arbeitgeberseite liegt, ginge ohnehin jede Unklarheit zu deren Lasten. Es ist hier wie in allen Prozessen Aufgabe der Parteien, sich wahrheitsgemäß vollständig zu erklären und Aufgabe des Gerichts, dies bzw. den streitigen, relevanten Tatsachenvortrag dann zu überprüfen und zu würdigen. Allein wegen einer potentiellen Missbrauchsgefahr kann die notwendige Prüfung, ob eine Benachteiligung wegen der Behinderung oder anderer Diskriminierungsmerkmale überhaupt kausal stattgefunden haben kann, nicht einfach unterbleiben. Die Beklagte muss die Möglichkeit dieses Entlastungsbeweises haben. Dass im vorliegenden Fall die zeitlichen Begebenheiten sehr eng beieinander liegen, erschwert dann ggfs. die Beweisführung. Da die Beklagte neben glaubhaft aussagenden und glaubwürdig wirkenden Zeugen jedoch auch mit dem Email-Schriftverkehr und elektronischen Eingangsbestätigungen Dokumente vorlegen konnte, die ihren Vortrag bestätigten, ist ihr die bei so engen zeitlichen Zusammenhängen nicht einfache Beweisführung zur Überzeugung der Berufungskammer gelungen. Wäre die Bewerbung des Klägers 1 ½ Stunden früher bei ihr eingegangen, hätte der Fall eine andere Wendung nehmen können, so jedoch kam sie zu spät, nämlich erst nach Beendigung des Auswahlverfahrens bei der Beklagten an. Eine Diskriminierung des Klägers ist damit widerlegt.
69III.
70Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat der Kläger die Kosten des ohne Erfolg von ihm eingelegten Rechtsmittels zu tragen.
71IV.
72Die Entscheidung über die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 1 ArbGG. Die Revision wird gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen entscheidungsrelevanter Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
73RECHTSMITTELBELEHRUNG
74Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
75REVISION
76eingelegt werden.
77Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.
78Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
79Bundesarbeitsgericht
80Hugo-Preuß-Platz 1
8199084 Erfurt
82Fax: 0361 2636-2000
83eingelegt werden.
84Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
85Für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse besteht ab dem 01.01.2022 gem. §§ 46g Satz 1, 72 Abs. 6 ArbGG grundsätzlich die Pflicht, die Revision ausschließlich als elektronisches Dokument einzureichen. Gleiches gilt für vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht.
86Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten eingelegt werden. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
871.Rechtsanwälte,
882.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
893.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
90In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
91Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
92Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden sich auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
93* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
94Klein Kulok Ingendoh