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Der Körperschaftsteuerbescheid für 2011 und der Gewerbesteuermessbescheid für 2011 werden insoweit geändert, dass bei der Steuerermittlung bzw. der Ermittlung des Messbetrages ein um 30.000 € (Mietausfallentschädigung A GmbH) verringerter Gewinn zugrunde gelegt wird. Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
Die Steuerberechnung und die Berechnung des Messbetrages werden dem Beklagte übertragen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob ein Aufwand aus Währungsumrechnung gewinnmindernd zu berücksichtigen ist.
3Aufgrund einer Prüfungsanordnung aus dem Oktober 2013 wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung u.a. für Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 2009 bis 2011 durchgeführt, dabei wurden u.a. folgende Feststellungen getroffen:
4Mit Darlehensvertrag vom 7.10.2008 hat die Klägerin bei einer Sparkasse ein zunächst tilgungsfrei gestelltes Darlehen über 3.480.000 Schweizer Franken (CHF) als Festdarlehen mit dem Rückzahlungszeitpunkt 30.09.2023 aufgenommen. Ferner wurde vereinbart, dass die vollständige oder teilweise Rückzahlung aus einem anzusparenden Wertpapierdepot erfolgt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf die Beiakte 2 zur Gerichtsakte Bezug genommen. Zum 31.12.2010 bilanzierte die Klägerin das Darlehen als Verbindlichkeit mit 2.779.893 € und buchte die Differenz zum Vorjahr i.H.v. 541.951 € als Aufwand. Zum 31.12.2011 bilanzierte die Klägerin das Darlehen mit einem Betrag i.H.v. 2.859.255 € und buchte die Differenz zum Vorjahr i.H.v. 79.412 € als Aufwand.
5Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass die Verbindlichkeit, die am 31.12.2011 noch eine Restlaufzeit von 11 Jahren und 9 Monaten gehabt habe, weiterhin mit dem ursprünglichen Euro-Betrag in der Bilanz zu erfassen sei. Es läge keine als dauerhaft anzusehende Wertminderung vor. Zur Begründung dieser Rechtsansicht berief sich die Betriebsprüfung auf das BFH-Urteil vom 23.04.2009 IV R 62/06, BStBl II 2009, 778.
6Die Rechtsauffassung der Betriebsprüfung führte dazu, dass der Gewinn 2010 um 541.951 € und der Gewinn 2011 um 79.412 € zu erhöhen war.
7Wegen der weiteren Einzelheiten des Betriebsprüfungsberichts vom 14.05.2014 wird auf die Betriebsprüfungsakte des Beklagten Bezug genommen.
8Aufgrund der Ergebnisse der Betriebsprüfung erließ der Beklagte am 26.05.2014 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2010 mit dem die Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung eines Steuerbilanzgewinns i.H.v. 43.295 € und eines abziehbaren Verlustes i.H.v. 15.180 € festgesetzt wurde. Durch Bescheid vom 12. Juli 2014 über den Gewerbesteuermessbetrag für 2010 wurde der Gewerbesteuermessbetrag auf 2.331 € festgesetzt, dabei wurde ein Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 59.242 € und ein festgestellter Gewerbeverlust i.H.v. 11.869 € berücksichtigt.
9Durch gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid für 2011 vom 26.05.2014 wurde die Körperschaftsteuer unter Berücksichtigung eines Steuerbilanzverlustes i.H.v. 118.754 € und sonstigen nicht abzugsfähigen Aufwendungen i.H.v. 356.785 € sowie eines Verlustes aus 2012 i.H.v. 74.681 € festgesetzt. Durch Bescheid vom 12. Juni 2014 für 2011 über den Gewerbesteuermessbetrag wurde der Gewerbesteuermessbetrag unter Berücksichtigung eines Gewinns aus Gewerbebetrieb i.H.v. 345.037 € festgesetzt.
10Am 27.06.2014 legte die Klägerin gegen die Bescheide über Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuermessbescheide Einsprüche ein, die durch Einspruchsentscheidung vom 20.02.2015 als unbegründet zurückgewiesen wurden.
11Die Klägerin hat am 19.03.2015 Klage erhoben.
12Zur Begründung der Klage führt sie u. a. Folgendes aus:
13Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 EStG seien Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens grundsätzlich mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Jedoch könne der Teilwert angesetzt werden, sofern dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger sei. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG gelte diese gesetzliche Regelung sinngemäß für Fremdwährungsverbindlichkeiten.
14Zwar habe der BFH in seinem Urteil vom 23.04.2009 IV R 62/06 ausgeführt, dass die dauerhafte Wertminderung aufgrund objektiver Anzeichen zu beurteilen sei. Ein wichtiges Indiz hierfür sei die verbleibende Restlaufzeit der Verbindlichkeit. Grundsätzlich könne davon ausgegangen werden, dass bei einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren mit einem Ausgleich der Wechselkursverhältnisse zu rechnen sei. Der Beklagte verweise aber zu Unrecht bei dem hier zu beurteilenden Darlehen darauf, dass im Vertrag als Rückzahlungstermin der 30.09.2023 angegeben sei. Denn hierbei handele es sich nicht um eine vorgegebene feste Laufzeit, sondern lediglich um den spätesten Termin zur Rückführung. Im Streitfall sei eine Rückzahlung des Darlehens ohne Vorfälligkeitsentschädigung jedes halbe Jahr möglich. Die Klägerin habe einen Teilbetrag i.H.v. 1.075.000 € im April 2015 zurückgezahlt. Außerdem gebe es eine fundamentale Veränderung der Finanzdaten zwischen der Schweiz und der Euro-Zone, die Anlass gewesen sei, dass zwischen September 2011 und Januar 2015 das Wechselkursverhältnis auf einen Mindestkurs von 1,20 CHF pro 1 Euro durch die Schweizer Nationalbank „eingefroren“ worden sei.
15In 2011 sei aufgrund der verzögerten Fertigstellung eines Objektes eine Mietausfall-Entschädigung gegenüber der A GmbH i.H.v 183.877 € geltend gemacht und erfolgswirksam gebucht worden. Der Beklagte habe dies im Rahmen der Betriebsprüfung akzeptiert. In der Anschlussbetriebsprüfung für das Jahr 2012 sei ein offensichtlicher Schreibfehler, der dazu geführt habe, dass die Mietausfall-Entschädigung mit 183.877 € statt 153.877 € erfasst worden sei, erfolgswirksam i.H.v. 30.000 € rückgängig gemacht worden. Der Beklagte verweigere die Anerkennung dieses Aufwandes.
16Die Vertreterin des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung zugesagt, dass der Körperschaftsteuerbescheid für 2011 und der Gewerbesteuermessbescheid für 2011 insoweit geändert werden, dass im Jahre 2011 die Mietausfallentschädigung A GmbH um 30.000 € gekürzt wird.
17Das Verfahren der Klägerin wegen gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12. 2010 und 2011 und gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer auf den 31.12. 2010 und 2011 wurde mit Beschluss vom 23.7.2018 zur gesonderten Entscheidung abgetrennt.
18Die Klägerin beantragt, ihren ursprünglichen Klageantrag einschränkend,
191. den Körperschaftsteuerbescheid für 2010 und den Gewerbesteuermessbescheid für 2010 insoweit zu ändern, dass für 2010 bei der Steuerermittlung bzw. der Ermittlung der Feststellungsbeträge ein um 541.951 € (Währungsumrechnung) verringerter Gewinn unter Berücksichtigung zu korrigierender Rückstellungen zugrunde gelegt wird,
202. den Körperschaftsteuerbescheid für 2011 und den Gewerbesteuermessbescheid für 2011 insoweit zu ändern, dass für 2011 bei der Steuerermittlung bzw. der Ermittlung der Feststellungsbeträge ein um 79.412 € (Währungsumrechnung) und um 30.000 € (Mietausfallentschädigung A GmbH) verringerter Gewinn unter Berücksichtigung zu korrigierender Rückstellungen zugrunde gelegt wird,
213. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
224. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
23Der Beklagte beantragt, soweit nicht eine Abhilfe zugesagt wurde,
24die Klage als unbegründet abzuweisen.
25Entscheidungsgründe:
26Die Klage ist nur hinsichtlich der von der Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zugesagten Verringerung des Gewinns des Jahres 2011 um 30.000 € (Mietausfallentschädigung A GmbH) begründet und im Übrigen unbegründet.
27Der Beklagte hat nach Auffassung des Senates zu Recht den von der Klägerin gewinnmindernd erfassten Aufwand aus Währungsumrechnungen i.H.v. 541.941 € im Jahr 2010 und i.H.v. 79.412 € im Jahr 2011 gewinnerhöhend berücksichtigt.
28Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Grundsatz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann für solche Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Teilwert angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist.
29Fremdwährungsverbindlichkeiten sind nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag zu bewerten, der sich aus dem Kurs im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme ergibt. Der Teilwert der Verbindlichkeit kann - in sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG - angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertveränderung höher ist als der ursprüngliche Rückzahlungsbetrag.
30Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt nach der Rechtsprechung des BFH bei aktiven Wirtschaftsgütern vor, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist. Von einem "nachhaltigen" Sinken des Teilwerts unter die Anschaffungskosten ist auszugehen, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtags aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden muss. Hierfür bedarf es einer an der Eigenart des Wirtschaftsgutes ausgerichteten Prognose. Entsprechendes gilt für die voraussichtlich dauernde Werterhöhung bei Verbindlichkeiten.
31Ob bei Fremdwährungsverbindlichkeiten eine Veränderung des Währungskurses zum Bilanzstichtag eine voraussichtlich dauerhafte Teilwerterhöhung ist, hängt nach der Rechtsprechung des BFH maßgeblich von der Laufzeit der Verbindlichkeit ab. Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten, die - wie im Streitfall - eine Restlaufzeit von ca. zehn Jahren haben, ist nach der Rechtsprechung des BFH davon auszugehen, dass sich Währungsschwankungen grundsätzlich ausgleichen (BFH-Urteile vom 23.4.2009 IV R 62/06, BStBl II 2009, 778; vom 4.2.2014 I R 53/12, HFR 2014, 1046). Die Feststellungslast für eine dauernde Werterhöhung der Verbindlichkeit trägt die Klägerin.
32Im Streitfall hat die Klägerin ein zunächst tilgungsfreies Darlehen mit anfänglich festem Zins über 3.480.000 Schweizer Franken mit dem Rückzahlungszeitpunkt 30.09.2023 aufgenommen. Zu den Bilanzstichtagen 31.12.2010 und 31.12.2011 betrug die Restlaufzeit des Darlehens somit mehr als zehn Jahre und nach der Rechtsprechung des BFH ist daher davon auszugehen, dass sich Währungsschwankungen grundsätzlich ausgleichen.
33Der Senat teilt nicht die Auffassung des 5. Senats des FG Baden-Württemberg (Urteil vom 11.7.2017 5 K 1091/15, EFG 2018, 100), dass die am 6.9.2011 erfolgte und veröffentlichte Festlegung eines Mindestkurses von 1,20 CHF pro Euro durch die Schweizerische Nationalbank eine fundamentale Veränderung der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Daten darstelle, weswegen eine Teilwerterhöhung bei langfristigen, in CHF aufgenommenen Fremdwährungsdarlehen mit unbefristeter Laufzeit zu dem Bilanzstichtag 31.12.2011 als voraussichtlich dauernd anzusehen sei.
34Der Senat ist mit dem FG Schleswig-Holstein (Urteil vom 9.3.2016 2 K 84/15, EFG 2016, 799) der Auffassung, dass auf Grund der Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank vom 6.9.2011 über die Festlegung eines Mindestkurses von 1,20 Franken pro Euro keine dauerhafte Aufwertung des Frankens festgestanden habe. Die Stützung der Untergrenze des Kurses durch die Schweizer Nationalbank am 6.9.2011 auf 1,20 CHF pro Euro stellt kein objektives Anzeichen für ein langfristiges Anhalten dieses Kursniveaus dar. Aufgrund der Restlaufzeit des Darlehens am 31. Dezember 2011 von noch mehr als 11 Jahren kann der Kurs aufgrund der üblichen Wechselkursschwankungen auch wieder nach oben gehen. Da Klägerin die Feststellungslast für eine dauernde Werterhöhung der Verbindlichkeit trägt, wirkt sich diese Unsicherheit zu ihren Lasten aus.
35Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es im Streitfall auch ohne Bedeutung, dass eine Rückzahlung des Darlehens ohne Vorfälligkeitsentschädigung jedes halbe Jahr möglich war. Denn zu den Bilanzstichtagen 31.12.2010 und 2011 bestand nur eine Rückzahlungsmöglichkeit und keine Rückzahlungspflicht. Allein die Rückzahlungsmöglichkeit erschüttert die sich aus der Laufzeit ergebende Vermutung, dass sich Währungsschwankungen innerhalb von 10 Jahren grundsätzlich ausgleichen, nicht (FG München, Urteil vom 18.10.2010 13 K 2802/08, DStRE 2012, 142). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bereits an den Bilanzstichtagen 31.12.2010 und 2011 beabsichtigt hätte, das Darlehen vor Ablauf von 10 Jahren zurückzuzahlen, wurden von den Vertretern der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Zwar hat die Klägerin im April 2015 einen Teilbetrag des Darlehens zurückgezahlt. Es gibt aber keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass sie dies bereits an den Bilanzstichtagen 31.12.2010 und 2011 beabsichtigte.
36Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
37Die Übertragung der Steuerberechnung und der Berechnung des Messbetrages auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 1 Satz 2 FGO.
38Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO im Hinblick auf das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 11.7.2017 (5 K 1091/15, EFG 2018, 100) zugelassen.