Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2[…]
3Mit Prüfungsanordnung vom xx.xx.20xx ordnete der Beklagte, das […] FA, gegenüber der Klägerin […] die Durchführung einer steuerlichen Außenprüfung an u.a. für Gewerbesteuer 20xx-20xx. Als voraussichtlicher Prüfungsbeginn wurde der xx.xx.20xx bestimmt.
4Weiterhin enthielt die Prüfungsanordnung die Mitteilung, dass die Stadt X mitgeteilt habe, dass sie von ihrem Recht auf Teilnahme an der Außenprüfung nach § 21 Abs. 1 FVG Gebrauch mache. Sie erhalte mit der Teilnahme die Möglichkeit, ihre Beteiligungsrechte im Zusammenhang mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Gewerbesteuer geltend zu machen. Diese beschränkten sich auf die Anwesenheit eines Gemeindebediensteten, der – abgesehen von einem ihm zustehenden Betretungsrecht und möglichen freiwilligen Mitwirkungsakten des Steuerpflichtigen – lediglich Informations- und Auskunftsrechte gegenüber dem Prüfer der Finanzverwaltung besitze. Der Gemeindebedienstete besitze keine aktiven Mitwirkungsrechte gegenüber dem Steuerpflichtigen.
5Gegen die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten legte die Klägerin Einspruch ein. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom xx.xx.20xx als unbegründet zurückgewiesen. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung (Bl. xx ff. d.A.) wird Bezug genommen.
6Hiergegen hat die Klägerin am xx.xx.20xx Klage erhoben […].
7Zur Begründung ihrer Klage trägt sie vor:
8Die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten sei bereits formell rechtswidrig, da das FA für die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten sachlich nicht zuständig sei. Der 10. Senat des FG Düsseldorf habe mit Beschluss vom 17. Januar 2017 (10 V 3186/16 A (AO), EFG 2017, 543) entschieden, dass die Zuständigkeit für die Geltendmachung des Teilnahmerechts aus § 21 Abs. 3 FVG allein bei der jeweiligen Gemeinde liege. Explizit und zutreffend werde ausgeführt, dass die Geltendmachung dieses Rechts nicht auf einen anderen Hoheitsträger, wie hier etwa das FA, delegiert werden könne. Im darauf folgenden Beschluss vom 4. Mai 2017 (IV B 10/17, BFH/NV 2017, 1009) habe der BFH ausgeführt, an der Frage der sachlichen Zuständigkeit könnten Zweifel bestehen, dies jedoch ausdrücklich offen gelassen.
9Auch aus Rechtsschutzgesichtspunkten sei es zweckmäßig, dass die Gemeinde selbst ihre Teilnahme gegenüber dem Steuerpflichtigen anordne. Unstreitig handele es sich bei der Entscheidung, ob eine Teilnahme erfolge, um eine Ermessensentscheidung der Gemeinde und nicht des FA. Die Gemeinde könne ihr Ermessen effektiver direkt gegenüber dem Steuerpflichtigen ausüben und begründen, wohingegen der Steuerpflichtige diese Ermessensentscheidung dann auch direkt gegenüber der Gemeinde angreifen könne.
10Darüber hinaus sei die Anordnung der Teilnahme des Gemeindebediensteten materiell rechtswidrig. Der BFH habe deutlich gemacht, dass die Teilnahme eine Ermessensentscheidung sei, bei der stets eine Abwägung zwischen dem Steuergeheimnis und dem Recht auf Teilhabe der Gemeinde erforderlich sei. Der BFH mache deutlich, dass dem Teilnahmerecht Grenzen gesetzt seien auch unter explizitem Hinweis auf § 30 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO. Hierbei lasse der BFH zur Einschränkung des Teilnahmerechts bereits ausdrücklich die bloße Gefahr etwaiger für den Steuerpflichtigen nachteiligen Folgen aus der Teilnahme ausreichen.
11[…]
12Zudem sei zweifelhaft, ob die Anwesenheit eines Gemeindebediensteten bei der Außenprüfung, bei der es vornehmlich um […] gehe, zur wirksamen Durchsetzung des Gewerbesteueranspruchs erforderlich und verhältnismäßig sei. Der von der Gemeinde vorgesehene Prüfer Y sei zudem nicht etwa Mitarbeiter des Referats Finanzen/Stadtkämmerei, sondern Leiter des Referats […]. Dessen sachliche Zuständigkeit sei daher nicht gegeben.
13In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, mit dem Beschluss des FG Düsseldorf vom 17. Januar 2017 (10 V 3186/16 A (AO), EFG 2017, 543) sei davon auszugehen, dass es gar keine gesetzliche Grundlage für die Teilnahme eines Gemeindebediensteten gebe. § 21 Abs. 3 FVG gehöre zum 5. Teil des FVG, der nur die Rechtsbeziehungen zwischen Finanzverwaltung und – im konkreten Fall – Gemeinde regele. Eine Eingriffsbefugnis in die Rechte des Steuerpflichtigen, die Teilnahme eines Gemeindebediensteten und dessen Kenntniserlangung über dem Steuergehemins unterliegende Tatsachen zu dulden, könne dieser Vorschrift nicht entnommen werden. Der Gesetzgeber habe schließlich die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages bewusst den Finanzämtern übertragen, da dort der notwendige steuerliche Sachverstand vorhanden sei. Der Finanzverwaltung seien demzufolge auch das alleinige Recht zur Durchführung von Außenprüfungen übertragen worden.
14[…]
15Die Klägerin beantragt,
16die Prüfungsanordnung des Beklagten vom xx.xx.20xx dahingehend zu ändern, dass die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung aufgehoben wird,
17hilfsweise die Revision zuzulassen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen,
20hilfsweise die Revision zuzulassen.
21Zur Begründung trägt er vor, die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 FVG seien erfüllt: Die Betriebsstätte der Klägerin […] habe sich im Prüfungszeitraum in X-Stadt befunden und die Außenprüfung solle in den Räumlichkeiten […] in X-Stadt stattfinden.
22Die Frage der Zuständigkeit zum Erlass des Verwaltungsaktes über die Teilnahme des Gemeindebediensteten sei bereits im Jahr 1995 durch Urteil des BVerwG vom 27. Januar 1995, 8 C 30.92, BVerwGE 97, 357 zugunsten des FA geklärt worden. Hieran sei trotz des Beschlusses des FG Düsseldorf im einstweiligen Rechtsschutz festzuhalten.
23Soweit der BFH in seinem Beschluss seine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Teilnahme eines Gemeindebediensteten mit dem Bestehen einer Konkurrenzsituation von Gemeinde und Steuerpflichtigen begründet habe, sei dies auf den Streitfall unstreitig nicht übertragbar. Eine generelle Ermessensabwägung zwischen dem Steuergeheimnis und dem Recht der Gemeinde auf Teilhabe sei nicht erforderlich – vielmehr trete nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO das Steuergeheimnis zurück. […]
24Die Teilnahme könne durch jeden Gemeindebediensteten erfolgen. Die Stadt X habe keinen „Gewerbesteuerprüfer“ ernannt. Dies führe jedoch weder dazu, dass sie ihr Teilnahmerecht nicht ausüben, noch dazu, dass eine Teilnahme nur durch einen Mitarbeiter des Bereiches „Finanzen“ erfolgen könne. Y verfüge über einen Abschluss als Diplom-Finanzwirt und damit über eine entsprechende fachliche Qualifikation.
25Die Außenprüfung bei der Klägerin ist nach Auskunft der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung noch nicht abgeschlossen und mit dem Abschluss ist in nächster Zeit auch nicht zu rechnen.
26[…]
27Entscheidungsgründe
28Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
29I. Die Klage ist zulässig.
30Der Finanzrechtsweg ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO eröffnet (siehe unter I.1.) und die Anfechtungsklage ist statthaft, da es sich bei der Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten um einen selbständigen Verwaltungsakt handelt (siehe unter II.2.).
311. Gemäß § 33 Abs.1 Nr.1 FGO ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden. § 33 Abs.2 Satz 1 FGO definiert als Abgabenangelegenheiten in diesem Sinne alle mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten.
32Die Vorschrift setzt das Verwaltungshandeln einer Finanzbehörde voraus. Entscheidend für die Frage, welcher Rechtsweg gegeben ist, ist dabei nicht, ob die Teilnahmebefugnis nach § 21 Abs.3 FVG von der Gemeinde, vom FA oder von niemandem hätte angeordnet werden müssen/dürfen. Entscheidend ist allein, dass das FA unter Inanspruchnahme seiner Verwaltungskompetenz einen Verwaltungsakt erlassen hat (vgl. BFH-Urteil vom 13. Februar 1990 VIII R 188/85, BStBl II 1990, 582 m.w.N.).
33Vorliegend hat das FA die Teilnahme eines Gemeindebediensteten gegenüber der Klägerin mitgeteilt.
342. Bei der Mitteilung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten handelt es sich um einen selbständigen, isoliert anfechtbaren Verwaltungsakt (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 1990, 582; BFH-Beschluss vom 21. April 2017 IV B 10/17, BFH/NV 2017, 1009; BVerwG-Urteil vom 27. Januar 1995 8 C 30/92, BVerwGE 97, 357; so auch Krumm in: Tipke/Kruse § 21 FVG Rz. 2b; Drüen, DÖV 2012, 493).
353. Das Rechtsschutzbedürfnis ist noch nicht (durch Zeitablauf) entfallen, da die Außenprüfung noch andauert und die Teilnahme des Gemeindebediensteten daher noch möglich ist.
36II. Die Klage ist unbegründet. Die Anordnung der Teilnahme eines Gemeindebediensteten ist rechtmäßig.
371. Die Anordnung ist formell rechtmäßig.
38§ 21 Abs. 3 FVG ist eine taugliche Ermächtigungsgrundlage zur Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung (siehe unter II.1.a) und das FA war für die Anordnung auch sachlich zuständig (siehe unter II.1.b).
39a) § 21 Abs. 3 FVG ist die Ermächtigungsgrundlage für die Teilnahme eines Gemeindebediensteten an einer beim Steuerpflichtigen durch das FA durchgeführten Außenprüfung.
40aa) Der BFH hat in seinem Beschluss vom 10. April 2017 (IV B 10/17 BFH/NV 2017, 1009) hierzu ausdrücklich ausgeführt, dass er im Rahmen der summarischen Prüfung zu den Ausführungen des 10. Senats des FG Düsseldorf (EFG 2017, 534) nicht näher Stellung nimmt. Das BVerwG ging in seinem Grundsatzurteil in BVerwGE 97, 357 – ohne dies überhaupt zu problematisieren – hingegen davon aus, dass das Recht auf Teilnahme des Gemeindebediensteten an einer Außenprüfung sich aus § 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FVG ergibt. Streitig war in dieser Entscheidung (und auch in den zuvor ergangenen erstinstanzlichen Entscheidungen vgl. FG Köln Urteil vom 19. Mai 1981 VIII 40/79 S, EFG 1982, 256; FG Düsseldorf Beschluss vom 18. November 1983 XV 243/83 A(AO), EFG 1984, 338 und OVG NRW Urteil vom 13. November 1991 22 A 137/91, DÖV 1992, 316) lediglich, wer diese Teilnahme gegenüber dem Steuerpflichtigen anordnen darf, nicht hingegen, ob sie angeordnet werden darf.
41bb) Auch in der Literatur wird – soweit ersichtlich – nicht vertreten, es gebe keine taugliche Rechtsgrundlage für die Teilnahme eines Gemeindebediensteten.
42cc) Der Senat hält § 21 Abs. 3 FVG für eine ausreichende Rechtsgrundlage.
43Soweit der 10. Senat des FG Düsseldorf mit Beschluss vom 17. Januar 2017 (EFG 2017, 543) eine abweichende Auffassung vertritt, teilt der erkennende Senat diese nicht (ablehnend auch: Krumm in Tipke/Kruse § 21 FVG Rz. 2b).
44(1) § 21 Abs. 3 FVG gewährt den Gemeinden das Recht auf Teilnahme an Außenprüfungen der Landesfinanzbehörden für den Bereich der Realsteuern. Aus diesem Recht folgt die Pflicht des Steuerpflichtigen, die Anwesenheit des Gemeindebediensteten zu dulden und diesem Zutritt zu seinen Geschäftsräumen zu gewähren, ohne dass es hierfür einer zusätzlichen gesonderten Ermächtigungsgrundlage bedarf. Es liegt kein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) im Rahmen staatlicher Eingriffsverwaltung vor.
45(2) Das Teilnahmerecht des Gemeindebediensteten ist kein selbständiger Eingriff, sondern lediglich als Annex zur von den Landesfinanzbehörden durchgeführten Außenprüfung ausgestaltet.
46Die Durchführung einer Außenprüfung stellt unstreitig einen dem Gesetzesvorbehalt unterliegenden staatlichen Eingriff in die Rechte des Steuerpflichtigen dar. Sie ist (als normale Außenprüfung) nur unter den in § 193 AO genannten Voraussetzungen zulässig und hat umfassende aktive Mitwirkungspflichten und Duldungspflichtigen für den Steuerpflichtigen zur Folge. Diese sind in § 200 AO gesetzlich geregelt.
47§ 21 Abs. 3 FVG ergänzt insoweit lediglich die nicht abschließenden Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen aus § 200 AO (Schmieszek in: Beermann/Gosch § 21 FVG RZ. 9):
48(3) So wird durch die Teilnahme des Gemeindebediensteten der Umfang der Außenprüfung nach § 194 AO nicht erweitert. Der Steuerpflichtige unterliegt gegenüber dem Gemeindebediensteten auch keinen (aktiven) Mitwirkungspflichten. Das gemeindliche Teilnahmerecht beschränkt sich nämlich auf die Anwesenheit eines Gemeindebediensteten, der - vom Betretungsrecht und von freiwilligen Mitwirkungsakten des Steuerpflichtigen abgesehen - lediglich Informations- und Auskunftsrechte gegenüber dem "staatlichen" Prüfer besitzt, also selbst nicht als Prüfer auftreten und keine Prüfungshandlungen vornehmen darf (h.M.: Schallmoser in: Hübschmann/Hepp/Spitaler § 195 AO Rz. 48; Krumm in: Tipke/Kruse § 21 FVG Rz. 2b; von Wedelstedt in: Beermann/Gosch, § 21 FVG Rz. 6; Suck, DStZ 2009, 402 (403); Drüen, DÖV 2012, 493 (495), i.E. auch Faber/Figatowski KommJur 2013, 212 (214) alle unter Hinweis auf BVerwG in BVerwGE 97, 357).
49Die einzige weitere Belastung des Steuerpflichtigen ist damit die Duldung eines weiteren Prüfungsteilnehmers in seinen Geschäftsräumen; dies jedoch auch nur in den Grenzen des § 200 Abs. 3 Satz 2 AO – d.h. bei gleichzeitiger Anwesenheit des Außenprüfers und während der üblichen Geschäftszeiten. Die "Teilnahmeanordnung" stellt sich damit gegenüber dem Steuerpflichtigen als bloße Bestimmung des Personenkreises der an der Prüfung teilnahmeberechtigten Bediensteten dar und weitet diesen um eine Person aus. Das BVerwG sieht daher die Teilnahmeanordnung sogar nur als der Bekanntgabe des Prüfernamens (§ 197 Abs. 1 Satz 1 AO) ähnlich (BVerwG in BVerwGE 97, 357).
50(4) Dass § 21 Abs. 3 FVG nach h.M. keine (verfahrensrechtliche) Ermächtigungsgrundlage für die Gemeinden darstellt, um die Teilnahme selbst anzuordnen (siehe hierzu unten unter II.1.b), bedeutet nicht, dass diese Norm keine taugliche (materielle) Ermächtigungsgrundlage zur Teilnahme der Gemeinde darstellt.
51Auch sofern das BVerwG in seiner Entscheidung ausgeführt hat, § 21 Abs. 3 FVG sei „nur“ als interne Befugnisnorm der Gemeinde gegenüber der Finanzverwaltung ausgestaltet, so dass die Gemeinde hieraus keinen Anspruch gegenüber dem Steuerpflichtigen auf Teilnahme geltend machen könne, bezog sich dies auf Frage, ob die Gemeinde selbst die Teilnahmeanordnung gegenüber dem Steuerpflichtigen erlassen oder nur intern gegenüber der Finanzverwaltung ihre Teilnahme anmelden kann.
52Das BVerwG hat weiter zutreffend entschieden, dass das Fehlen einer verfahrensrechtlichen Ermächtigung zum Erlass der Teilnahmeanordnung durch eine analoge Anwendung der §§ 196, 197 AO zu schließen ist. Auch einer analogen Anwendung dieser Vorschriften steht der Vorbehalt des Gesetzes nicht entgegen. Denn die Anordnung stellt lediglich die verfahrensrechtliche Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Duldungspflicht gegenüber dem Steuerpflichtigen dar und ermöglicht dem Steuerpflichtigen dadurch Rechtsschutz gegen die Teilnahme (im Ergebnis ebenso: Krumm in: Tipke/Kruse § 21 FVG Rz. 2b).
53b) Der Beklagte war zum Erlass der Teilnahmeanordnung nach § 196, 197 AO analog auch sachlich zuständig.
54aa) Nach § 196 AO bestimmt die Finanzbehörde den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich zu erteilenden Prüfungsanordnung mit Rechtsbehelfsbelehrung. Die Prüfungsanordnung sowie der voraussichtliche Prüfungsbeginn und die Namen der Prüfer sind dem Steuerpflichtigen, bei dem die Außenprüfung durchgeführt werden soll, angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt zu geben, wenn der Prüfungszweck dadurch nicht gefährdet wird (§ 197 Abs. 1 Satz 1 AO). Das BVerwG hat in seinem Grundsatzurteil in BVerwGE 97, 357 ausgeführt, dass die Finanzbehörde im Rahmen der Prüfungsanordnung auch den ihr gegenüber geltend gemachten Teilnahmewunsch der Gemeinde gegenüber dem Steuerpflichtigen anordnet; die Finanzbehörde hat insoweit die "Verwaltungskompetenz".
55bb) Auch in der Literatur wird seit Ergehen der Entscheidung des BVerwG fast einhellig eine Zuständigkeit der Finanzbehörden bejaht (Krumm in Tipke/Kruse § 21 FVG Rz. 2b; Gosch in: Beermann/Gosch § 195 AO Rz. 30; von Wedelstädt in Beermann/Gosch § 21 FVG Rz. 7; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler § 195 AO Rz. 48; Schmieszek in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 21 FVG Rz. 7; Suck, DStZ 2009, 402 (403f.), Drüen DÖV 2012, 493 (495); a.A. nur Bartone in: Kühn/von Wedelstädt, 20. Aufl. § 21 FVG Rz. 4).
56cc) Der Senat schließt sich den Ausführungen des BVerwG (BVerwGE 97, 357) an. Das BVerwG ist nach ausführlicher Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass trotz des offenen Wortlauts sowohl die systematische als auch die historische und teleologische Auslegung von § 21 Abs. 3 FVG ergibt, dass die Finanzbehörden in analoger Anwendung von §§ 196, 197 AO für den Erlass der Anordnung zuständig sind. Dabei hat sich das BVerwG auch mit den von der Klägerin vorgetragenen Einwänden auseinander gesetzt.
57dd) So hat das FA insbesondere nicht seinen Kompetenzbereich überschritten, in dem es einen „fremden Verwaltungsakt“ erlassen hat. § 21 Abs. 3 FVG geht vielmehr von der Prämisse aus, dass der Gemeindebedienstete an einer „fremden“ Außenprüfung teilnimmt. Das insoweit von Gesetzes wegen vorgesehene gestufte Verfahren der internen Mitteilung des Teilnahmewunsches der Gemeinde an die Finanzbehörde und der Anordnung der Teilnahme gegenüber dem Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde ist damit folgerichtig lediglich Ausfluss der gesetzgeberischen Entscheidung, das Recht der Gemeinde auf Teilnahme als verwaltungsinternes Recht auszugestalten.
58Mit der Einbettung des Teilnahmewunsches der Gemeinde in die Prüfungsanordnung der Finanzbehörde wird auch nicht das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde verletzt, da diese ihre Teilnahme gegenüber der Finanzverwaltung anmelden kann und muss.
59Schließlich ist es auch aus Rechtsschutzgesichtspunkten nicht erforderlich, dass die Gemeinde ihre Teilnahme unmittelbar gegenüber dem Steuerpflichtigen anordnen muss. Da die Teilnahmeanordnung zwar mit der Prüfungsanordnung verbunden werden kann und im Regelfall auch verbunden wird, aber es sich dennoch um einen selbständigen anfechtbaren Verwaltungsakt der Finanzbehörde handelt, kann der Steuerpflichtige – wie auch im Streitfall geschehen – durch Anfechtung der Teilnahmeanordnung seine Einwendungen gegen die Teilnahme geltend machen.
60Dass im Einzelfall im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahren interne Abstimmungen zwischen FA und Gemeinde erforderlich sein können, mag zwar dazu führen, dass das Verfahren verwaltungsintern aufwändiger wird, führt jedoch nicht dazu, dass der Rechtsschutz des Steuerpflichtigen weniger effektiv wäre, sondern ist ebenfalls Ausfluss des gestuften Vorgehens.
61Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die weiteren Ausführungen des BVerwG Bezug.
622. Die Anordnung der Teilnahme des Gemeindebediensteten ist materiell rechtmäßig.
63Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FVG sind erfüllt (siehe unter II.2.a), und auch der Schutz des Steuergeheimnisses steht einer Teilnahme des Gemeindebediensteten nicht entgegen (siehe unter II.2.b).
64a) Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 FVG sind die Gemeinden berechtigt, durch Gemeindebedienstete an Außenprüfungen teilzunehmen, die durch die Landesfinanzbehörden durchgeführt werden und Realsteuern betreffen. Nach § 21 Abs. 3 Satz 2 FVG sind die Gemeinden nur dann berechtigt, durch Gemeindebedienstete an Außenprüfungen bei Steuerpflichtigen teilzunehmen, wenn diese in der Gemeinde eine Betriebsstätte unterhalten und die Außenprüfung im Gemeindebezirk erfolgt.
65aa) Der Beklagte ist die für die Außenprüfung zuständige Landesfinanzbehörde (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 FVG i.V.m. §§ xxx FA-ZVO NRW, GV NRW 2013, 350) und die Außenprüfung wurde u.a. für die Gewerbesteuer 20xx-20xx als Realsteuer (§ 3 Abs. 2 AO) angeordnet. Die […] Klägerin hatte ihren Sitz in X-Stadt und die Außenprüfung findet […] ebenfalls in X-Stadt statt.
66bb) Mit Y wurde ein Gemeindebediensteter im Sinne der Vorschrift benannt. Dass dieser nicht Mitarbeiter im Bereich „Finanzen“ (Steueramt) ist, ist unschädlich. Ebenfalls nicht erforderlich ist, dass die Gemeinde abstrakt einen institutionalisierten Gewerbesteuerprüfer benennt, der an allen Prüfungen teilnimmt.
67Erforderlich aber auch ausreichend ist, dass es sich um einen Amtsträger i.S.v. § 7 AO handelt (Krumm in: Tipke/Kruse § 21 FVG Rz. 2c; von Wedelstädt in: Beermann/Gosch § 21 FVG Rz. 5, Drüen, DÖV 2012, 493 (498)), der zweckmäßigerweise über Kenntnisse im Bereich des Steuerrechts verfügt, um überhaupt sinnvoll an der Prüfung teilnehmen zu können (Suck DStZ 2009, 402 (404); Faber/Figatowski KommJur 2013, 212 (215); Drüen, DÖV 2013, 493 (498)). Eine weitere „Vorabprüfung“, ob von dem Gemeindebediensteten angesichts des Prüfungsgegenstandes relevante Beiträge im Rahmen der Prüfung zu erwarten seien, sieht das Gesetz nicht vor. Diese Überlegungen wären ohnehin rein hypothetisch und würden das Teilnahmerecht der Gemeinde, welches ohnehin keine aktiven Prüfungsrechte des Gemeindebediensteten, sondern nur dessen „beobachtende Anwesenheit“ (BVerwG in BVerwGE 97, 357) umfasst, daher unangemessen einschränken.
68Y ist als Leiter des Referats […] mit einem Abschluss als Diplom-Finanzwirt damit geeignet, als Gemeindebediensteter an der Außenprüfung teilzunehmen.
69b) Der Gemeindebedienstete ist auch nicht wegen einer (drohenden) Verletzung des Steuergeheimnisses von der Teilnahme an der Außenprüfung ausgeschlossen.
70aa) Wie der BFH in seinem Beschluss in BFH/NV 2017, 1009 ausführt, ist die Einräumung des Beteiligungsrechts an der Außenprüfung als Ausgangspunkt Bestandteil des Verwaltungsverfahrens zur Festsetzung der Gewerbesteuer und die Offenbarung der zur Durchführung des Verfahrens erforderlichen Kenntnisse über Verhältnisse des Steuerpflichtigen gegenüber der Gemeinde damit nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO zulässig.
71Der BFH hat jedoch – im summarischen Verfahren der Aussetzung der Vollziehung – Zweifel geäußert, ob auf dieser Grundlage unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls ein umfassendes Informations- und Akteneinsichtsrecht in Bezug auf alle Tatsachen besteht, die für die Verwirklichung des Gewerbesteueranspruchs der Gemeinde von Bedeutung sein können.
72bb) Der BFH hat jedenfalls in den Fällen, in denen Gemeinde und Steuerpflichtiger sich nicht nur im staatlichen Über- Unterordnungsverhältnis von Steuergläubiger und Steuerpflichtigem gegenüber stehen, sondern sich die Gemeinde durch privatrechtliches Handeln auf die Ebene des Steuerpflichtigen begeben hat, eine Einschränkung des Teilnahmerechts wegen einer möglichen Interessenkollision im Einzelfall für geboten gehalten.
73Wenn sich Gemeinde und Steuerpflichtiger gleichrangig gegenüber stehen, kann sich die Gemeinde durch die Durchsetzung hoheitlicher Teilnahmerechte einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschaffen, indem ihr dadurch bspw. Kalkulationsgrundlagen des Steuerpflichtigen bekannt werden, durch die sie sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnte. Der BFH hat konkret zum einen die Konstellation eines Konkurrenzverhältnisses von Gemeinde und Steuerpflichtigem durch das Anbieten gleichartiger Leistungen am allgemeinen Markt und zum anderen ein unmittelbares (privatrechtliches) Vertragsverhältnis zwischen Gemeinde und Steuerpflichtigem erwähnt.
74Im hier vorliegenden Streitfall sind diese beiden Konstellationen unstreitig nicht gegeben. Gemeinde und Klägerin stehen sich allein im „normalen“ steuerrechtlichen Über-Unterordnungsverhältnis gegenüber.
75cc) Der BFH hat im summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hingegen offen gelassen, ob Einschränkungen des Teilnahmerechts auch in diesen Fällen möglich sind, und hierzu lediglich auf unterschiedliche Auffassungen in der Literatur verwiesen (für eine Einschränkung etwa Suck, DStZ 2009, 402, 406; gegen eine Einschränkung etwa Drüen, DÖV 2012, 493, 497).
76dd) Der Senat hält eine Einschränkung des Teilnahmerechts bzw. eine weitere Abwägung im Hinblick auf das Steuergeheimnis für nicht geboten.
77Soweit sich die Gemeinde und der Steuerpflichtige nur im Rahmen eines steuerrechtlichen Über-Unterordnungsverhältnisses gegenüber stehen, hat das Gesetz die Abwägung des Interesses des Steuerpflichtigen an der Wahrung des Steuergeheimnisses durch Beschränkung des Teilnehmerkreises an der Außenprüfung und damit der Vertraulichkeit seiner Daten und dem Interesse der Gemeinde an der Sicherung ihres Gewerbesteueraufkommens abschließend zugunsten der Gemeinde entschieden (ebenso Krumm in: Tipke/Kruse § 21 FVG Rz. 2a; Drüen, DÖV 2012, 493).
78§ 21 Abs. 3 FVG ermächtigt den Gemeindebediensteten, an der Außenprüfung teilzunehmen. Damit ist zwangsläufig eine Erweiterung des Teilnehmerkreises verbunden, so dass eine Offenbarung der im Rahmen der Außenprüfung erlangten, dem Steuergeheimnis unterliegenden Erkenntnisse durch die Finanzverwaltung an ihn gesetzlich zulässig (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO) ist und zudem der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 AO) dient.
79Das Interesse des Steuerpflichtigen an der Vertraulichkeit seiner Daten wird dabei ausreichend geschützt.
80Dem Steuergeheimnis wird zum einen bereits durch die in § 21 Abs. 3 FVG vorgesehenen Einschränkungen Rechnung getragen. Danach ist das Teilnahmerecht sowohl örtlich als auch sachlich eingeschränkt. So ist eine Teilnahme nur im zulässig, wenn der Steuerpflichtige über eine Betriebsstätte im Bereich der Gemeinde verfügt und die Prüfung im örtlichen Bereich der Gemeinde stattfindet. Damit wird sichergestellt, dass ein ausreichender Bezug zum Gemeindegebiet besteht und die Gemeinde nur hinsichtlich ihres „eigenen“ Steueranspruchs tätig wird. Ein Teilnahmerecht besteht auch nur, wenn und soweit Realsteuern (hier: Gewerbesteuer) geprüft werden. Der Gemeindebedienstete hat daher auch im Rahmen der Außenprüfung nur ein Recht auf Information und Einsicht in gewerbesteuerlich potentiell relevante Sachverhalte. Die Finanzverwaltung muss daher ggfs. prüfen, welche Akten und Unterlagen sie dem Gemeindebediensteten im Rahmen der Prüfung zugänglich macht, sofern auch Sachverhalte geprüft werden, die erkennbar keinen gewerbesteuerlichen Bezug haben (Krumm in: Tipke/Kruse § 21 FVG Rz. 2a; von Wedelstedt in: Beermann/Gosch § 21 FVG Rz. 5; Faber/Figatowski KommJur 2013, 212 (214); Westermann/Beuschel, ZKF 2014, 217 (219)).
81Zum anderen bietet auch das Steuergeheimnis einen Schutz des Steuerpflichtigen. Denn nach § 30 Abs. 1 AO haben alle Amtsträger das Steuergeheimnis zu wahren. Der Gemeindebedienstete ist selbst Amtsträger (vgl. § 7 Nr. 1 oder Nr. 2 AO) und unterliegt damit auch dem Steuergeheimnis. Die Verletzung des Steuergeheimnisses – u.a. durch unbefugte Offenbarung oder Verwertung von Verhältnissen eines anderen, die dem Amtsträger in einem Verwaltungsverfahren bekannt geworden sind (§ 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO) – ist sowohl dienstrechtlich als auch strafrechtlich sanktioniert (vgl. § 355 StGB, § 24 Abs. 1 Nr. 1 Beamtenstatusgesetz, §§ 5ff. Disziplinargesetz NRW).
82ee) Die Möglichkeit, einen konkreten Gemeindebediensteten von der Teilnahme an einer Außenprüfung auszuschließen, sofern dieser im Rahmen der Prüfung das Steuergeheimnis verletzt, bleibt hiervon unberührt. Auch dies würde jedoch nicht zu einem generellen Verlust des Teilnahmerechts der Gemeinde an der Außenprüfung führen, sondern allenfalls zum Ausschluss des konkreten Gemeindebediensteten verbunden mit der Möglichkeit der Entsendung eines anderen Gemeindebediensteten.
83ff) […]
84III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
85IV. Die Revision wird zugelassen nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.