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Leitet ein Vertriebsmitarbeiter Kunden-Emails seiner Arbeitgeberin an ein Konkurrenzunternehmen weiter, das zumindest mit seiner Internetpräsenz werbend am Markt auftritt, gibt er damit einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viele Gesellschaftsanteile er selbst an der Konkurrenzfirma hält, ob der Rest der Gesellschaftsanteile sein Bruder trägt und ob er oder der besagte Bruder die Freischaltung des Internetauftritts veranlasst hat.
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 04.10.2023 – 2 Ca 851/23 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über eine außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten vom 26.05.2023. Dabei steht der Vorwurf des unerlaubten Wettbewerbs im Raum. Außerdem begehrt der Kläger die restliche Vergütung für den Monat Mai 2023 für die Zeit nach dem Zugang der Kündigung.
3Die Beklagte betreibt ein überregionales, zertifiziertes Unternehmen in der Vermarktung und Verwertung von vielfältigen Abfallfraktionen. Darüber hinaus vermarktet, verwertet und handelt sie mit Kunststoffen aller Qualitäten. Zudem bietet sie Beratungsleistungen im Hinblick auf die Abwicklung von Sekundärprozessen sowie Logistikdienstleistungen an. Als zertifiziertes Unternehmen der Abfallwirtschaft verfügt sie über verschiedene erforderliche Handbücher, in denen Prozesse beschrieben werden. So beschreibt sie etwa im Handbuch „Akquisition–Vertrieb“ unter anderem detailliert den Prozess beim Einkaufen von Materialien. Im Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung waren bei ihr nicht mehr als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des § 23 KSchG beschäftigt. Ein Betriebsrat ist nicht gewählt.
4Der Kläger ist am 1960 geboren. Er war seit dem 01.01.2014 bei der Beklagten als Vertriebsleiter Handelsware beschäftigt. Zuletzt erhielt er ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 6.630,00 EUR. Gegenstand seiner Arbeitsleistung war das Vermitteln von Abfällen. Er hatte insbesondere für angekaufte Abfälle möglichst günstige Verwertungs- oder Recyclinganlagen zu finden. In diesem Rahmen war es seine Aufgabe, mit Fachunternehmen und Experten in Kontakt zu treten. In der der Arbeitsvertragsurkunde vom 25.11.2013 heißt es unter anderem wörtlich:
5§ 6 Nebentätigkeit
66.1 Der Arbeitnehmer wird seine ganze Arbeitskraft und sein ganzes Wissen in den Dienst des Arbeitgebers stellen. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, während der Dauer des Arbeitsvertrages sich jeglichen Wettbewerbs gegenüber dem Arbeitgeber zu enthalten - sowohl direkt als auch indirekt -.
7§ 7 Geheimhaltung
87.1 Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, über alle vertraulichen Angelegenheiten und Vorgänge, die ihm in Ausübung seiner Tätigkeit anvertraut oder bekannt werden, Stillschweigen zu bewahren.
9Am 31.05.2022 gründete der Kläger gemeinsam mit seinem Bruder, D V, die K GmbH. Der Kläger hielt an dieser Gesellschaft 30 % des Stammkapitals (7.500,00 EUR von 25.000 EUR). Der übrige Anteil wurde von seinem Bruder gehalten, der auch als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen ist. Die K GmbH betrieb eine öffentlich zugängliche Internetpräsenz unter der Adresse https://k.de/. Dort konnte der Leser erfahren, dass die Firma mit Recyclingprodukten aus Kunststoff in Form von Mahlgütern, Regranulaten, Recompounds und Produktionsresten handele und dass sie Beratungsleistungen bezüglich der Marktbewertung und der Markteinführung neuer Recyclingprodukte sowie Logistikdienstleistungen anbiete. Außerdem verarbeite sie unvermeidbare Reste, die aufgrund der Beschaffenheit nicht mehr recycelt werden könnten, zu Ersatzbrennstoffen.
10Am 12.07.2022 leitete der Kläger eine E-Mail von Herrn W der Firma Ka sp., einem Kunden der Beklagten, an seinen Bruder (unter anderem an dessen Adresse bei der K GmbH) mit der Priorität “hoch“ weiter. In dieser E-Mail bietet Herr W der Beklagten Mahlgüter aus Kunststoff an. Am 21.07.2022 leitete der Kläger eine E-Mail von Herrn F von der Firma G GmbH, N, einem Kunden der Beklagten, vom 21.07.2022 an die E-Mail-Adresse info@k.de weiter. Darin bietet Herr F der Beklagten ein näher spezifiziertes Regranulat aus Kunststoff zum Kauf an. Am 11.10.2022 leitete der Kläger eine E-Mail vom 10.10.2022 der Firma I GmbH aus Ö an die E-Mail-Adresse info@k.de weiter. Darin bietet die Firma I GmbH der Beklagten bestimmte Granulate aus Kunststoff zum Kauf an. Am 24.10.2022 sendete der Kläger seinem Bruder an dessen E-Mail-Adresse bei der Firma K GmbH per E-Mail Kontaktdaten von Herrn Y von der Firma E De GmbH, dem Ansprechpartner der Beklagten, zu. Am 28.10.2022 leitete der Kläger eine E-Mail des Kunden der Beklagten „T P R“ an seinen Bruder als Geschäftsführer und Gesellschafter der K GmbH weiter. Am 13.04.2023 leitete der Kläger auf die E-Mail-Adresse seines Bruders bei der K GmbH eine E-Mail von Herrn B von der W GmbH, Ber, vom 04.04.2023 mit dem Kommentar „Eine sehr interessante Idee!“ weiter. In dieser E-Mail stellt Herr B ein neues Nebenprodukt (Schalen, insbesondere Schalen von Nüssen, Palmölkernen und Oliven) aus der Naturölproduktion vor, welches sich als Brennstoff eigne.
11Der Geschäftsführer der Beklagten erlangte am 25.05.2023 Kenntnis von den besagten E-Mail-Weiterleitungen.
12Mit Schreiben vom 26.05.2023, dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, kündigte die Beklagte durch ihren Geschäftsführer das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise zum 30.09.2023.
13Der Kläger hat sich mit seiner am 01.06.2023 eingegangen Klage gegen die Kündigung gewandt und (weitere) Vergütung für den Monat Mai 2023 verlangt.
14Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, eine Wettbewerbstätigkeit oder ein Verstoß gegen die Geheimhaltungspflichten lägen nicht vor. Die Firma K GmbH sei schon kein Wettbewerbsunternehmen im Verhältnis zur Beklagten, da sie nicht werbend am Markt tätig werde. Sie schreibe keine Umsätze, keine Gewinne und habe bislang keine Rechnungen erstellt. Über die Internetseite der Firma K GmbH hätten noch keine geschäftlichen Kontakte stattgefunden. Die Internetseite sei auch nicht auf seine Veranlassung freigeschaltet worden. Vielmehr sei dies durch seinen Bruder als Geschäftsführer der Firma K GmbH geschehen.
15Ursprünglich habe er zum 30.06.2023 bei der Beklagten ausscheiden wollen. Er habe dann tatsächlich eine Mitarbeit bei der K GmbH beabsichtigt, um seine künftige Rente aufzustocken. Tatsächlich habe er sich jedoch entschieden, sein Ausscheiden bei der Beklagte auf den 30.09.2023 zu verschieben, da ein anderer Vertriebsmitarbeiter im April 2023 ausgeschieden sei. Dies habe er der Geschäftsleitung auch mitgeteilt. Sein Bruder sei Experte im Bereich von Kunststoffen. Er habe diesen daher hin und wieder um Rat gebeten, wenn es zu Anfragen von bestimmten Stoffen oder Abfällen bei der Beklagten gekommen sei, um eine Meinung über die Verwertbarkeit des jeweiligen Abfalls zu erhalten. Dies betreffe etwa die E-Mails vom 12.07.2022, vom 21.07.2022, vom 11.10.2022 und vom 24.10.2022. Es sei nie geplant gewesen, dass die K GmbH Geschäfte selbst abschließe. Die K GmbH habe auch keinen Kontakt zu den Kunden der Beklagten aufgebaut. Mit Blick auf die E-Mail vom 13.03.2023 sei zu bemerken, dass der Kommentar, es handele sich um eine „sehr interessante Idee“, ironisch gemeint gewesen sei. Die dort angebotenen Produkte müssten zunächst von Indonesien nach Europa transportiert werden, dies sei weder nachhaltig noch bestehe eine ernsthafte Vermarktungschance. Die Weiterleitung der E-Mails sei auch nicht geeignet, die Vertraulichkeit zu verletzen, da es völlig normal sei, Anfragen weiterzuleiten, insbesondere an Verwertungsunternehmen oder an andere Makler.
16Der Kläger hat beantragt,
171. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 26.05.2023 nicht aufgelöst worden ist und
182. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 814,00 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2023 zu bezahlen.
19Die Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Zur Verteidigung gegen die Klage hat die Beklagte vorgetragen, die Kündigung sei wegen der unerlaubten Wettbewerbstätigkeit erfolgt. Das Vertrauen in den Kläger sei durch diese Tätigkeit restlos zerstört worden. Aus diesem Grund sei die fristlose Kündigung ausgesprochen worden.
22Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage mit Urteil vom 04.10.2023 insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegen das im laufenden Arbeitsverhältnis jederzeit bestehende arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen. Es handele sich bei der Firma K GmbH um ein im Wettbewerb mit der Beklagten stehendes Unternehmen, das er mit der Weiterleitung der Emails unterstützt habe. Dass es sich bei der Firma um ein Konkurrenzunternehmen handele, ergebe sich schon aus deren Internetpräsenz. Wenn auch das Produkt- und Leistungsportfolio der Beklagten weiter gefasst zu sein scheine, bestehen zwischen ihr und der K GmbH im Bereich des Handels mit Kunststoffabfällen ganz erhebliche Überschneidungen in den jeweiligen Angeboten. Gleiches gelte für Beratungs- und Logistikdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Recycling von (Kunststoff-)Abfällen. Auch räumlich bewegten sich die Unternehmen auf dem gleichen Markt, da sie ihre Produkte und Leistungen zumindest auch im deutschsprachigen Teil Europas anböten. Die Firma K GmbH sei auch als ein bereits werbendes Unternehmen zu verstehen und nicht etwa als ein Unternehmen in Gründung. Das Konkurrenzunternehmen habe im Zeitpunkt der Kündigung bereits seit dem 31.05.2022, also seit mehr als einem Jahr, bestanden. Spätestens mit der Freischaltung ihrer Internetpräsenz habe sie das Vorbereitungsstadium verlassen, indem sie mit dieser Freischaltung an potentielle Kunden herangetreten sei. Auf die Frage, ob bereits Umsätze geschrieben oder konkrete Geschäftsbeziehungen unterhalten oder aufgebaut worden seien, komme es nicht an. Genauso wenig sei der Einwand des Klägers relevant, nicht er, sondern allein der Geschäftsführer der Beklagten, sein Bruder, sei für die Freischaltung der Internetseite verantwortlich. Es sei auch realitätsfern anzunehmen, der mit 30 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligte Kläger habe keine Kenntnis von der Freischaltung der Internetpräsenz durch seinen Bruder gehabt. Mit der Weiterleitung der Emails habe der Kläger die Firma unterstützt. Seine Einlassung, der Kommentar „Eine sehr interessante Idee!“ sei ironisch gemeint gewesen, sei nicht plausibel, widersprüchlich und deshalb eine unbeachtliche Schutzbehauptung. Im Übrigen verhalte sich der Kläger ohnehin vertragsbrüchig, wenn er solche Anfragen an ein Konkurrenzunternehmen weiterleite – und sei es auch mit einem ironischen Unterton. Mildere Mittel als die sodann von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung seien nicht erkennbar. Insbesondere sei eine vorherige Abmahnung entbehrlich gewesen. Das Weiterleiten von Kunden-Emails sei eine so schwere Pflichtverletzung, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den betroffenen Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen sei. Hinzukomme, dass die Wettbewerbsenthaltung ausdrücklich vertraglich vereinbart worden sei und dass der Kläger eingeräumt habe, in naher Zukunft für die Firma K GmbH tätig werden zu wollen. Auch eine Interessenabwägung gehe zugunsten der Beklagten aus. Zugunsten des Klägers spreche zwar eine Betriebszugehörigkeit von ca. neuneinhalb Jahren. Gerade wegen des Plans des Klägers für die Firma K tätig zu werden, verbiete es ggfls. altersbedingt schlechte Aussichten auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Unterhaltspflichten des Klägers seien nicht bekannt und deshalb ebenfalls nicht berücksichtigungsfähig. Die Interessen der Beklagten seien demnach höher zu bewerten. Die vorsätzliche Verletzung des Wettbewerbsverbots stelle eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die das Vertrauensverhältnis in besonderer Weise beeinträchtige. Indem die Beklagte einen Tag nach Kenntniserlangung des Vertragsverstoßes die Kündigung ausgesprochen habe, sei auch die Frist aus § 626 Abs. 2 BGB eingehalten worden. Da die somit wirksame fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet habe, komme auch kein weiterer Entgeltanspruch für Zeit nach dem Zugang der Kündigungserklärung in Betracht. Damit sei die Klage auch mit dem Antrag zu 2 unbegründet.
23Gegen dieses ihm am 30.10.2023 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.11.2023 Berufung eingelegt und er hat diese am 12.12.2023 begründet.
24Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, er habe nicht gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen. Erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten sei beabsichtigt gewesen, die Firma K GmbH am Markt tätig werden zu lassen. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses der Parteien habe es keinerlei geschäftliche Aktivitäten der Firma K GmbH gegeben - abgesehen von der Internetpräsenz. Er vertrete die Auffassung, dass weder die Internetpräsenz selbst noch die Tatsache, dass sein Bruder die Internetseite freigeschaltet habe, einen Wettbewerbsverstoß durch ihn, den Kläger, darstellen könne. Als Minderheitsgesellschafter habe er keinerlei Einfluss auf die Aktivitäten der Firma K GmbH gehabt. Deshalb könne ihm die Freischaltung der Internetpräsenz nicht zugerechnet werden. Es liege auch keine unzulässige Unterstützungshandlung einer Konkurrenzfirma vor. Die weitergeleitete Email, auf die die Beklagte abstelle, sei lediglich eine Weiterleitung einer homepage gewesen. Es seien also keine vertraulichen Geschäftsideen weitergegeben worden. Die Weitergabe sei auch nicht für Wettbewerbszwecke erfolgt. Nach seiner Auffassung sei das Arbeitsgericht verpflichtet gewesen, zur Behauptung der Beklagten, die von ihm in der Email verwendete Formulierung „sehr interessante Idee“ sei nicht ironisch gewesen, Beweis zu erheben. Die Weitergabe der E-Mails sei nicht zu Wettbewerbszwecken an die Firma K GmbH erfolgt, sondern an seinen Bruder, um dessen Kenntnisse und Erfahrungen als Kunststoffexperte zu nutzen.
25Der Kläger beantragt,
26das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 04.10.2023 - 2 Ca 851/23 - abzuändern und
271. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 26.05.2023 nicht aufgelöst worden ist;
282. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 814,00 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.06.2023.
29Die Beklagte beantragt,
30die Berufung zurückzuweisen.
31Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
32Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
33E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
34Die zulässige Berufung ist unbegründet.
35I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
36II. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Es kann daher insgesamt auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen werden. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich daher auf Konkretisierungen, soweit sie durch die Berufungsbegründung veranlasst sind.
37Die fristlose Kündigung vom 26.05.2023 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wirksam beendet. Die Firma K GmbH ist ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten; seit der Freischaltung der Internetseite war sie werbend am Markt tätig; der Kläger hat durch die Weiterleitung von Kundenmails der Beklagten diese Firma unterstützt und damit gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen; dieser Wettbewerbsverstoß stellt einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar; die Kündigung ist innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden; sie ist als ultima ratio verhältnismäßig und interessengerecht; eine Abmahnung war gemäß § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB entbehrlich.
38Die Rügen des Klägers gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts führen zu keinem anderen Ergebnis.
391. Die Auffassung des Klägers, bei der K GmbH handele es sich nicht um ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten, versteht die erkennende Berufungskammer nicht. Daran hat sich auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung und durch die darauf abgegebenen Erklärungen des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten nichts geändert: Abfall, Kunststoff, Logistik, Beratung. Selten sind Firmenprofile so deckungsgleich wie hier.
402. Mit seiner Auffassung, eine freigeschaltete Internetpräsenz sei keine werbende Tätigkeit, hat der Kläger das Bundesarbeitsgericht nicht an seiner Seite. Der 5. Leitsatz des von beiden Parteien zitierten Urteils vom 24.10.2021 - 10 AZR 8/19 - ist eindeutig: Mit der Freischaltung der Internetpräsenz beginnt die werbende Tätigkeit der fraglichen Firma. Ob der Kläger die Seite selbst freigeschaltet hat oder ob er selbst (Mehrheits-) Inhaber der Firma war, ist für die Frage, ob die Firma werbend tätig war oder nicht, unerheblich.
413. Gegenstand der fristlosen Kündigung wegen eines Wettbewerbsverstoßes ist die Prognose, dass in der Zukunft ein Vertrauensverhältnis nicht mehr bestehen und nicht mehr aufgebaut werden kann. Diese Prognose für die Zukunft ist gerechtfertigt, wenn in der Vergangenheit etwas geschehen ist, was die Arbeitgeberin als Loyalitätsverstoß betrachten kann. Es kommt daher darauf an, was der Kläger tut und nicht darauf, was er verdient. Ob also die Konkurrenzfirma Umsatz oder gar Gewinn erwirtschaftet hat, ist entgegen der Auffassung des Klägers irrelevant.
424. Wer im Vertrieb tätig ist, arbeitet mit Netzwerken, Adressen und Informationen. Wenn diese Informationen im Netz frei verfügbar sind, mögen sie einfacher zu schöpfen sein, als im gegenteiligen Fall. Das bedeutet aber nicht, dass die Weiterleitung von Kunden-Emails an Konkurrenzunternehmen dadurch unbedenklich werden, dass die Weiterleitung nur einen Internetlink betrifft. Denn das Finden dieser Adresse gehört zur Tätigkeit des Vertrieblers.
435. Der Kläger hat vertragswidrig eine Vielzahl an Emails weitergeleitet. Deshalb kommt es auf die eine Email vom 13.04.2023 nicht an und erst recht nicht auf die Frage, ob die Worte „eine sehr interessante Idee“ ironisch gemeint waren oder nicht. Die Annahme von Ironie ist allerdings an dieser Stelle auch nicht plausibel. Hier ist die Berufungskammer erneut der gleichen Auffassung wie das Arbeitsgericht, welches die Behauptung des Klägers nach den Maßstäben des § 286 ZPO als Schutzbehauptung betrachtet hat.
446 Die Einlassung des Klägers, er habe die Emails seiner Arbeitgeberin an seinen Bruder, den Geschäftsführer eines Konkurrenzunternehmens, weitergeleitet, um dessen Kenntnisse und Erfahrungen als Kunststoffexperten zu nutzen, ist nicht plausibel und kann nicht mit dem Inhalt der Emails in Einklang gebracht werden. In keiner der Emails bittet der Kläger seinen Bruder um Rat und nirgends kommt dort eine Motivation des Klägers zum Ausdruck, sich von seinem Bruder (oder dessen Firma) helfen lassen zu müssen.
457. Insgesamt ist die Berufungskammer mit dem Arbeitsgericht nach dem Maßstab des § 286 ZPO einer Meinung, dass der Kläger vorsätzlich ein Konkurrenzunternehmen seiner Arbeitgeberin unterstützt und damit verbotenen Wettbewerb betrieben hat. Das reicht als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB. Hinsichtlich der Interessenabwägung und der Verhältnismäßigkeit kann wieder auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bezug genommen werden.
46III. Nach allem bleibt es somit bei der klageabweisenden erstinstanzlichen Entscheidung. Als unterliegende Partei hat der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.