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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob für eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) eines Regiebetriebes an die Trägerkörperschaft Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG als verwendet gelten, obwohl für die Leistung eine Bescheinigung i. S. d. § 27 Abs. 3 KStG nicht vorliegt.
3Die Klägerin unterhält einen Betrieb gewerblicher Art in Form eines Regiebetriebs.
4…
5Die Klägerin hat am 03.07.2015 eine Körperschaftsteuererklärung für 2013 eingereicht, in der sie einen Jahresfehlbetrag i. H. v. ... € erklärte. Außerdem hat sie eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos für Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit abgegeben, in der sie einen Steuerbilanzverlust i. H. v. ...€ und im laufenden Wirtschaftsjahr geleistete sonstige Einlagen i. H. v. ...€, insgesamt ...€, erklärte.
6Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2013 vom 24.07.2015 wurde die Körperschaft-steuer der Klägerin unter Berücksichtigung eines Jahresfehlbetrags i. H. v. ...€ auf ... € festgesetzt. Durch Bescheid zum 31.12.2013 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 24.7.2015 wurde das steuerliche Einlagekonto zum 31.12.2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf ...€ festgestellt, dabei wurden die von der Klägerin erklärten Einlagen berücksichtigt.
7Bei der Klägerin wurde aufgrund zweier Prüfungsanordnungen u. a. eine Außenprüfung für Körperschaftsteuer 2010 bis 2013 und Kapitalertragsteuer für 2011 bis 2014 durchgeführt. Dabei wurde u. a. festgestellt, dass der Betrieb gewerblicher Art der Klägerin seit vielen Jahren dauerdefizitär sei. Der Verlust für 2013 habe ...€ betragen. Die Betriebsprüfung vertrat die Auffassung, dass die Verluste ab dem Jahr 2012 in begünstigte und nicht begünstigte Dauerverluste aufzuteilen seien. Begünstigte Dauerverluste, die keine verdeckten Gewinnausschüttungen auslösen, seien die Erlöse xxx“. Nicht begünstigte Dauerverluste, die eine vGA auslösen, seien die Erlöse aus xxx“. Im Rahmen der Prüfung sei die Zuordnung der Erlöse auf beide Bereiche einvernehmlich festgelegt worden. Daraus ergebe sich eine verdeckte Gewinnausschüttung für 2013 i. H. v. ...€.
8Grundsätzlich löse diese verdeckte Gewinnausschüttung die Folge der Besteuerung mit Kapitalertragsteuer aus. Diese Rechtsfolge lasse sich nur durch eine etwaige Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vermeiden. Diese Vermeidung sei jedoch formal an die Vorlage einer Verwendungsbescheinigung i. S. d. § 27 Abs. 3 KStG gebunden. Nur wenn diese Bescheinigung vorliege, könne eine Ausschüttung ohne Kapitalertragsteuer aus dem Einlagekonto vorgenommen werden. Über § 27 Abs. 7 KStG und § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG gelte dies unmittelbar für verdeckte Gewinnausschüttungen von Betrieben gewerblicher Art. Eine Nachholung dieser Bescheinigung sei aufgrund von § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG nicht möglich, weil entsprechende Werte für das Einlagekonto bereits erklärungsgemäß veranlagt worden seien. Aufgrund einer Nichtbeanstandungsregelung des Bundesfinanzministeriums seien die Bescheinigungen nach § 27 Abs. 3 KStG erst ab dem Jahr 2014 (für das Jahr 2013) zwingend vorzulegen. Die verdeckte Gewinnausschüttung 2013 sei gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 7c EStG und § 43a Abs. 1 Nr. 2 EStG mit 15 % Kapitalertragsteuer zu belegen. Sie entstehe gemäß § 44 Abs. 6 KStG spätestens acht Monate nach Abschluss des Wirtschaftsjahres (hier also am: 31.08.2014). Die Kapitalertragsteuer betrage 15 % von ...€ somit ...€.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Betriebsprüfungsberichtes vom 02.12.2016 wird auf die Betriebsprüfungsakte des Beklagten Bezug genommen.
10Der Beklagte erließ daraufhin am 30.01.2017 einen Nachforderungsbescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer für den Anmeldezeitraum 2014, mit dem die Kapitalertragsteuer auf ...€ und der Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer auf ...€ festgesetzt wurde.
11Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein, der durch Einspruchsentscheidung vom 11.07.2017 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
12Zur Begründung seiner Entscheidung beruft sich der Beklagte darauf, dass nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 10b Satz 1 EStG verdeckte Gewinn-ausschüttungen eines Betriebs gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Bestandsvergleich ermittele (oder bestimmte Umsatzgrenzen überschreite), zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 10b Satz 5 EStG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG gelte dies jedoch nicht, soweit die Bezüge aus Ausschüttungen stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto als verwendet gelten. Nach § 27 Abs. 3 KStG sei eine Kapitalgesellschaft verpflichtet, ihrem Anteilseigner für Leistungen, die als Abgang aus dem steuerlichen Einlagekonto zu berücksichtigen seien, eine Bescheinigung nach amtlichem Muster zu erteilen. Nach § 27 Abs. 5 Satz 1 KStG bleibe bei einer zu niedrigen Bescheinigung der Minderung des Einlagekontos die der Bescheinigung zugrunde gelegte Verwendung unverändert. Nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG gelte der Betrag der Einlagerückgewähr als mit 0 Euro bescheinigt, wenn bis zum Tag der Bekanntgabe des erstmaligen Feststellungsbescheides über den Bestand des Einlagekontos keine Steuerbescheinigung i. S. d. § 27 Abs. 3 KStG erteilt worden sei. Nach § 27 Abs. 5 Satz 3 KStG sei eine Berichtigung oder nachträgliche Erteilung der Steuerbescheinigung in den Fällen der Sätze 1 und 2 nicht zulässig. Nach § 27 Abs. 7 KStG gelten diese Regelungen sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 9 oder 10 EStG gewähren können. Nach § 27 Abs. 7 KStG seien die Regelungen des § 27 Abs. 3 und 5 KStG im Streitfall sinngemäß anwendbar, weil es sich bei der Klägerin um eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft handele, die Leistungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG gewähren könne, denn es handele sich um einen Betrieb gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Bestandsvergleich ermittle (§ 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG).
13Entgegen der Ansicht der Klägerin sei es ohne Bedeutung, ob die sinngemäße Anwendung der Regelung des § 27 Abs. 3 und 5 KStG im vorliegenden Fall vom Sinn und Zweck her erforderlich sei. Denn ein Tatbestandsmerkmal „vom Sinn und Zweck her erforderlich“ sei in der Vorschrift des § 27 Abs. 7 KStG nicht enthalten.
14Die verdeckte Gewinnausschüttung i. H. von ...€ gelte somit nicht als Einlagenrückgewähr, weil es an einer Steuerbescheinigung über den Abgang dieser Mittel aus dem steuerlichen Einlagekonto fehle.
15Soweit sich die Klägerin auf eine ursprünglich andere Rechtsauffassung der Finanzverwaltung berufe, sei dem entgegenzuhalten, dass das BMF mit einem an den Deutschen Städtetag gerichteten Schreiben vom 10.10.2013 ausdrücklich klargestellt habe, dass Gewinnausschüttungen eines Betrieb gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit an die Trägerkörperschaft zu steuerpflichtigen Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 10b EStG führten, wenn eine Bescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG nicht erteilt werde, und dass diese Grundsätze jedenfalls für nach dem 31.12.2013 auszustellende Bescheinigungen gelten.
16Die Klägerin hat am 11.08.2017 Klage erhoben.
17Zur Begründung der Klage beruft sie sich darauf, dass es am Rechtsgrund für die Erhebung der Kapitalertragsteuer mangele, weil die festgestellte verdeckte Gewinnausschüttung mit den negativen Neurücklagen und dem steuerlichen Einlagekonto des Betrieb gewerblicher Art zu verrechnen sei. Es sei von einer Einlagerückgewähr auszugehen, die nicht kapitalertragsteuerbar sei. Die Verrechnung scheitere nicht an einer Bescheinigungspflicht nach § 27 Abs. 3 i. V. m. Abs. 5 KStG, weil diese Regelungen insoweit nicht auf einen Betrieb gewerblicher Art in Form eines Regiebetriebs anzuwenden seien.
18Bis zum Jahr 2014 habe die Finanzverwaltung mit der herrschenden Ansicht in der Literatur die Auffassung vertreten, dass für Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit keine Verpflichtung zur Bescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG bestanden habe. Diese Auffassung sei seitens der Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 10.10.2013 IV C 2 – S 2836/13/1001 an den Deutschen Städtetag ab dem Jahr 2014 aufgegeben worden.
19Die Klägerin ist der Rechtsansicht, dass die Auffassung der Finanzverwaltung unzutreffend sei, da die Forderung der Finanzverwaltung vor allem bei Betrieb gewerblicher Art in Form von Regiebetrieben, bei denen sich nach einhelliger Auffassung in der Finanzverwaltung und in der Rechtsprechung eine Gewinnausschüttung einerseits bzw. ein Verlustausgleich andererseits automatisch vollziehe, bloßer Formalismus sei. Ein solcher sei auch nicht vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck der Regelung in § 27 Abs. 3 und 5 KStG gerechtfertigt. Diese Auffassung werde auch von Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die KSt, § 27 Tz. 100c, Bott, DStZ 2015, 112, 126 und Schiffers, DStZ 2015, 144, 153 vertreten.
20Ferner nimmt die Klägerin auf die Einspruchsbegründung Bezug, in der sie unter anderem ausgeführt hatte, dass sich das BFH-Urteil vom 11.9.2013 I R 77/11 nicht mit dem Erfordernis einer Bescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG auseinandersetze. Aussagen zur Bescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG habe der BFH nicht getroffen. Im Gegenteil habe der BFH die Feststellung, dass die im Zusammenhang mit der festgestellten verdeckten Gewinnausschüttung „zusammenhängende Vermögensminderung“ zu einer entsprechenden Minderung des steuerlichen Einlagekontos geführt habe, unbeanstandet gelassen. Der BFH stütze damit gerade nicht die neue Auffassung der Finanzverwaltung.
21Die neue Auffassung der Finanzverwaltung führe auch ausgehend von Sinn und Zweck der Regelung in § 27 Abs. 3 KStG zu unzutreffenden Ergebnissen. Ausgehend von § 27 Abs. 7 KStG sei „nur“ eine sinngemäße Anwendung der Absätze 1 bis 6 des § 27 KStG angeordnet. Dies bedeute, dass insoweit bei von Kapitalgesellschaften abweichenden Verhältnissen durch eine einschränkende Auslegung der gesetzlichen Regelung zu reagieren sei. Nur dort, wo die Regelungen des § 27 KStG vom Sinn und Zweck her die Anwendung gebieten, sei eine solche auch vorzunehmen. Die Verhältnisse einer Kapitalgesellschaft zu ihren Anteilseignern seien aber grundlegend verschieden von den Verhältnissen eines Betriebes gewerblicher Art in Form eines Regiebetriebs zu seiner Trägerkörperschaft. Dies werde auch an dem Urteil des BFH vom 11. September 2013 I R 77/11 deutlich. Denn auch hier werde ausdrücklich im Hinblick auf die Erfassung des Verlustausgleichs im Einlagekonto eines Regiebetriebs von den Grundsätzen, wie sie bei Kapitalgesellschaften gelten, abgewichen. Der wesentliche Unterschied ergebe sich daraus, dass bei einem Regiebetrieb, anders als bei einer Kapitalgesellschaft, im Verhältnis zur Trägerkörperschaft keine unterschiedlichen Vermögenssphären bestehen. Der mit § 27 KStG verbundene Zweck mit einer Bescheinigung gerade die Besteuerung auf der zweiten Ebene bei der Veranlagung des Anteilseigners sicherzustellen, gehe hier fehl, da es bei der Trägerkörperschaft gerade keine Veranlagung gebe. Es bedürfe also gerade keiner Bescheinigung, um die zutreffende Besteuerung bei einem anderen Steuerpflichtigen verfahrenstechnisch zu organisieren. Gerade auch die § 27 Abs. 5 KStG zugrunde liegenden Erwägungen zur Vermeidung von Missbrauch greifen bei den speziellen Verhältnissen eines Betriebes gewerblicher Art in Form eines Regiebetriebes nicht. Die fehlende wirtschaftliche Verselbständigung eines Regiebetriebes, bei dem deshalb unstreitig unmittelbar eine Zuordnung zur Trägerkörperschaft erfolge – Gewinne gelten als unmittelbar ausgeschüttet, Verluste als unmittelbar ausgeglichen – spreche eher dafür, dass auch ohne Bescheinigung eine Verrechnung mit dem Einlagekonto zu erfolgen habe. Dies sei Ausfluss des Automatismus bei Gewinntransfer und Verlustausgleich. Bei dieser Sachlage sei nicht erkennbar, dass der Sinn und Zweck der Regelung des § 27 Abs. 3 KStG und insbesondere des § 27 Abs. 5 KStG eine Anwendung auf einen Betrieb gewerblicher Art in Form eines Regiebetriebes erfordern würde. Das Festhalten an dem formalen Erfordernis stelle sich insoweit als bloßer Formalismus dar.
22Die Klägerin beantragt,
23den Nachforderungsbescheid über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer vom 30. Januar 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2017 aufzuheben.
24Der Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Zur Begründung seines Antrags beruft er sich auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend erklärt er, dass die Begründung der Einspruchsentscheidung insoweit unrichtig sei, als dort als Einspruchsführer der Betrieb gewerblicher Art selbst und nicht die Z-Stadt als dessen Rechtsträgerin genannt werde. Dieser Mangel werde gemäß § 126 Abs. 2 AO i. V. m. § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO durch Nachschieben der richtigen Begründung geheilt.
27Klägerin und Beklagter haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
28Entscheidungsgründe:
29Die Klage ist unbegründet.
30Der Beklagte geht zu Recht davon aus, dass dem Grunde und der Höhe nach die unstreitige verdeckte Gewinnausschüttung i. H. von ...€ im Anmeldungs-zeitraum 2014 zu kapitalertragssteuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG i. V. mit §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c, 43a Abs. 1 Nr. 6 EStG geführt hat und hat auch zu Recht die Klägerin als (Ersatz-) Steuerpflichtige für die Entrichtungsschuld des Betriebs gewerblicher Art für die entstandene Kapitalertragsteuer durch Nachforderungsbescheid in Anspruch genommen.
311. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG gehören verdeckte Gewinnausschüttungen eines Betriebs gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 5 EStG i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG gilt dies nicht, soweit die Bezüge aus Ausschüttungen stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto als verwendet gelten.
32Gemäß § 27 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 KStG haben unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen. Nach § 27 Abs. 3 KStG hat eine Kapitalgesellschaft im Falle von Abgängen aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG nach amtlichem Muster ihrem Anteilseigner als Adressat der Erklärung namentlich und unter Angabe seiner Wohnanschrift die Höhe sowie den Zahlungstag der Leistungen, die das steuerliche Einlagekonto gemindert haben, zu bescheinigen. Wird bis zum Tag der Bekanntgabe der erstmaligen Feststellung nach § 27 Abs. 2 KStG keine Steuerbescheinigung gemäß § 27 Abs. 3 KStG erteilt, gilt der Betrag der Einlagenrückgewähr nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG als mit ...€ bescheinigt. Nach § 27 Abs. 5 Satz 3 KStG ist eine Korrektur der Steuerbescheinigung (nämlich in Form ihrer erstmaligen Erteilung) ausgeschlossen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verwendungsfestschreibung gemäß § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG bestehen nicht (BFH-Beschluss vom 11.7.2018 I R 30/16, BStBl II 2019, 283).
33Die Regelungen in § 27 Abs. 1 bis 6 KStG gelten gemäß § 27 Abs. 7 KStG sinngemäß für andere Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 9 und 10 EStG gewähren können und damit nach der Rechtsprechung des BFH auch für Regiebetriebe (BFH-Urteile vom 11.9.2013 I R 77/11, BStBl II 2015, 161; vom 23.1.2008 I R 18/07, BStBl II 2008, 573).
34Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG und des § 27 Abs. 7 KStG erfüllt die Klägerin. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn und verdeckte Gewinnausschüttungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebes gewerblicher Art i.S. des § 4 KStG ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt oder Umsätze erzielt, die bestimmte Grenzbeträge überschreiten. Die Klägerin unterhielt einen Betrieb gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit und ermittelte den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.
35Der Beklagte ist zu Recht der Auffassung, dass § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG i.V.m. § 27 Abs. 7 KStG für Regiebetriebe anwendbar ist (so auch Hessisches FG, Urteile vom 24.3.2015 4 K 1187/11, EFG 2015, 1274 Rz. 31; vom 14.9.2017 4 K 1822/15, EFG 2018, 473 Rz. 94; a.A.: Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die KSt, § 27 Tz. 100c; Bott, DStZ 2015, 112, 126; Schiffers, DStZ 2018, 238, 247). Zwar ist der Betrieb gewerblicher Art mangels eigener Rechtspersönlichkeit mit seiner Trägerkörperschaft zivilrechtlich identisch, trotzdem gelten gemäß § 44 Abs. 6 Satz 1 EStG die juristische Person des öffentlichen Rechts als Gläubigerin der Kapitalerträge und der Betrieb gewerblicher Art als Schuldner der Kapitalerträge, der grundsätzlich der Entrichtungsschuldner der Kapitalertragsteuer ist. Es ist kein Grund ersichtlich, die Trägerkörperschaft hinsichtlich der Verwendungsfestschreibung des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG anders zu behandeln als Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft. Denn mit der Neufassung des § 27 Abs. 5 KStG hat der Gesetzgeber eindeutig seinen Willen zu erkennen gegeben, dass die Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitig oder gar nicht erteilten Steuerbescheinigung die materiell-rechtliche Berechnung nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG überlagern sollen (BFH-Beschluss vom 11.7.2018 I R 30/16, BStBl II 2019, 283; BFH-Urteil vom 11.2.2015 I R 3/14, BStBl II 2015, 816).
36Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus dem Bericht des Finanzausschusses zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG), mit dem § 27 Abs. 5 KStG eingeführt wurde, nicht, dass die Anwendung des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG auf Missbrauchsfälle beschränkt sein soll. Im Bericht heißt es: „Künftig wird eine bescheinigte Verwendung von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagekonto nur noch dann festgeschrieben, wenn der Betrag der Einlagenrückgewähr zu niedrig bescheinigt worden ist. Dadurch wird verhindert, dass durch das Ausstellen einer bewusst falschen Bescheinigung eine Verwendung von steuerlichem Einlagekonto erreicht werden kann“ (BT- Drs. 16/3369 S. 8). Bis zur Gesetzesänderung durch das SEStEG hieß es in § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG 2004: Ist für die Leistung der Kapitalgesellschaft die Minderung des Einlagekontos bescheinigt worden, bleibt die der Bescheinigung zugrunde gelegte Verwendung unverändert. Eine Festschreibung der Verwendungsreihenfolge trat nach der Rechtsprechung des BFH nicht ein, wenn den Anteilseignern keine Bescheinigungen i.S. des § 27 Abs. 3 KStG ausgehändigt wurde (BFH-Urteil vom 10.6.2009 I R 10/09, BStBl II 2009, 974).
37Wie durch die Verwendungsfestschreibung das Ausstellen einer bewusst falschen Bescheinigung durch eine Kapitalgesellschaft verhindert werden kann, wird in der Gesetzesbegründung nicht erläutert und erschließt sich dem Senat nicht. Der Missbrauchsvermeidung dienen wohl nur die Vorschriften § 27 Abs. 5 Satz 4 bis 6 KStG und nicht § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG (BFH-Urteil vom 11.2.2015 I R 3/14, BStBl II 2015, 816 Rz. 22). Entscheidend ist, dass die Verwendungsfestschreibung gemäß § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG auf einen bestimmten Zeitpunkt erfolgt, nämlich auf den Tag der Bekanntgabe der erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des Wirtschaftsjahres. Zweck des § 27 Abs. 5 KStG ist nicht in erster Linie die Besteuerung auf der Ebene der Veranlagung des Anteilseigners sicherzustellen, sondern die Verwendung des Einlagekontos zu einem bestimmten Zeitpunkt festzuschreiben. Dieser Zweck hat für einen Regiebetrieb ebenso Bedeutung wie für eine Kapitalgesellschaft, so dass die sinngemäße Anwendung des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG i. V. mit § 27 Abs. 7 KStG dem Sinn und Zweck der Norm entspricht. Auch wenn man als Zweck des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG ansieht, Folgeanpassungen auf der Besteuerungsebene der Gesellschafter zu vermeiden (Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 27 Rz. 159), wird auch dieser Zweck bei Regiebetrieben erfüllt, da auch dort - wie oben bereits dargelegt - eine Besteuerung auf Ebene des Gesellschafters erfolgt (BFH-Urteile vom 11.9.2013 I R 77/11, BStBl II 2015, 161; vom 23.1.2008 I R 18/07, BStBl II 2008, 573).
38Die Argumentation der Klägerin, dass die fehlende wirtschaftliche Verselbständigung eines Regiebetriebes, bei dem unstreitig unmittelbar eine Zuordnung der Gewinne und Verluste zur Trägerkörperschaft erfolge, spreche eher dafür, dass auch ohne Bescheinigung eine Verrechnung mit dem Einlagekonto zu erfolgen habe, berücksichtigt den Zweck der Verwendungsfestschreibung durch § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG nicht hinreichend.
39Im Streitfall hat die zum Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheids über das steuerliche Einlagekonto fehlende Steuerbescheinigung über die Ausschüttung aus der Kapitalrücklage nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG zu einer Verwendungsfestschreibung auf ...€ geführt. Die Klägerin als (Ersatz-) Steuerpflichtige hat bis zum Tag der Bekanntgabe des Bescheids vom 24.7.2015 über die Feststellung des Einlagekontos zum 31. Dezember 2013 keine Steuerbescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG erteilt. Damit ist nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG von einer Minderung des Einlagekontos aufgrund der Ausschüttungen des Jahres 2013 um ...€ auszugehen und die hiermit verbundene Verwendungsfiktion der Ermittlung der kapitalertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen.
402. Der Beklagte hat dem Grunde und der Höhe nach zu Recht einen Nachforderungsbescheid über Kapitalertragsteuern erlassen.
41Bei Kapitalerträgen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG gilt gemäß § 44 Abs. 6 Sätze 1 und 4 i.V.m. Abs. 1 Sätze 3 bis 5 EStG die juristische Person des öffentlichen Rechts als Gläubiger und der Betrieb gewerblicher Art als Schuldner der Kapitalerträge. Gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 44 Abs. 6 Satz 1 EStG war die Klägerin als (Ersatz-)Steuersubjekt für den Betrieb gewerblicher Art verpflichtet hinsichtlich der verdeckten Gewinnausschüttungen Kapitalertragsteuer einzubehalten, anzumelden und abzuführen.
42Rechtsgrund für die Inanspruchnahme der Klägerin durch Nachforderungsbescheid ist die Entrichtungsschuld des Betriebs gewerblicher Art, die nicht der Betrieb gewerblicher Art selbst, sondern die Klägerin als alleiniges (Ersatz-)Steuersubjekt trifft und die das Finanzamt wegen der fehlerhaften Anmeldung für den Anmeldungszeitraum 2014 durch einen diese Anmeldung ändernden Nachforderungsbescheid festsetzen durfte.
43Die Inanspruchnahme der Klägerin steht nach der Rechtsprechung des BFH nicht unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG, die grundsätzlich bei der Inanspruchnahme des Entrichtungsschuldners der Kapitalertragsteuer durch einen Nachforderungsbescheid zur Anwendung kommen (BFH-Urteil vom 30.1.2018 VIII R 75/13, BStBl II 2019, 91 Rz. 42). Der BFH begründet dies damit, dass zum einen § 44 Abs. 6 Satz 4 EStG bei Betrieben gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit nicht auf die Haftungsnorm des § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG verweise, so dass bereits das für die Inanspruchnahme des Entrichtungsschuldners üblicherweise bestehende Wahlrecht zwischen Nachforderungs- und Haftungsbescheid fehle. Zum anderen führe die auf § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c EStG beruhende Entrichtungsschuld nicht zur Entrichtung der Kapitalertragsteuerschuld eines Dritten, sondern die Klägerin sei trotz der Fiktion des § 44 Abs. 6 Satz 1 EStG sowohl hinsichtlich der Kapitalertragsteuerschuld als auch hinsichtlich der Entrichtungsschuld das alleinige Steuersubjekt und damit auch die alleinige Schuldnerin. Damit sei kein Raum für einschränkende Voraussetzungen, die aus dem Gedanken einer materiellen Haftungsschuld abgeleitet werden (BFH-Urteil vom 30.1.2018 VIII R 75/13, BStBl II 2019, 91 Rz. 43).
44Die Kapitalertragsteuer entsteht gemäß § 44 Abs. 6 Satz 2 EStG, auch soweit sie auf verdeckte Gewinnausschüttungen entfällt, die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr vorgenommen worden sind, im Zeitpunkt der Bilanzerstellung; sie entsteht spätestens acht Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres. Der Beklagte hat daher für die verdeckte Gewinnausschüttung in 2013 zu Recht einen Nachforderungsbescheid für den Anmeldezeitraum 2014 erlassen.
45Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, weil die bisherigen BFH-Urteile zur Verwendungsfestschreibung sich auf GmbHs und nicht ausdrücklich auch auf Regiebetriebe beziehen. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass das BFH-Urteil vom 11.9.2013 (I R 77/11, BStBl II 2015, 161) sich nicht mit dem Erfordernis einer Bescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG auseinandergesetzt hat, obwohl vom Finanzamt und vom Finanzgericht (FG Düsseldorf, Urteil vom 18.10.2011 6 K 4267/09 K,F,H, EFG 2012, 1692) eine Reduzierung der kapitalertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage um den Bestand des Einlagekontos vorgenommen worden war. Eine Festschreibung der Verwendungsreihenfolge trat nach der Rechtsprechung des BFH zum damaligen § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG 2004 allerdings nicht ein, wenn den Anteilseignern keine Bescheinigungen i.S. des § 27 Abs. 3 KStG ausgehändigt worden war (BFH-Urteil vom 10.6.2009 I R 10/09, BStBl II 2009, 974).
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.