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Bei einem arbeitsvertraglich vereinbarten Ausgleichsanspruch eines Versicherungsvertreters im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung des Arbeitgebers besteht kein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 25. Oktober 2016 (5 Ca 2507/15) wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Erteilung eines Buchauszuges (Antrag zu 1) aus der Berufungsbegründung vom 19. Dezember 2016 und Antrag zu 4) aus dem Schriftsatz vom 14. Februar 2017) sowie auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (Antrag zu 2) aus der Berufungsbegründung) richtet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Parteien streiten nach der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses über die vom Kläger im Wege einer Stufenklage begehrte Erteilung eines Buchauszuges, erforderlichenfalls Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der von der Beklagten gemachten Angaben an Eides statt sowie Zahlung eines Provisionsausgleichs in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe.
3Der Kläger war zunächst vom 1. Februar 1995 bis 31. Dezember 1997 als Angestellter, danach vom 1. Januar 1998 bis zum 30. Juni 2007 als selbständiger Vermittler für die Geschäftsstelle T der in I ansässigen Versicherungsagentur der Beklagten tätig. Unter dem 12. Juni 2007 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag (vgl. Anlage zur Berufungsbegründung, Bl. 148 ff. d. A.), welcher ab dem 1. Juli 2007 die Beschäftigung des Klägers als „versicherungskaufmännischer Angestellter im Innen- und Außendienst“ und die Übernahme der „Leitung der Geschäftsstelle T“ vorsah. Nach § 5 Arbeitsvertrag hatte der Kläger Anspruch u. a. auf Zahlung eines Monatsgehalts und von anteiligen Provisionen für vermittelte Verträge sowie auf einen Dienstwagen.
4Der ursprüngliche, von dem Geschäftsführer der Beklagten gefertigte Entwurf des Arbeitsvertrages (vgl. Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 3. Juni 2016, Bl. 52 ff. d. A.) hatte als § 13 Abs. 2 folgende Regelung vorgesehen:
5Bei Kündigung durch den Arbeitgeber bis zum 1.6.2012 wird ein nach den Regeln des HGB zu berechnender Anspruch aus der durchschnittlichen Provision der letzten drei Jahre ermittelt.
6Auf diesem Entwurf wurde vom Kläger handschriftlich vermerkt:
7Zum 31.5.2007 steht ein Ausgleichsanspruch von …… fest. Dieser ist bei Kündigung zu zahlen.
8Der bisherige Absatz 2 war durchgestrichen. Der Geschäftsführer der Beklagten strich dann in der bisherigen Formulierung von § 13 Abs. 2 enthaltenen Worte „bis zum 1.6.2012“ und ergänzte den Entwurf um den Halbsatz „welcher die Tätigkeit gem. HGB berücksichtigt“ sowie um den folgenden Absatz 3:
9Herr C war in der Zeit vom 1.1.98 bis 31.5.2007 nach HGB als freier Mitarbeiter selbständig für die Agentur tätig.
10Übernommen und von den Parteien unterschrieben wurde schließlich folgende Fassung des § 13 Abs. 2 und 3 Arbeitsvertrag:
11Bei Kündigung durch den Arbeitgeber wird ein nach den Regeln des HGB zu berechnender Anspruch aus der durchschnittlichen Provision der letzten drei Jahre ermittelt, welcher die Tätigkeit gemäß HGB berücksichtigt.
12Herr C war in der Zeit vom 1.1.1998 bis 30.6.2007 als freier Vermittler, selbständig für die Agentur tätig.
13Gegen die ordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch das Schreiben der Beklagten vom 27. Mai 2013 zum 31. Juli 2013 wandte sich der Kläger mit seiner Klage vom 13. Juni 2013 (ArbG Hagen - 5 Ca 1285/13). Dieser Rechtsstreit endete durch den Abschluss eines Prozessvergleichs am 26. November 2013 (siehe Anlage zur Klageschrift, Bl. 7 f. d. A.). Außer auf die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zum 31. Juli 2013 aus betrieblichen Gründen (1.), die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000,00 Euro (2.) und eine Zeugnisregelung (3.) einigten sich die Parteien auf eine umfassende Erledigung ihrer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis (4.), allerdings mit der folgenden Einschränkung:
14Davon ausgenommen sind etwaige Ansprüche des Klägers aus der Regelung des § 13 Abs. 2 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 12.06.2007.
15Mittlerweile betreibt der Kläger mit dem ebenfalls früher bei der Beklagten beschäftigten Versicherungskaufmann N T1 in T eine Versicherungsagentur für die H Versicherung, während die Beklagte M-Versicherungen anbietet.
16Nach vorprozessualer Geltendmachung mit dem Schreiben vom 11. November 2015 und dem Ablehnungsschreiben der Beklagten vom selben Tag (vgl. Anlagen zur Klageschrift Bl. 5 f. d. A.) hat der Kläger mit seiner am 3. Dezember 2015 eingegangenen und später modifizierten Stufenklage verlangt, über alle durch ihn vermittelten Verträge, aus denen die Beklagte im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2007 Umsätze erzielt hat, einen vollständigen Buchauszug zu erteilen, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Beklagten an Eides statt zu versichern sowie an ihn einen Provisionsausgleich in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen zu zahlen.
17Der Kläger hat sich darauf berufen, dass er nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung der Beklagten einen noch nicht bezifferbaren Anspruch auf Provisionsausgleich habe. Anspruchsgrundlage sei § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag in Verbindung mit Nr. 4 des Prozessvergleichs. Die Regelungen des HGB hätten die Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit nur als Berechnungsgrundlage festgelegt, ohne dass es auf die weiteren Anspruchsvoraussetzungen nach dem HGB ankomme. Es habe bei Abschluss des Arbeitsvertrages Einigkeit darüber bestanden, dass sein Handelsvertreterausgleichsanspruch schon seit Jahren verdient gewesen sei. Zur Vermeidung des ersatzlosen Verlustes dieses Ausgleichsanspruchs durch eine etwaige Kündigung hätten die Parteien vereinbart, dass ein solcher Anspruch aus der Provision der letzten drei Jahre zu ermitteln sei. De Kläger habe auch im Angestelltenverhältnis einen Anspruch auf Provisionsausgleich behalten sollen, für den in § 13 Abs. 2 des Arbeitsvertrages keinerlei zeitliche Begrenzung geregelt worden sei. Das verdeutliche insbesondere der mit „Verhandlungsgrundlage“ überschriebene Entwurf des späteren Arbeitsvertrages. Danach habe bei Kündigung durch den Arbeitgeber bis zum 1. Juni 2012 ein nach den Regeln des HGB zu berechnender Anspruch aus der durchschnittlichen Provision der letzten drei Jahre ermittelt werden sollen. Der Kläger habe dann handschriftlich verschiedene Änderungen vorgenommen, welche schließlich auch in den finalen Arbeitsvertrag übernommen worden seien. Durch diese Änderungen habe klargestellt werden sollen, dass ihm weiterhin ein Ausgleichsanspruch zustehe. Dass er als angestellter Versicherungsvermittler bei der Beklagten Geld verdient und Provision erhalten habe, spiele dagegen keine Rolle. Die aufgrund des Prozessvergleichs gezahlte Abfindung zur Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes und des damit verbundenen sozialen Besitzstandes habe mit dem streitgegenständlichen Ausgleichsanspruch nichts zu tun und sei deshalb auch unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht zu berücksichtigen. Weil der Kläger niemals eine geordnete Abrechnung des ihm zustehenden Ausgleichsanspruchs erhalten habe, müsse die Beklagte zunächst Auskunft durch Erteilung eines vollständigen Buchauszugs geben.
18Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
191. die Beklagte zu verurteilen, ihm in geordneter Zusammenstellung über alle von durch ihn vermittelten Verträge, aus denen die Beklagte im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2007 Umsätze erzielt hat, jeweils einen vollständigen Buchauszug zu erteilen, wobei der Auszug folgende Angaben zu enthalten hat:
- Name und Anschrift des Kunden
22- Datum des Vertrages
23- im Falle der vorzeitigen Beendigung: Datum der Vertragsbeendigung, und der Vertragsbeendigung, Zeit und Höhe sämtlicher Zahlungen an die Beklagte
24- Vertragsinhalt (Vertragsgegenstand, Zeitpunkt und Höhe vertraglicher Zahlungspflichten des Kunden)
25- im Falle der nachträglichen Vertragsänderung: Zeitpunkt und Inhalt der Vertragsänderung
26- von der Beklagten durch den jeweiligen Vertrag im Zeitraum 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2007 erzielten Umsätze unter Angabe der Zahlungseingänge bei der Beklagten im Zeitraum 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2007 in zeitlich geordneter Reihenfolge;
272. die Beklagte zu verurteilen, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Provisionsausgleich in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Die Beklagte hat geltend gemacht, dass dem Kläger der begehrte Anspruch auf Zahlung eines Provisionsausgleichs nicht zustehe, so dass er auch keine Auskunftserteilung verlangen könne. Die Regelung in § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag habe eine Art Kündigungsschutz darstellen sollen, falls die Beklagte kurz nach Beginn des Angestelltenverhältnisses dem Kläger gekündigt hätte. Dazu sei die Geltung der Grundsätze zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs für Versicherungsvermittler vereinbart worden, was sich aber ausschließlich auf die selbständige Tätigkeit des Klägers bis zum 30. Juni 2007 bezogen habe. Weil in § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag vom Durchschnitt der letzten drei Jahre die Rede sei, hätte ein Anspruch nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb von drei Jahren nach dem 1. Juli 2007 entstehen können. Im Anschluss an die selbständige Tätigkeit des Klägers habe das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien tatsächlich jedoch mehr als sechs Jahre bestanden. Deshalb sei der während seiner selbständigen Tätigkeit vom Kläger geschaffene Goodwill eine längere Zeit ihm selbst und nicht ausschließlich der Beklagten zu Gute gekommen. Als angestellter Versicherungsvermittler habe der Kläger neben seinem Monatsgehalt und Dienstwagen weiterhin Provisionszahlungen erhalten. Das Einkommen des Klägers sei sogar gestiegen. Es liege auf der Hand, dass ihm der Ausgleichsanspruch nicht zustehe, weil er ja gerade als Arbeitnehmer über sechs Jahre weiterbeschäftigt worden sei und dann Kündigungsschutz gehabt habe. Unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit müsse außerdem berücksichtigt werden, dass an den Kläger nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von 10.000,00 Euro gezahlt worden sei. Darüber hinaus habe der Kläger im Rahmen seiner jetzigen selbständigen Tätigkeit auf Kundenverbindungen der Beklagten zugegriffen und sie durch erhebliche Stornobelastungen sowie Einkommenseinbußen durch abgehende Verträge geschädigt. Im großen Umfang seien Kunden von ihr zu ihm gewechselt. Im Übrigen habe der Kläger für jeden der Monate des begehrten Auskunftszeitraums vom 1. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2007 eine „Abrechnung der Bezüge freier Vermittler“ einschließlich der Provisionsabrechnungen erhalten. Dort seien die einzelnen Verträge und Provisionszahlungen aufgeführt. Etwas anderes könne der Kläger nicht verlangen.
34Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die zulässige Stufenklage sei insgesamt abzuweisen, weil ein Anspruch auf Provisionsausgleich nicht bestehe. Nr. 4 des Prozessvergleichs begründe keinen eigenständigen Anspruch. Der nach § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag vorgesehene Anspruch wäre nur entstanden, wenn die Beklagte das Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Jahren nach dem 1. Juli 2007 gekündigt hätte. Zwar sehe die Bestimmung keine zeitliche Begrenzung vor. Sie komme aber deutlich in den Berechnungsfaktoren zum Ausdruck, wonach der Anspruch aus der durchschnittlichen Provision der letzten drei Jahre ermittelt und zugleich die Tätigkeit gemäß HGB berücksichtigt werden solle. Dieses Auslegungsergebnis werde bestätigt von dem Hintergrund des wenn auch von den Parteien unterschiedlich geschilderten Regelungszwecks, nämlich einer Einbeziehung der Tätigkeit des Klägers als freier Versicherungsvermittler, wie es in § 13 Abs. 3 Arbeitsvertrag als Erläuterung ausdrücklich aufgenommen worden sei. Der gesetzliche Anspruch aus § 89b HGB diene lediglich dem Ausgleich von Provisionsverlusten aus vor Beendigung noch nicht abgeschlossenen, aber in engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit vom Vertreter vermittelten Verträgen stehenden Geschäften; dieser Zusammenhang könne nicht zeitlich unbegrenzt bestehen. Zudem sei nicht ersichtlich, dass überhaupt noch auszugleichende Provisionsverluste bei einer längeren Beschäftigungsdauer bestehen würden. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Seite 7 bis 15, Bl. 114 ff. d. A.) verwiesen.
35Das Urteil wurde dem Kläger am 9. November 2016 zugestellt. Hiergegen richtet sich seine am 21. November 2016 eingelegte und mit dem am 19. Dezember 2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.
36Der Kläger hat zunächst seine erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträge weiter verfolgt und vorgetragen, bereits nach dem eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag sei Voraussetzung für einen Anspruch nur die Kündigung des Arbeitgebers, eine zeitliche Befristung bestehe nicht. Hierfür gebe es im Wortlaut keinen Anhaltspunkt. Die Parteien hätten zudem das Problem einer möglichen zeitlichen Befristung der Anspruchsentstehung erkannt und hierüber verhandelt. Sie seien letztlich übereingekommen, die im Entwurf enthaltene zeitliche Befristung der Anspruchsentstehung ersatzlos zu streichen. Den Parteien sei zudem bewusst und bekannt gewesen, dass der Kläger aufgrund seiner selbständigen Vermittlungstätigkeit einen Provisionsausgleichsanspruch verdient hatte. Sie hätten jedoch vor dem Problem gestanden, dass sie diesen noch vor Abschluss des Arbeitsvertrages hätten vollständig berechnen müssen. Dieses hätten sie sich ersparen wollen und daher als Berechnungsgrundlage in § 13 Arbeitsvertrag vereinbart, dass der Anspruch sich aus der durchschnittlichen Provision der letzten 3 Jahre ermittle. Nach dem Hinweis des Berufungsgerichts vom 1. Februar 2017 (vgl. Bl. 177 f. d. A.), wonach ein zeitlich unbefristeter Ausgleichsanspruch nach den Regeln des § 89b HGB im Falle einer Kündigung durch die Beklagte unter Zugrundelegung der Provisionen in den letzten 3 Jahren des Arbeitsverhältnisses in Betracht komme, hat der Kläger hilfsweise Auskunft über die durch ihn vermittelten Verträge in der Zeit vom 1. August 2010 bis 31. Juli 2013 verlangt. Auch für diesen Zeitraum habe der Kläger in entschuldbarer Art und Weise keine Kenntnis von den der Beklagten vermittelten Verträgen, sodass ihm grundsätzlich ein Auskunftsanspruch zustehe. Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung sprächen für dieses Ergebnis. Insbesondere honoriere es, dass der Kläger durch den Wechsel in das Arbeitsverhältnis und den damit verbundenen, jedoch noch zu erwerbenden Sozialbesitzschutzansprüchen sich nicht lediglich auf dem Arbeitsverhältnis ausruhe und seiner Tätigkeit nur nach mittlerer Art und Güte nachgehe, sondern vielmehr aktiv an der Umsatzentwicklung der Beklagten mitwirke und hierdurch letztlich seinen eigenen Provisionsanspruch erhöhe. Es gehe damit nur um den Bezugszeitraum, welcher für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs maßgeblich sein solle.
37Der Kläger beantragt,
38unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hagen vom 25. Oktober 2016 (5 Ca 2507/16)
391. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger in geordneter Zusammenstellung über alle von durch ihn vermittelten Verträge, aus denen die Beklagte im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2007 Umsätze erzielt hat, jeweils einen vollständigen Buchauszug zu erteilen, wobei der Auszug folgende Angaben zu enthalten hat:
- Name und Anschrift des Kunden
42- Datum des Vertrages
43- im Falle der vorzeitigen Beendigung: Datum der Vertragsbeendigung, und der Vertragsbeendigung, Zeit und Höhe sämtlicher Zahlungen an die Beklagte
44- Vertragsinhalt (Vertragsgegenstand, Zeitpunkt und Höhe vertraglicher Zahlungspflichten des Kunden)
45- im Falle der nachträglichen Vertragsänderung: Zeitpunkt und Inhalt der Vertragsänderung
46- von der Beklagten durch den jeweiligen Vertrag im Zeitraum 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2007 erzielten Umsätze unter Angabe der Zahlungseingänge bei der Beklagten im Zeitraum 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2007 in zeitlich geordneter Reihenfolge;
472. die Beklagte zu verurteilen, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern;
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Provisionsausgleich in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2015 zu zahlen;
4. hilfsweise für den Fall der Berufungszurückweisung mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger in geordneter Zusammenstellung über alle von durch ihn vermittelten Verträge, aus denen die Beklagte im Zeitraum vom 1. August 2010 bis zum 31. Juli 2013 Umsätze erzielt hat, jeweils einen vollständigen Buchauszug zu erteilen, wobei der Auszug folgende Angaben zu enthalten hat:
- Name und Anschrift des Kunden
54- Datum des Vertrages
55- im Falle der vorzeitigen Beendigung: Datum der Vertragsbeendigung, und der Vertragsbeendigung, Zeit und Höhe sämtlicher Zahlungen an die Beklagte
56- Vertragsinhalt (Vertragsgegenstand, Zeitpunkt und Höhe vertraglicher Zahlungspflichten des Kunden)
57- im Falle der nachträglichen Vertragsänderung: Zeitpunkt und Inhalt der Vertragsänderung
58- von der Beklagten durch den jeweiligen Vertrag im Zeitraum 1. August 2010 bis 31. Juli 2013 erzielten Umsätze unter Angabe der Zahlungseingänge bei der Beklagten im Zeitraum 1. Juli 2010 bis 31. Juli 2013 in zeitlich geordneter Reihenfolge.
59Die Beklagte beantragt,
60die Berufung zurückzuweisen.
61Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage als zutreffend. Schon der Wortlaut von § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag spreche dafür, dass der Anspruch nicht zeitlich unbegrenzt habe gelten sollen, da in der Formulierung ausdrücklich auf die Regeln des HGB Bezug genommen werde. Einer solchen Bezugnahme hätte es nicht bedurft, wenn dem Kläger in jedem Fall ein Anspruch hätte zustehen sollen. Das ursprünglich vorgesehene Datum „1.6.2012“ sei zwar in der endgültigen Formulierung nicht mehr enthalten, ebenso wenig aber auch der vom Kläger im Entwurf vorgesehene feststehenden Ausgleichsanspruch, der bei Kündigung zu zahlen sei. Vielmehr seien die handschriftlichen Ergänzungen des Geschäftsführers Teil der endgültigen Formulierung. Im Übrigen sei es keineswegs so, dass der Kläger seine bereits verdienten Provisionsausgleichsansprüche verloren hätte. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn das Arbeitsverhältnis kurz nach Beginn wieder geendet hätte. Unter Berücksichtigung des Sinns der Regelung des § 89b HGB und der von den Parteien getroffenen Regelung, einen Zeitraum von drei Jahren zugrunde zu legen, würde es überhaupt keinen Sinn haben, wenn gleichwohl dem Kläger ein unbefristeter Ausgleichsanspruch zugestanden hätte. Nach dem Hinweis des Berufungsgerichts vom 1. Februar 2017 trägt die Beklagte ergänzend vor, bereits aus dem Wortlaut der Vereinbarung, dass der Anspruch aus der durchschnittlichen Provision der letzten drei Jahre ermittelt werde, welcher die Tätigkeit gemäß HGB berücksichtige, folge zwingend, dass nur die durchschnittliche Provision der letzten drei Jahre zugrunde zu legen sei, in welcher der Kläger als selbständiger Versicherungsvertreter tätig gewesen sei. In der Zeit danach habe ein Arbeitsverhältnis bestanden, sodass es sich schon nicht um eine „Tätigkeit gemäß HGB“ gehandelt habe. Im Übrigen lägen dem Kläger die verlangten Auskünfte bereits vor. Für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2007 habe er monatlich eine „Abrechnung der Bezüge freier Vermittler einschließlich Provisionsabrechnungen“ unstreitig erhalten. Auch während des Arbeitsverhältnisses seien Abschlussprovisionen und Veränderungsprovisionen abgerechnet und ausgezahlt worden. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch sei, dass der Versicherungsvermittler als Folge der Vertragsbeendigung Ansprüche auf Provisionen verliere; vorliegend seien dem Kläger alle Provisionen während seiner Zeit als angestellter Mitarbeiter zugeflossen. Insbesondere könne ein Ausgleichsanspruch im Falle des § 89b HGB nur dann bestehen, wenn die Zahlung unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspreche. Das sei hier nicht Fall, weil der Kläger nach seiner selbständigen Tätigkeit als Angestellter für die Beklagte tätig geworden sei, während der er ein höheres Einkommen gehabt habe als während seiner Zeit als selbständiger Versicherungsvertreter. Stehe dem Kläger aus Billigkeitserwägungen kein Anspruch zu, bestehe auch kein Auskunftsanspruch. Zudem habe sich der Kläger nach Beendigung seiner Tätigkeit bei der Beklagten mit einer eigenen Versicherungsagentur selbständig gemacht, erziele hieraus Provisionen und sei deswegen nicht schutzwürdig. Er bekomme nunmehr sogenannte Bestandsprovisionen. Darüber hinaus erhalte er Provisionen aus Verträgen mit den bei der Beklagten abgeworbenen Kunden. Würde dem Kläger ein Auskunftsanspruch zustehen, könne er aus den entsprechenden Angaben Kunden gezielt ansprechen.
62Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien zur Sach- und Rechtslage wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts vom 29. April 2016 und 25. Oktober 2016 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 14. März 2017 verwiesen.
63Entscheidungsgründe
64Über die zulässige Berufung des Klägers war durch Teilurteil zu entscheiden, weil gemäß § 301 Abs. 1 ZPO sie hinsichtlich eines Teils der geltend gemachten Ansprüche zur Endentscheidung reif ist. Die Berufung ist unbegründet, soweit sich der Kläger gegen die Abweisung der Klage auf Erteilung eines Buchauszuges (Antrag zu 1) aus der Berufungsbegründung vom 19. Dezember 2016 und Antrag zu 4) aus dem Schriftsatz vom 14. Februar 2017) sowie auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (Antrag zu 2) aus der Berufungsbegründung) richtet.
65I.
66Die Berufung ist insgesamt zulässig. Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) und fristgerecht (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG) begründet worden. Soweit in dem mit Schriftsatz vom 14. Februar 2017 hilfsweise gestellten Antrag zu 4) eine Klageänderung liegt, ist diese gemäß § 533 ZPO zulässig, insbesondere sachdienlich und auf dem ohnehin zu berücksichtigen Vorbringen im Prozess beruhend.
67II.
68Die Berufung ist hinsichtlich des klägerischen Begehrens auf Erteilung eines vollständigen Buchauszuges für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2007, hilfsweise 1. August 2010 bis 31. Juli 2013 jedoch unbegründet.
691. Dies folgt jedoch entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagen nicht daraus, dass dem Kläger kein Ausgleichsanspruch nach § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag zusteht. Das Gegenteil ist der Fall. Die Parteien haben einen Ausgleichsanspruch des Klägers ohne zeitliche Befristung für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung der Beklagten vereinbart.
70a) Nach § 133 und 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt (vgl. BAG 23. Juni 2016 - 8 AZR 757/14 - Rn. 19; 10. Dezember 2014 - 10 AZR 63/14 - Rn. 21; 21. Januar 2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 57).
71b) Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag wird bei einer Kündigung durch die Beklagte „ein nach den Regeln des HGB zu berechnender Anspruch aus den durchschnittlichen Provisionen der letzten drei Jahre ermittelt“. „Nach den Regeln des HGB“ sieht lediglich § 89b HGB im Falle einer Beendigung eines Vertragsverhältnisses einen Ausgleichsanspruch für den Verlust von Provisionen aus bereits vermittelten, aber noch nicht abgeschlossenen Geschäften vor. § 13 Abs. 2 HGB Arbeitsvertrag regelt damit einen - wenn auch im Arbeitsverhältnis untypischen - Ausgleichsanspruchs des ausscheidenden Vertreters, als welcher der Kläger für die Beklagte tätig war.
72Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag i. V. m. Abs. 3 ist weiter geregelt, dass der Anspruch „die Tätigkeit gemäß HGB berücksichtigt“ wobei erläuternd hinzugefügt ist, dass der Kläger „in der Zeit vom 01.01.1998 - 30.06.2007 als freier Vermittler, selbständig für die Agentur tätig“ war. Damit ist zugleich klargestellt, dass im Falle eines frühzeitig nach Beginn des Arbeitsverhältnisses (1. Juli 2007) erfolgten Ausscheidens des Klägers aufgrund Kündigung der Beklagten für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag in den dann geltenden 3‑Jahres-Zeitraum die Tätigkeit als freier Vermittler mit einzubeziehen ist.
73Aus dem Wortlaut ergibt sich dagegen weder, dass ausschließlich die Zeit als freier Vermittler für die letzten drei Jahre dieser Tätigkeit der Berechnung der durchschnittlichen Provision zu Grunde zu legen ist, noch eine Befristung dieses Ausgleichsanspruchs.
74c) Bestätigt wird dies durch die Entstehungsgeschichte. Der ursprünglich von der Beklagten vorgelegte Entwurf des Arbeitsvertrages sah bei ansonsten gleichem Wortlaut eine Befristung des Ausgleichsanspruchs bis zum 1. Juni 2012 vor. Das fehlende Einverständnis des Klägers wird dokumentiert durch seinen handschriftlichen Eintrag, dass ein zum 31. Mai 2007 bestehender Ausgleichsanspruch beziffert festgelegt werden sollte, der dann im Falle einer Kündigung zu zahlen war. Der Betrag war offen, im Übrigen ist diese Regelung nicht Gegenstand der Vereinbarung geworden. Vielmehr haben die Parteien sich sodann darauf geeinigt, dass der Ausgleichsanspruch zeitlich nicht mehr befristet ist und zugleich klargestellt, dass für den 3-Jahres-Zeitraum gegebenenfalls auch die Provisionen zu berücksichtigen sind, die noch während der Tätigkeit als freier Vermittler angefallen waren.
75Damit war zum einen die vom Kläger gewünschte Vereinbarung eines bezifferten Ausgleichsanspruchs nicht zustande gekommen. Das spricht dagegen, dass ein solcher Anspruch als unbezifferter Anspruch bezogen auf die letzten drei Jahre der Handelsvertretertätigkeit dauerhaft festgeschrieben werden sollte. Auf der anderen Seite ist die Streichung der ursprünglich vorgesehenen Befristung der Regelung nicht anders zu verstehen, als dass nunmehr eine dauerhafte Regelung geschaffen werden sollte. Die Beklagte sollte sich aus dem Arbeitsverhältnis nicht ohne Ausgleichsanspruch des Klägers lösen können. Es war nur klargestellt, dass in den 3-Jahres-Zeitraum für die Ermittlung der durchschnittlichen Provision auch die Tätigkeit des Klägers als freier Vermittler zu berücksichtigen war, soweit der Zeitraum entsprechend zurück reichte.
76d) Dies entspricht auch der Interessenlage und dem Sinn und Zweck dieser Regelung. Der Kläger hatte ein offenkundiges Interesse, bei einem Wechsel in ein Arbeitsverhältnis zu der Beklagten den etwaigen Ausgleichsanspruch aus seiner selbständigen Tätigkeit nicht zu verlieren. Dies galt insbesondere für den Fall, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis kurzfristig nach dessen Beginn kündigte. Darüber hinaus bestand ohnehin, wie sich aus dem Kündigungsschutzverfahren der Parteien (Arbeitsgericht Hagen - 5 Ca 1285/13) ergibt, kein Kündigungsschutz für den Kläger, weil die Beklagte nicht die entsprechende Zahl von Arbeitnehmern im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigte. Zudem sollte der Kläger weiter die Leitung der Geschäftsstelle in T nach dem Arbeitsvertrag übernehmen. Sein künftiges Einkommen sah zwar zum einen ein Festgehalt vor, zum anderen aber weiterhin in erheblichem Umfang (von bis zu 50 % der Gesamteinkünfte) Provisionen. Angesichts der vorherigen langjährigen Tätigkeit seit 1995 sowohl im Angestellten- als auch im freien Versicherungsvertreterverhältnis lag die Vereinbarung eines Ausgleichsanspruchs für die Zeit des Arbeitsverhältnisses im erkennbaren Interesse des Klägers.
77Umgekehrt bestand das Interesse der Beklagten für den Kläger erkennbar darin, einen fest bezifferten Ausgleichsanspruch, der dauerhaft geschuldet wird, zu vermeiden. Dies galt nicht nur hinsichtlich der Umstände der Ermittlung eines solchen Anspruchs vor Abschluss des Arbeitsvertrages, sondern auch hinsichtlich der gegebenenfalls zu erwartenden Höhe. Darüber hinaus wurde das Interesse der Beklagten berücksichtigt, das der nahtlose Anschluss des Arbeitsverhältnisses mit den darin vereinbarten Vergütungsbedingungen mit zunehmender Dauer des Arbeitsverhältnisses hinreichend Berücksichtigung fand, weil ein Ausgleich etwaiger verlorener Provisionen aus dem freien Handelsvertreterverhältnis durch den fortdauernden Bestand teilweise stattfand. Wenn die Beklagte sodann die zunächst vorgesehene Befristung dieses Ausgleichsanspruchs strich, ist dem zu entnehmen, dass für das Entgegenkommen des Klägers durch den Verzicht auf einen bezifferten Anspruch eine dauerhafte Zusicherung des Ausgleichs vereinbart werden sollte.
78e) Im Ergebnis haben die Parteien eine Regelung geschaffen, mit der ein endgültiger Verlust des Ausgleichsanspruchs zum 30. Juni 2007 vermieden wurde, weil einerseits durch die Fortsetzung der bisher selbständigen Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis bereits ein gewisser, wenn auch nicht vollständiger Ausgleich geschaffen wurde, andererseits aus der weiteren Regelung mit dem Verweis auf die Handelsvertretertätigkeit deutlich wurde, dass der zu berücksichtigende Zeitraum der Provisionszahlung auch diese je nach Zeitpunkt der Kündigung mitumfasste. Die Beklagte musste also diese Zeit mit deutlich höheren Provisionen berücksichtigen, wenn sie innerhalb der ersten drei Jahre kündigte. Im Hinblick auf den zusätzlichen Kündigungsschutz war zudem eine dauerhafte Regelung erreicht, welche berücksichtigte und kompensierte, dass die Beklagte nicht schon zum 30. Juni 2007 einen Ausgleich nach § 89b HGB vorzunehmen hatte. Auf der anderen Seite wurde mit zunehmender Dauer des Arbeitsverhältnisses das Niveau des Ausgleichs dem Niveau der Provision im Arbeitsverhältnis angeglichen.
79Nach alledem haben die Verweise auf das HGB und die Vereinbarung eines Berechnungszeitraumes von drei Jahren für die zu ermittelnde durchschnittliche Provision nicht den Sinn und Zweck oder zur Folge, dass ein solcher Ausgleichsanspruch lediglich für die ersten drei Jahre des Arbeitsverhältnisses gewährt werden sollte. Nach der Streichung der vorherigen Befristung hätte das einer ausdrücklichen Vereinbarung bedurft, denn eine konkludente Befristung war unter diesen Umständen nicht mehr ersichtlich.
802. Der Kläger besitzt jedoch für den in § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag vereinbarten Ausgleichsanspruch keinen Anspruch auf Erteilung eines vollständigen Buchauszuges. Entsprechend entfällt auch ein Anspruch auf Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit eines solchen Auszuges an Eides statt.
81a) Ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges folgt insbesondere nicht aus § 87c Abs. 2 HGB. Danach kann der Handelsvertreter bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Dies gilt entsprechend für Arbeitnehmer, die auf Provisionsbasis tätig sind (vgl. § 65 HGB). Voraussetzung für die Geltendmachung der Rechte aus § 87c HGB ist die sogenannte Provisionsrelevanz, also die Möglichkeit, dass dem Vertreter aus dem Vertragsverhältnis ein Anspruch auf Provision, über welche der Unternehmer bzw. Arbeitgeber bereits abzurechnen hat, oder auf Schadensersatz wegen entgangener Provision zustehen kann (vgl. EBJS/Löwisch, 3. Auflage, 2014, § 87c HGB Rn. 9 m. w. N.).
82b) Für den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist umstritten, inwieweit ein Buchauszugsanspruch nach § 87c Abs. 2 HGB hierzu als Nebenanspruch besteht.
83aa) Nach einer Auffassung können die Rechte des § 87c HGB auch zur Kontrolle anderer als Provisionsansprüche geltend gemacht werden, etwa des Ausgleichs nach § 89b HGB. Die Begrenzung auf provisionsrelevante Umstände bedeute nicht, dass ein Auszug allein der Prüfung von Provisionsansprüchen diene, er dürfe vielmehr auch zur Vorbereitung einer Ausgleichsklage gefordert werden (vgl. Staub/Emde, HGB, 5. Auflage, 2008, § 87c HGB Rn. 11 f.).
84bb) Nach anderer Auffassung besteht kein Anspruch auf Buchauszug zur Vorbereitung eines Ausgleichsanspruchs. Zwar könne ein erhaltener Buchauszug für den Ausgleichsanspruch tatsächlich nutzbar gemacht werden. Eine rechtliche Verknüpfung dahin, dass ein Buchauszug zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs geschuldet wäre und verlangt werden könne, bestehe jedoch grundsätzlich nicht, weil die dafür darzulegenden Umstände regelmäßig nicht mit den Angaben einer solchen Auskunft notwendig verknüpft sind (vgl. OLG Celle 20. April 2004 - 11 U 61/04 - zu 2 a) der Gründe). Allenfalls ein ergänzender Anspruch auf Auskunft nach § 87c Abs. 3 HGB hinsichtlich solcher Tatsachen, welche nicht in die Provisionsabrechnung oder den Buchauszug gehören, könnten in einem solchen Fall noch bestehen und zwar beschränkt auf Vorgänge aus der Zeit des bestehenden Vertragsverhältnisses (vgl. EBJS/Löwisch, 3. Auflage, 2014, § 87c Rn. 12).
85Ein Anspruch auf Auskunft über die nach Vertragsende eingetretene Entwicklung der Versicherungsverträge scheitere daran, dass Grundlage der Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB eine Prognose über die nach Vertragsbeendigung zu erwartenden Unternehmervorteile und Provisionsverluste sei, welche auf der Grundlage der vom Handelsvertreter darzulegenden Entwicklung seiner bis zum Vertragsende erzielten Provisionseinkünfte vorzunehmen sei. Für diese Prognose sei es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Vertreter darlege, in welchem Umfang Verlängerungen und Summenerhöhungen während der Dauer seiner Vertretungstätigkeit vorgekommen seien, denn hieraus könne auf eine entsprechende weitere Entwicklung nach dem Ausscheiden geschlossen werden (vgl. BGH 3. April 1996 - VII ZR 54/95 - zu III. 2. der Gründe).
86cc) Der Bundesgerichtshof hat im Übrigen offengelassen, ob der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 HGB im Hinblick auf einen primär geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichs nach § 89b HGB eine Nebenforderung darstellt (vgl. BGH 23. November 2011 - VIII ZR 203/10 - Rn. 54).
87c) Im vorliegenden Fall ist jedoch zu beachten, dass im Unterschied zum gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB die Parteien die Höhe des Ausgleichsanspruchs in § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag fest geregelt haben. Nach § 89b Abs. 2 i. V. m. Abs. 5 HGB beträgt bei einem Versicherungsvertreter der Ausgleich höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre der Tätigkeit als Versicherungsvertreter berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung, richtet sich nach der Vermittlung neuer bzw. der wesentlichen Erweiterung bestehender Versicherungsverträge und ist nach den Grundsätzen des § 89b Abs. 1, 3 und 4 zu ermitteln. § 13 Abs. 2 Arbeitsvertrag sieht dagegen vor, dass der Ausgleich aus der durchschnittlichen Provision der letzten drei Jahre ermittelt wird. Eine Prognose zu erwartenden Unternehmervorteile und Provisionsverluste, für die es auf einen Buchauszug ankommen könnte, ist danach nicht erforderlich.
88Der Kläger hat sowohl für seine Tätigkeit als Versicherungsvermittler als auch im hier nur noch allein zu berücksichtigenden Zeitraum des Arbeitsverhältnisses Abrechnungen über seine Provision unstreitig erhalten. Nach den vertraglichen Vereinbarungen besaß der Kläger Anspruch auf Abschlussprovision und Veränderungsprovision, während eine Bestandsprovision nicht gezahlt wurde, stattdessen bezog er Gehalt. Soweit der Kläger gerügt hat, dass er eine nachvollziehbare Abrechnung seines Ausgleichsanspruchs noch nicht bekommen hat, bedarf es dieser angesichts der zuvor erhaltenen Abrechnungen im Arbeitsverhältnis für die Ermittlung des Ausgleichsanspruches nicht. Dementsprechend besteht auch kein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges. Der Kläger kann den ihm zustehenden Ausgleich auf der Grundlage der erhaltenen Provisionsabrechnungen aus dem Arbeitsverhältnis berechnen.
89d) Mangels Anspruch auf einen Buchauszug ist auch ein Anspruch auf Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit an Eides statt nicht gegeben.
903. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob im Zusammenhang mit einem arbeitsvertraglich vereinbarten Ausgleichsanspruch ein Buchauszugsanspruch besteht, zuzulassen.