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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 07.05.2020 - 1 Ca 2331/19 - wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das vorgenannte Urteil abgeändert.
Es wird festgestellt, dass dem Kläger für das Kalenderjahr 2019 noch zwei Freistellungstage nach § 3d des Einheitlichen Manteltarifvertrages für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein Westfalen vom 18.12.2013 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 14.02.2018 zustehen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Freistellung nach § 3d des einheitlichen Manteltarifvertrages für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein Westfalen vom 18.12.2013 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 14.02.2018 (zukünftig: „EMTV“), hilfsweise über die Zahlung eines tariflichen Zusatzgeldes nach § 2 Nr. 2a des Tarifvertrages Tarifliches Zusatzgeld für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein Westfalen vom 14.02.2018 (zukünftig: „TV T-ZUG“) im Umfang von zwei Tagen.
3Der am 18.07.19XX geborene und verheiratete Kläger ist seit dem 16.02.2016 bei der Beklagten in der Abteilung „Bearbeitungszentrum“ beschäftigt. Er ist zwei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Mindestens ein Kind hat das achte Lebensjahr nicht vollendet, lebt mit dem Kläger in häuslicher Gemeinschaft und wird von ihm selbst betreut und erzogen.
4Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit unter anderem der seit dem 01.01.2019 der Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 08.11.2018 (zukünftig: „MTV“), bis dahin der EMTV in der Fassung vom 14.02.2018 (zukünftig: „EMTV“), das Entgeltrahmenabkommen und der TV T-ZUG vom 14.02.2018 Anwendung.
5Nach § 2 TV T-ZUG erhalten Beschäftigte, die jeweils am 31.07. eines Kalenderjahres in einem Arbeitsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen 6 Monate angehört haben, ein tarifliches Zusatzgeld.
6In § 3d EMTV heißt es dazu auszugsweise:
7„§ 3d Tarifliche Freistellungszeit in besonderen Fällen
8Beschäftigte können nach Maßgabe nachfolgender Bestimmungen verlangen, statt des tariflichen Zusatzgeldes nach § 2 Nr. 2 a) TV T-ZUG eine Freistellung in Anspruch zu nehmen.
91. Die Möglichkeit eine bezahlte Freistellung in Anspruch zu nehmen, besteht für folgende Beschäftigtengruppen:
10a) Beschäftigte mit einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden, die
11in drei oder mehr als drei Schichten oder nur in der Nachtschicht arbeiten (nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 5 Jahren und nachdem sie mindestens 3 Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber üblicherweise in Schicht gearbeitet haben),
12in Wechselschicht arbeiten
13(ab dem 1. Januar 2019 nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 15 Jahren und nachdem sie 10 Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber üblicherweise in Schicht gearbeitet haben,
14ab dem 1. Januar 2020 nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 7 Jahren und nachdem sie 5 Jahre beim derzeitigen Arbeitgeber üblicherweise in Schicht gearbeitet haben)
15und voraussichtlich im Folgejahr in einem der vorgenannten Schichtmodelle beschäftigt sein werden.
16b) Beschäftigte mit einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden und / oder Vollzeitbeschäftigte, die nach dem 1. Januar 2019 ihre individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit reduzieren oder in verkürzte Vollzeit wechseln, und
17die einen Angehörigen ersten Grades (Eltern und Kinder), einen Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft oder Schwiegereltern in häuslicher Umgebung pflegen, der mindestens den Pflegegrad 1 aufweist,
18oder
19die ihr in häuslicher Gemeinschaft lebendes Kind bis zur Vollendung des achten Lebensjahres selbst betreuen und erziehen.
20Der Anspruch besteht erstmalig nach einer mindestens zweijährigen ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit zum Zeitpunkt der Antragsstellung.
212. Beschäftigte können bis zum 31. Oktober eines Jahres den Anspruch für das Folgejahr geltend machen.
22Pro pflegebedürftigem Angehörigen und / oder pro Kind kann die Freistellung höchstens zwei Mal in Anspruch genommen werden. Der Anspruch kann auch für zwei Jahre in Folge geltend gemacht werden.
23In akuten Fällen der Pflegebedürftigkeit kann die Freistellung für den Folgemonat mit einer Ankündigungsfrist von zehn Tagen geltend gemacht werden. […]
243. Der Freistellungsanspruch beträgt acht Tage für Beschäftigte, bei denen sich die Arbeitszeit regelmäßig auf fünf Tage pro Woche verteilt.
25Grundsätzlich erfolgt die Inanspruchnahme in Form, von ganzen freien Tagen, vergleichbar dem Verfahren bei der Urlaubsnahme. Arbeitgeber und Beschäftigter können sich einvernehmlich auch auf eine hiervon abweichende Inanspruchnahme verständigen.
26Bei der zeitlichen Festlegung der Freistellung sind die Wünsche des Beschäftigten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten zu berücksichtigen.
27Kann der Freistellungsanspruch aus personenbedingten Gründen nicht oder nicht vollständig im Kalenderjahr genommen werden, geht der Freistellungsanspruch unter. Im Umfang der nicht realisierten Freistellungstage besteht der Anspruch auf das tarifliche Zusatzgeld nach § 2 Nr. 2 a) TV T-ZUG.
28Endet das Arbeitsverhältnis nach Realisierung der Freistellungstage vor dem 31. Juli eines Kalenderjahres, ist die Differenz im Arbeitsentgelt zu verrechnen.
29Die Ausübung einer Nebenbeschäftigung während der Freistellungszeit ist nicht zulässig.
304. Der Anspruch, statt tariflichem Zusatzgeld nach § 2 Nr. 2 a) TV T-ZUG freie Tage zu gewähren, kann durch freiwillige Betriebsvereinbarung auf den ganzen Betrieb, bestimmte Beschäftigtengruppen oder Abteilungen / Bereiche, z.B. auch auf Vollkonti- Schicht-Beschäftigte, erweitert werden.
315. Betriebsrat und Arbeitgeber haben bis zum 31. Dezember eines Kalenderjahres anhand der vorliegenden Anträge zu erörtern, wie das entfallende Arbeitsvolumen betriebsintern ausgeglichen werden kann. Dabei ist die Nutzung der vorhandenen betrieblichen und tariflichen Instrumente zu erörtern, insbesondere:
32Vereinbarung von Mehrarbeit
33Anwendung des Volumenmodells nach § 3b
34Nutzung von Arbeitszeitkonten
35Anwendung von § 3 Nr. 15
36Stellen die Betriebsparteien fest, dass der Anspruch nicht für alle Antragsteller realisiert werden kann, können sie eine Reihenfolge festlegen. Dabei sollen folgende Kriterien berücksichtigt werden:
37Dauer und Intensität der Belastung
38Betriebszugehörigkeit
39Die Betriebsparteien können darüber hinaus weitere Kriterien festlegen.
40Kommt keine Einigung zustande und kann das entfallende Arbeitsvolumen nicht mit der entsprechenden Qualifikation betriebsintern kompensiert werden, kann der Arbeitgeber solche Anträge ablehnen.
41Wird das entfallende Volumen durch Arbeitsverträge mit einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 35 Stunden gem. § 3 Nr. 3 Abs. 1 kompensiert, finden diese keine Berücksichtigung bei den Quoten gem. § 3 Nr. 3 Abs. 5 und § 3a. Entsprechendes gilt für das Volumenmodell gem. § 3b.
426. Im Rahmen der Gespräche über die Personalplanung nach § 92 BetrVG sind zwischen den Betriebsparteien insbesondere die möglichen Auswirkungen dieses Tarifvertrages auf Beschäftigte und den Betrieb gesondert zu diskutieren.“
43Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet des Weiteren die „Betriebsvereinbarung über flexible Arbeitszeit vom 14.06.2010“ Anwendung. Dort ist bezüglich des Abbaus von Stunden aus dem Arbeitszeitkonto geregelt: „Wurde Freizeitausgleich vereinbart, so kann der Freizeitausgleich z. B. durch Krankheit, Urlaub oder andere Zeiten, für die der Arbeitgeber bzw. Dritte (Krankenkasse, Arbeitsamt und andere) das Arbeitsentgelt bzw. Lohnersatzleistungen zu vergüten haben, nicht verbraucht werden“. Diese Betriebsvereinbarung wurde über den ursprünglichen betrieblichen Geltungsbereich hinaus am 12.04.2016 seit dem 01.07.2016 auf die Abteilung „Bearbeitungszentrum“ ausgedehnt.
44Der Kläger ist in die Gruppe 8 Stufe 1 des Entgeltrahmenabkommens eingruppiert und verdient monatlich ein Gesamtentgelt in Höhe von durchschnittlich 3.336,31 EUR.
45Der Kläger hat bis zum 31.10.2018 gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Umwandlung des tariflichen Zusatzgeldes in Freistellung für das Kalenderjahr 2019 geltend gemacht. Die Beklagte hat dem Antrag des Klägers bis zum 31.12.2018 stattgegeben. Im April 2019 einigten sich die Parteien darauf, dass der Kläger unter anderem am 11. und 12.03.2019 bezahlte Freistellung erhalten solle.
46Vom 05.06.2019 bis einschließlich 12.06.2019 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin Lohnfortzahlung im Zeitraum vom 05.06. bis zum 10.06.2019: „krank mit Lohnfortzahlung“ und für die beiden Tage 11. und 12.06.2019 „krank mit Lfz. im Zusatzurlaub“.
47Unter dem 20.08.2019 begehrte der Kläger von der Beklagten bis zum 03.09.2019 die Bestätigung, dass die beiden Freistellungstage 11. und 12.06.2019 „nicht verfallen sind“, so dass sie im verbleibenden Kalenderjahr auf Antrag gewährt werden konnten. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 19.09.2019 mit, es bestehe keinerlei Veranlassung, die Freistellungstage nachzugewähren. Sie seien verbraucht. Die Regelung des § 9 Urlaubsgesetz greife nicht, da es sich bei den beiden Tagen nicht um Urlaubstage handele.
48Mit seiner am 15.10.2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass ihm für das Jahr 2019 noch 2 Freistellungstage zu gewähren seinen, hilfsweise die Zahlung des tariflichen Zusatzgeldes in Höhe von 229,37 EUR begehrt. Den Hauptantrag hat der Kläger in der Folge zurückgenommen und den ursprünglichen Hilfsantrag als Hauptantrag zur Entscheidung gestellt.
49Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die beiden geltend gemachten Freistellungstage 11. und 12.06.2019 seien nicht verfallen. Denn die Beklagte habe in der Abrechnung Juni 2019 für den 11. + 12.06. zutreffend „Krank mit Lohnfortzahlung im Zusatzurlaub“ geleistet.Jedenfalls müsse bei der Frage der Anrechnung von Freistellungstagen auf den Rechtsgedanken des § 9 BUrlG zurückgegriffen werden. Dies ergebe sich zum einen aus dem Verweis auf die Vorschriften bezüglich der Urlaubsnahme und ebenso auch aus der „Betriebsvereinbarung über flexible Arbeitszeit vom 14.06.2010“.
50Der Kläger hat zudem gemeint, die Beklagte verhalte sich entgegen des Grundsatzes von Treu und Glauben widersprüchlich, wenn sie einerseits für Stunden aus dem Arbeitszeitkonto die Rechtsfolge des § 9 BUrlG vereinbare, andererseits aber diese Rechtsfolge für einen tariflichen Anspruch nicht gelten lassen wolle.
51Die umgewandelten Freistellungstage sollten ein besonderes Erholungsbedürfnis ausgleichen. Die Erholung während einer Arbeitsunfähigkeit sei gerade nicht möglich. Deswegen sei der Freistellungsanspruch erst dann „genommen“, wenn er nicht aus einem anderem Grund - wie etwa Arbeitsunfähigkeit - ausfalle.
52Bezüglich seines Zahlungsantrags hat der Kläger darauf verwiesen, dass der Tarifvertrag vorsehe, dass für die aus personenbedingten Gründen nicht realisierten Freistellungstage ein Anspruch auf tarifliches Zusatzgeld bestehe. Die Voraussetzung eines Zahlungsanspruches sei damit bereits dem Wortlaut des Tarifvertrages nach erfüllt. Ein wegen Arbeitsunfähigkeit ausgefallener Freistellungstag sei nach dem Vorgenannten vielleicht gewährt, aber sicher nicht genommen. Der Höhe nach beziffert der Kläger seinen Anspruch ausgehend von einem Monatsbruttogehalt in Höhe von 3.336,31 EUR x 0,275 x 2/8 = 229,37 EUR.
53Der Kläger hat zuletzt beantragt,
54die Beklagte zu verurteilen, an ihn 229,37 € brutto zu zahlen.
55Die Beklagte hat beantragt,
56die Klage abzuweisen.
57Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe die beiden Freistellungstage am 11. und 12.06.2019 „in Anspruch genommen“, weil sie ihn für diese beiden Tage von der Verpflichtung zur Erbringung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt habe. Die anschließende Arbeitsunfähigkeit habe keine Auswirkung auf eine bereits vorher gewährte Freistellung. Bei einer vereinbarten Freistellung trage der Arbeitnehmer das Risiko der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit des freien Tages. § 9 BurlG sei eine Ausnahme von diesen Grundsätzen und im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Soweit der Tarifvertrag die Inanspruchnahme des Freistellungsanspruchs als dem Verfahren bei der Urlaubsnahme vergleichbar regele, könne daraus entgegen der Rechtsansicht des Klägers kein ausdrücklicher Verweis auf sämtliche Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes und insbesondere nicht auf § 9 BUrlG herausgelesen werden.
58Da der Kläger die beiden Freistellungstage am 11. und 12.06.2019 bereits verbraucht habe, stehe ihm auch kein Anspruch auf Gewährung des tariflichen Zusatzgeldes für die beiden Freistellungstage zu.
59Das Wiederaufleben des Anspruchs auf tarifliches Zusatzgeld sei nur für den Fall geregelt, dass noch nicht konkret terminierte Freistellungstage aus personenbedingten Gründen nicht mehr festgelegt werden können.
60Mit Urteil vom 07.05.2020 hat das Arbeitsgericht dem Zahlungsantrag stattgegeben und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch des Klägers auf Freistellung sei nicht bereits durch die Freistellungserklärung der Beklagten erfüllt worden. Dem Tarifvertrag sei vielmehr der Wille der Tarifvertragsparteien zu entnehmen, mit dem Freizeitausgleich gleichzeitig die Verschaffung einer zu Erholungszwecken nutzbaren arbeitsfreien Zeit sicher zu stellen und dazu dem Arbeitgeber bei einer zuvor erfolgten Festlegung der freien Arbeitstage das Risiko dieser Nutzungsmöglichkeit zuzuweisen. Der Erholungszweck folge aus dem Umstand, dass der Freistellungsanspruch nur von drei besonders belasteten Arbeitnehmergruppen in Anspruch genommen werden könne und eine Nebenbeschäftigung während der Freistellungszeit nicht zulässig sei. Der Anspruch auf Freistellung sei damit nicht im Juni, wohl aber am 31.12.2019 untergegangen. Da der Anspruch aus personenbedingten Gründen nicht habe genommen werden können, bestehe ein Anspruch auf Zahlung des Zusatzgeldes. Jedenfalls stünde dem Kläger ein finanzieller Ausgleichsanspruch zur Seite.
61Gegen das der Beklagten am 28.05.2020 zugestellte Urteil richtet sich deren am 08.06.2020 eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.08.2020 am 26.08.2020 begründete Berufung. Die Berufungsbegründung ist dem Kläger am 03.09.2020 zugestellt worden. Dieser hat eingehend beim Landesarbeitsgericht am 05.10.2020 Anschlussberufung eingelegt und verfolgt hiermit seinen erstinstanzlich zurückgenommenen Hauptantrag auf Feststellung klageerweiternd erneut.
62Die Beklagte rügt, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, aus dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelung ergebe sich ein dem Erholungsurlaub vergleichbarer Zweck der Freistellung. Der Ursprung des Freistellungsanspruchs liege vielmehr in dem tariflichen Zusatzgeld, das den Arbeitnehmern einen rein monetären Anspruch gebe. Nur wenn das Wahlrecht ausgeübt werde, bestehe ein Anspruch auf Freistellung. Bei der Betreuung von Kindern bzw. der Pflege von Angehörigen könne auch kaum von „Erholung“ gesprochen werden.
63Die Beklagte beantragt,
64das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 07.05.2020 – 1 Ca 2331/19 abzuändern und die Klage abzuweisen.
65Der Kläger beantragt,
66die Berufung zurückzuweisen.
67Im Wege der Anschlussberufung beantragt er,
68das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 07.05.2020 – 1 Ca 2331/19 abzuändern und festzustellen, dass dem Kläger für das Jahr 2019 noch zwei Freistellungstage nach § 3d EMTV für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2013 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 14.02.2018 zustehen.
69Die Beklagte beantragt,
70die Anschlussberufung zurückzuweisen.
71Der Kläger meint, mit der Freistellung solle den Arbeitnehmern die Möglichkeit eingeräumt werden, der Betreuung von Kindern bzw. der Pflege von Angehörigen nachzukommen. Damit könne durch die Freistellungserklärung allein keine Erfüllung des Anspruchs eintreten. Der Anspruch sei nicht – auch nicht am 31.12.2019 – untergegangen. § 3d Ziff. 3 Abs. 4 EMTV regele ausschließlich die Rechtsfolgen der nachträglichen Unmöglichkeit abweichend von § 275. Da er – der Kläger – unstreitig seit Juni 2019 nicht mehr krank gewesen sei, wäre eine Freistellung ohne weiteres möglich gewesen. Dass der Anspruch am Jahresende nur untergehe, wenn er aus persönlichen Gründen nicht genommen werden könne, bedeute im Umkehrschluss, dass er erhalten bleibe, sofern die Freistellung verweigert werde. Jedenfalls könne der Kläger Ersatzfreistellungstage als Naturalrestitution verlangen.
72Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird ergänzend auf den vorgetragen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
73Entscheidungsgründe
74I. Die Berufung ist zulässig.
75Sie ist nach § 64 Abs. 2 a) ArbGG statthaft, da sie vom Arbeitsgericht zugelassen wurde. Die Beklagte hat die Berufung im Übrigen nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 08.06.2020 rechtzeitig gegen das am 28.05.2020 zugestellte Urteil sowie innerhalb der bis zum 28.08.2020 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 26.08.2020 form- und fristgerecht i.S.d. §§ 520 Abs. 3 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 3,5 ArbGG begründet.
76II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Denn die Anschlussberufung des Klägers, mit der dieser seinen im erstinstanzlichen Verfahren zunächst zurückgenommenen Hauptantrag weiter verfolgt, ist begründet. Die Klage ist damit nicht abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen.
771. Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig.
78a) Eine Anschlussberufung erfordert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine eigenständige Beschwer (vgl. BAG vom 19.05.2016 – 3 AZR 766/14; BAG vom 31.07.2014 – 2 AZR 407/13; BAG vom 24.05.2012 – 2 AZR 124/11; BAG vom 10.02.2009 – 3 AZR 728/07; BAG vom 29.09.1993 – 4 AZR 693/92). Der mit seinem zuletzt als Hauptantrag gestellten Zahlungsantrag obsiegende Kläger konnte deshalb mit der Anschlussberufung den ursprünglich gestellten, aber erstinstanzlich zurückgenommenen Hauptantrag zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellen, obwohl er durch das Urteil des Arbeitsgerichts nicht beschwert war.
79b) Die Anschlussberufung ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie am Montag, dem 05.10.2020 fristgerecht innerhalb der bis zu diesem Tag laufenden Frist zur Beantwortung der Berufung nach § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO eingelegt worden.
802. Die Anschlussberufung des Klägers ist auch begründet, denn der im Berufungsverfahren nunmehr wieder verfolgte Hauptantrag ist zulässig und begründet.
81a) Der auf Feststellung gerichtete Hauptantrag des Klägers ist zulässig.
82aa) Es ist zulässig, dass der Kläger mit der Anschlussberufung seinen erstinstanzlichen zurückgenommenen Hauptantrag auf Feststellung erneut gerichtlich geltend macht.
83Die erneute Geltendmachung des ursprünglich gestellten aber erstinstanzlich zurückgenommenen Hauptantrages stellt eine Klageänderung i.S.v. §§ 263, 533 ZPO dar (vgl. OLG Hamm vom 19.09.2003 – 19 U 56/02; OLG Saarbrücken vom 27.03.1985 – 1 U 74/83; Zöller, 33. Aufl. § 524, Rn. 2).
84Die Klageänderung in der Berufungsinstanz ist gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 533 Nr. 1, 2 ZPO zulässig. Sie ist sachdienlich, da sie geeignet ist, einen weiteren Rechtsstreit zu vermeiden. Das vorliegende Verfahren wird durch die Klageerweiterung nicht verzögert. Die Tatsachen, auf die die Klageänderung gestützt wird, sind nach § 67 ArbGG bei der Entscheidung ohnehin zu berücksichtigen.
85bb) Der Kläger hat darüber hinaus ein rechtliches Interesse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO daran, durch das Gericht feststellen zu lassen, ob ihm für das Jahr 2019 noch Freistellungstage zustehen, was zwischen den Parteien im Streit steht. Die Feststellungsklage kann sich insbesondere auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. BAG vom 03.12.2019 – 9 AZR 54/19). Sie ist auch nicht wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig (vgl. BAG vom 10.07.2012 – 9 AZR 11/11; BAG vom 12.04. 2011 - 9 AZR 80/10).
86Eine Klage i.S.v. § 894 ZPO auf Gewährung von Freistellungstagen für einen bestimmten kalendermäßig festgelegten Zeitpunkt wäre weder prozesswirtschaftlicher als die Feststellungsklage, noch wäre sie dem Arbeitnehmer zumutbar. Wird der Schuldner zur Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung antragsgemäß verurteilt, gilt nach § 894 ZPO die Willenserklärung erst dann als abgegeben, wenn das Urteil rechtskräftig geworden ist (vgl. BAG vom 12.04. 2011 - 9 AZR 80/10; BAG vom 15.09.2009 – 9 AZR 608/08). Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass ihm zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist, wann ein gegebenenfalls stattgebendes Urteil rechtskräftig wird und er deshalb seinen mit der Leistungsklage angegebenen Freistellungszeitraum mittels Klageänderung fortlaufend anpassen müsste (vgl. BAG vom 12.04. 2011 - 9 AZR 80/10). Auf eine Klage zur Gewährung der Freistellung für einen nicht festgelegten Zeitraum darf der Arbeitnehmer nicht verwiesen werden (vgl. BAG vom 12.04. 2011 - 9 AZR 80/10), denn bei einer solchen Klage müsste der Arbeitnehmer auf sein Recht aus § 3d Abs. 2 S. 2 des EMTV, die Freistellung nach seinen Wünschen zeitlich festzulegen, verzichten.
87b) Der Antrag ist auch begründet.
88Der Kläger kann nach §§ 275 Abs. 4, 283, 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2 Nr. 2 a) TV T-ZUG i.V.m. § 3d EMTV die weitere Freistellung im Umfang von zwei Tagen für das Jahr 2019 erfolgreich begehren. Dem Kläger steht ein entsprechender Schadensersatzanspruch zu, der auf Gewährung von Ersatzfreistellung als Naturalrestitution gerichtet ist. Denn die Beklagte hat die rechtzeitig verlangte Nachgewährung der Freistellung im Jahr 2019 nicht bewilligt, woraufhin der originäre Freistellungsanspruch am 31.12.2019 untergegangen ist.
89aa) Die Frage der materiellen Rechtslage richtet sich nach den Normen, die bei Vornahme der relevanten Handlung Geltung hatten (vgl. BAG vom 10.02.1999 – 2 AZR 16/98; LAG Hamm vom 18.08.2020 – 9 AZR 477/20). Bei der Beantragung des Freistellungsanspruchs durch den Kläger jedenfalls vor November 2018 war noch der § 3d EMTV in Kraft. Er wurde erst durch den späteren Änderungstarifvertrag vom 08.11.2018 mit Wirkung ab dem 01.01.2019 durch § 25 MTV ersetzt.
90bb) Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass dem Kläger grundsätzlich ein tarifliches Zusatzentgelt für das Jahr 2019 aus § 2 Nr. 2a TV T-ZUG zusteht. Unstreitig ist der Kläger auch zur Umwandlung des Zusatzgeldes in eine Freistellung berechtigt i.S.v. § 3d Ziff. 1 b) 2. Alt. EMTV. Er hat diesen Anspruch schließlich auch streitlos rechtzeitig i.S.v. § 3d Ziff. 2 EMTV geltend gemacht.
91cc) Der originäre Anspruch des Klägers auf Freistellung für das Jahr 2019 ist nicht vollständig nach § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung untergegangen. Zwar hat die Beklagte den Kläger auch für den 11. und 12.06.2019 von der Erbringung der Arbeitspflicht freigestellt. Allein durch diese Freistellungserklärung ist jedoch der klägerische Anspruch auf Freistellung nach § 3d EMTV nicht erfüllt worden. Erfüllung ist auch nicht dadurch eingetreten, dass der Kläger an den beiden Tagen der Arbeit fern blieb. Denn er war sowohl am 11. als auch am 12.06.2019 arbeitsunfähig erkrankt.
92(1) Dem Kläger kann allerdings nicht darin gefolgt werden, dass eine Erfüllung nach § 9 BUrlG ausscheidet. Diese Bestimmung gilt nur für den gesetzlich garantierten Erholungsurlaub (vgl. BAG vom 11.09.2003 – 6 AZR 374/02; BAG vom 02.12.1987 – 5 AZR 652/86). Ebenso scheidet vorliegend eine analoge Anwendung aus. Der in § 3d EMTV geregelte Freistellungsanspruch ist mit einer Urlaubsgewährung nicht vergleichbar. Unabhängig von der Frage, ob die zu gewährende Freizeit teilweise auch dem Erholungsbedürfnis des Arbeitnehmers dienen kann und soll, haben die Tarifvertragsparteien eine vom Urlaub ausdrücklich zu unterscheidende Freistellung vorgesehen. Dies wird aus der Formulierung der Ziff. 3 Abs. 2 deutlich, wonach - nur - die Inanspruchnahme der Freistellung in Form von ganzen freien Tagen vergleichbar dem Verfahren bei der Urlaubsnahme erfolgt. Im Umkehrschluss gehen die Tarifvertragsparteien damit also davon aus, dass die tarifliche Freistellungszeit im Übrigen einem eigenen, vom Urlaub abgekoppeltem, Regelungsregime folgt. So ist ausdrücklich – abweichend von § 7 Abs. 3 BUrlG – in Ziffer 3 Abs. 3 der Untergang des Freistellungsanspruchs am Jahresende vorgesehen, wenn er aus personenbedingten Gründen nicht oder nicht vollständig genommen werden kann. Insgesamt handelt es sich bei § 3d EMTV um ein vom Urlaub unabhängiges, eigenständiges Regelungswerk hinsichtlich eines Freistellungsanspruchs.
93(2) Ebenso wenig kann der Kläger mit seinem Hinweis auf § 9 Abs. 5 der Betriebsvereinbarung über flexible Arbeitszeit vom 14.06.2010 gehört werden. Unabhängig vom Geltungsbereich der Vereinbarung, stellt diese eine Regelung über flexible Arbeitszeit dar. Der hier geregelte Freizeitausgleich bezieht sich ausschließlich auf den Ausgleich von Arbeitszeitkonten. Eine analoge Anwendung im Falle sonstiger Freizeitansprüche scheidet vor dem ausdrücklichen und begrenzten Regelungsinhalt der flexiblen Arbeitszeit aus.
94(3) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird ein Anspruch auf Arbeitszeitausgleich bereits durch die Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllt. Der Arbeitnehmer ist in diesem Falle nicht mehr verpflichtet, im Freistellungszeitraum die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Er kann über diesen Zeitraum frei verfügen, ohne dass die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der entsprechenden Vergütung entfällt. Eine nachträglich eintretende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Freistellungszeitraum macht die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs nicht hinfällig (vgl. BAG vom 11.09.2003 – 6 AZR 374/02; BAG vom 21.08.1991 – 5 AZR 91/91). Demnach trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer das Risiko, die durch Arbeitsbefreiung als Arbeitszeitausgleich gewonnene Freizeit auch tatsächlich nach seinen Vorstellungen nutzen zu können.
95(vgl. BAG vom 11.09.2003 – 6 AZR 374/02).
96Etwas anderes gilt im Falle eines tarifvertraglich geregelten Arbeitszeitausgleichs nur dann, wenn der Tarifvertrag mit dem Freizeitausgleich die Verschaffung einer zu Erholungszwecken nutzbaren arbeitsfreien Zeit sicherstellen und dazu dem Arbeitgeber bei einer zuvor erfolgten Festlegung der freien Arbeitstage das Risiko dieser Nutzungsmöglichkeit zuweist (vgl. BAG vom 11.09.2003 – 6 AZR 374/02). Die Frage, ob die „Gewährung freier Tage“ i.S.v. § 3d EMTV während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit möglich ist, ist nicht anhand begrifflicher Erwägungen oder allgemeiner schuldrechtlicher Grundsätze, sondern durch Auslegung der Tarifvorschrift selbst zu beantworten (vgl. BAG vom 04.09.1985 – 7 AZR 531/82 zu § 17 Abs. 5 BAT).
97Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG vom 22.03.2018 - 6 AZR 29/17; BAG vom 20.03. 2012 - 9 AZR 518/10; BAG vom 24.10.2010 - 6 AZR 992/08; BAG vom 19.09.2007 - 4 AZR 670/06; BAG vom 07.07.2004 - 4 AZR 433/03).
98Zu Recht hat das Arbeitsgericht angenommen, dass sich im Streitfall der tariflichen Regelung des § 3d EMTV abweichend von den allgemeinen Grundsätzen entnehmen lässt, dass das Risiko der Nutzungsmöglichkeit bei einer erfolgten Festlegung der freien Arbeitstage dem Arbeitgeber zugewiesen sein soll. Eine Erfüllung des Freistellungsanspruchs soll hiernach ausnahmsweise dann ausgeschlossen sein, wenn der Arbeitnehmer nach zeitlicher Festlegung der Freistellung in diesem Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt.
99(a) Nach dem Wortsinn bedeutet "Gewährung freier Tage" die Freistellung des Arbeitnehmers von einer bestehenden Arbeitspflicht. Dies geschieht durch eine entsprechende Erklärung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, durch die der Arbeitgeber auf sein vertragliches Recht auf Leistung der versprochenen Dienste in einem bestimmten Umfang verzichtet und damit die entsprechende Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers zum Erlöschen bringt (vgl. BAG vom 04.09.1985 – 7 AZR 531/82).
100(b) Soweit im Falle des Ausgleichs eines Arbeitszeitkontos oder von Überstunden die Freistellungserklärung des Arbeitgebers allein in der Regel zu Recht als Erfüllungshandlung angesehen wird, ist dies nicht auf den Freistellungsanspruch nach § 3d EMTV übertragbar.
101(aa) Der Überstundenausgleich verlangt vom Arbeitgeber nur die Entbindung des Arbeitnehmers von seiner vertraglichen Arbeitspflicht im Umfang der geleisteten Überstunden, nicht aber darüber hinaus die Verschaffung einer zu Erholungszwecken nutzbaren arbeitsfreien Zeit. Dies stellt damit nur eine Regelung zur Arbeitszeitverlegung im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit dar. Überstunden sollen in der Regel vorweggenommene Arbeitsleistung sein. Der spätere Freizeitausgleich ist lediglich der zweite zur Arbeitszeitverlegung erforderliche Akt (vgl. BAG vom 11.09.2003 – 6 AZR 374/02; BAG vom 04.09.1985 – 7 AZR 531/82). Die durch die Arbeitsbefreiung als Überstundenausgleich gewonnene Freizeit des Arbeitnehmers kann rechtlich keine andere Qualität haben als seine sonstige arbeitsfreie Zeit, denn durch die Leistung der Überstunden und ihren Ausgleich durch Arbeitsbefreiung findet lediglich eine Verlagerung der Arbeitszeit und damit notwendig auch der arbeitsfreien Zeit des Arbeitnehmers statt. Ebenso wenig wie der Arbeitgeber sonst dem Arbeitnehmer dafür einzustehen braucht, dass dieser an der beliebigen Nutzung seiner arbeitsfreien Zeit nicht durch Krankheit gehindert ist, trägt der Arbeitnehmer dieses Risiko bei der durch Arbeitsbefreiung als Überstundenausgleich gewonnenen Freizeit (vgl. BAG vom 04.09.1985 – 7 AZR 531/82). Wird ein Arbeitnehmer zum Ausgleich von Überstunden freigestellt, hat er seine geschuldete regelmäßige Arbeitszeit gleichwohl zuvor erbracht und ist hierfür auch vergütet worden. Erkrankt er nach Festlegung des Ausgleichszeitraums arbeitsunfähig, ist er nicht anders zu behandeln, als ein Arbeitnehmer, der an einem regelmäßig arbeitsfreien Tag – etwa einem Sonntag – erkrankt. Beide Arbeitnehmer haben ihre regelmäßige Arbeitszeit geleistet und sind hierfür vergütet worden. Beide sind in ihrer Freizeit erkrankt.
102(bb) Anders liegt der Fall bei der Freistellung nach § 3d EMTV. Hiernach hat der Arbeitnehmer mit dem Freistellungsanspruch einen Anspruch auf Reduzierung seiner regelmäßigen Arbeitszeit bei gleichzeitiger Fortzahlung der regelmäßigen Vergütung. Es handelt sich gerade nicht nur um eine Verlegung der geschuldeten Arbeitszeit. Vielmehr geht der Zweck der Regelung darüber hinaus. Nach § 3d EMTV soll die Erfüllung des Anspruchs nicht allein mit der Entbindung des Arbeitnehmers von seiner vertraglichen Arbeitspflicht eintreten, sondern es ist darüber hinaus die Verschaffung einer zu einem bestimmten Zweck nutzbaren arbeitsfreien Zeit erforderlich.
103Zwar weist die Beklagten zu Recht darauf hin, dass der Ursprung des Freistellungsanspruchs nach § 3d EMTV in der Gewährung eines tariflichen Zusatzgeldes nach § 2 TV T-ZUG und damit einem rein monetären Anspruch liegt. Gleichwohl sieht § 3d EMTV nicht für alle Arbeitnehmer mit Anspruch nach TV T-ZUG eine Umwandlungsmöglichkeit in Freistellungstage vor. So können nur solche Arbeitnehmer einen Freistellungsanspruch geltend machen, die in Schichtarbeit tätig sind und sein werden oder einen Angehörigen pflegen bzw. ein Kind unter acht Jahren betreuen. Der ersten Gruppe soll damit ein Erholungszweck zur Kompensation der besonderen Erschwernisse von Schicht- bzw. Nachtarbeit zugutekommen, der zweiten Gruppe soll erleichtert werden, ihren sozialen Verpflichtungen zur Pflege und Betreuung nachzukommen. Der Beklagten ist auch zuzugestehen, dass weder die Pflege von Angehörigen noch die Betreuung von Kindern mit einem Erholungswert einhergehen muss. Der viel zitierte Erholungszweck (vgl. BAG vom 21.08.1991 – 5 AZR 91/91; BAG vom 30.01.1991 – 5 AZR 78/90; BAG vom 02.12.1987 – 5 AZR 652/86; BAG vom 04.09.1985 – 7 AZR 531/82) ist jedoch nicht der einzig denkbare über die eigentliche Freistellung hinausgehende Zweck, den eine Freistellungsreglung bezwecken kann. Für die Frage der Auslegung, wann ein Freistellungsanspruch erfüllt sein soll, können die Regelungsparteien – wie vorliegend - auch andere Zwecke als den der Erholung vorsehen.
104Soll jedoch dem Arbeitnehmer ein Erholungswert zugutekommen bzw. ermöglicht werden, einen Angehörigen zu pflegen oder sein Kind zu betreuen, ist für die Erfüllung des Freistellungsanspruchs auch die tatsächliche Nutzung der festgelegten arbeitsfreien Zeit durch den Arbeitnehmer sicherzustellen.
105Dass die Tarifvertragsparteien dem Arbeitgeber bei einer bereits zuvor festgelegten Arbeitsbefreiung auch das Risiko dieser Nutzungsmöglichkeit im Falle einer nachträglich auftretenden Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auferlegten wollten, wird weiter aus den Regelungen zur Kompensation des entfallenden Arbeitsvolumens in § 3d Ziff. 5 EMTV deutlich. Die Tarifvertragsparteien haben nämlich erkannt, dass – anders als bei der reinen Verlagerung der Arbeitszeit im Rahmen des Arbeitszeitausgleichs – bei einer Freistellung nach § 3d EMTV den Arbeitgeber eine Zusatzbelastung trifft. Um hierfür einen Ausgleich zu schaffen, haben sie in Ziff. 5 eine Regelung zur Kompensation geschaffen.
106Im Ergebnis besteht der Zweck des Freistellungsanspruchs nach § 3d EMTV in der Umwandlung einer monetären Vergünstigung, die dem Arbeitnehmer in Form einer tatsächlichen Nutzung von arbeitsfreier Zeit zufließen soll. Dem steht nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine Belastung des Arbeitgebers spiegelbildlich gegenüber, die einer Kompensation bedurfte. Anders als im Falle des Überstundenausgleichs, der nicht zu einer zusätzlichen Vergütungspflicht des Arbeitgebers führen soll (vgl. BAG vom 04.09.1985 – 7 AZR 531/82), soll dem Arbeitnehmer mit den Regelungen der §§ 2 TV T-ZUG und 3d EMTV eine zusätzliche – den Arbeitgeber belastende – Aufwendung zugutekommen. Der Arbeitnehmer, der einen Überstundenausgleich erhält, hat die Vergütung für den Freischichttag schon mit der Bezahlung der tatsächlichen Arbeitszeit erhalten. Der Arbeitnehmer, der eine tarifliche Freistellungszeit in besonderen Fällen erhält, bekommt seine Vergütung nicht für geleistete Arbeit. Es liegt vielmehr ein Tatbestand von Lohn ohne Arbeit vor. Der Arbeitnehmer soll seine regelmäßige Vergütung erhalten und darüber hinaus einen freien Arbeitstag zur Nutzung des tarifvertraglich vorgesehen Zwecks. Der Zweck der tariflichen Vorschrift zur Freistellung lässt sich jedoch nur dann erreichen, wenn auch das Risiko der Nutzungsmöglichkeit im Falle einer nachträglich auftretenden Arbeitsunfähigkeit den Arbeitgeber trifft. Spiegelbildlich dazu verliert ein grundsätzlich anspruchsberechtigter Arbeitnehmer, der auf die Umwandlung in Freizeit verzichtet hat, seinen Anspruch auf das tarifliche Zusatzgeld nicht bei Eintritt einer Erkrankung.
107Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Regelung in § 3d Ziff. 3 Abs. 3 EMTV gestützt, der einen Untergang des Anspruchs vorsieht, wenn der Arbeitnehmer aus personenbedingten – in der Regel krankheitsbedingten – Gründen die Freistellung nicht nehmen kann. Zielsetzung dieser Regelung ist einerseits, den Freistellungsanspruch zeitlich zu begrenzen, dem schuldlos gehinderten Arbeitnehmer seinen Anspruch jedoch nicht ersatzlos zu nehmen. Ein langzeiterkrankter Arbeitnehmer, der an der Freistellungsnahme bis zum Jahresende personenbedingt gehindert ist, erhält hiernach eine Kompensation. Dies wäre jedoch ausgeschlossen, wenn er seinen Anspruch zuvor bereits – womöglich auch zur Planungssicherheit des Arbeitgebers – frühzeitig zeitlich konkretisiert hätte. Dass die Tarifvertragsparteien eine derartige Differenzierung vornehmen wollten, ist nicht anzunehmen. Denn ersichtlich wollten sie den Rückfall auf das tarifliche Zusatzgeld nach der Frage des Grundes für die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme der Freistellung und nicht nach der Frage der vorherigen Konkretisierung der tatsächlichen Freistellung richten.
108dd) Der Anspruch des Klägers ist – anders als das Arbeitsgericht angenommen hat - auch nicht nach § 3d Ziff. 3 Abs. 2 EMTV wegen Erkrankung des Klägers am 11. und 12.06.2019 untergegangen. Die dortige Regelung betrifft vielmehr den Fall, dass es nach rechtzeitiger Inanspruchnahme des Freistellungsanspruch nach § 3d Ziff. 2 EMTV infolge personenbedingter Gründe - in der Regel Erkrankung des Arbeitnehmers – im gesamten laufenden Kalenderjahr nicht mehr zu einer (vollständigen) Realisierung des Freistellungsanspruchs kommt. Dies ist dem eindeutigen Wortlaut der Regelung zu entnehmen, der ausdrücklich auf die Möglichkeit der Freistellung im (gesamten) Kalenderjahr und nicht im zunächst bewilligten Freistellungszeitraum abstellt. Der Freistellungsanspruch wäre vorliegend auch – wie vom Kläger ausdrücklich geltend gemacht – wegen Genesung noch im laufenden Jahr zu realisieren gewesen. Er ist damit gerade nicht aus personenbedingten Gründen nicht genommen worden, sondern weil die Beklagte dem Kläger die Nachgewährung der Freistellung rechtsirrig verweigerte.
109Auch eine analoge Anwendung auf Fälle der vor Jahresende endenden Erkrankungen scheidet aus. Vor Ablauf des Kalenderjahres besteht nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch im Interesse des Arbeitgebers keine Notwendigkeit, den Freistellungsanspruch untergehen zu lassen. § 3d EMTV sieht keine Frist zur Geltendmachung der konkreten zeitlichen Inanspruchnahme vor. Der Arbeitgeber kann nach Eingang der Freistellungsanträge nach § 3d Ziff. 2 EMTV und den Beratungen mit dem Betriebsrat nach § 3d Ziff. 5 EMTV die pauschale Planung für das gesamte Kalenderjahr vornehmen. Vor Ablauf des Jahres liegt es damit weder im Interesse des Arbeitnehmers, noch ist es betrieblich erforderlich, den Arbeitnehmer auf das tarifliche Zusatzgeld zurück fallen zu lassen.
110ee) Der Anspruch des Klägers auf Freistellung nach § 3d EMTV ist jedoch am Jahresende 2019 untergegangen. Ein genereller Untergang am Jahresende ist zwar - neben § 3d Ziff. 3 Abs. 3 EMTV - nicht ausdrücklich in der tarifvertraglichen Regelung zur tariflichen Freistellungszeit in besonderen Fällen vorgesehen. Die Erfüllung des Anspruchs wird jedoch nach Ablauf des Kalenderjahres nach § 275 Abs. 1 BGB unmöglich (vgl. LAG Hamm vom 26.02.2020 – 4 Sa 1285/19). So handelt es sich nach § 3d Ziff. 2 EMTV um einen Anspruch „für“ das Folgejahr, der grundsätzlich nur bis zum 31.12. realisierbar ist.
111Soweit der Kläger sich darauf beruft, nur im Fall des § 3d Ziff. 8 EMTV sei überhaupt ein Untergang gegeben, kann er hiermit nicht gehört werden. Es ist offensichtlich, dass die Tarifvertragsparteien erkrankte Arbeitnehmer nicht durch den Anspruchsuntergang benachteiligen, allen anderen Arbeitnehmern aber den Freistellungsanspruch über das Jahresende hinaus erhalten wollten. Der Regelungsinhalt des § 3d Ziff. 3 Abs. 3 EMTV liegt vielmehr darin, dass der Freistellungsanspruch auch und selbst in dem Fall untergeht, in dem die Freistellung aus personenbedingten Gründen nicht oder nicht vollständig im Kalenderjahr genommen werden kann. Er stellt damit eine Besserstellung erkrankter Arbeitnehmer durch den privilegierten Rückfall auf das tarifliche Zusatzgeld nach § 2 TV T-ZUG im Umfang der untergegangenen Tage dar. In allen anderen Fällen erfolgt der Untergang des Freistellungsanspruchs nämlich – vorbehaltlich etwaiger Schadenersatzansprüche - ersatzlos.
112ff) Der Kläger kann jedoch nach §§ 275 Abs. 4, 283, 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB Schadensersatz in Form von Ersatzgewährung als Naturalrestitution im Umfang von zwei Tagen von der Beklagten verlangen, weil diese den Untergang am 31.12.2019 zu vertreten hat.
113(1) Hat der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen ordnungsgemäß beantragten Urlaub ohne Gründe verweigert, wandelt er sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in einen Schadenersatzanspruch um (vgl. BAG vom 10.02.2015 – 9 AZR 53/14; BAG vom 03.06.2014 – 9 AZR 944/12; BAG vom 06.08.2016 – 9 AZR 956/11; BAG vom 17.05.2011 – 9 AZR 197/10; BAG vom 11.04.2006 – 9 AZR 523/05).
114Die vorgenannte Rechtsprechung ist auf die Gewährung von Freistellung ohne weiteres übertragbar, auch wenn es sich dabei aus oben genannten Erwägungen um ein dem Urlaub nicht vergleichbaren Anspruch handelt. Auch der Freistellungsanspruch nach § 3d EMTV ist zeitlich wie der Urlaubsanspruch begrenzt und verfällt bei Nichtgewährung allein aufgrund zeitlicher Befristung (s.o.). Der Fall, indem der Arbeitgeber den rechtzeitigen Urlaubsantrag grundlos ablehnt und damit schuldhaft verhindert, dass der Arbeitnehmer seinen Erholungsurlaub wahrnehmen kann, ist mit dem Fall vergleichbar, dass der Arbeitgeber die Gewährung von Freistellung grundlos ablehnt und damit den Zweck der Umwandlungsmöglichkeit nach § 3d EMTV vereitelt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs liegen damit hier ebenso wie bei der Urlaubsgewährung vor.
115(2) Der Kläger hat die Nachgewährung seines Freistellungsanspruchs nach der Erkrankung mit Schreiben vom 20.08.2019 und damit vor dem Untergang des Anspruchs geltend gemacht. Die Beklagte hat dies mit Schreiben vom 19.09.2019 unter Verweis auf die auch im hiesigen Verfahren geäußerte Rechtsansicht abgelehnt. Hierzu war sie jedoch berechtigt, da allein durch die Freistellungserklärung keine Erfüllung eingetreten ist (s.o.).
116(3) Der Schadensersatzanspruch ist auf Gewährung von Ersatzfreistellung als Naturalrestitution gerichtet. Der Kläger ist damit so zu stellen, als wäre der anspruchsausschließende Umstand nicht eingetreten (vgl. BAG vom 27.04.2017 – 6 AZR 119/16). Er kann damit auch weiterhin über den Ablauf des Kalenderjahres 2019 hinaus zwei Freistellungstage verlangen. Das Verschulden der Beklagten wird dabei nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet.
117Da dem Hauptantrag des Klägers stattzugeben war, war über den nunmehr als echten Hilfsantrag verfolgten ursprünglichen Hauptantrag nicht mehr zu entscheiden, das mit der Berufung verfolgte Begehren der Beklagten auf Klageabweisung abschlägig zu bescheiden und die darauf gerichtete Berufung zurückzuweisen.
118III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
119IV. Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
120Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung, wenn ihre Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder sie wegen ihrer tatsächlichen, z.B. wirtschaftlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit eng berührt (vgl. BAG vom 25.09.2012 - 1 AZN 1622/12; BAG vom 28.06.2011 - 3 AZN 146/11; BAG vom 23.01.2007 - 9 AZN 792/06). Die aufgeworfene Rechtsfrage muss sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren. Dies kann der Fall sein, wenn die Rechtsfrage über eine einzelne Arbeitgeberin hinaus Bedeutung hat und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts betroffen ist. Dass eine Mehrzahl von Arbeitnehmern einer Arbeitgeberin unter den Geltungsbereich einer Norm fällt, kann eine allgemeine Bedeutung allenfalls dann begründen, wenn die zu klärende Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus in weiteren Fällen streitig und maßgeblich für eine Vielzahl bereits anhängiger oder konkret zu erwartender gleichgelagerter Prozesse ist (vgl. BAG vom 28.06.2011 - 3 AZN 146/11; BAG vom 05.10.2010 - 5 AZN 666/10).
121Über den konkreten Fall des hiesigen Verfahrens hinaus stellen sich die vorliegend entscheidungserheblichen Fragen, ob einerseits die in § 3d EMTV bzw. wortgleich in § 25 MTV vereinbarten Freistellungstage allein durch die Freistellungserklärung des Arbeitgebers erfüllt werden und ob sie im Falle der Erkrankung während des Freistellungszeitraums vor Ablauf des Kalenderjahres – kompensationspflichtig - untergehen. Die Bedeutung dieser Rechtsfrage ergibt sich nicht zuletzt aus dem weiten Geltungsbereich der nordrhein-westfälischen Manteltarifverträge. So sind auch weitere Fälle vor dem LAG Hamm zur gleichen Rechtsfrage anhängig. Darüber hinaus finden sich vergleichbare Regelungen in den Manteltarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie anderer Regionen, so etwa in § 2 Ziff. 2.12 des Manteltarifvertrages im Bereich Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim vom 16.02.2018.
122RECHTSMITTELBELEHRUNG
123Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
124REVISION
125eingelegt werden.
126Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.
127Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
128Bundesarbeitsgericht
129Hugo-Preuß-Platz 1
13099084 Erfurt
131Fax: 0361 2636-2000
132eingelegt werden.
133Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
134Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1351. Rechtsanwälte,
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
140Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
141Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
142* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.